Warum fällt ieder dritte
Fahrschüler durch?
M
ehr und mehr Fahranfänger schaffen ihre Prü
fung nicht. Laut Zahlen des Kraftfahrtbundes
amtes von 2018 fallen inzwischen im Schnitt
36 Prozent aller Fahrschüler in Deutschland bei
der theoretischen Prüfung durch. Und 29.4 Prozent beim
praktischen Te st. In der Theorie am schlechtesten schnei
den die Fahranfänger in Berlin ab, dort bestehen 44.3
Prozent der Prüflinge den Test nicht. In der Praxis sind die
Hamburger und die Bremer mit 42 Prozent die schwächs
ten, im benachbarten Schleswig-Holstein dagegen fallen
nur 27,3 Prozent durch. Die gelehrigsten Fahrschüler
scheinen in Hessen zu wohnen: Nur 30.5 Prozent vergei
gen die Theorie-Prüfung und nur 24,6 Prozent den prakti
schen Te il. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 fielen bundesweit
noch nur etwa 30 Prozent der Fahranfänger in der Theorie
durch und rund 25 Prozent beim Praxistest
Für die regionalen Unterschiede haben die Experten
keine Erklärung. Die Anforderungen seien überall gleich.
Für die seit Jahren auch europaweit steigende Durchfall
quote aber gebe es immerhin Vermutungen, sagt Dieter
Quentin, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahr
lehrerverbände: >>Heute nehmen junge Leute, bevor sie
den Führerschein machen, viel weniger am Verkehr teil als
früher. Sie lassen sich lieber von Taxi Mama kutschieren,
als Rad oder Mofa zu fahren. So entwickeln sie weniger
Aufmerksamkeit für den Verkehr.<< Zudem werde der Füh
rerschein heutzutage eher nebenher gemacht: >>Er kon
kurriert mit Facharbeit, Abitur, Aushilfsjob und Sport.<<
Auch die Theorie-Prüfung hat sich verändert. Früher
machte man auf Papier unter Bildehen Kreuzehen und
beantwortete Fragen, die man auswendig lernen konnte.
Heute findet die Prüfung am Computer statt, und es gibt
Videos von Verkehrssituationen, die der Prüfling richtig
einschätzen muss. >>Das erfordert ein echtes Verständnis
der Thematik<<, sagtADAC-Sprecher Johannes Boos. Hinzu
kommt: DerVerkehr ist komplexer geworden. >>Wir haben
heute viel mehr Verkehrsteilnehmer als vor 20 Jahren«,
sagt Julia Fohmann vom Deutschen Verkehrssicherheits
rat. >>Und bald kommen noch kleine Elektrofahrzeuge wie
E-Roller hinzu. Es wird schwerer, den Überblick zu behal
ten.<< Die Verkehrspsychologin Claudia Happe aus Wesel
vermutet zudem, dass Jugendliche im Taxi Mama lieber
aufs Smartphone schauen als aus dem Fenster. >>Auch da
durch könnte der Bezug zum Verkehr verloren gehen.<< Qr)
Theoretische
Prüfung heute:
Statt Multiple
Choice-Kreuzchen
zu machen, muss
man Verkehrs
situationen in
Videos einschätzen
Barbra Streisands Haus in Kalifornien. Ihr Versuch,
solche Bilder zu unterbinden, ging nach hinten los
Was ist der
Streisand-Effekt?
D
ie Sängerin und Schauspielerin
Barbra Streisand war entsetzt: Auf
einer Luftaufnahme war ihr
Anwesen zu sehen, frei zugänglich
im Internet. Sie reichte 2003 eine Klage über
SO Millionen US-Dollar ein, sollte der
Fotograf die Aufnahme nicht löschen. Doch
der war nicht etwa ein Paparazzo, sondern
dokumentierte für das California Coastal
Records Project, wie der Mensch die kalifor
nisehe Küste veränderte. Eines von 12 000
Bildern zeigte zwangsläufig auch Streisands Domizil, das
wie die Anwesen vieler Prominenter an dieser Küste liegt.
Mit der Klage wollte Streisand Aufmerksamkeit verhin
dern - erreichte aber genau das Gegenteil. Denn nun
wollten Zigtausende ihr Grundstück von oben sehen. Das
Interesse hatte Streisand somit erst geschaffen. Seither
spricht man vom »Streisand-Effekt«, wenn der Versuch,
eine Information zu unterdrücken, dazu führt, dass sie sich
erst recht verbreitet.
Ein bekanntes deutsches Beispiel ist der Gerichtspro
zess, den der türkische Präsident Recep Erdogan gegen
den Satiriker Jan Böhmermann wegen seines Gedichts
»Schmähkritik« anstrengte. Das Hamburger Landgericht
zitierte im Anhang zu seinem Urteil den Originaltext
noch mal in voller Länge auf seiner Internetseite- inklu
sive der Passagen, die Böhmermann laut diesem Urteil
nicht wiederholen darf. Sie sind sogar rot hervorgehoben:
https://tinyurl.com/zs4mf93. (thr)
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