Neue Zürcher Zeitung - 03.08.2019

(Barry) #1

2INTERNATIONAL Samstag, 3. August 2019


Ein Minenräumspezialist untersuchtdie Umgebung vor einem Hochhaus.RUNGROJ YONGRIT/ EPA

Bomben in Bangkok geben Rätsel auf


rt. Singapur.·Bei Detonationen in
der thailändischen HauptstadtBang-
kok sind amFreitagmorgen vierPer-
sonenverletzt worden. Die improvi-
sierten Sprengsätze explodierten in
Büschen bei der BTS-Hochbahnstation
Chong Nonsi im Geschäftsviertel Silom,
imRegierungsviertel von ChaengWat-
tana sowie bei Suan Luang. Sie wurden
offenbar mit Zeitzündern zur Detona-
tion gebracht. Bei denVerletzten han-
delt es sich um Putzpersonal, das Stras-
sen wischte,sowie einen Angehörigen
einer Security-Firma. Er hielt sich beim
Mahanakorn-Hochhaus auf, das sich im
Besitz der King-Power-Gruppe befindet,
der Eigentümerin des britischenFuss-
ballklubs Leicester City.

DieAnschläge ereigneten sich zu
einem Zeitpunkt, da inBangkok ein
Aussenministertreffen des Südostasiati-
schen Staatenbunds (Asean) stattfindet,
an dem auchVertreter von Drittländern
teilnehmen, unter ihnen der amerikani-
scheAussenminister MikePompeo.Ein
Zusammenhang mit derKonferenz ist
nicht auszuschliessen. Beobachter spra-
chen von einemVersuch, die neue thai-
ländischeRegierung zu blamieren, die
derzeit den Asean-Vorsitz hat. Die Ur-
heberschaft der Anschläge ist derzeit je-
doch unklar.Auseinandersetzungen mit
Separatisten im muslimisch geprägten
Süden desKönigreichsreichten bisher
nie bis in die Hauptstadt. Ein Bezug dazu
istaber auch denkbar.

Die USA beenden


den INF-Vertr ag endgültig


(dpa)·Mit dem INF-Vertrag ist amFrei-
tag eines der weltweit wichtigsten Abrüs-
tungsabkommen fürAtomwaffen aufge-
löst worden. Die USA bestätigten nach
einer sechsmonatigenKündigungsfrist
das endgültigeAus für dieVereinbarung
mitRussland. Sie war1987 im Kalten
Krieg geschlossen worden und sah vor,
dass beideSeiten auf landgestützte ato-
mare Mittelstreckenraketen verzichten.
Russland sei denAufforderungen nach
einer Zerstörung seinesvertragswidrigen
Marschflugkörpersystems SSC-8 nicht
nachgekommen, sagte der amerikanische
Aussenminister MikePompeo.DieVer-
einigten Staatenkönnten deswegen nicht
an dem Abkommenfesthalten.Russland
trage die alleinigeVerantwortung für das
Aus. DasAussenministerium in Moskau
erklärte,das Abkommen sei auf Initiative
derUSA beendet worden.«Washington


IN KÜRZE


Hera usgabe von Trumps
Steuerer klärungen blockiert
(dpa)·Ein Richter inWashington hat
die vom Gliedstaat NewYork auf den
Weg gebrachte Herausgabe von Präsi-
dent DonaldTr umps Steuererklärungen
vorerst blockiert. Zunächst müsse die
Zuständigkeit des Gerichts geklärt wer-
den, verfügte der Richter Carl Nichols
am Donnerstag laut einem CNN-Be-
richt.NewYork hatte vor kurzem ein
Gesetz beschlossen, das es demKon-
gress erlauben würde, Steuerunterlagen
aus dem Gliedstaat anzufordern, so-
lange dafür ein «spezifischer und legiti-
mer gesetzlicher Grund» vorliege.

Ratcliffe wird doch nicht
Geheimdienstkoordinator
(sda/Reuters)·Der amerikanische Prä-
sident DonaldTr ump muss einen neuen
Kandidaten für dieKoordinierung der
Nachrichtendienste suchen. Derrepu-
blikanische AbgeordneteJohnRatcliffe
werde imKongress bleiben, kündigte
Tr ump amFreitag aufTwitter an. Für
die Entscheidung machte er eine un-
faireBerichterstattung überRatcliffein
den Medien verantwortlich. Er werde
bald einen neuen Kandidatenernen-
nen.Tr ump hatteRatcliffe am Sonntag
als Nachfolger des AmtsinhabersDan
Coats vorgeschlagen.

Meciar will in der Slow akei
eine neue Partei gründen
(dpa)·Der dreimalige slowakische
Regierungschef Vladimir Meciar hat
die Gründungeiner neuenPartei ange-
kündigt. In einemamFreitag online ver-
öffentlichten Interview derTageszeitung
«Plus 1 den» bestätigte der 77-Jährige

Lage um blockierte Schiffe
im Mittelme er spit zt sich zu
(dpa)·Zwei blockierteRettungsschiffe
mit insgesamt mehr als160Migranten an
Borderhöhen den Druck auf Italien und
Malta, die Menschen anLand zu lassen.
Die spanische Hilfsorganisation Proac-
tiva Open Arms ist mit 124 Migranten
auf dem Mittelmeer auf der Suche nach
einem Hafen. Die «AlanKurdi» der
deutschen Organisation Sea-Eye war-
tete mit 40 Migranten vergebens vor der
italienische InselLampedusa. Doch Ita-
lien zeigt sich hart und hat es auch abge-
lehnt, Minderjährige, unter ihnen Klein-
kinder, und eine Schwangere von Bord
zu bringen. Zuständigseien die maltesi-
schen Behörden.

erstmals Gerüchte, dass er eineRück-
kehr in die aktivePolitik vorbereite.
Allerdings schränkte er ein, dass seine
intensive Arbeit an derParteigründung
nicht bedeuten müsse, dasserpersönlich
wieder einRegierungsamt oder denPar-
teivorsitz anstrebe.

hat einen schwerwiegendenFehler be-
gangen», hiess es in einer Mitteilung der
AgenturTass. Die Nato-Partner stellten
sich mit einer gemeinsamen Erklärung
geschlossen hinter die Entscheidung der
USA. Der Nato-GeneralsekretärJens
Stoltenberg sagte:«Wir wollenkeinen
neuenRüstungswettlauf.»Dafür müsse
Russland aber seinVerhalten ändern.

AUFGEFALLEN


Diplomatie


geht durch den Magen


Volker Pabst, Istanbul· DienationaleKüche vonPalau, Lesotho
oder denKomoren ist in Europa wenig bekannt. Im Belgrader
RestaurantKurcagin aber kann man sich damit vertraut ma-
chen. DerWirt Vojin Cucic serviert nämlich nur Speisen aus
Ländern, dieKosovo nicht als unabhängigesLand anerkannt
haben. Und besonders prominent werden die Gerichte von
Staaten gereicht, die ihreAnerkennung wieder rückgängig ge-
macht haben. Bisher haben diesen Schritt 13Ländervollzogen,
unter anderemPalau, Lesotho und dieKomoren.
Serbien unternimmt beträchtliche Anstrengungen, um
Kosovos internationale Stellung zu schwächen.Fernziel ist es,
dass weniger als 96 Staaten,also die Hälfte aller Uno-Mit-
gliedsländer, die einstige serbische Provinz als unabhängig be-
trachten. Zurzeit sind es noch 117 Staaten. Mit der Kampagne
hat Belgrad bisher vor allem in Afrika und imPazifik Erfolg.
Welche Gegenleistungen die meist armen Staaten erhalten, ist
nichtgesichert. Allerdings erleichterte Serbien in einigenFäl-
len die Einreisebestimmungen, mit Lesotho wurde ein Agrar-
abkommen geschlossen.AuchRüstungsgeschäftekönnten
eineRolle spielen. Zudem gibt esVermutungen, dass mitunter
auchRusslands diplomatisches Gewicht zumTr agenkommt.
Moskau ist einer der engstenVerbündeten Belgrads.
Wie SerbiensAussenminister IvicaDacic kürzlich erklärte,
hat mit derRepublik Zentralafrika nun ein14.Staat die An-
erkennungKosovos zurückgezogen. DiekosovarischeRegie-
rung in Pristina streitet dies allerdings ab.VergangenesJahr
ging ein vergleichbarer Streitum Liberia zugunsten Pristinas
aus,als die liberianischeRegierung die serbische Erklärung als
unwahr zurückwies.Aus der zentralafrikanischen Hauptstadt
Bangui gibt es allerdings nochkeine klärende Stellungnahme.
Es bleibt somit amWirt Cucic, Klarheit zu schaffen. Sollte
im«Kurcagin» nebenpalauischen Garnelen und lesothoi-
schemPoulet baldFufu angeboten werden, darf dies als Bestä-
tigung fürBanguis Seitenwechsel gelten–und alsFingerzeig
für andereLänder derRegion. Denn der Maniok-Brei ist aus
derKüchekeines zentralafrikanischenLandes wegzudenken.

Seehofer nimmt


die Schweizer


Grenze ins Visier


ben.Berlin·Der deutsche Innenminis-
ter Horst Seehofer will mehr gegen «un-
erlaubte Einreisen» unternehmen. Dies
kündigteerbereits am Dienstag an, als
er nach der tödlichen AttackeamFrank-
furterBahnhof eine ausserordentliche
Pressekonferenzeinberufen hat.Auch
die Grenze zur Schweiz spielt bei See-
hofers Überlegungen eineRolle. Rund
43000 unerlaubte Einreisen seien im
vergangenenJahrregistriert worden,
sagte Seehofer. Davon erfolgten rund
4000 von der Schweizaus. Dabeiist die
Dunkelziffer noch nicht berücksichtigt.
Er werde alles unternehmen,«um
intelligenteKontrollen an der Grenze
vorzunehmen», sagte Seehofer nun dem
deutschen Nachrichtenmagazin «Spie-
gel». Dem Phänomen der illegalen Ein-
reise müsse Deutschland begegnen,
«durch eine erweiterte Schleierfahn-
dung und anlassbezogene, zeitlich be-
fristeteKontrollen auch unmittelbar an
der Grenze – auch an der Grenze zur
Schweiz». Bis September will Seehofer
laut dem «Spiegel» ein entsprechendes
Konzept vorlegen.
Damit seienkeine Grenzkontrollen
wiean der österreichischen Grenze ge-
meint, präzisierteine Pressespreche-
rin des deutschen Innenministeriums
auf Anfrage.Im Fall der Schweizer
Grenze wolle der Innenminister ledig-
lich Schleierfahndung anwenden, also
stichprobenartigePersonenkontrollen,
denen im EinzelfallkeinkonkreterVer-
dacht zugrunde liegt. Ob es zu einer ver-
stärktenKontrolle und einem erhöhten
Einsatz von Bundespolizisten an der
Schweizer Grenzekomme, lässt sich
laut der Sprecherin nicht sagen, denn
die Schleierfahndung erfolge nur «an-
lassbezogen». Das heisst, wenn die deut-
scheBundespolizei einen entsprechen-
den Hinweis bekommt.
DerTitel auf «Spiegel Online», wo-
nach Seehofer «aufKontrollen an der
Schweizer Grenze» setze,scheint da-
mit mehr zu versprechen, als der deut-
sche Innenminister zu tun gedenkt. Die
Meldung sorgteamFreitag für eine ge-
wisseAufregung.Seehofers Ministerium
hat in einerTweet am Nachmittag dann
noch einmal betont: «Der Innenminis-
ter plantkeine stationären Kontrol-
len an der Grenze zur Schweiz.»Aus-
serdem stehe die Schleierfahndung «in
keinem unmittelbaren Zusammenhang
mit derTatamHauptbahnhof inFrank-
furt am Main». Darauf wurde zumTeil
spekuliert, weil es sich bei dem Täter,
der am Montag ein achtjähriges Kind
auf einBahngleis stiess, um einen in der
Schweiz wohnhaften Eritreer handelt.
An der Grenze zu Österreich führt
Deutschland seit demAusbruch der
Flüchtlingskrise von 20 15 Binnen-
grenzkontrollen durch. Der Schenge-
ner Grenzkodex lässt die Möglichkeit
für eine temporäreAusnahmeregelung
«aus migrations- und sicherheitspoliti-
schen Gründen» zu.

Gerard Dou, Detail au s«DerGeigenspieler»,
©LIECHTENSTEIN.ThePrincel yCollections ,Vaduz–Vienna

lgt.ch/values

«D ie LGThilftuns, meh raus

unserem Talentzu mache n.»

LGTYoungSoloists,unterstützt vonLGT seit 2013

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