krankhaft gilt die Störung, sobald sie
das Leben stark beeinträchtigt.
Das Erscheinungsbild von Zwangs-
gedanken ist sehr unterschiedlich.
Der eine hat Angst, dass der Herd
noch an ist, der andere befürchtet,
sich selbst zu verletzen. Zwangshand-
lungen resultieren aus einer irratio-
nalen Reaktion auf solche Gedanken.
Wer fürchtet, dass er vergessen hat,
den Herd abzuschalten, geht mehr-
mals in die Küche und überprüft den
Herd, bevor er das Haus verlässt.
Diese Handlungen helfen aber nur
kurzfristig. Deshalb versucht die kog-
nitive Verhaltenstherapie (KVT), die
Gedanken zu erkennen und den Um-
gang damit zu verändern, die dem
Verhalten zugrunde liegen. Dabei
konfrontiert man Betroffene mit der
Situation, die den Zwang auslöst. Der
Patient soll sich an die Situation ge-
wöhnen und verstehen, dass Angst
und Unruhe auch verschwinden,
wenn man keine Zwangshandlung
ausführt. Diese Methode nennt man
Vermeidung von Rückversicherungs-
verhalten. Sie fordert sehr viel von
den Patienten, weshalb 20 Prozent
von ihnen vorzeitig abbrechen.
Die Mehrzahl der Betroffenen
spürt trotzdem Erleichterung. „Ge-
schichten von Menschen, die es ge-
schafft haben, motivieren“, sagt Oli-
via Bamber, Sprecherin von OCD
Action, einer gemeinnützigen Orga-
nisation in Großbritannien, die In-
formationen über Zwangsstörungen
und Selbsthilfegruppen anbietet.
(Zusätzliche Informationen finden
Sie im Internet auf zwaenge.de)
Die Störung kann man auch mit
Medikamenten behandeln, die gegen
Depression eingesetzt werden. Soge-
nannte selektive Serotonin-Wieder-
aufnahmehemmer verringern die
Symptome um bis zu 60 Prozent. Die
Wahl des Medikaments sollte man in
Absprache mit dem Arzt treffen.
Obwohl Wissenschaftler Behand-
lungen wie beispielsweise die Tiefe
Hirnstimulation testen, muss noch
geprüft werden, wie wirksam sie ist.
Sollte die KVT Ihre Zwangsstörung
bislang noch nicht verbessert haben,
brauchen Sie eventuell einen ande-
ren Therapeuten. Es ist zwar frustrie-
rend“, so Olivia Bamber, „aber nicht
ungewöhnlich, dass man mehrere
Therapien ausprobieren muss, um
die richtige zu finden.“
Es gibt mehrere Gründe, weshalb
KVT beim ersten Mal misslingt. Viel-
leicht verstehen sich Patient und
Therapeut nicht gut, oder aber dem
Therapeuten fehlen spezielle Kennt-
nisse. Geben Sie die Hoffnung nicht
auf: Die Chance, eine Zwangsstörung
zu heilen, ist gut.08.2019 reader's digesT 15DIESE STÖRUNG
BETRIFFT FRAUEN
UND MÄNNER
GLEICHERMASSEN