60 reader's digest 08.2019
stehen dürfen. Und in Köln können
Prostituierte für 150 Euro ein Monats
ticket kaufen.
Drogenhandel ist ein weiterer Be
reich, in dem das Finanzamt mit
Verbrechern konkurriert. In den Nie
derlanden ist der Besitz von mehr als
fünf Gramm Cannabis untersagt, in
„Coffeeshops“ darf die Substanz aber
verkauft werden. Obwohl strenge
Vorschriften die Zahl dieser Läden
in Amsterdam in den vergangenen
20 Jahren von 350 auf 167 verringert
haben, ist dieses tolerierte Geschäft
für die Regierung nach wie vor eine
wichtige Einnahmequelle: Im Staats
säckel landen so jedes Jahr schät
zungsweise 400 Millionen Euro.
Das ist aber längst nicht so bizarr
wie Steuersysteme, die Korruptionschaden, besonders kräftig
abkassiert werden. Dabei ge
hen die Vorstellungen davon,
was akzeptabel ist und was
nicht, von Land zu Land stark
auseinander.
Ein Beispiel dafür ist die Be
steuerung von Alkohol. Am
teuersten ist der Alkoholgenuss
in Finnland, gefolgt von Irland,
Großbritannien und Schweden.
Die Iren zahlen beispielsweise
80 Cent Steuer auf ein Glas Wein,
während dafür in 14 EUNationen
gar nichts berechnet wird.
Die Iren sind berühmt für ihre
Liebe zum sogenannten Craic – Mu
sik und Unterhaltung bei einem oder
zwei Drinks. Doch Rosemary Garth,
Vorsitzende des Verbands der iri
schen Getränkeindustrie, warnt: „Die
Getränkeproduzenten sind zwar aus
gesprochen innovativ, können aber
nicht mehr viel tun, solange sie durch
die zweithöchsten Verbrauchsteuern
in Europa belastet werden.“
Noch umstrittener ist, dass manche
Länder Aktivitäten besteuern, die in
anderen als ungesetzlich gelten, zum
Beispiel Prostitution. In den meisten
europäischen Ländern ist Sex gegen
Geld verboten, wovon vor allem Ver
brecherkartelle profitieren. Legal ist
die Prostitution nur in acht Ländern.
In Bonn etwa gehen Sexarbeiterin
nen ihrer Tätigkeit in einem Industrie
gebiet nach. Dort müssen sie sechs
Euro pro Nacht in eine Art „Parkuhr“
einwerfen, damit sie am Straßenrand