Geo Epoche - 08.2019

(lu) #1

die Größenfantasien seines Herrn ein­
zugehen. Er schlug ihm vor, eine Han­
delskompanie zu gründen und zwei
Schiffe zur Erkundung an Afrikas We st­
küste zu schicken. Finanzieren wolle er
das Unternehmen auf eigene Kosten.


Ab Mitte des 15.


weiter gen
Mündung des
heutigen
biet. Ihnen
Engländer, S
teilten die Küste unter sich auf. Sie nann­
ten die Landstriche nach den Wa ren, die
sie dort gegen minderwertige Ta usch­
objekte einhandelten: "Elfenbein-",
"Gold-" und "Sklavenküste".
Ins Innere Afrikas trauten sie sich
kaum vor, der Regenwald schien un­
durchdringlich, die Gefahr von Tropen­
krankheiten zu groß. Zudem gab es dort
gut organisierte Königreiche, deren
Krieger bald über Feuerwaffen verfüg­
ten. So verschanzten sich die Europäer
an der Küste und bauten Festungen.
Binnen Kurzem reihte sich hier Fort
an Fort, und ihre Kanonen waren meist
zur Seeseite gerichtet - um mögliche
europäische Konkurrenten abzuwehren.
Die besten Plätze schienen also ver­
geben, Raules Plan war daher mehr als
verwegen. Zudem drohten diplomati­
sche Ve rwicklungen mit Handelsgesell­
schaften europäischer Nachbarn. Doch
Friedrich Wilhelm war entflammt von
der Idee, und so lichteten am 17. Sep­
tember 1680 die Fregatten "Wappen von
Brandenburg" und "Morian" ihre Anker
und nahmen Kurs auf We stafrika.
Benjamin Raule sowie einige nie­
derländische Geschäftspartner finanzier­
ten die Expedition. Friedrich Wilhelm
stellte lediglich 22 Soldaten.
Vier Monate später erreichten die
Schiffe das Kap der drei Spitzen im Süd­
westen des heurigen Ghana. Und so­
gleich zeigte sich, wie riskant ihre Mis-


1683 -1717 J Preußischer Kolonialismus


sion war: Als der Kapitän der "Wappen
von Brandenburg" ankern ließ und Ein­
heimischen ein Fass Branntwein ver­
kaufte, schritten die Niederländer ein,
die den Küstenstrich fü r sich bean­
spruchten, und beschlagnahmten kur­
zerhand die Fregatte.
Dem Kommandanten der "Mo­
rian" gelang es jedoch, etwas entfernt
zu ankern und unbemerkt mit einigen
Offizieren an Land zu gehen.
Den Brandenburgern kamen die
Umstände vor Ort zu Hilfe: In der
Gegend hatte die niederländische We st­
indien-Kompanie zwar schon vor eini­
gen Jahrzehnten die portugiesischen
Festungen übernommen, ihr Handels­
monopol aber nicht vollständig durch­
setzen können. Die Einheimischen, die
an der Küste lebten und mit den Euro­
päern handelten, sahen in den Ankömm­
lingen eine Chance, neue, lukrativere
Verbindungen einzugehen.
Ve rtreiben konnten sie die We ißen
ohnehin nicht. Und sie hatten erkannt,
dass ihnen die Konkurrenz der Fremden
untereinander auch Vo rteile bot.
Der Kapitän der "Morian" schloss
mit drei Dorfoberhäuptern eine Ab­
machung über künftigen Handel; ver­
mudich verständigten sie sich dabei auf
Portugiesisch. Die Brandenburger er­
hielten das Recht, eine Küstenfestung in
dem Gebiet zu errichten, die auch den
Einheimischen Schutz gegen ihre Feinde
bieten sollte. Und sie versprachen, in
einigen Monaten wiederzukommen und
mit dem Bau des Forts zu beginnen.

DIE EXPEDITION WAR ein Coup (auch
wenn die Niederländer die beschlag­
nahmte "Wappen von Brandenburg" erst
1686 nach langem diplomatischen Rin­
gen zurückgaben).In Berlin verlor Fried­
rich Wilhelm nun keine Zeit mehr.
Per Erlass gründete er am 7. März
1682 eine Afrika-Firma. Jeder Miteigner
musste mindestens 200 Taler einzahlen
und wurde am Gewinn beteiligt. Genau
genommen aber nützte das Unterneh-

men vor allem zwei Männern: Friedrich
Wilhelm und Benjamin Raule.
Denn der Kurfürst und sein Pro­
rege beteiligten sich mit 8000 und
24 000 Talern an der ersten Expedition
der Kompanie und steuerten damit zwei
Drittel der Kosten bei. Die übrigen In­
vestoren waren Adelige am Hof - in
Brandenburg fe hlte es an zahlungskräf­
tigen und interessierten Kaufleuten.
Im November 1682 stellte der Kur­
fürst der Firma einen Schutzbrief aus.
Ihr stehe es frei, an der afrikanischen
Küste "mit Pfeffe r, Elefantenzähnen,
Gold, Sklaven oder was sonst zu handeln
sei, freies Gewerbe zu treiben".
Er verpflichtete sich, für die noch
zu erbauende Festung "alle requirierten
Materialien an Holz, Stein, Kalk, Eisen,
We rk- und Arbeitslohn dazu herzuge­
ben und zu schenken". Und sicherte zu,
sollte eine fremde Macht die Kompanie
attackieren, sie zu schützen - "sei es
durch Repressalien oder allerhand an­
dere Mittel und Wege".
Benjamin Raule, inzwischen zum
Generaldirektor der Marine befördert,
hatte da bereits zwei weitere Schiffe nach
Afrika entsandt. Mit an Bord reisten
zwei Ingenieure. Leiter der Expedition
war der 25-jährige Major Otto Friedrich
von der Groeben.
Über Lissabon und die Kanaren
erreichten die Schiffe kurz nach Weih­
nachten das Kap der drei Spitzen.
An Land entdeckte von der Groe­
ben schnell einen idealen Platz fü r eine
Festung: einen unbewohnten Hügel, der
sich auf einer Halbinsel 700 Meter ins
Meer vorschob. Er ließ die Anhöhe von
seinen Ingenieuren vermessen, dort ein
Zelt aufschlagen und sechs Geschütze
von den Schiffen herbeischaffen, um die
Stelle zu sichern.
Am Neujahrstag 1683 hisste er die
Fahne Brandenburgs und taufte den
Hügel unter Salutschüssen den" Grossen
Friedrichs-Berg" - weil "Seiner Kur­
fürstlicher Durchlaucht Name in aller
We lt groß ist", wie es in einem späteren
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