Süddeutsche Zeitung - 01.08.2019

(singke) #1
EinEinsatzistChristianPrexelbesonders
inErinnerunggeblieben.ErundseineKol-
legensindimWinternachOberföhringan
denIsarkanalgerufenworden,siesollten
einEhepaarausdemWasserretten.Der
Hundderbeidenwarhineingesprungen,
beimVersuch,dasTierzuretten,gerietdas
PaarindieStrömung.Währendsichdie
FraunochanderKanalwandfesthalten
kann,triebihrMannab.EinsatzleiterPre-
xelundseineKollegensuchtenmitUnter-
wasserkamerasnachihm.„Aberwirhaben
ihneinfachnichtgefunden.“Ersteine
WochespäterkonntensiedenLeichnam
desMannesausdemKanalbergen.„Das
warschonsehrdramatischundtraurig“,
sagtPrexel.Eristeinervonrund100Feuer-
wehrleuteninMünchen,diezusätzlichals
Taucherausgebildetsind.DieEinheiten
sindandenWachen5und6inRamersdorf

undPasingstationiert,zuihrenEinsätzen
fliegensiehäufigmitdemHubschrauber.
InzehnMinutenmüssendieTaucheram
Einsatzortsein,deroftauchaußerhalbdes
Stadtgebietsliegt.Seinamweitestenent-
fernterEinsatzseiamWalchenseegewe-
sen,erzähltPrexel.
FürdenErnstfallübendieTaucherin
denSeenundFlüssenderRegion.ImWin-
tertrainierensiezudemdasEistauchen.
PrexelsArbeitstagbeginntmitderWachab-
lösunggegen6.30Uhr,danachtrifftersich
mitseinenKollegenzueinerkurzenMor-
genlageundüberprüftdieAusrüstungund
dieFahrzeuge.DieEinheitverfügtüberein
Tauchauto,indemsichdieGerätschaften
befinden,sowieeinenAnhängermiteinem
Schlauchboot.GehteinNotrufein,rücken
dieMännerundFrauenaus–mitdenFahr-
zeugenodermitdemHubschrauber.

EigentlicherstrecktsichdasEinsatzgebiet
derHöhenretterderMünchnerFeuerwehr
nuraufdasStadtgebiet,imvergangenen
WinterjedochwardieEinheitauchinden
AlpenimEinsatz.DennbeiSonderlagen
könnendieHöhenretterauchinandere
Orteausrücken,undwegendesstarken
SchneefallsindenWintermonatenhatten
dieHelferindenBergregionenzurSicher-
heitauchdieMünchnerHöhenretterhinzu-
gezogen.Selbstgeschaufelthabendie
MünchnerSpezialistendabeinicht,son-
derndaraufgeachtet,dassdieMännerund
FrauenbeiihrenArbeitenrichtiggesichert
undnichtabsturzgefährdetsind.
ÜberhauptistdieAufgabederHöhen-
retternichtinersterLinie,selbstFeuerzu
löschen,siesollenihreKollegensichern
undunterstützen.Mitamhäufigstenwird
dieEinheitderFeuerwache8inUnterföh-

ringzuDachstuhlbrändengerufen.„Wenn
dadieHöhenretternichtauftauchen,muss
eigentlichirgendwasschiefgelaufensein“,
unterstreichtJanSaurer,Pressesprecher
derMünchnerFeuerwehr,dieBedeutung
derSpezialisten.Ansonstenzähltzuden
HauptaufgabenderEinheitdiePersonen-
rettung,etwavonWindkraftanlagen,Hoch-
häusernoderBaukränen.Dabeiarbeiten
dieHöhenretteroftmitdenHubschrauber-
besatzungenvonADACundPolizeizusam-
men,übereineneigenenHelikopterver-
fügtdieUnterföhringerWachenicht.Um
indieEinheitaufgenommenzuwerden,
mussmanzunächst,wiebeiallenanderen
TeilenderFeuerwehrauch,dieGrundaus-
bildungdurchlaufenundanschließendein
AuswahlverfahrenzumHöhenretterbeste-
hen–dabeiwirdnatürlichauchdaraufge-
achtet,obderBewerberschwindelfreiist.

WähltmandieNotrufnummer112,landet
manzunächstbeiGünterDorferundsei-
nenKollegeninderLeitstellederMünch-
nerFeuerwehrwache4inderHeßstraße.
DieMitarbeiterhierkoordinierendieEin-
sätzeinderStadt,sielegenfest,wieviele
Kräftelosgeschicktwerdenmüssen.
ReichteinRettungswagen?Brauchtesei-
nenganzenLöschzug?Dabeiarbeitendie
FeuerwehrleuteinderLeitstellemit
Schlagworten,diesieindenComputerein-
geben–etwadenBegriff„undefinierbarer
Geruch“,mitdemderUmweltdienstakti-
viertwird.Biszu16Leitstellendisponen-
ten,wiedieMitarbeiterdortgenanntwer-
den,sitzentagsübergleichzeitigandenHö-
rern,nachtszwischeneinundsiebenUhr
sindsienurzusechst.
FürdenDienstinderLeitstelleistwie
beidenTauchernunddenHöhenrettern

eineZusatzausbildungnötig:dreiWochen
GrundausbildungplussiebenWochen
LehrganganderstaatlichenFeuerwehr-
schuleinGeretsried.DabeilernendieFeu-
erwehrleuteauch,wiesieetwamithysteri-
schenPersonenamanderenEndederLei-
tungumgehen.„Daisteswichtig,dass
manselbstruhigbleibt“,erklärtSchicht-
koordinatorDorfer.Gleichzeitigmüssen
dieLeitstellenmitarbeiteraberbereitsden
NotrufandiezuständigeWacheweiter-
leiten.Daskannmitunterstressigsein,ge-
radeweildenFeuerwehrleutendabeikein
Fehlerunterlaufendarf.Schickensiezuwe-
nigeKräfteandenEinsatzortoderkommt
eszumAbsturzdesSystems,könntedas
verheerendeFolgenhaben.„Aberdasist
nochniepassiert“,sagtDorfer.„Wirhaben
immerMittelundWege,denEinsatzauszu-
lösen.“ :



A


ufeinmalistesstillhinterdemAtem-
schutzgerät.Geradeebennochhat
derMannhinterderMaskedieLuft
eingesogen,jetzthörtmannichtsmehr.
NurnochdasKnisternseinesorangen
Schutzanzuges.Danngehtesganzschnell:
ZweiHändeinHandschuhengreifennach
demLuftfilteramAtemschutzgerät,mitei-
nemKlackenlöstersichausseinerHalte-
rung.DannnähernsichdieHändeerneut
demGesichtdesMannes.Wiederklackt
es,alsderneueFilteraufdasAtemschutz-
gerätgestecktwird.WährenddesWech-
selsmussderMannhinterderMaskedie
ganzeZeitausatmen,sonstkönntengifti-
gePartikelinseineLungengelangen.Jetzt

ziehterdankbardieLuftwiederein.Das
Atemgeräuschistwiederda.
SebastianLoherhatdasVorgehender
KollegenauseinpaarMeternEntfernung
beobachtet.„Dashabensiegutgemacht“,
sagter.Loher,43,istBrandamtsratbeider
MünchnerFeuerwehr–undseitAnfang
JulinebenseinenregulärenAufgabenTeil
einerneugegründetenEinheit:demUm-
weltdienst,dessengrößterTeilinderFeu-
erwache2anderAidenbachstraßestatio-
niertist.AufgabederEinheitistes,dieBe-
völkerungunddieeingesetztenFeuerwehr-
leutevoratomaren,biologischenundche-
mischenGefahrenzuschützen.Wirdbeiei-
nemNotrufetwaein„undefinierbarerGe-
ruch“gemeldet,wieesbeimerstenEinsatz
desMünchnerUmweltdienstesderFall

war,rücktdieGruppeanundüberprüftan-
handvonProbendenUrsprungdesGe-
ruchs.UmwelcheSubstanzhandeltes
sich?Wokommtsieher?BestehteineGe-
fahrfürdieMenscheninunmittelbarer
Umgebung?DieMännerundFrauenschät-
zendanndasRisikofürdiebeteiligtenPer-
sonenabundmüssensieimErnstfallnach
demVerlassenderGefahrenzonedekonta-
minieren.
SowiejetztbeiderÜbunginderMünch-
nerFeuerwehrschule.DasSzenario:Der
KollegehinterdemAtemschutzgerät
kommtgeradeauseinemverseuchtenEin-
satzgebiet.SchichtfürSchichtmüssensie
demMannhelfen,sichausdemSchutzan-
zugzuschälen,ohnedieeventuellkontami-
nierteAußenseitezuberühren.ZweiFeuer-

wehrleutestehennebenihremKollegen,
eineröffnetvorsichtigdenReißverschluss
amRückendesMannes.Wäreervornean-
gebracht,wäredasRisikohöher,dass
durchdieRitzenPartikeleindringen.Dann
ziehendieFeuerwehrleutedemMannden
Anzugherunter,danachhelfensieihmaus
seinerUniformhose.ZumVorscheinkom-
menlange,dünneBeineundeinvölligver-
schwitztesGesichtunterderKapuzedes
Schutzanzugs.DurchdenAnzugdarfkein
Luftaustauschstattfinden,unterdemPlas-
tikwirdesdeshalbschnellunangenehm.
FünfbiszehnMinutendauertdieProze-
durbeieinemeingespieltenTeam,bei
ÜbungenwiedieserhierinderMünchner
Feuerwehrschuleaberkannesauchmal
längerdauern.

Auchvordem1.Juligabesbeider
MünchnerFeuerwehrUmwelteinheiten
wieetwadieAnalytischeTaskforce,diein
einemmobilenLaborgesammelteProben
untersuchtundauswertet.Neuistnundie
Organisation:DieFührungsebeneistseit
einemMonatrundumdieUhrbesetzt,20
Führungskräfteund36Feuerwehrleutege-
hörendemUmweltdienstan,erledigen
aberweiterhinauchihreregulärenAuf-
gaben.IhrEinsatzgebietumfasstinetwa
einenUmkreisvon200Kilometern,womit
dieMünchnerFeuerwehrleuteimZweifels-
fallauchfürTeileBaden-Württembergszu-
ständigseinundimGegenzugeinein
MannheimstationierteEinheitEinsätzein
Nordbayernübernehmenkönnte.Unge-
fährzwei-bisfünfmalamTaggehtinMün-

cheneinNotrufein,beidemderUmwelt-
dienstangefordertwird.Zueinemtatsäch-
lichenEinsatzaberkommeesdeutlichsel-
tener,erklärtTobiasWeigert,deralsLeiter
derAnalytischenTaskforcezumFührungs-
personaldesUmweltdiensteszählt.„Zu-
nächstversuchenwiresmiteinertelefoni-
schenBeratung“,erklärter.Wirdklar,dass
dieSituationernsterist,fährtWeigertmit
einemkleinenTeamzumEinsatzort.Der
gesamteZugwirderstimallerletzten
Schrittaktiviert.
SebastianLoherundTobiasWeigert
sindbeidekeinegelerntenChemiker.Lo-
heriststudierterBauingenieur,Weigert
hatdieklassischeFeuerwehrlaufbahnein-
geschlagen.IhrWissenhabensiesichim
Dienstangeeignet.Weigert,40,hatbereits
2009dieAnalytischeTaskforcemitaufge-
baut.ManchmalhabensiebeiihrenEinsät-
zenmitKampfgasenausdenbeidenWelt-
kriegenzutun,etwawenneinBaggerbei
BauarbeitenaufRückständevonSarin
oderSenfgastrifft.Angstdavorhättensie
nicht,erklärtWeigert,Respektschon.Lo-
herergänzt:„Damussmandannmitruhi-
gerHanddieSacheabarbeiten.“

NebendemgroßenEinsatzleitwagen
undeinemUmweltdienstwagenzähltnun
auchdasmobileLaborderAnalytischen
TaskforcezumFuhrpark.HabendieMess-
technikerderEinheiteineBoden-oder
Luftprobegenommen,lässtWeigertsieim
LabordurcheinspeziellesE2M-Messgerät
laufen,dasihminwenigenMinutensagen
kann,welchechemischenElementesich
darinbefinden.EntwederwissenWeigert
undseineKollegendannsofort,umwelche
Substanzessichhandelt,odersiemüssen
inDatenbankenrecherchieren.„Nichtjede
FormelhatmanimKopf“,erklärtWeigert.
ImErnstfallstehenerunddieanderenbei
ihrenNachforschungenunterenormem
Zeitdruck.
DochzumGlückhattenWeigert,Loher
unddieanderenMitgliederdesUmwelt-
dienstesinihremerstenMonatnochkeine
besondersgefährlichenEinsätze.MitteJu-
liwarensieinLangwied,alsdorteinFeuer
aufeinemRecyclinghofausgebrochenwar
–keinebesonderenVorkommnisse.Fast
schonabenteuerlicherwardaihrerster
Einsatz:NachderZwangsräumungeiner
völligheruntergekommenenWohnungin
RamersdorfhatteeinKammerjägerGift
darinverteiltunddieWohnungversiegelt.
TrotzdemkehrtederehemaligeBewohner
zurückinseinaltesZuhauseundbrachdas
Siegelauf.NachbarnalarmiertendieFeuer-
wehr,diewegendesStichworts„undefi-
nierbarerGeruch“denUmweltdienstakti-
vierte,derdenmeckerndenBewohnerzur
SicherheitnachallenRegelnderKunstde-
kontaminierte.Wirklichgefährlichseider
EinsatzfürkeinenderBeteiligtengewe-
sen,erklärtWeigert.Abersolltedochein-
malderErnstfall,etwaeinChemieunfall
eintreten,gibtesbeiderMünchnerFeuer-
wehrnuneineEinheit,diegenaudarauf
vorbereitetist.

SebastianLoherundTobiasWeigert(oben)gehören
zurneuenUmwelteinheitderFeuerwehr,dieinder
Wache2anderAidenbachstraßestationiertist.
ImmobilenLaborwerdendieverdächtigenStoffe
untersucht.FOTOS: ROBERT HAAS

SchwierigeEinsätzeWenn’sbrennt,kommtdieFeuerwehr–dochnichtnurdann.DieMännerundFrauenhelfenauch,


wennMenschenausdemWasserodervoneinemKrangerettetwerdenmüssenoder


wennpotenziellbedrohlicheSubstanzenauftauchen.FürsolchebesonderenFällegibtesbesondereEinheiten


UnterWasser


Rund100FeuerwehrleutehabeneineTaucherausbildung


ÜberdemBoden


WennderDachstuhlbrennt,sinddieHöhenrettervorOrt


ImZentrum


DieMitarbeiterderLeitstellemüssenbeiNotfällenruhigbleiben


GefahrliegtinderLuft


DieneugegründeteEinheit„Umweltdienst“derMünchnerFeuerwehrrücktbeichemischen,biologischenoder
atomarenNotfällenaus–bisherverliefendieEinsätzejedocheherglimpflich

Im Ernstfall stehen sie
bei ihren Nachforschungen
unter enormem Zeitdruck

DieTaucherderMünchnerFeuerwehrsolleninnerhalbvonzehnMinutenanihrem
Einsatzortsein,oftauchaußerhalbdesStadtgebiets. FOTO: FEUERWEHR

DieMitarbeiterinderLeitstellederMünchnerFeuerwehrwache4inderHeßstraße
bestimmen,welcheKräftezumEinsatzausrücken. FOTO: ROBERT HAAS

SchwindelfreiheitistnatürlichGrundvoraussetzung,umsichinluftigerHöhe,wie
hieraufdemTurmdesFranziskanerklostersSt.Gabriel,zubewegen. FOTO: FEUERWEHR

SPEZIALISTEN IM EINSATZ


R2 – (^) THEMADESTAGES Donnerstag,1.August2019,Nr.176 DEFGH
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