Die Welt Kompakt - 01.08.2019

(Brent) #1

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,1.AUGUST2019 BÜCHER 25


Alten lassen wollen, in die Hän-
de zu spielen?
Menschen, die der Klimafor-
schung keinen Glauben schenken,
sind das Letzte vom Letzten. Ich
glaube nicht, dass sie meine Hilfe
brauchen, um böse und hässlich
zu sein. Ich interessiere mich
mehr für die „tugendhafte“ Seite
der Debatte – die Green New
Dealers, die Leute von „Fridays
fffor Future“. An sie lege ich in Fra-or Future“. An sie lege ich in Fra-
gen der Ehrlichkeit höhere
Maßstäbe an, und von ihnen wün-
sche ich mir, dass sie in ihre De-
fffinition von Grünsein einschlie-inition von Grünsein einschlie-
ßen, was wir den anderen Arten
auf dem Planeten antun; ein biss-
chen weniger vom Klima reden
und ein bisschen mehr über lös-
bare Probleme.

Stellen wir vorsichtshalber
noch einmal fest: Sie halten die
Reduktion von CO 2 für unbe-
dingt notwendig. Über den
Kampf gegen die Erderwär-
mung schreiben Sie „Jedes hal-
be Grad lohnt“. Gleichzeitig
aber fühlen Sie sich verschau-
kelt und betrogen. Warum?
Stellen Sie sich vor, ein Freund
von mir rauchte zwei Schachteln
Zigaretten am Tag. Ich könnte zu
ihm sagen: „Mann, du musst das

Rauchen aufgeben, sonst kriegst
du Krebs oder ein Emphysem.
WWWenn du weiterrauchst, kostetenn du weiterrauchst, kostet
dich das Jahre deines Lebens.“
Ich liebe meinen Freund und will,
dass er so lange lebt wie möglich.
AAAber stellen Sie sich dann jeman-ber stellen Sie sich dann jeman-
den vor, der zu meinem Freund
sagt: „Wenn du mit dem Rauchen
aufhörst, musst du niemals ster-
ben!“ Es ist mittlerweile so gut
wie sicher, dass der Klimawandel
in Zukunft katastrophische Aus-
maße haben wird. Es ist nicht
ganz so sicher wie die Tatsache,
dass wir alle eines Tages sterben
müssen, aber es bewegt sich
schnell in diese Richtung. (Ihr
habt da ein interessantes Wetter
in Europa.) Natürlich wollen wir
die Katastrophe so weit wie mög-
lich hinauszögern und abmildern.
Die ethische Übung, unseren
CO 2 -Fußabdruck zu verkleinern,
ist wichtig; es ist etwas, wobei
man sich gut fühlen kann. Aber es
ist nicht dasEinzige, das lohnt, ge-
tan zu werden, denn es wird die
Katastrophe so wenig abwenden,
wie wir unseren eigenen Tod ab-
wenden können. Ein umweltge-
rechteres Leben würde aus eini-
gen großen hoffnungslosen
Schlachten bestehen und einigen
kleineren Kämpfen, die man be-

fffriedigenderweise gewinnenriedigenderweise gewinnen
kann.

AAAber ist es nicht so, dass zahl-ber ist es nicht so, dass zahl-
reiche Klimaforscher versi-
chern, dass die Klimakrise noch
zu bewältigen ist? Warum
schenken Sie ihnen keinen
Glauben?
Lesen Sie das Kleingedruckte:
WWWenn die Klimaforscherin nichtenn die Klimaforscherin nicht
auch eine Lobbyistin oder Akti-
vistin ist – wenn sie in anderen
WWWorten ehrlich ist –, wird sie aus-orten ehrlich ist –, wird sie aus-
ffführen, dass es ühren, dass es theoretischmög-
lich ist, die schlimmsten Szena-
rien abzuwenden. Und dann
schauen Sie sich bitte die Liste
der Länder an, die sich entschie-
den haben, ihr CO 2 im Boden zu
lassen. Es stehen keine Länder
auf dieser Liste.

Im Grunde hat eine Klimapoli-
tik, die diesen Namen verdient,
in globalem Maßstab also noch
nicht einmal begonnen. Woher
wird der Druck kommen? Von
der Straße? Von oben?
Im Fantasiereich grün-linker Po-
litik – einer binären Welt, die aus
der wunderbaren, altruistischen
Masse der Menschheit und der
bösen, Kohlenstoff extrahieren-
den Industrie besteht, die sie in

ihrem eisernen Griff hat – wird
der Druck von der Straße kom-
men: Gutherzige Menschen wer-
den sich selbstverständlich erhe-
ben und die Macht ergreifen, zum
WWWohl ihrer Enkel. In einer weni-ohl ihrer Enkel. In einer weni-
ger fantastischen Welt, in der die
Menschen nicht ganz so selbst-
verständlich vorausschauend und
selbstlos sind, besteht die einzige
Hoffnung, die Emissionszahlen
des IPCC zu erreichen, in soforti-
gen, von oben verordneten, dra-
konischen Erhaltungsmaßnah-
men und der radikalen Transfor-
mierung beinahe jeden Aspekts
unseres täglichen Lebens. Was,
um es milde auszudrücken, sozial
disruptiv wäre. In Amerika könn-
te die Folge buchstäblich ein Bür-
gerkrieg sein.

Für eine konsequentere Klima-
politik gehen derzeit vor allem
junge Leute auf die Straße.
Steht uns ein heftiger Generati-
onskonflikt bevor?
Oh, keine Frage. Ich glaube, dass
wir innerhalb der westlichen De-
mokratien allmählich die Wieder-
holung des Konflikts zwischen
reichen, Kohlendioxid emittie-
renden Nationen und den kleine-
ren, ärmeren Nationen beobach-
ten, die zukünftig von den stei-
genden Meeresspiegeln über-
schwemmt werden. Ein wohlha-
bender 70-jähriger Amerikaner
hat der Atmosphäre seinen Scha-
den schon zugefügt, und die Fol-
gen muss er nicht erleben. Die
Menschen, die sie erleben wer-
den, sind jünger oder weit weg,
und sie haben jedes Recht, deswe-
gen wütend zu sein. Aber das
heißt nicht – und hier wieder die
Perspektive der Literatur –, dass
sie sich nicht exakt genauso wie
der 70-jährige Amerikaner verhal-
ten hätten, wären die Rollen ver-
tauscht gewesen. Ihre Klage ist
berechtigt, aber sie spiegelt keine
angeborene moralische Überle-
genheit wider.

Kann die Menschheit über-
haupt Verzicht?
Menschen üben mit größerer
WWWahrscheinlichkeit Verzicht,ahrscheinlichkeit Verzicht,
wenn sie sehen, dass es alle ande-
ren auch tun. Aber die Versu-
chung, zu betrügen, ist groß.

WWWenn die Erderwärmung überenn die Erderwärmung über
zzzwei Grad hinaus schon ausge-wei Grad hinaus schon ausge-
machte Sache sein sollte, wie
dann umgehen mit ihren Op-
fffern? Reden wir dann über Re-ern? Reden wir dann über Re-
parationen?
Ich bin sehr für Reparationen,
aaaber ich kann es mir auch leisten.ber ich kann es mir auch leisten.
Der Mittelschicht und der Arbei-
terklasse sind Reparationen im
WWWesten politisch schwerer zu ver-esten politisch schwerer zu ver-
kaufen. Ich bin überzeugt, dass es
zu einer Welle des Mitleids und
der Unterstützung kommen wird,
wenn Bangladesch oder die Sey-
chellen überflutet sind; die Welt
wird auf die Bilder fernen Leidens
reagieren. Das viel, viel beängsti-
gendere Problem sind die Milliar-
den von Menschen, die sich heute
in Regionen ernähren, die anfällig
fffür permanente Dürre und extremür permanente Dürre und extrem
hohe Temperaturen sind. Gegen
den Migrationsdruck der Zukunft
wird die jüngste Flüchtlingskrise

in Europa wie ein Sonntagspick-
nick aussehen. Ich fürchte, die
Folgen werden sehr hässlich.

Sie haben auf den umstrittenen
Essay „Rette, was du liebst“ ei-
ne Art Coda folgen lassen, den
Essay, der nun den neuen Band
eröffnet. Und in diesem Text
zeigen Sie sich reuig – nicht in
der Sache, aber im Ton. Sie hät-
ten mehr an jene Menschen
denken sollen, die mehr Hoff-
nung im Leben brauchen als Sie
selbst. Wie machen Sie ihnen
Mut, nachdem Sie ihnen eine
heiße, unheilvolle Zukunft vor-
hergesagt haben?
Genauso gut könnten Sie mich
fffragen, wie ich morgens aus demragen, wie ich morgens aus dem
Bett komme, wo ich doch weiß,
dass ich bald tot bin. Aber das ist
ein unvollkommener Vergleich,
weil die Aussicht auf eine heiße,
anarchische Zukunft voller Arten-
sterben für mich nicht so
schrecklich ist wie die Aussicht,
tot zu sein. Chaotisches Wetter
und steigende Meeresspiegel sind
keine existenzielle Bedrohung für
die menschliche Art. Die wirklich
massive Gefahr erwächst eher aus
der bewussten Anwendung von
Technologie – Atomwaffen, re-
kombinante DNA und (falls Sie
daran glauben) Singularität. Mir
tut es leid um den Planeten, aber
ich stehe immer noch jeden Mor-
gen auf und versuche, gut zu le-
ben. Ich gehe zur Arbeit, ich
schätze das Leben, und ich tue, so
viel ich kann, für die Menschen
und die Sachen und die Tiere, an
denen mir liegt. Zu wissen, dass
nichts ewig währt, erhöht die
Wichtigkeit all dessen, es verrin-
gert sie nicht.

Kann es sein, dass uns der Um-
gang mit unlösbaren Proble-
men schwerer fällt als unseren
VVVorfahren?orfahren?
Ihre Frage erinnert mich an die
AAAutoren Steven Pinker und Guidoutoren Steven Pinker und Guido
Mingels, die in ihren jüngsten Bü-
chern die These vertreten, die
conditio humanahabe sich in den
zurückliegenden 50 Jahren erheb-
lich verbessert – global gesehen
seien wir sicherer, gesünder, we-
niger hungrig, wohlhabender, we-
niger gewalttätig als jemals zuvor.
Ich glaube, Pinker und Mingels ir-
ren, indem sie die katastrophalen
Kosten unseres Erfolgs für andere
Arten missachten, und ihr Zu-
kunftsoptimismus ist für Leser
tragischer Literatur nervtötend.
(Wie der Finanzprospekt sagt:
„Die bisherige Performance ist
keine Garantie für Ergebnisse in
der Zukunft.“) Aber ihre Bücher
sind eine nützliche Erinnerung
daran, dass für die meiste Zeit der
Geschichte unserer Art eineMen-
gggeeProbleme unlösbar waren –
Krankheit, Missernte, Krieg und
so weiter – und erst in der jüngs-
ten Vergangenheit manche dieser
Probleme (für den Moment) in
den Hintergrund getreten sind.
Mit anderen Worten: Unser ge-
genwärtiger historischer Augen-
blick ist eine wilde Anomalie. Un-
lösbare Probleme sind die grund-
legende conditio humana. Weshalb
ich einen Boom der Literatur vor-
hersage.

GETTY IMAGES

/DAVID LEVENSON

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