P.M. Fragen und Antworten - 08.2019

(Nancy Kaufman) #1

Was passiert nach


dem Tod mit meinem


di italen Ich?


Ein Facebock-User versetzt den Account einer
Verstorbenen in den Gedenkzustand

E


in Konto bei Facebook, eins bei
Xing, dazu Amazon, Yahoo und
Google sowieso ... Wir schwim­
men heute so selbstverständlich
mit dem Datenstrom, dass wir schnell
den Überblick verlieren. Hatte man frü­
her ein Konto meist nur bei der Bank, so
sind es heute in der digitalen Welt meist
ein Dutzend oder mehr.
Doch die wenigsten haben geregelt,
was mit ihren Daten und Internetkon­
ten passiert, wenn ihnen etwas zustößt.
Das ist ein Problem. Denn bei Facebook
zum Beispiel galt bislang, dass die Erben
eines Nutzers dessen Konto zwar löschen
lassen konnten, aber keinen Zugriff auf
Inhalte wie Chatverläufe, Postings oder
Fotos erhielten. So etwa im Fall eines
15-jährigen Mädchens in Berlin, das


(^2012) von der U-Bahn überfahren wur­
de. Die Eltern wollten auf ihrem Face­
book-Verlauf nachsehen, ob es Hinweise
auf einen Suizid gibt. Doch der Account
war schon in den >>Gedenkzustand« ge­
setzt, der Verlauf damit gesperrt. Dies
kann bei Facebook jeder Bekannte eines
Users veranlassen, auch ohne Zugangs­
daten zum Konto des Verstorbenen. Die
Eltern waren im Besitz der Zugangsda­
ten und verklagten Facebook, um Zugriff
zu erhalten. Das Unternehmen verwei­
gerte dies aber mit Hinweis auf den
Datenschutz und bekam 2017 vom Ber­
liner Kammergericht recht.
Doch dieses Urteil hat der Bundes­
gerichtshof in diesem Sommer gekippt:
Die Eltern erhalten nun doch uneinge­
schränkten Zugriff auf alle Daten ihrer
Tochter- ein Grundsatzurteil, das für
alle Facebook-Nutzer gilt. Schließlich, so
das Hauptargument, gingen ja auch
Briefe und Tagebücher eines Verstorbe­
nen an die Erben über, auch wenn sie
womöglich nicht für deren Augen be­
stimmt waren.
Allerdings sind noch nicht alle
Bereiche in diesem Zusammenhang
rechtlich geklärt. Daher rät der Bundes­
verband der Verbraucherzentralen zu
einer >>digitalen Vorsorge<< mittels einer
handgeschriebenen Vollmacht: Damit
ermöglichen User ihren Erben Zugang
zu allen Daten, auch bevorder Erbschein
ausgestellt ist. Das kann nicht zuletzt
wichtig sein, um per E-Mai! eingehende
Rechnungen zu begleichen oder online
abgeschlossene Verträge zu kündigen.
EIN DIGITALES TESTAMENT
WIRD EMPFOHLEN
Rechtlich unklar bleibt die Lage bei
Film- und Musik-Bibliotheken oder
Computerspielen, die der Erblasser di­
gital erworben hat und die an seinen
Account gekoppelt sind. Daher ist es rat­
sam, die Regelung für solche digitalen
Güter detailgenau ins Testament aufzu­
nehmen. Im Internet gibt es dafür Mus­
tervorlagen, zum Beispiel unter https://
http://www.heise.de/ct/downloads/o4/211/6/7/
71l/8Nollmacht.pdf.
Als Nutzer von Facebook und Google
kann man in den Kontoeinstellungen
(unter >>Sicherheit<<) festlegen, was mit
den eigenen Daten und dem Account im
Todesfall geschehen soll. EinigeAnbieter
wie Twitter bieten noch keine Nachlass­
verwaltung durch den Nutzer an, das
berufliche Netzwerk Xing vertraut auf
die User, die das Mitglied als verstorben
melden. Eine handschriftlich verfasste
Verfügung ist daher am sichersten. (fs)
Fragen &Antworten 71

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