Geo Epoche - 08.2019

(lu) #1
Krieg gegen die Großmacht
zu verhindern.


  • Im


Berlin. Grundeigentümer müs-
sen künftig nachts an jedem
dritten Haus eine brennende
Laterne anbringen. Nach Ham-
burghat Berlin damit als zweite
deutsche Stadt eine Straßen-
beleuchtung. Anderswo werden
die Straßen nicht oder mit
feuergefahrliehen Fackeln und
Pechpfannen erhellt.


  • um


Wien. Als sich die Ungarn ge-
gen die Herrschaft der Habs-
burger erheben, bricht Meh-
med IV. den Waffenstillstand
von 1664 und lässt 200 000
Soldaten auf Wien marschie-
ren. Nach zweimonatiger Bela-
gerung können Truppen unter
dem polnischen König Johann
II I. Sobieski die Stadt befreien.
Damit ist die Westexpansion
der Osmanen gestoppt. Auch
Reichsfürsten haben an der
Seite des Kaisers gekämpft.


  • Westafrika. Brandenburger


QJ Soldaten und Abenteurer bau-
""" _,; en im Auftrag des Kurfürsten
� � Friedrich Wilhelm an der Küste
..., ·�
� des heutigen Ghana das Fort
� � Großfriedrichsburg. Von dort
� aus sollen seine Kaufleute mit
� �
� afrikanischem Gold und Elfen-
;; >) bein handeln - und mit Men-
.... sehen für die amerikanischen
Sklavenmärkte.


•IlD


Brandenburg. Der Protestant
Friedrich Wilhelm gewährt
französischen Glaubensbrüdern
Asyl, die Ludwig XIV. mit Ge-

EHRENFRIED WALTHER VON TSCHIRNHAUS
1651-1708
Jahrelang experimentiert der bedeutendste
Gelehrte Sachsens, um im Auftrag Augusts des
Starken das >>Arkanum« zu lüften, das Geheimnis
der Porzellanherstellung. Doch er stirbt
kurz vor dem Durchbruch: 1709 vermeldet
schließlich sein Mitarbeiter Johann Friedrich
Böttger dem Kurfürsten Erfolg

walt in die katholische Kirche
zwingen will. Innerhalb kurzer
Zeit kommen mehr als 20 000
dieser "Hugenotten" nach
Brandenburg. Andere protes­
tantische Landesherren nehmen
etwa ebenso viele Flüchtlinge
auf. Die häufig gut ausgebilde­
ten Franzosen tragen erheblich
zum Wirtschaftsaufschwung
des Landes bei.
Dresden. Der Stadtteil
Altendresden nördlich der Eibe
brennt fast völlig nieder. Sach­
sens Kurfürst Johann Georg II I.
ordnet an, das Areal im baro­
cken Stil neu zu bebauen.

•Im
Berlin. Der Hugenotte Pierre
Mercier d'Aubusson gründet
die erste Gobelinmanufaktur
Deutschlands. Bald entstehen

in anderen Reichsteilen eben­
falls mehr und mehr solcher
gewerblichen Großbetriebe,
in denen Lohnarbeiter neben
Schmuckteppichen auch an­
dere Luxusartikel für Fürsten
und wohlhabende Bürger
sowie Rüstungsgüter arbeits­
teilig produzieren. Diese
Unternehmen werden oft mit
staatlicher Unterstützung
oder von Fürsten gegründet,
um das Prestige der Herren
sowie deren Steuereinnah­
men zu steigern.

•EI
Kurpfalz. Frankreichs König
Ludwig XIV. überfa llt das Kur­
fürstentum am Rhein, um für
seinen Bruder die Nachfolge
des verstorbenen Herrschers
der Pfalz durchzusetzen, da

107 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700


dieser mit der Schwester des
Toten verheiratet ist. Gegen
diese Aggression schmiedet
Kaiser Leopold mit Spanien und
den Niederlanden 1693 eine
Allianz, der es schließlich ge­
lingt, Ludwig zum Verzicht auf
die Pfalz zu bewegen. Allerdings
muss der Kaiser im Gegenzug
endgültig Straßburg aufgeben.
Die Pfa lz ist nach diesem
Konflikt verwüstet: Die fran­
zösische Armee hat Felder,
Brücken, Festungen sowie
Städte wie Speyer und
Heidelberg zerstört.
Berlin. Friedrich II I. wird
nach dem Tod seines Va ters
neuer Herrscher Brandenburg­
Preußens. Der Kurfürst widmet
sich, dem barocken Zeitgeist
entsprechend, besonders der
Repräsentation und Förde­
rung der Künste.

...
Berlin. Der Gymnasialdirektor
Johann Bödiker veröffentlicht
mit den "Grundsätzen der
deutschen Sprache im Reden
und Schreiben" die bislang
bedeutendste deutsche
Grammatik. Darin dringt der
Pädagoge auf die Vereinheit­
lichung der deutschen Sprache.
Denn im Norden sprechen
die Menschen "plattdeutsche"
Mundarten, im Süden "hoch­
deutsche" Dialekte, die sich
vielfach von Ort zu Ort derart
unterscheiden, dass sich die
Leute kaum miteinander ver­
ständigen können. Auch wegen
Bödikers Wirken entwickelt sich
in den fo lgenden 100 Jahren
eine deutsche "Kulturnation",
zu der auch die vorwiegend
deutschsprachigen Regionen
der Habsburger gehören.
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