P.M. Fragen und Antworten - 08.2019

(Nancy Kaufman) #1

JRECHT IM ALLTAG


Was ist der Unterschied zwischen


Wohnrecht und Nießbrauch?


W


er aus erbschaftssteuerliehen Gründen schon zu
Lebzeiten seine Immobilie verschenkt, geht unter
Umständen ein großes Risiko ein. Denn ist der
Vertrag einmal geschlossen, verliert der Schen­
kende den kompletten Anspruch auf seine Wohnung oder sein
Haus. Es sei denn, er hat auch für seine eigene Zukunft vor­
gesorgt und sich ein lebenslanges oder zeitlich befristetes
Wohnrecht (§ 1093 BGB) oder den Nießbrauch(§ 1068 BGB)
einräumen lassen. Denn so hat er weiterhin das Recht, die
Immobilie zu bewohnen, gegebenenfalls auch nur einzelne
Räume oder eine kleine Einliegerwohnung. Dieses Recht muss
ins Grundbuch eingetragen werden und gilt bei einem späteren
Hausverkauf weiter. Der neue Besitzer muss dieses Recht
akzeptieren, sodass die Schenkenden auch bei einem Eigentü­
merwechsel nicht ausziehen müssen.


Der Nießbrauch geht dabei noch weiter: Der Betreffende
genießt nicht nur lebenslanges Wohnrecht und Nutznießung, er
kann die Immobilie oder einzelne Räume auch vermieten und
die Miete selbst einstreichen. Allerdings kann er nicht den
Nießbrauch übertragen. Und auch anderweitig vererben oder
verkaufen darf er die Immobilie nicht mehr. Der Nießbrauch
bleibt bis zum Tod bestehen, selbst wenn die Immobilie vom
neuen Eigentümer erneut verkauft wird.
Im Normalfall übernimmt der Nießbraucher die gewöhnli­
chen Kosten, zum Beispiel für Wasser, Heizung und Strom,
Grundsteuer, Versicherung und kleinere Reparaturen. Für
Instandhaltungs-und Modernisierungsmaßnahmen ist jedoch
der neue Eigentümer zuständig. Ob für die Vorsorge im Einzel­
fall das Wohnrecht oder der Nießbrauch besser geeignet ist,
darüber sollte man sich von einem Anwalt beraten lassen. (dim)

Wem gehört das Fallobst vom Nachbarn?


W


enn im ausgehenden
Sommer die ersten Herbst­
stürme die Bäume durch­
schütteln, fällt wieder jede
Menge Fallobst an: Früchte also, die vom
Baum fallen, bevor sie gepflückt wurden.
Steht ein Baum nahe an der Grund­
stücksgrenze oder hängen seine Äste
sogar über die Grenze hinaus, fallen die
Äpfel, Birnen oder Pflaumen auch auf das
Grundstück des Nachbarn. Diese Früchte
gehören dann ihm. Er kann die Äpfel


70 Fragen&Antworten


Geerntetes Obst
im Garten kann
Leichtzum
Zankapfel werden,
wenn der Baum
an der Grund­
stücksgrenze zum
Nachbarn steht

aufheben und behalten. Dieser soge­
nannte Eigentumsübergang ist in § 911
des Bürgerlichen Gesetzbuches so
geregelt. Er gilt aber nicht, wenn jemand
an dem Baum geschüttelt hat und das
Obst dadurch heruntergefallen ist.
Fallen immer wieder Früchte von
selbst auf mein Grundstück, kann ich den
Nachbarn auffordern, sie zu entfernen.
Ich muss ihm dann aber auch erlauben,
mein Grundstück zu betreten. Tut er dies
trotz Aufforderung nicht, kann ich auch

eine Firma mit dem Beseitigen beauftra­
gen und vom Nachbarn verlangen, die
Kosten zu erstatten. Die Juristen nennen
dies »Aufwendungsersatzanspruch«.
Aber Vorsicht! »Wähle ich diese Option,
so muss ich meinem Nachbarn zuvor
eine Frist gesetzt haben, bis zu der er
das Obst beseitigt haben soll, und ihm
zugleich androhen, sonst das Obst
auf seine Kosten entfernen zu lassen«,
mahnt der Berliner Rechtsanwalt
Stephan lmm.
Egal wie weit die Äste des Nachbar­
baums ins eigene Grundstück ragen: Die
Früchte, die am Baum hängen, dürfen
von mir nicht abgeerntet werden. Sie
müssen von selbst aufs Grundstück
fallen. Möchte der Baumeigentümer die
überhängenden Früchte ernten, muss
er erst um Erlaubnis fragen, bevor er
das Grundstück betritt und ans Pflücken
geht. Erlaube ich das nicht, so darf er
stattdessen zum Beispiel mit einem
Apfelpflücker über den Zaun hinweg das
überhängende Obst ernten.
An den Früchten von Bäumen und
Sträuchern auf öffentlichem Grund und
Boden kann sich jeder frei bedienen -
egal ob sie noch am Baum hängen oder
herabgefallen sind. (dim)

8/2019
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