Neue Zürcher Zeitung - 17.08.2019

(Barry) #1

Samstag, 17. August 2019 WIRTSCHAFT 27


Jelmoli-Chef wechselt zu Globus


Franco Savastano willbei einem Management-Buyout mit v on der Partie sein – die Globus-Führung sieht noch andere gute Alternativen


NATALIE GRATWOHL


Der langjährige Jelmoli-ChefFranco
Savastano wird bald für den strate-
gisch bedeutendenWareneinkauf bei
der Globus-Gruppe zuständig sein. Am



  1. Oktober 20 19 übernimmt erdieFunk-
    tion des General Merchandise Manager
    und wird Stellvertreter von CEOTho-
    mas Herbert. Der Globus-Geschäfts-
    führer freut sich, dass Savastano zur
    Warenhausgruppe stösst. Er werde die
    strategische Weiterentwicklung mass-
    geblich beeinflussen und dieAusrich-
    tung auf das Luxussegment vorantrei-
    ben, sagtHerbert.
    Savastano wechselt in einer heiklen
    Phase zu Globus. DieWarenhausgruppe
    steckt mitten in derTr ansformation und
    soll verkauft werden. Globus wird von
    der Erfahrung desJelmoli-Chefs profi-
    tierenkönnen. Der schweizerisch-ita-
    lienische Doppelbürger steht seit April
    2012 an der Spitze vonJelmoli. Er hat
    den Umbau vorangebracht, unter ande-


rem den Bereich Herrenmode weiter-
entwickelt und das ZürcherWarenhaus
verstärkt im Luxusbereich positioniert.
Zuvor war der international vernetzte
Detailhandelsexperte Direktor bei Bon-
génie Grieder.

Notfallsauch mitImmobilien


Warum zieht es Savastano zumKonkur-
renten, dessen Zukunft mit vielen Un-
sicherheiten behaftet ist? DerJelmoli-
Chef will sich nicht zum baldigenWech-
sel äussern.Laut Globus-CEO Her-
bert führten die beiden bereits seit vier
Monaten Gespräche – alsoschon bevor
die Migros imJuni ankündigte, Globus
zu verkaufen.Savastano habe dieAuf-
gabe bei der deutlich grösserenWaren-
gruppe gereizt, und er habe mehr Mög-
lichkeiten bei der Sortimentsgestaltung.
Auch beim geplanten Management-
Buyout wird derJelmoli-Chef laut Her-
bert mit von derPartie sein, ebenso
wie dieanderen Mitglieder der Ge-

schäftsleitung. Derzeit führt das Glo-
bus-Management Gespräche mit poten-
ziellenFinanzpartnern, die dasVorha-
ben unterstützen sollen. Das Globus-
Management willauch ein Kaufangebot
unterbreiten,wenn die Migros das Ge-
schäft mitsamt den Immobilien verkauft.
Der orange Riese dürfte die eingereich-
ten Übernahmeangebote im ersten
Quartal 2020 prüfen.
Bisher habenkeine weiteren Käufer
öffentlich ihr Interesse an Globus be-
kundet. Spekuliert wird etwa, dass die
österreichische Signa Holding, die be-
reits die deutschenWarenhausketten

Karstadt und Kaufhof besitzt,ein An-
ge bot einreichenkönnte. Oder interna-
tionaleWarenhausketten wie die franzö-
sischen GaleriesLafayette, die britische
Selfridges, die italienische Rinascente
oder das Berliner Kaufhaus desWes-
tens (KaDeWe), die eine vergleichbare
Ausrichtung haben,könnten einAuge
auf Globus werfen. Eine weitere Mög-
lichkeit wäre der Einstieg von Invest-
mentfonds. Die Migros hat jedoch klar-
gemacht, dass ein neuer Eigentümer das
Warenhaus weiterbetreiben solle.

Navybootwill expandieren


«Wenn wir Globus nicht übernehmen
können, wird es ziemlich sicher ein inter-
nationalesWarenhaus miteinerähn-
lichen Stossrichtung sein»,sagt Herbert.
Er hofft zwar, dass es zum Management-
Buyoutkommt,sieht aber auchVor-
teile, wenn ein internationalesWaren-
haus die Globus-Gruppe übernehmen
würde. DieVolumen wären grösser und

dieVerhandlungen mit internationalen
Marken einfacher.
Dieeingeschlagene Strategie soll
weiterverfolgt werden. DieWarenhaus-
gruppe will das Sortiment neu gestal-
ten (etwa mit mehrTaschen im Luxus-
segment), das Gastronomieangebot aus-
weiten und die Umbauarbeiten in den
Warenhäusern in Genf, Zürich,Basel
undLausanne vorantreiben.Auch das
Online-Geschäft gilt es auszubauen.Da-
für sind insgesamt Investitionen im drei-
stelligen Millionenbereich notwendig.
Auch die 20 18 übernommene Marke
Navyboot soll innerhalb der Gruppe eine
wichtigereRolle einnehmen. Der bis-
herige General Merchandise Manager
Reto Braegger übernimmt per1. Okto-
ber die Leitung der Marke für Schuhe,
Taschen undAccessoires. «Wir wollen
noch mehrLäden eröffnen,auch die
Expansion ins angrenzendeAusland ist
nicht ausgeschlossen»,sagt Herbert. Zu-
dem soll Navyboot vermehrt in den Be-
reichAccessoiresvorstossen.

Höchst e Eise nbahn für El ektrifizierung


Auf der Strecke vonZürich nach München gehen die SBB gegen Flixbus in die Offensive –mit jahrela nger Verzögerung und Verspätung


GERALDHOSP


Jetzt geht es auf einmal schnell. Nach-
dem jahrzehntelang über eine Elektrifi-
zierung derBahnstrecke vonMünchen
bis Lindau und weiter bis Zürich disku-
tiert wurde, sollen ab Ende 2020 Züge mit
Strom durchs Allgäu fahren. Der Spaten-
stichfür dieBauarbeiten erfolgte in Mem-
mingen im März 2018. Durch denAusbau
der Strecke verkürzt sich dieFahrzeit zwi-
schen Zürich und München um fast eine
auf rund dreieinhalb Stunden.Dadurch
gewinnt dieBahn gegenüberFernbus und
Flugzeug wieder an Attraktivität.


Ausbauarbeiten unter Strom


Projektleiter Matthias Neumaier von der
DeutschenBahn lässt es sich nicht anmer-
ken, dass er unter Strom steht. Knapp
3600 Masten für die Oberleitungen müs-
sen aufgestellt werden, hinzukommen
neueBahnübergängeund Brücken sowie
Schallschutzwändeund auch der Umbau
vonBahnhöfen. In Lindau wird gar eine
Station erstellt, die den bisherigenBahn-
hof auf derAltstadtinsel für denFernver-
kehr ersetzen soll.Dadurch müssen die
Züge nicht mehr die Richtung wechseln,
und wegen der durchgängigen Elektrifi-
zierung entfällt auch derAustausch der
Diesellokomotive, was Zeit spart.
Um den Zeitplan einzuhalten, wird
auch auf ein für die DeutscheBahn un-
üblichesVorgehen zurückgegriffen: Die
Baugenehmigungen holt sich das Unter-
nehmen phasenweise ein.Das derzeitige
Drängen der DeutschenBahn hat auch
praktische Gründe. Bereits 2009 verein-
barten Deutschland, die Schweiz und das
BundeslandBayern, denVerkehr auf der
Bahnstrecke schneller zu machen. Bern
schob dasProjekt mit einem zinsfreien
Darlehen von 50 Mio.€an.DasAbkom-
men mit der Schweiz sieht derzeit vor,
dass ab Ende 2020 die Elektrifizierung
fertiggestellt sein muss.
Lange Zeit schob die Schweiz aber ins
Leere an, weil diese Art derVorfinan-
zierung für öffentliche Bauvorhaben
in Deutschland ungewöhnlich war. Das
deutscheVerkehrsministerium, das für
denAusbau bezahlt, hatte sich zunächst
dagegen gesträubt.Von der Deutschen
Bahn heisst es zudem, neue Prognosen
fürdasVerkehrsaufkommenmachtenes
auch erforderlich, Schallschutzwände auf-
zustellen, was das Projekt verteuerte und
zusätzlich verzögerte. DieKosten für die
Elektrifizierung betragen nach vorläufi-
ger Schätzung 500Mio.€. Fürden Um-
bau in Lindau sind150Mio.€vorgesehen.
1967 berichtete die NZZ, dass sich eine
Elektrifizierung der Strecke im Allgäu
nicht lohne, weil dasVerkehrsaufkommen
zu geringsei. Damals wurde vonDampf-
lokomotiven auf Züge mit Dieselantrieb


umgestellt. Bisher hat sich die «Diesel-
Insel»Allgäu gehalten. Mit dem jetzigen
Ausbau zielen dieBahnen in der Schweiz,
in Österreich und in Deutschland vor
allem auf Geschäftsreisende und den
Freizeitverkehr ab.Weil es immer noch
lange eingleisige Streckenabschnitte in
Deutschland geben wird, bleibt die Stre-
cke für den Güterverkehr wenig attrak-
tiv, zumal sie auch quer zu den wichtigen
europäischen Nord-Süd-Achsen liegt. Ein
Hauptverkehrsweg sieht anders aus.

Auch Bahn betreibt Bus


DieVerbindung zwischen Zürich und
München, die nur 300 km Luftlinie aus-
einanderliegen, ist aber beimPersonen-
verkehr dasParadebeispiel für dieKon-
kurrenz zwischenBahn, Bus und Flug-
zeug. Derzeit bieten die Fluggesellschaf-
tenSwiss und Lufthansa doppelt so viele
Flüge an,als es direkte Zugverbindun-
gen gibt. Die Flugzeit beträgt knapp eine
Stunde. Seit der Liberalisierung desFern-
busverkehrs in Deutschland fahren auch
Flixbus sowie andere Betreiber die Stre-
cke. Flixbusbietet an Spitzentagenbis zu
19 Fahrten zwischen Zürich undMünchen
an. DiegünstigsteFahrtkostet knapp 18 €.
DieFahrzeit einer Expressverbindung
gibt das Unternehmen mit 3 Stunden und

45 Minuten an – wenn eskeine gröberen
Verkehrsprobleme gibt. Angesichts der
Konkurrenz haben auch die SBB zusam-
men mit der DeutschenBahnFernbusse
auf der Strecke nachBayern im Angebot.
Von der DeutschenBahn heisst es,
dass dieBusverbindungen wahrscheinlich
eingestellt werden, wenn dieBauarbeiten
abgeschlossen sind, um nicht dieBahn zu
konkurrenzieren. DieFahrzeit des Zuges
wird dann dank demAusbau und dem
Einsatz der Neigetechnik kürzer sein als
diejenige eines Expressbusses. ImJanuar
2020 geht auf der kurvenreichen Strecke
Zürich–München der Schweizer Neige-
zug Astoroin Betrieb, mit einer Spitzen-
geschwindigkeit von160 km/h. Zwischen
St. Gallen und St. Margrethen ist die Stre-
cke auch in der Schweiz ausgebaut wor-
den, um die Neigetechnik besser zu nut-
zen. DieBahn will gegenüber dem Bus
zudem mitKomfort punkten.
Zu Beginn werden täglich statt vier
Zügen in jeweils beiden Richtungen sechs
im Einsatz sein.Laut den SBBkönnte
ein siebtes Zugspaar eingeführt werden,
wenn diePassagierzahlen stimmen. Bei
der DeutschenBahn ist man bei dieser
Frage noch vorsichtiger.Zukunftsmusik
ist auch eine noch bessere Anbindung der
Ostschweiz an das österreichische und das
deutscheBahnnetz. Es gibt Überlegun-
gen, dieS7derThurgauer SBB-Tochter
Thurbo,die heute inRorschach endet,
bis nach Bregenz in Österreich und nach
Lindau zu verlängern.
Flixbus möchte sich nicht in die Kar-
ten schauen lassen, wie das Unternehmen
auf das verbesserteAngebot derBahnen
reagieren wird. EinFirmensprecher be-
tont vielmehr dieVorzüge der eigenen
Dienstleistungen. Es ist aber klar, dass
Fernbusse vor allem wegen ihres Preis-
vorteiles nachgefragt werden.Von Swiss
heisst es, es gebe nochkeine Überlegun-
gen zu den Plänen derBahn. Die Stre-
cke zwischen Zürich und München diene
zu einem wesentlichenTeil als Zubringer
in beide Richtungen.Aus Sicht derBah-
nenkommt die Elektrifizierung der deut-
schenBahnstreckereichlich spät, weil sich
dieKonkurrenz vorallem seit der Libe-
ralisierung in Deutschland 2013 inForm
von Bus und Flugzeug etablierenkonnte.
Für dieReisenden zeigte sich jedoch, dass
derWettbewerb günstige und schnelle
Varianten brachte. Bis dieBahn aber auf
derFernstrecke von Zürich nach Mün-
chen mit Bus und Flugzeug wird mithal-
tenkönnen, giltes fürReisende, Unan-
nehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Stre-
ckensperrungen und Ersatzverkehr mit
Bussenwerden noch für einige Zeit auf
demFahrplan stehen.

DerBericht entstandimRahmeneiner Presse-
reise im Bus, zu der die Deutsche Bahneinge-
ladenhatte.

Für Reisende aus der Schweiz rückt München auchper Bahn näher. MICHAELA REHLE/ REUTERS

Franco Savastano
Designierter General
Merchandise Manager
PD Globus

50 Kilometer NZZ Visuals/cke.

München

Zürich

Memmingen

Lindau

Bregenz
St.Gallen

DEUTSCHLAND

SCHWEIZ

ÖSTERREICH
FL

QUELLE: DB NETZE

AusbaustreckezwischenMünchenund Lindau-Reutin


Lindau-ReutinHergatzWangenKissleggLeutkirch Memmingen TürkheimBuchloe GeltendorfMünchen

Alte Strecke Wird neu elektrifiziert

Geschwindigkeitserhöhung

Abschnitt bereits elektrifiziert
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