P.M. Fragen und Antworten - 08.2019

(Nancy Kaufman) #1

Neigung der Pyramidenseitenflächen
ergeben, da die Ve rstärkungen alle vier
Seiten überdeckt hätten<<, schreiben die
Ägyptologen MarkLehnerund Zahi Ha­
wass. Das heißt, die Baumeister hätten
Schwierigkeiten gehabt, eine stabile und
geometrisch korrekte Pyrami de zu er­
richten. Dazu brauchten sie freie Sicht
auf alle schon fertiggestellten Teile. Die
wären aber durch die Ab stützungen fü r
die Rampe verdeckt worden.
Le hner und Hawass sprechen sich
auch gegen eine Wendelrampe aus. Diese
hätte sich im Unterschied zur Um­
lauframpe nur an einer Seite die Pyrami­
de hochgeschlängelt Doch sie wäre auf­
grundder notwendigen Steilheit instabil
gewesen. Sie hätte zudem den Einbau
von aus der Pyramide ragenden >>Ver­
steifungssteinen<< erforderlich gemacht ­
und das war wohl zu aufwendig. Eine
machbare Lösung ist möglicherweise
der Dissertation von Frank Müller-Rö -


22 Fragen&Antworten


...,.

Mykerinos­
Pyramide
.."..

Einst lagen die Pyramiden von Gizeh in der Wüste,
nun ist die Megacity Kairo bis an sie herangewuchert. Die
Cheops-Pyramide (links) liegt der Stadt am nächsten

mer zu entnehmen. DerÄgyptologe ent­
wirft eine Rampenlösung für den Bau
der ursprünglich 65 Meter hohen Myke­
rinos-Pyramide auf dem Gizeh-Plateau:
eine Kombination aus Rampe und Seil­
winde, die bei relativ wenig Material­
einsatz für den Rampenbau das recht
schnelle Verbringen der Steinquader bis
zur Spitze ermöglicht haben könnte.
Eine Entdeckung aus dem Jahr '4018
wiederum könnte einen neuen Lösungs­
ansatz bieten. Etwa 18 Kilometer südlich
von Arnarna und rund 300 Kilometer
von den Gizeh-Pyramiden entfernt fan­
den Archäologen in einem Alabaster­
Steinbruch eine Rampe, die links und
rechts mit Treppen versehen ist. Der
Steinbruch wurde schon zur Zeit Cheops
genutzt. Zusätzlich kam ein System aus
Löchern zum Vorschein.
Der am Fundort arbeitende Ägypto­
loge Yannis Gourdon vermutet, dass in
diesen Löchern Pfähle steckten, um die

an den Steinblöcken befestigten Seile
umzulenken: rn der Mitte der Rampe
wurde ein Quader nach oben gezogen,
während die Arbeiter an den Seiten die
Stufen hinabgingen. So hievten Muskel­
kraft und Eigengewicht der Seilschaften
die Steinblöcke empor, und zwar auf ei­
ner Rampe mit '40 Prozent Steigung.
Bedeutet djese Entdeckung und die
daraus folgende Hypothese das Ende al­
ler allzu exotischer Bautheorien? Bislang
noch nicht. Denn solange keine Beweise
für ihre Existenz auf dem Gizeh-Plateau
gefunden werden, ist es nur ein Lösungs­
ansatz von vielen- wenn auch ein sehr
einleuchtender.

WIE WURDE DER PYRAMIDEN­
BAU ORGANISIERT?
Herodot von Halikarnassos, der >>Vater
der Geschichtsschreibung<<, befasste sich
rund 2100 Jahre nach der Errichtung der
Großen Pyramide mit deren Bau und vor
allem mit Cheops. Er war für ihn ein
skrupelloser Herrscher, der sich nicht
scheute, seine To chter zur Sexarbeit zu
zwingen, um die Mittel für den Bau zu­
sammenzubekommen. Cheops habe
100 ooo Menschen wie Sklaven schuften
lassen, um die Pyramide zu errichten.
Tatsächlich aber benötigte man dazu
weitaus weniger Arbeiter-und sie wa­
ren mitnichten Sklaven, sondern privile­
giert. Der US-Pyramidenexperte Mark
Lehner errechnete, dass eine Arbeiter­
mannschaft von ungefähr 3 2 Mann nö­
tig war, um einen Fels von der üblichen

8/2019

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