Das Einfamilienhaus Schweiz – August-September 2019

(Marcin) #1

Kolumne von Martin Stadelmann


176_Das Einfamilienhaus 4/2019

Schwellenlos zu bauen hat viele Vorteile. Aber wenn das
Wasser von unten kommt, bedeutet das: Sofort Stoffmäuer-
chen bauen, sonst geht’s an das Parkett! Der Abfluss war
nämlich verstopft, Überschwemmung aus der Dusche!
Der Rohrputzer kam, behob den Schaden, mahnte: «Keine
Feuchttüechli ins WC» und riet zu einer Kameraprüfung
der Leitung. Das Haus war ja noch praktisch neu. Zwar
war eine Kontrolle der Abwasserleitungen im Auftrag des
GU erfolgt, «aber die sparen sich meistens die Kamera»,
meinte der Rohrputzer. Und nach der Innenbesichtigung
der Leitung meinte er: «Sie haben Glück! Das ist ein Garan-
tiefall. Die Abwasserleitung ist nach dem Austritt vor dem
Haus geknickt, ich komme nicht durch mit der Kamera!»
Ein grosser Stein, der auf die Leitung drückt, genügt – ein
Garantiefall! Ein Bagger musste kommen. Erfreulicher-
weise und zu unserem Staunen nahm der Rasen keinen
Schaden, ausser dort, wo gegraben wurde, denn der Bagger
fuhr über Bretter.
Nach dem zweiten Winter rief der Bauführer an und erkun-
digte sich, ob wir irgendwo im Haus schwarze Ecken zu
beklagen hätten. «Wieso?» fragte ich. «Wir lüften die Hütte
regelmässig durch. Das Haus sieht immer noch picobello
aus!» Er erklärte, einige Kunden hätten sich beschwert, und
er müsse denen dann das richtige Lüften erläutern.
Eine lustige Diskussion entstand, als ein Besucher sah,
dass wir den Raumregler der Heizung im Wohnzimmer voll
auf Maximum hatten: Er hätte doch in einer Werbung für
Radiatorventile gesehen, dass diese im Wohnzimmer auf
Position 3 stehen müssten – und ein Raumregler sei doch
eigentlich das gleiche, nur für die Bodenheizung. «Ich
kenne die Werbung, und sie ist ein Blödsinn», erklärte ich
ihm. Sie stimmt allenfalls für Mehrfamilienhäuser, wo mit
Rücksicht auf einen Gfröhrli wie verrückt geheizt wird.
Aber sonst wird nämlich nur der Wasserdurchfluss durchs
Heizsystem – egal ob Radiatoren oder Bodenheizung


  • gebremst. Der Kessel oder in unserem Fall die Wärme-
    pumpe stellt ab, wenn das durchfliessende Heizungswas-
    ser auf die nötige Temperatur erwärmt ist. Sinkt die Tem-
    peratur, weil die Wärme in den Zimmern abgegeben wurde,
    schaltet sie wieder ein. Je weniger Wasser durchfliessen
    kann, desto schneller wiederholt sich das. Man nennt das
    auch Takten. Und das bedeutet Energieverlust. Beim Kessel


Das Geheimnis der chinesischen Vase


und die lieben Schwalben
Vor dem Umzug, im früheren Zuhause, lag auf dem Sideboard links neben dem Verstärker stets ein Haufen CDs –
die gerade eben gehörten, die neu gekauften... Im neuen Haus, kaum neu eingerichtet, stand da eine chinesische Vase.
Ein Signal meiner Verehrtesten! Hier kein CD-Haufen mehr, von wegen Ordnung und so... Umziehen heisst Umlernen!

mehr als bei der Wärmepumpe, denn dieser muss jedes Mal
zuerst aus Sicherheitsgründen Luft durchspülen und dann
die Flamme aufbauen. Bei der Wämepumpe entfällt dies,
aber hier wird mehr Anlaufstrom verbraucht. Abgesehen
davon, dass Takten die Lebensdauer des Geräts vermin-
dert. Deshalb spart es Energie, wenn möglichst viel Wasser
aufs Mal durchs System strömen und die Wärme abnehmen
kann. Also ist bei uns im Wohnzimmer der Regler voll auf.
In anderen Zimmern nach Bedarf auch, im Schlafzimmer
eher nicht. «Oha», meinte der Gast, «dann muss ich auch
voll aufmachen zuhause.» Er habe eine Ölheizung. «Aber
zuerst am Kessel die Temperatur tiefer einstellen! Sonst
wird’s zu warm», musste ich ihn warnen. Und die Wärme
bringt man dann kaum mehr aus der Stube, wusste ich aus
früheren Erfahrungen.
Eines Tages erblickte ich unter dem Vordach der Haustür
ein Loch in der Fassade. Ein Schwalbennest? Zum Glück
war’s Ende Februar. Google sagt zum Thema: Ab April brü-
ten die Vögel, man muss den Vogelschutz kommen lassen,
dann den Gipser, und das kostet locker ein Tausender.
Nochmals Glück: Unter dem Gips war ein Blech von der
Vordach-Abdeckung. Wussten wir vorher nicht, aber die
Schwalbe kam nicht weiter mit Picken. Deshalb genügte
es, das Loch zuzugipsen, und alles war wieder gut.

Bauherr mit 60+: Autor Martin Stadelmann entschloss sich nach
der Pensionierung, mit seiner Partnerin ein Haus zu bauen. Ein
neuer Lebensabschnitt voller Überraschungen.
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