WIR AHNTEN ES NOCH NICHT, ABER AN DIESEM
NACHMITTAG ÄNDERTE SICH UNSER LEBEN
136 reader's digest 08.2019
uns heimisch. Tags sahen wir sie
unseren Mais fressen, nachts hörten
wir die Jungen in den Bäumen tollen.
Nach einigen nervösen Tagen sprach
ich ein ernstes Wort mit Patti. ,,Diese
Bären geben ja in unserem Garten
ein hübsches Bild ab. Aber irgendwie
habe ich ein ungutes Gefühl.“
Eigentlich wollte ich einen Garten
mit Blumen, Gemüse und Kräutern
anlegen, aber aus Angst, dabei zwi
schen die Mutter und ihre Jungen zu
geraten, hatte ich das Umgraben be
reits verschoben. Auch befürchteten
wir, dass unser Hund Jagd auf die Bä
renjungen machen und dabei an eine
wütende Bärin geraten könnte. Es half
nichts: Die ungebetenen Gäste muss
ten verscheucht werden.
Ein Nachbar verriet uns ein „siche
res“ Mittel. Er füllte Luftballons mit
Ammoniak und Wasser, bestrich sie
mit Honig und hängte sie an niedrige
Zweige. Der Honig lockte die Bären,
und sobald die ihre Zähne hinein
schlugen, flog ihnen das Gemisch um
die Ohren. Wir häng ten also abends
acht sorgfältig präparierte Schreck
ballons wie Lampions entlang der
Einfahrt auf und warteten gespannt
auf den Morgen.
Als Patti aufstand und zum Fenster
hinausblickte, zählte sie neun über
„Mann, dem haben wir’s aber ge
geben!“, sagte ich siegessicher. „Wet
ten, dass der noch bis morgen früh
weiterrennt!“
Ballons gegen Bären
Vielleicht war es das Scheppern der
umstürzenden Mülltonne, vielleicht
auch das Knirschen des aus der Hal
terung gerissenen Vogelhäuschens
- jedenfalls wurden wir um vier Uhr
früh erneut aus dem Schlaf gerissen.
Bis ich auf den Beinen und an der
Haustür war, hatte der Kerl bereits im
Garten allerhand Schaden angerich
tet. Doch bald trollte er sich über die
Einfahrt von dannen.
Danach sahen wir Bären erst wie
der im darauf folgenden Frühjahr,
im Mai, als das Tauwetter einsetzte.
Aber zuerst kamen aus den Wäldern
die vom harten Winter abgehärmten
Rehe. Für sie hatten wir einen Stapel
Maiskolben bereitgestellt.
Eines Nachmittags machte Patti
früh Feierabend im Verlagsbüro und
kam vorzeitig nach Hause. Sie war
völlig außer Atem: ,,Du hältst es nicht
für möglich, aber an unserem Mais
verlustiert sich eine Bärenmama mit
ihren beiden Jungen.“
Mitleidsvoll ließen wir sie gewäh
ren. Die Folge: Sie machten sich bei