M
an sieht es an der
Schärpe, in die er den
Daumen gehakt hat,
an dem weiten Über
rock. Vielleicht auch an
der Pelzkappe, die wie ein Turban auf
dem rasierten Schädel sitzt. Als Ludwig
Maximilian Mehmet sich 1715 porträ
tieren lässt, liegen 30 Jahre zwischen
ihm und seiner alten Heimat.
Doch man sieht sie ihm noch
immer an. Man soll sie ihm
ansehen! Denn der Osmane
ist ein exotisches Schau
stück am Hofe Georg Lud
wigs, des Kurfürsten von
Hannover, der seit 1714
auch als König über Groß-
britannien herrscht. Er hat Mehmet zu
seinem Kammerdiener ernannt. Kaum
einer kommt dem Monarchen näher.
Auch das zeigt das Porträt: einen selbst
bewussten Mann, mit leicht mokantem
Blick. Dabei hat Mehmets Karriere einst
mit einer Niederlage begonnen.
Nachdem der türkische Groß
wesir Kara Mustafa 1683 bei der
Einnahme Wiens gescheitert ist
(und den Fehlschlag auf Befehl
des Sultans mit dem Leben be
zahlt hat), verliert das Osmani
sche Reich Festung um Festung
an die kaiserlichen Truppen.
1685 fällt Neuhäusl, 1686 Buda,
1688 Belgrad. Mit den Städ
ten erbeuten die christlichen
MINARETT Im Park von Schloss
Schwetzingen wird ab 1779 eine
Moschee gebaut - zur Zierde
Sieger auch Menschen. Meist rauben
sie Kinder, die sich noch formen lassen,
und Frauen, die schon wohlgeformt
sind. Ein Leutnant greift sich einen
Jungen "nach Massacrierung seiner El
tern". Ein anderer Junge wird "aus sei
ner Mutter Hand genommen". Mehmet
gerät wohl 1685 in Gefangenschaft,
bei der Einnahme der Festung Koroni
auf der Peloponnes. Da ist er immerhin
schon mehr als 20 Jahre alt, ein Sohn
des osmanischen Gouverneurs.
Die Eroberer von Buda und Belgrad
verschleppen die "Beutetürken" in ihre
Heimat, nach Stuttgart, München oder
Hannover. Etwa 600 von ihnen sind
für das Gebiet des Heiligen Rö
mischen Reichs nachweisbar.