Die Welt - 01.08.2019

(Sean Pound) #1
E

in Bild sagt bekanntlich
mehr als tausend Worte.
Und bewegte Bilder, also Vi-
deos, gelten noch immer als
untrüglicher Beweis dafür,
dass sich etwas genau so abgespielt hat,
wie es im Film zu sehen ist. Mit dieser
Gewissheit ist es jetzt allerdings vorbei.
Leistungsfähige Verfahren der künstli-
chen Intelligenz (KI) erlauben mittler-
weile die Herstellung von so perfekten
Fälschungen, dass mit bloßem Auge
nicht mehr zu erkennen ist, ob ein Vi-
deo echt oder manipuliert ist. In soge-
nannten Deep-Fake-Videos sagen oder
tun Personen Dinge, die sie niemals sa-
gen oder tun würden.

VON NORBERT LOSSAU

Das Kunstwort Deep Fake ist ent-
standen aus dem Zusammenziehen des
Begriffs „Deep Learning“, einer speziel-
len KI-Technik, und eben dem Fake,
also der Fälschung
Einige Kostproben derartiger Fäl-
schungen lassen sich im Web bestau-
nen. Da erklärt beispielsweise Face-
book-Chef Mark Zuckerberg in einem
YouTube-Video, dass derjenige, „der die
Daten der Menschen kontrolliert, die
Zukunft kontrollieren wird“. Und die
Influencerin Kim Kardashian gibt zu,
dass sie gezielt Menschen manipuliert,
nur um selbst reich zu werden. Natür-
lich haben die beiden dies nicht gesagt.
Diese letztlich offensichtlichen Fäl-

schungen haben Künstler produziert,
um auf die Mächtigkeit und die Gefah-
ren der neuen Techniken hinzuweisen.
Bislang wurde die Deep-Fake-Technik
in erster Linie zur Produktion von Por-
nofilmen genutzt. Da werden die Ge-
sichter von prominenten Schauspiele-
rinnen wie Scarlett Johansson oder Em-
ma Watson nachträglich in die mit Por-
nodarstellerinnen gedrehten Filme
montiert. Bewegung und Mimik der
Köpfe und Lippen werden dabei von der
KI so perfekt angepasst, dass es täu-
schend echt aussieht.
Doch nicht nur VIPs können Opfer
solcher Fakes werden. Als die Australie-
rin Noelle Martin nach eigenen Bildern
im Internet suchte, stieß sie auch auf
Pornofilme, in die ihr Gesicht eingefügt
worden war. Der Fall sorgte für einiges
Aufsehen und führte dazu, dass es seit
2018 in Australien ein Gesetz gibt, dass
den Urhebern derartiger Fakes mehr-
jährige Haftstrafen androht. Doch der
heute 24-jährigen Jurastudentin Martin
ist das noch nicht genug. Sie setzt sich
für eine globale Initiative auf UN-Ebene
gegen diese Form der Menschenrechts-
verletzung ein.
Die Pornografie hat bereits bei man-
chen Technologien, von der VHS-Kas-
sette über die DVD bis hin zur virtuel-
len Realität mit sogenannten VR-Brillen


  • eine Vorreiterrolle gespielt. Deep-Fa-
    ke-Videos werden ohne jeden Zweifel
    noch in vielen anderen Bereichen eine
    Rolle spielen. So warnen etwa Shruti


Agarwal und Hany Farid von der Uni-
versity of California in Berkeley davor,
dass Staatsoberhäupter in Fake-Videos
Dinge sagen oder tun könnten, die zu
schweren politischen Verwerfungen, ja
Staatskrisen führen könnten. Und mili-
tärischen Führern könnten provozie-
rende Aussagen untergeschoben wer-
den, die im schlimmsten Fall sogar
einen Krieg auslösen. Auch Börsenma-
nipulationen oder gezielte Attacken ge-
gen Unternehmen sind vorstellbar.
„Von Deep Fakes geht eine signifikante
Bedrohung für die Demokratie, die na-
tionale Sicherheit und die Gesellschaft
insgesamt aus“, stellen Agarwal und Fa-
rid fest. Viele andere Experten sehen
das ebenso. Deep Fakes sind also eine
gewaltige Herausforderung.
Dass es bislang noch nicht zu einer
großen Deep-Fake-Katastrophe gekom-
men ist, hängt wohl auch damit zusam-
men, dass die Technologie für wirklich
perfekte Fälschungen noch immer sehr
viel Rechenleistung und große Daten-
mengen erfordert, damit ein künstli-
ches neuronales Netzwerk exzellente
Ergebnisse liefern kann. Das begrenzt
vorerst den Anwenderkreis. Beispiels-
weise kann es sich Hollywood leisten,
bereits verstorbene Schauspieler in
neuen Filmen wieder zum Leben zu er-
wecken. Eine solche Anwendung ist si-
cher unbedenklich. Doch es gibt viele
unlautere Motive für das Erstellen von
Fake-Videos. „Bereits heute kann jeder
Laie beispielsweise mit dem kostenlos

erhältlichen Programm ,DeepFaceLab‘
selbst gefälschte Videos auf seinem PC
herstellen“, sagt Professor Oliver Ben-
del, der als Informations- und Maschi-
nenethiker an der Hochschule für Wirt-
schaft FHNW lehrt. Für die Produktion
eines typischerweise 30 Sekunden lan-
gen Videos würden dabei allerdings Re-
chenzeiten von bis zu mehreren Tagen
benötigt. Das allein ist für Entschlosse-
ne sicher kein Hinderungsgrund. Doch
die so erstellten Deep Fakes lassen sich
von speziellen Programmen, die eben-
falls KI-Techniken nutzen, im Prinzip
enttarnen. Eines dieser Programme na-
mens „FaceForensics“ hat Professor
Matthias Nießner an der Technischen
Universität München entwickelt. „Fake-
Videos als solche zu erkennen, erweist
sich besonders in den sozialen Medien
als schwierig, da diese dort meist kom-
primiert und schlecht aufgelöst hochge-
laden werden“, beschreibt Nießner eine
zentrale Herausforderung. „FaceForen-
sics“ kann diese indes bereits besser be-
wältigen als routinierte Experten. Eine
von Nießner veröffentlichte Studie
zeigt, dass Menschen Fake-Videos nur
in wenig mehr als 50 Prozent als solche
erkennen. Das Programm bringt es hin-
gegen auf eine Trefferquote von immer-
hin 78 Prozent.
Doch die Algorithmen der Fälscher
dürften in den kommenden Jahren im-
mer besser werden. Experten gehen da-
von aus, dass in zwei bis drei Jahren je-
dermann Deep Fakes mit sehr guter

Qualität produzieren kann. Hier zeich-
net sich also ein Wettlauf ab, so ähnlich
wie beim Hacken und dessen Abwehr:
Immer realistischere Fake-Videos wer-
den die Entwicklung von immer lei-
stungsfähigeren Programmen zur Ent-
tarnen stimulieren. Doch kann dieses
Wettrennen überhaupt zum Guten ge-
wonnen werden, wenn erst einmal ma-
nipulierte Videos das Internet und die
sozialen Medien massenhaft fluten?
Bereits für textbasierte Fakes konnte
eine im Jahr 2018 im Fachjournal „Sci-
ence“ veröffentlichte Studie nachwei-
sen, dass sich Lügen und Fälschungen in
sozialen Netzen deutlich schneller und
weiter verbreiten als Wahrheiten. Das
dürfte bei Video-Fakes nicht anders sein.
Wird man schließlich noch irgendetwas
im digitalen Nachrichtenkosmos glau-
ben können? Noelle Martin spricht wohl
fffür viele, wenn sie sagt, dass sie in einerür viele, wenn sie sagt, dass sie in einer
WWWelt leben möchte, in der man Medienelt leben möchte, in der man Medien
und Nachrichten konsumieren und da-
ran glauben darf, dass sie wahr sind.
„Das Schlimmste wäre jedoch, wenn
die Menschen angesichts der sich ab-
zeichnenden Entwicklungen das Inter-
esse an der Wahrheit verlieren“, sagt
Bendel.
Die befürchtete Welle an Deep Fakes
könnte gerade für die klassischen Me-
dien eine Chance bedeuten, meinen ei-
nige Medienexperten wie Christian
Stöcker, Professor für Digitale Kommu-
nikation an der HAW Hamburg. Der
Einzelne hat bei der zu erwartenden
Flut von Fake-Videos gar nicht die
Chance, in jedem einzelnen Fall selbst
zu prüfen, was echt oder möglicherwei-
se gefälscht ist. Dies könnte aber eine
zentrale Dienstleistung der klassischen
Medien sein, die mit dem notwendigen
technischen und personellen Aufwand
garantieren würden, dass ausschließlich
echte Videos verbreitet werden. Glaub-
würdigkeit hat einen Marktwert.
Damit wäre aber noch nicht das Pro-
blem der ganz großen Gefahren auf der
Ebene von Staat und Militär gelöst. Da-
zu wird in der nächsten Zeit gewiss
noch viel geforscht und in Thinktanks
gegrübelt werden. Shruti Agarwal und
Hany Farid wollen jedenfalls in Kürze
ein Paper mit dem Titel „Protecting
World Leaders Against Deep Fakes“ ver-
öffentlichen. Da wird es dann die ersten
Vorschläge geben, wie führende Politi-
ker dieser Herausforderung möglicher-
weise begegnen können.
Bei allen Risiken, die von Deep Fakes
ausgehen, sollte man indes auch nicht
vergessen, dass es eine ganze Reihe von
sinnvollen Anwendungen gibt. So wei-
sen etwa Bobby Chesney von der Uni-
versity of Texas und Danielle Citron
von der University of Maryland darauf
hin, dass in mit KI-Technik produzier-
ten Filmen historische Personen auftre-
ten und beispielsweise direkt zu Schü-
lern und Studenten sprechen könnten.
Eine realistische Vorlesung von Albert
Einstein für Physikstudenten? Das wäre
doch was.
Auch Oliver Bendel wünscht sich,
dass Deep Fakes in der Wissenschaft
und Kunst einen Platz finden, weil sie
einen „neuen, interessanten, lustvollen
und verspielten Umgang“ mit diversen
Themen ermöglichen. Immerhin waren
es zwei Künstler, Bill Posters und Daniel
Howe, die mit ihrem Projekt „Spectre“
dazu beigetragen haben, dass viele Men-
schen auf das Thema Deep Fake auf-
merksam geworden sind. Die beiden ha-
ben das besagte Fake-Video mit Mark
Zuckerberg produziert.

Künstliche

Intelligenz

könnte Kriege

auslösen

Was ist schlimmer als


Fake News? Gefälschte


Videos. Die gibt es für Pornos


und Promivideos – Forscher


warnen vor großen Gefahren


Sieht man Mark Zuckerberg in diesem Deep-Fake-Video,
geht man automatisch davon aus, dass man auch seine echte
Stimme dazu hört – was nicht der Fall ist

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01.08.19 Donnerstag, 1. August 2019DWBE-HP


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DIE WELT DONNERSTAG,1.AUGUST2019 SEITE 20

WISSEN


WISSENSCHAFTSREDAKTION: TELEFON: 030 – 2591 719 50|E-MAIL: [email protected]|INTERNET: WELT.DE/WISSENSCHAFT

NACH KAISERSCHNITT
Siamesische Zwillinge
bei OP getrennt

Knapp zwei Wochen nach der Ge-
burt siamesischer Zwillinge in der
Berliner Charité sollen die Kinder
einem Medienbericht zufolge ge-
trennt worden sein. Die Operation
der zusammengewachsenen Kinder
am Montag sei erfolgreich verlau-
fen, berichtete das Hamburger Onli-
neportal „Ärztenachrichtendienst“
und berief sich auf „zuverlässige
Informationen“. Die Kinder kamen
am 18. Juli per Kaiserschnitt zur
Welt. Darüber hinaus erteilte die
Klinik keine weiteren Auskünfte. Als
siamesische Zwillinge werden
eineiige Zwillinge bezeichnet, deren
Körper miteinander verwachsen
sind. Das passiert in sehr frühen
Entwicklungsstadien im Mutterleib.
Geschätzt kommt es zu einer sol-
chen Geburt pro 70.000 bis
200.000 Geburten.

ERDERWÄRMUNG

Auch Großbritannien


bricht Hitzerekorde


Die zehn heißesten je in Großbri-
tannien verzeichneten Jahre hat es
alle ab 2002 gegeben. 2014 sei das
wärmste Jahr seit Beginn der Auf-
zeichnungen vor 135 Jahren gewe-
sen, teilte der britische Wetter-
dienst mit. Die danach heißesten
Jahre waren 2006, 2011, 2007, 2017,
2003, 2018, 2004, 2002 und 2005.
Die zehn kältesten Jahre seien alle
vor 1964 gemessen worden. Der
Klimaforscher Michael Byrne von
der St. Andrews University schrieb
dazu in der Fachzeitschrift „Inter-
national Journal of Climatology“,
der Trend sei von großer Bedeu-
tung, aber angesichts der Erderwär-
mung von einem Grad Celsius im
Vergleich zur Zeit vor der Industria-
lisierung „nicht überraschend“.

FREIWILLIGE GESUCHT
Erneut bundesweite
Zählung von Insekten

Der Naturschutzbund (Nabu) ruft
von Freitag an bis zum 11. August
zur zweiten Runde der bundes-
weiten Insektenzählung auf. Inter-
essierte werden gebeten, von einem
selbst gewählten Beobachtungsplatz
aus innerhalb einer Stunde alle
Sechsbeiner im Umkreis von zehn
Quadratmetern zu zählen, wie der
Nabu-Landesverband Berlin mit-
teilte. Gemeldet werden können die
Ergebnisse online auf der Webseite
insektensommer.de. Die erste Run-
de der Insektenzählung fand vom
31.Mai bis 9. Juni statt. Die Daten
der Zählaktion Insektensommer
werden nach Nabu-Angaben in Zu-
sammenarbeit mit der Plattform
naturgucker.de erfasst. Der Insek-
tensommer findet dieses Jahr zum
zweiten Mal statt. Im vergangenen
Jahr beteiligten sich den Angaben
zufolge rund 18.000 Menschen mit
über 7300 Beobachtungen bundes-
weit. Das meistgesehene Insekt war
die Ackerhummel.

WELTRAUM

Russland schickt


Versorgungsschiff


Ein unbemannter Raumfrachter mit
rund drei Tonnen Nahrungsmittel,
Treibstoff und Material für Experi-
mente im Gepäck ist zur „Inter-
nationalen Raumstation“ (ISS) un-
terwegs. Russland schickte die So-
jus-Rakete wie geplant vom Welt-
raumbahnhof Baikonur in
Kasachstan los, wie die Weltraumbe-
hörde Roskosmos mitteilte. Die
Progress-Kapsel, die bis Dezember
im All bleiben wird, sollte innerhalb
von dreieinhalb Stunden an der
Station rund 400 Kilometer über der
Erde ankommen. Derzeit arbeiten
auf der ISS drei US-Amerikaner,
zzzwei Russen und ein Italiener. Russ-wei Russen und ein Italiener. Russ-
land will nach weiteren Testflügen
auch bemannte Raumschiffe im
Schnellverfahren ins All schicken.

KOMPAKT


E


in extrem resistenter Krank-
heitserreger verbreitet sich in
Europa über Krankenhäuser –
mitunter auch über Landesgrenzen hin-
weg. Bakterien der Art Klebsiella pneu-
moniae, die gegen Carbapenem-Anti-
biotika immun sind, gelten als die am
schnellsten wachsende Bedrohung
durch resistente Keime in Europa: Von
2007 bis 2015 stieg die Zahl der Todes-
fälle durch diese Erreger, die etwa Lun-
genentzündungen auslösen, einer frü-
heren Studie zufolge um das Sechsfache


  • von etwa 340 auf knapp 2100.


VON WALTER WILLEMS

Ein Team um David Aanensen vom
Wellcome Sanger Institute und Hajo
Grundmann von der Uniklinik Freiburg
berichtet nun im Fachblatt „Nature Mi-
crobiology“, wie sich die Erreger aus-

breiten. Carbapeneme sind Reservean-
tibiotika und werden für Fälle zurück-
gehalten, in denen andere Antibiotika
versagen. Doch immer häufiger helfen
auch diese Präparate nicht mehr. Medi-
ziner sprechen dann – im Unterschied
zu resistenten oder multiresistenten
Bakterien – von extrem resistenten Bak-
terien (XDR; extreme drug resistent).
„Wir können dann noch auf experi-
mentelle oder teilweise sehr alte Anti-
biotika ausweichen, die aber mit vielen
Nebenwirkungen verbunden sind“, sagt
Grundmann, der in Freiburg das Insti-
tut für Infektionsprävention und Kran-
kenhaushygiene leitet.
Wie gefährlich solche Erreger sind,
zeigt ein Ausbruch von K. pneumoniae
an der Uniklinik Leipzig, bei dem vor ei-
nigen Jahren mehr als 100 Menschen in-
fiziert wurden, von denen viele starben-
.Die Forscher analysierten die Genome

von mehr als 1700 extrem resistenten
K.-pneumoniae-Isolaten aus 244 Kran-
kenhäusern in 32 Ländern, darunter
Deutschland. Die Auswertung ergab,
dass die meisten Resistenzen auf nur
wenige Gene zurückgehen. Diese sor-
gen für die Produktion bestimmter En-
zyme, die die Antibiotika unschädlich
machen – sogenannte Carbapenemasen.
Insgesamt gingen 70 Prozent aller
Proben auf nur vier Erregerlinien zu-
rück. Die Daten zeigen, dass sich diese
Linien vor allem in Krankenhäusern
verbreiten – also genau dort, wo viele
Antibiotika verabreicht werden.
In mehr als der Hälfte der Fälle fan-
den die Forscher in verschiedenen Pro-
ben aus einer Klinik ähnliche genetische
Varianten. „Je resistenter die Erreger
sind, desto besser verbreiten sie sich in
Krankenhäusern“, sagt Grundmann.
„Das ist sehr beunruhigend.“ Besonders

häufig treten solche Erreger in Südeu-
ropa auf, wo besonders oft Reserveanti-
biotika verordnet werden.
„Die genetischen Unterschiede zwi-
schen extrem resistenten Isolaten nah-
men zu, je größer die Entfernung zwi-
schen den Krankenhäusern war“, sagt
Grundmann. „Unsere Beobachtungen
sprechen dafür, dass sich extrem resis-
tente Bakterien vor allem innerhalb ein-
zelner Krankenhäuser sowie bei der
Verlegung von Patienten zwischen geo-
grafisch nahe liegenden Krankenhäu-
sern verbreiten.“
Über Landesgrenzen hinweg verbrei-
ten sich diese Erreger zwar eher selten.
Dass dies aber passiert, zeigt etwa die
Analyse der Erregerlinie ST258/512: Un-
tersuchungen von 651 solchen Isolaten
aus 20 Ländern weltweit ergaben, dass
die Variante ST258 in den 90er-Jahren
in den USA entstand, von dort nach

Griechenland gelangte und sich dann
von dort ausbreitete – unter anderem
nach Deutschland und Großbritannien.
Der eng verwandte Stamm ST512 kam
demnach wohl von Israel nach Italien
und verbreitete sich von dort nach Spa-
nien, Belgien und Österreich.
Die Studie enthält auch eine gute
Nachricht: „Diese Erreger bekommt
man nicht in der Straßenbahn, durch
Essen von Fleisch, Baden im Baggersee
oder an der Ägäisküste“, betont Grund-
mann. Vorsicht sei dann geboten, wenn
Menschen kürzlich in einem Kranken-
haus behandelt worden seien. „Es ist ex-
trem wichtig, Patienten bei der Aufnah-
me nach früheren Krankenhausaufent-
halten im In- und Ausland zu fragen“,
betont Grundmann.
In einem solchen Fall sollten Patien-
ten gezielt auf Resistenzen untersucht
werden. DPA

VVVerbreiten sich resistente Bakterien durch erkrankte Urlauber?erbreiten sich resistente Bakterien durch erkrankte Urlauber?


Sie gelten als zunehmende Bedrohung für die Gesundheit in Europa: widerstandsfähige Keime. Sogar Reserveantibiotika wirken nicht


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