fehlschlägt, sprengen sich die in der
Stadt Zurückgebliebenen aus Verzweif
lung in die Luft. Der Freiheitskampf der
Griechen erscheint aussichtslos.
D
och nun schlägt die Stunde der
Philhellenen. "Wird unser Jahr
hundert es sehen müssen, wie
die wilden Horden eine auf dem Grab
eines Volkes neu entstehende Kultur
ersticken, welches die Erde zivilisiert
hat?", empört sich etwa der französi
sche Schriftsteller, Politiker und Diplo
mat Fran�ois-Rene de Chateaubriand.
Lange haben sich die europäischen
Großmächte aus dem Konflikt heraus
gehalten, jetzt zwingt sie der öffentliche
Druck zu einer Kursänderung. Im Jahr
1827 rufen Großbritannien, Frankreich
und Russland die Griechen und Os
manen zu einem Waffenstillstand auf,
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mehr noch: Sie fordern die Schaffung
eines autonomen griechischen Staats.
Freilich geht es ihnen weniger um Frei
heit für die Griechen, sondern vor allem
um ihren Einfluss im Mittelmeerraum
und auf dem Balkan. Was als lokaler
Sie sollen das türkisch-ägyptische Ge
schwader, das in der Bucht von Navari
no ankert, abfangen - möglichst ohne
einen Schuss abzugeben. Denn obwohl
die Griechen mittlerweile einem Waf
fenstillstand zugestimmt haben, wüten
die Truppen des Sultans immer noch
auf der Halbinsel.
Gegen 13.30 Uhr läuft die Flotte
in die Bucht ein und riegelt sie ab. Die
überraschten Osmanen fordern den
britischen Admiral Edward Codring
ton umgehend zur Umkehr auf. Doch
der hat eine griffige Antwort parat: Er
sei nicht gekommen, um Befehle entge
genzunehmen. Sondern um welche zu
geben. Mehr als 100 Schiffe liegen sich
jetzt nervös gegenüber.
E
irre Stunde lang beäugen sich die
Flotten, dann eskaliert die Lage.
Warum, ist bis heute nicht ganz
geklärt. Als eine britische Fregatte ein
Ruderboot losschickt, um einen poten
ziellen türkischen Brander - eine mit
Pulver gefüllte schwimmende Bombe -
abzufangen, vermutet die Mannschaft
eines ägyptischen Schiffs einen Enter
versuch - und beschießt die britischen
Seeleute. Um deren Rückzug zu decken,
feuern die Engländer eine Breitseite.
Binnen Minuten wird die Bucht zum
Höllenloch. Jedes Schiff feuert aus allen
Rohren. Doch die dicht an dicht liegen
den osmanischen Segler können in dem
engen Becken kaum manövrieren. Als
die Dunkelheit einbricht, treiben über
all im Wasser brennende Wrackteile,
das Meer ist rot gefärbt vom Blut. Wäh
rend die Alliierten kein Schiff verloren
Die Bucht von Navarino
verwandelt sich in ein Höllenloch
Aufstand begonnen hat, bedroht längst
das Gleichgewicht der Mächte auf dem
gesamten Kontinent.
Die Alliierten setzen auf eine De
monstration der Stärke: Am 20. Okto
ber 1827, einem strahlenden Herbsttag,
kreuzt vor der Peloponnes eine eng
lisch-französisch-russische Flotte auf:
27 Schiffe, bestückt mit 1298 Kanonen.
haben, ist die türkisch-ägyptische Flot
te nahezu komplett vernichtet.
Kein einziger Grieche war in die
Schlacht verwickelt - und doch ist Na
varino der Vorentscheid für die griechi
sche Unabhängigkeit.
Als Vergeltung für die russische Be
teiligung an dem Gefecht lässt der Sul
tan den Bosporus für russische Schiffe