Ostanatolien und rund um das Schwar
ze Meer genauso wie christliche Reiche
auf dem Balkan - Serbien, Bosnien, Al
banien, die Walachei - oder die byzan
tinischen Rest-Fürstentümer auf der
Peloponnes wie auch die Stützpunkte
der Handelsmächte Venedig und Ge
nua an den Küsten und auf den Inseln
der Ägäis. Und dann griff er sogar nach
Italien.
D
och Anfang Mai 1481 zeigte
sich, dass Mehmed seinem Vor
bild Alexander dem Großen
ähnlicher war, als ihm lieb sein konnte.
Genau wie der Makedone bereitete er
gerade einen Feldzug vor (gegen seine
WENDEPUNKT Nach der Schlacht
von Mohacs fiel 1526 das wich
tigste christliche Bollwerk auf dem
Balkan an die Osmanen- Ungarn
muslimischen Glaubensbrüder in Ägyp
ten), als er im kleinasiatischen Gebze
überraschend mit 49 Jahren starb.
Gicht oder Gift, fragten sich die Zeit
genossen. An Gicht hatte Mehmed seit
Jahren gelitten. Oder doch Gift? Aus
den Händen frustrierter Höflinge? Aus
den Händen eingeschmuggelter christ
licher Agenten? Gedik Ahmed Pascha
wurde nach Hause zurückgerufen. Dort
war der Machtkampf der beiden Söhne
Mehmeds in vollem Gange. Für den Au
genblick war die Türkengefahr gebannt.
Türkenkriege
Der jähe Tod des Sultans stoppte das
ehrgeizige Unternehmen. Keiner seiner
Nachfolger versuchte noch einmal, sich
in Italien festzusetzen. Sie alle gingen
gegen das christliche Abendland auf
der bewährten Balkanroute vor.
Das bekamen vor allem die Habs
burger zu spüren. Im Jahr 1502 prophe
zeite der deutsche Kaiser Maximilian I.
düster, sollte er kein Geld für die Ab
wehr der Osmanen erhalten, "werden
die Türken all ihre Macht gegen die
Christenheit wenden und in kurzer Zeit
so viele christlichen Länder unter ihre
Regierung bringen, dass es nicht mehr
möglich sein wird, sich ihrer Gewalt zu
entziehen". 1526 vernichtete ein Heer
unter Sultan Süleyman dem Prächtigen
die Ungarn bei Mohacs und dehnte die
Macht der Osmanen bis an die Grenzen
des Habsburgerreichs aus. Das Bollwerk
gegen die Ungläubigen war gefallen.
J
etzt packte das Abendland blan
kes Entsetzen. Weitverbreitete
Propaganda-Flugschriften zeig
ten grausige Gemetzel der Türken selbst
an Kindern und Frauen und riefen Got
tes Hilfe an: "0 unser Hirte Jesus Christ,
der Du gütig und barmherzig bist, das
Töten von dem Volk abwende, errett
es aus der Türkenhände." Selbst Mar
tin Luther, als Reformator sonst kein
Freund der katholischen Habsburger,
rief in seinen "Türkenbriefen" zum ge
meinsamen Widerstand aller Christen
gegen die auf, die "Bluthunde sind, so
grässlich viel Blut vergießen und Mord
begehen in so vielen Ländern, wie man
es auf Erden bisher nie gehört hat".
Und er befand: "Wer gegen den Tür
ken streitet, der Krieg angefacht hat,
der streitet gegen den Feind Gottes und
den Lästerer Christi, ja gegen den Teufel
selbst. Er muss sich also keine Sorgen
machen, unschuldiges Blut zu vergie
ßen, wenn er einen Türken umbringt."
Doch 1529 stand Süleyman vor Wien.
Wer sollte ihn aufhalten? •
Teja Fiedler kannte Sultan
Mehmed ll. nur als tatkräftigen
Eroberer - dass dieser auch
die griechischen Klassiker und
Denker schätzte, war ihm neu.
P.M. HISTORY -AUGUST 2019 35