Levante geschlagen, von Ägyptern gegen
Gold eingetauscht und eingeschifft. Das
war eine teure und zeitraubende Angele
genheit, wenn man die geringe Tragfä
higkeit der ägyptischen Seeschiffe be
rücksichtigt. Denn sie konnten nur mit
20 bis 40 Tonnen beladen werden.
Andere Versorgungsteams holten
Amethyst aus einem Steinbruch im rund
850 Kilometer entfernten Abu Simbel
oder reisten tief in die Wüste auf der
Suche nach Gesteinen, die sich zu Farb
pigmenten verarbeiten ließen.>> Mit Blick
auf die Anzahl der zu verbauenden Stei
ne und die Bauzeit selbst muss es eine
Art > Just-in -time-Prinzip< zwischen
Steinbruch, Transporthafen, Zwischen
lager und Baustelle selbst gegeben ha
ben<<, schreibt der Ägyptologe Frank
Müller-Römer. Das heißt, das Baumate
rial musste in ausreichender Menge zur
richtigen Zeit vorhanden sein, um die
Arbeiten so schnell wie möglich voran
schreiten zu lassen.
Mag die Beschaffung der Baumate
rialien eine Frage der Organisation und
des Goldes gewesen sein, so war der Um
gang mit den tonnenschweren Steinen
eine echte Herausforderung. Wie wur
den sie bewegt? Wie geschnitten? Und
wie gesetzt? Hammer, Meißel, Messer,
Sägen und Bohrer waren den Ägyptern
bekannt, um die Steinquader zu formen.
Aber Eisen als Material für Werk
zeuge war damals noch kein
Standard, es gab lediglich
einige rituelle Gegenstän-
de aus Meteoriteneisen.
Die Hämmer oder
Fäustel waren aus Dolerit.
Diese Art Ganggestein
war härter als der zu
behauende Granit.
Die Meißel der Ägyp
ter hingegen waren
aus weicherem Kup
fer. Forscher neh
men an, dass die
Quader mühsam
herausgesägt wur
den, indem die
Ägypter Kupfersä-
gen auf einer Pas-
te aus Quarzsand
auf dem Granit
hin-und herbe
wegten. Nicht das
8/2019
Sägeblatt, sondern der Quarz durcht
rennte den Granit, weil er härter war als
das Gestein. Mussten die ägyptischen
Arbeiter Granitstein aushöhlen, etwa für
einen Sarkophag, benutzten die Hand
werker primitive Lochsägen zusammen
mit dem Quarzsand. Es dauerte viele
Monate, auf diese Weise einen einzigen
Stein zu bearbeiten. Einige Millionen da
von ergaben schließlich eine Pyramide.
Doch wie die Menschen sie aufeinander
schichteten, darüber sind sich die Wis-
unzugänglich zu machen (siehe Grafik
nächste Seite, Blockiersteinkammer).
Auf Grundlage von Funden in einer älte
ren Pyramide konstruierte er maßstabs
gerecht ein System von Hanfseilen, die
über fest installierte, mit Kupferblech
ummantelte Rundbalken liefen. Die Rei
bung der Seile war so stark, dass die Stei
ne von nur zwei Mann herabgelassen
werden konnten. >>Die technischen Lö
sungen, die wir präsentieren, bauen
schlüssig auf archäologischen Befunden
2 300 000 Steinblöcke
SCHICHTETEN ARBEITER FÜR
DIE CHEOPS-PYRAMIDE AUFEINANDER
senschaftler noch immer im Unklaren.
Zur Diskussion stehen zum Beispiel
Krankonstruktionen, um die Steine auf
die Pyramide zu hieven.
Aber für einen richtigen Kran
bräuchte es Kenntnisse über Achsen,
Winden und Zahnräder. Darüberverfüg
ten die Ägypter zur Zeit Cheops nicht. Es
gilt als wahrscheinlich, dass sie lediglich
mit geneigten Flächen und Hebeln ar
beiten konnten, wenn es darum ging,
Quader an die richtige Stelle zu bekom
men. Bestenfalls hantierten sie mit we
nig effektiven Flaschenzügen.
Uwe Dorka vom Institut für kon
struktiven Ingenieurbau an der
Universität Kassel beschäftigt
sich schon seit Jahren mit den
Bauwerken der Antike. Er fand
zumindest eine mögliche Erklä
rungdafür, wie Ägypter 2,5 Ton-
nen schwere Granitblöcke in
eine Kammer der Pyramide
hinabließen, um die Grab
kammer von der Großen
Galerie her für Plünderer
Die Statuette des Cheops
besteht aus Elfenbein.
Oben zu Lesen der Name
»Khufu«, wie Cheops
auch genannt wurde
auf«, so Dorka. Allerdings: Selbst wenn
seine Konstruktion funktioniert, ist das
keine Garantie, dass es sie auch wirklich
gegeben hat. Es fehlt an archäologischen
Beweisen, an entsprechenden Funden.
Dasgilt für Dorkas Rundbalkenkonstruk
tion wie für viele andere Theorien auch.
WURDE DER BEWEIS FÜR DIE
RAMPENTHEORIE GEFUNDEN?
Das Rad spielte zu dieser Zeit im Trans
portwesen der Ägypter keine Rolle. Statt
Karren kamen Holzschlitten zum Ein
satz, die von je 20 Mann über Bahnen aus
Nilschlamm gezogen wurden. Damit die
Transportstrecken stark belastet werden
konnten, wurden Holzbalken in ein Bett
aus Kalksteinbruch oder Mörtel gelegt.
Die oberste Schicht bildete ein Mix aus
Gips und Kalkstein. Darauf wurde dann
der Nilschlamm ausgebracht.
Die Schlitten funktionierten, das ha
ben Archäologen in Experimenten in
zwischen bewiesen. Aber was die Form
der Rampen angeht, über die die Schlit
ten glitten, herrscht Unklarheit.
jede Rampenform hat ihre Schwä
chen. Haben sich die Ägypter damals für
eine gerade Rampe entschieden? Diese
wäre dann sehr lang gewesen und hätte
enorme Mengen Baumaterial erfordert.
Auf einer kurzen Rampe wäre die Stei
gung für die Schlickschlittentechnik zu
steil ausgefallen. Bei einer um die Pyra
mide herumlaufenden Rampe >>hätten
sich Schwierigkeiten bezüglich der
Überwachung der Diagonalen und der
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