Der_Stern_-_29_September_2022

(EriveltonMoraes) #1

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D U D E N K S T,


D U K E N N S T D I S N E Y +?


gebildet, die andere drangsalierten,
und parallele Machtstrukturen mit
eigenen Regeln durchgesetzt. Seit-
dem die Quote eingeführt wurde,
bezahlten junge Männer aus dem
Kaukasus sogar Schmiergeld, um
einberufen zu werden und sich so
die Chance auf einen Job nach Ab-
leistung des Grundwehrdienstes zu
eröffnen. Derweil zahlten andere
Schmiergeld, damit sie nicht einbe-
rufen werden. „Die Beamten in den
Wehrämtern verdienen doppelt“,
sagt Zarema und hebt die Schultern.

R


ussland hat 2022 bereits ein
Drittel mehr für Verteidigung
ausgegeben als im Haushalt
vorgesehen, umgerechnet mehr als
83 Milliarden Euro. Ursprünglich
waren dafür etwas mehr als 62 Mil-
liarden veranschlagt. Das berichte-
te die Wirtschaftszeitung „Wedo-
mosti“ unter Berufung auf ein
Papier des Finanzministeriums.
Demnach sollen die Verteidigungs-
ausgaben im kommenden Jahr wei-
ter steigen – auf umgerechnet mehr
als 88 Milliarden Euro.
Die Ausgaben für nationale Si-
cherheit sollen um fast 50 Prozent
wachsen – von umgerechnet 49,6
Milliarden Euro in diesem auf mehr
als 72 Milliarden im kommenden
Jahr. Das Regime fürchtet offenbar
Unruhen und rüstet seinen Repres-
sionsapparat massiv auf.
Doch große Proteste bleiben
bisher aus. Im Zentrum der Zwölf-
Millionen-Stadt Moskau gingen ver-

gangenen Samstag nur etwa 100
Menschen auf die Straße – und wur-
den prompt verhaftet. „Zurzeit geht
es für die meisten mehr ums eigene
Überleben als um die Auseinander-
setzung mit der Kreml-Politik“,
schreibt Analystin Stanowaja im
stern-Essay. Zudem seien viele, die
nun den Krieg fürchten, durchaus für
den Krieg gewesen – solange er sie
nicht betraf. In Moskau waren ver-
gangenes Wochenende nicht mehr
Polizisten zu sehen als sonst. Über
den Roten Platz flanierten Passanten.
Dass zusätzliches Geld und neu in
den Kampf geworfene Reservisten
militärisch eine Wende bringen
könnten, glaubt inzwischen aber
kaum noch jemand außerhalb des
Kreml und der von ihm kontrollier-
ten Medien. Von den angeblich
300 000 Reservisten, die einberufen
werden sollen, haben wohl mindes-
tens 50000 bis 80000 erst in den

es in den vergangenen Jahren immer
verbreiteter wurde in Dagestan, und
die mit ihrer Meinung nur schwer
hinter dem Berg halten kann.
Dagestan ist eine der ärmsten Re-
gionen Russlands. Der Dienst in der
Armee ist für viele die einzige Mög-
lichkeit zum sozialen Aufstieg. Wer
nicht gedient hat, bekommt keinen
Job in den Sicherheitsorganen, in
Behörden oder Staatsunternehmen.
Eine Verpflichtung als Zeitsoldat
schien ein einigermaßen sicherer
und nicht einmal besonders gefähr-
licher Karriereweg zu sein: „Im Win-
ter haben sie den Schnee auf dem
Exerzierplatz zu Schachbrettmus-
tern geschippt und im Sommer auf
öffentlichen Plätzen das Gras grün
angemalt“, spottet Zarema.
Aus dem 300-Seelen-Dorf in den
Bergen, in dem sie geboren wurde,
seien schon vor der Mobilmachung
16 junge Männer als Zeitsoldaten in
die Ukraine gefahren. Der Einsatz
versprach gutes Geld, Geld, das man
als Hirte oder Bergbauer niemals
verdienen kann. Inzwischen sind ei-
nige in Zinksärgen zurückgekom-
men. In einem davon lag die falsche
Leiche, wie ein DNA-Test ergab.
Um die berüchtigte Dedowscht-
schina zu bekämpfen, die Schika-
nierung und Ausbeutung junger Re-
kruten durch Dienstältere, wurde in
den 2000er-Jahren eine Obergrenze
für Wehrpflichtige aus den russi-
schen Kaukasusrepubliken einge-
führt. Sie hatten in der Vergangen-
heit in der Truppe mafiöse Gruppen

Scheinreferen-
dum zwischen
Trümmern: Im
russisch besetz-
ten Mariupol
wählen Menschen
unter freiem
Himmel – und
oft unter Zwang
(o.l.)

Panzerinspek-
tion: Putin-Inti-
mus Dmitrij
Medwedew im
August auf dem
Truppenübungs-
platz Mulino
an der Wolga.
Hier steht auch
ein Gefechts-
übungszentrum
aus deutscher
Produktion (o.r.)
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