April/MAi 2019 businesstraveller.de
Verhandeln Unterwegs
Die unterschiedliche Auffassung davon, was
ein „slight problem“ und was eine gravierende
Panne ist, kann eine unnötige Krise hervorru
fen. Es ist daher unerlässlich, dass Sie die Fein
heiten der englischen Sprache und die Beson
derheiten britischer Kommunikation kennen,
damit Sie Äußerungen richtig interpretieren
und Missverständnissen vorbeugen können.
die besondere beziehUng
zU deUtschland
Es gibt einen sehr einpräg samen und aussage
kräftigen Spruch: „Die Engländer sind zu höf
lich, um direkt zu sein, und die Deutschen
sind zu direkt, um höflich zu sein!“ Seien Sie
trotzdem als Deutscher auch auf deutschfeind
liche Äußerungen gefasst:
Termini wie „The German
Panzer“, „Two World Wars
and one World Cup“ oder
„They are marching again“
tauchen im Kontext mit
Deutschland gelegentlich
auf, insbesondere nach Fuß
ballspielen, wenn das Match
zum „Ersatzkrieg“ hochstili
siert wird, und das nicht nur
von der Boulevardpresse, son
dern auch von renommierten
Zeitungen wie der „Times“.
Das Vereinigte Königreich ist ein
zigartig und eigen im positiven Sinne.
Trotz aller Animositäten, insbesondere
durch die beiden Weltkriege, haben Deutsch
land und Großbritannien vieles gemeinsam.
Das sollte man wertschätzen. Es gehören Finger
spitzen gefühl, Humor und auch das Interesse,
in das englische Leben einzutauchen, dazu, um
dort beruflich und privat Erfolg zu haben. Daran
wird auch der Brexit nichts ändern.
G
roßbritannien hat mit seiner
im Jahr 2016 getroffenen
Entscheidung, aus der Euro
päischen Union auszutreten,
für psychologische und wirt
schaftliche Furore gesorgt. Doch wie auch
immer die Welt nach dem Brexit diesseits
und jenseits des Ärmelkanals aussehen mag :
Es ist davon auszugehen, dass die Geschäfts
beziehungen zwischen Großbritannien
und den deutschsprachigen Ländern weiter
hin bedeutsam bleiben. Es lohnt sich also,
„the way of British business“ im Blick
zu behalten.
hUmor hilft immer
Es ist nicht nur ein Klischee, sondern ent
spricht für gewöhnlich auch der Realität,
dass britische Geschäftspartner sehr höflich
sind, mit einer Neigung zu subtilem Humor,
der leiser, trockener und weniger aufdring
lich ist als beispielsweise der in Deutschland.
Humor hilft immer, die Verhandlungsatmo
sphäre zu verbessern, „HauruckguteLaune“
kommt bei den Briten hingegen nicht gut an.
Lassen Sie Ihr Gegenüber in Ruhe ausspre
chen, seien Sie herzlich, aber nie „kumpel
haft“. Der Gebrauch des Vornamens ist
üblich, stellt aber noch keinen Sympathie
beweis dar. Im Gegensatz zu den Deutschen
gehen britische Verhandlungspartner we
niger gut vorbereitet in Gespräche. Die Vor
stellung vom Verhandlungsverlauf ist –
analog zum akademischen Ansatz der Briten
- eher kooperativ als konfrontativ und rela
tiv undogmatisch. Der britische Partner wird
Ihnen selten offen widersprechen, sondern
seine Bedenken höflich umschreiben. Wenn
er sich für die Ausführungen der Gegenseite
bedankt und sie als „helpful“ oder „interes
ting“ bezeichnet, so heißt dies noch lange
nicht, dass er diese mit Zustimmung quit
tiert. Stillschweigend kann er Ihre Argumen
tation bereits abgelehnt haben.
Vermeiden Sie Besserwisserei oder das „He
rumreiten“ auf Details. Vertreten Sie Ihren
Standpunkt argumentativ. Bleiben Sie in Ver
handlungen flexibel und versuchen Sie, den
Standpunkt des Partners aus seiner Perspektive
zu betrachten. Achten Sie dabei auf Zwischen
töne, da englische Manager selbst in Problem
situationen zu Untertreibungen neigen.
sinn für fair Play
Die „Chemie“ ist bei Verhandlungen mit
Briten gewichtiger als in Deutschland. Legen
deutsche Geschäftsleute größeren Wert auf
die sachliche und geschäftliche Ebene, so
misst der Brite der persönlichen Sympathie
etwas mehr Bedeutung zu. Ein wichtiger
Gradmesser dafür ist der Sinn für Fair Play.
konserVatiVe kleidUng
Die Kommunikation britischer Manager ist
vielleicht weniger formell als
vermutet. Das gilt aber noch
lange nicht für den Dress
code: Die Kleidung bri
tischer Geschäftsleute ist
nach wie vor konservativ.
Klassische Anzüge ent
sprechen dem gängigen
Dresscode. Dunkelblau,
Dunkelgrau und Schwarz
sind die dominierenden Farben, auch wenn
junge ManagerInnen zunehmend
modischere Businesskleidung
tragen. Davon ausgenommen
ist die britische StartupGene
ration, die sich vorwiegend
leger kleidet.
weniger ist mehr
Briten sind in Verhandlungen generell höflich
und vermeiden in der Regel Übertreibungen.
Es gilt: Weniger ist mehr. Auch in der inter
nen Kommunikation innerhalb eines Betriebs
ist oft Zurückhaltung die Devise.
Es gehören Finger-
spitzengefühl und
Humor dazu, um in
Großbritannien
Erfolg zu haben
Sergey Frank
ist Personalberater und begleitet seit
mehr als 20 Jahren unternehmen auf
ihrem Weg in die internationalisierung.
kontakt: [email protected]
Verhandeln in
Großbritannien
Brexit hin oder her: Wer mit Briten Geschäfte machen will, sollte
mit dem „way of British business“ vertraut sein
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