Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.08.2019

(Rick Simeone) #1

6 politik FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 4. AUGUST 2019, NR. 31


D


ie Klimabeauftragte der Uni-
onsfraktion im Bundestag
heißt Anja Weisgerber. Sie
sitzt für die CSU seit 2013 im
Bundestag, Direktwahlkreis Schweinfurt.
Vor ein paar Tagen war Ralph Brink-
haus, der Fraktionsvorsitzende, bei ihr zu
Gast. Sie besuchten eine Firma, die
Mini-Blockheizkraftwerke herstellt. Die
heißen „Dachs“ und sind gut für das Kli-
ma, weil sie aus einem Brennstoff sowohl
Strom als auch Wärme erzeugen. Kraft-
Wärme-Kopplung wird das genannt, ein
wichtiger Baustein bei Energiewende
und Klimaschutz. Und ein Beispiel da-
für, wie die Sorge um das Klima den tech-
nologischen Fortschritt befeuern und
Wirtschaftskraft generieren kann.
Das ist eines der Lieblingsthemen von
Weisgerber. Sie plaudert aus den Stand
detailreich über energetische Gebäudesa-
nierung, Wasserstofftechnologie, „Power-
to-X“, Luftverkehrsabgabe und Emissi-
onshandel bei Kohlendioxid. Seit vier-
zehn Jahren beschäftigt sie sich mit sol-
chen Themen, vor ihrer Zeit im Bundes-
tag auch schon im Europäischen Parla-
ment. Sie gehört jetzt zu den fünf Unions-
abgeordneten, die am Klimakonzept der
Fraktion feilen. Bis September soll es fer-
tig sein. Viele der Ideen, die bei den fünf
gesammelt werden, sind schon eingegan-
gen in die klimapolitischen Vorschläge,
welche die CSU Anfang dieser Woche
vorstellte, erst Alexander Dobrindt für
die Landesgruppe im Bundestag, einen
Tag später Ministerpräsident Markus Sö-
der mit Blick auf das geplante bayerische
Klimagesetz.
Jetzt stelle man sich nur einmal vor,
Weisgerber wäre vor einem Jahr mit ih-
ren Vorschlägen gekommen. Dobrindt
und Söder hätten sie gewiss groß ange-
schaut. Die CSU-Führung kämpfte an
ganz anderen Fronten. Es ging um Asyl-
politik, Zurückweisungen an der Grenze,
Ankerzentren. Die Fraktionsgemein-
schaft der Union in Berlin stand auf dem
Spiel, und die Berliner Politik war allein
darauf gerichtet. Nur ein Jahr liegt das
zurück und erscheint wie ferne Vergan-
genheit. Jetzt gibt es eine neue CSU.
Oder zumindest scheint es so. Eine sanft-
mütige Partei der Bienen und Blumen,
die es schaffen will, als die Klima-Partei
wahrgenommen zu werden, mehr noch
als die Grünen. Weisgerber freut sich
darüber: „Ich habe vierzehn Jahre darauf
hingewirkt und bin sehr froh, dass das
Klima endlich Chefsache ist.“
Damit allein ist der CSU-Wandel aber
noch nicht erklärt. Als gut für das Klima
hat sich das bayerische Landtagswahler-
gebnis im Herbst des vergangenen Jahres
erwiesen. Der Streit über das Asylrecht
hatte der CSU keine Stimmen gebracht.
Die absolute Mehrheit schwand dahin.
Die Partei musste eine Koalition mit den
Freien Wählern bilden. Und die Grünen
stiegen zur zweiten Kraft im Land auf.
Dann tauchte ein neues, ganz anderes
Thema auf: das Volksbegehren „Rettet
die Bienen“. Binnen kürzester Frist un-
terschrieben 1,7 Millionen Menschen.
Da brach sich etwas Bahn. Ein Bienen-
stich für die Politik, wie ein Spötter sag-
te. Wer da unterschrieben hatte, dem
ging es nicht nur um die Biene, sondern
überhaupt um Umwelt und Klima. „Ret-
tet die Bienen“ war zu einer politischen
Macht geworden. Ähnlich war es mit der
Fridays-for-Future-Bewegung, die natür-
lich auch Bayern erreichte.
Söder, inzwischen Ministerpräsident
in Bayern und dann auch Parteivorsit-
zender, steuerte um. Jetzt ging es auf ein-
mal um die „Jahrhundertaufgabe“, den
„Jahrhundertvertrag“ Klimaschutz. Um
große Worte ist Söder nie verlegen. Da-
hinter stand jedoch für den CSU-Vorsit-
zenden eine denkbar einfache politische
Rechnung: Wir können nicht zuschau-
en, dass gerade die jungen Wähler sich
von der CSU abwenden. Wir sollten lie-
ber kleine Gruppen von Stammwählern


  • im Fall der Bienen etwa die Landwirte

  • verärgern, als länger zuzusehen, wie
    große Gruppen der Leistungsträger zu


den Grünen abwandern. Hinzu kam die
Einsicht, dass Klima und Umwelt nicht
mehr nur grüne Modethemen sind.
Weisgerber sagt, diese Themen seien in
der Mitte der Gesellschaft angekom-
men, weil jeder selbst spüre, wie sich
das Klima verändere. Der heiße Som-
mer im vergangenen Jahr, die heißen
Tage auch jetzt wieder, die Trockenheit,
der Starkregen, die Stürme. Aus Sicht
von Weisgerber erinnerte sich die CSU
gleichsam wieder an sich selbst: „Klima
und Umwelt sind urkonservative The-
men, es geht um die Bewahrung der
Schöpfung.“
So gesehen war es längst nicht für alle
in der Partei eine Wende von der Asyl-
zur Klimapolitik, eine 180-Grad-Dre-
hung, wie sie Söder unterstellt wurde.
Der sonst so sprunghafte Söder konnte

sich sogar selbst als Konstante sehen.
Vier Jahre lang war er Umweltminister,
erst unter Beckstein, dann unter Seeho-
fer. „Da ging er forsch ran an die Wind-
räder, und den raschen Atomausstieg hat
er damals auch schon gewollt“, erzählt ei-
ner aus dem Bundestag. Aber Seehofer
habe ihn zurückgepfiffen. „Söder war da
der CSU voraus, so muss man es aus heu-
tiger Sicht sagen.“ Jetzt, als Parteivorsit-
zender und Ministerpräsident, versuche
er, der Partei ein neues Profil zu geben.
Das so aussieht: Die bayerische Lan-
desregierung übernahm die Forderun-
gen des Volksbegehrens eins zu eins.
Und vor ein paar Tagen traf sich Söder
mit Aktivisten der Fridays-for-Future-Be-
wegung, es war ein diskreter Besuch in
der Staatskanzlei, wo Söder doch sonst
den Auftritt vor den Kameras liebt.

Und die Partei folgt ihm. Es gebe eine
Grundübereinstimmung in der CSU,
wie wichtig diese Themen geworden
sind, ist immer wieder zu hören. Auch
wenn etwa die Landwirte nachhaltig ver-
ärgert sind. Söder kann sich auf die Kom-
petenz jener stützen, die in der Volkspar-
tei CSU schon immer Umwelt- und Kli-
mapolitik gemacht haben. Anja Weisger-
ber eben. Oder Georg Nüßlein, einer
der stellvertretenden Fraktionsvorsitzen-
den im Bundestag.
Nüßlein leitet für die CSU die Bera-
tungen zum Klimakonzept, alle Fäden
laufen bei ihm zusammen. Nüßlein kam
in die Junge Union, als schon einmal das
Waldsterben alle beschäftigte, damals we-
gen des sauren Regens. Ein Grüner war
einer seiner Lehrer und wirkte auf den
grün denkenden Nüßlein so abschre-

ckend, dass er lieber zur CSU ging und
dort Umweltpolitiker wurde.
Weisgerber und Nüßlein standen
gleichsam im Hintergrund, als die CSU
jetzt das Heft des Klima-Handelns in die
Hand nahm. Der Auftritt zu Wochenbe-
ginn war eine bis in die Feinheiten abge-
stimmte Meisterleistung politischer The-
mensetzung. Zuerst Dobrindt im
„Münchner Merkur“ mit konkreten For-
derungen: Bahnfahrkarten günstiger ma-
chen, Inlandsflüge teurer. Die Kraftfahr-
zeugsteuer komplett umbauen, weg von
der Hubraum-Berechnung, hin zum Koh-
lendioxidausstoß als Maßstab (eine Nüß-
lein-Idee). Den Umtausch alter Ölheizun-
gen gegen energieeffiziente Heizungen
fördern (eine Weisgerber-Idee). Die
Pendlerpauschale erhöhen, um die Kos-
ten nicht denen aufzubürden, die auf dem

Land das Auto benötigen. „Nachhaltige
Geldanlagen“ als eine Art Klima-Fonds
auflegen, in den jeder einzahlen kann,
um Klimaschutzprojekte mitzufinanzie-
ren - und zwar mit einem staatlich garan-
tierten Zins. Gesteuert werden soll das
über die Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Dann Söder in der „Süddeutschen Zei-
tung“: die Mehrwertsteuer für Bahnfahr-
karten senken oder am besten ganz ab-
schaffen, mehr Photovoltaik und Wind-
kraft, eine Million neue Bäume. Bayern
soll möglichst schon 2040 oder gleich da-
nach klimaneutral sein. Und der Klima-
schutz soll ins Grundgesetz – wie auch
in die bayerische Verfassung. Beide, Do-
brindt wie Söder, machten zudem klar:
Eine Steuer auf Kohlendioxidausstoß
will die CSU auf keinen Fall, wohl aber
einen Zertifikatehandel, wie es ihn er-
folgreich in der EU schon gibt. Das Prin-
zip dabei: Eine Höchstmenge an Kohlen-
dioxidausstoß insgesamt wird festgelegt.
Wer Kohlendioxid in die Luft bläst,
braucht dafür Emissionsrechte, die in
Form von Zertifikaten vergeben werden.
Diese Rechte können gehandelt werden.
So bekommt Kohlendioxid einen Preis.
Die Gesamtmenge wird immer weiter re-
duziert, um immer weniger Kohlendi-
oxid in die Luft zu blasen. Dabei soll so-
wohl eine Unter- als auch eine Höchst-
grenze festgelegt werden, damit die Sa-
che einerseits nicht unbezahlbar wird, an-
dererseits aber auch nicht zu billig, sonst
würde ja nichts eingespart.
Einen Tag später zeigte sich das bayeri-
sche Kabinett bei seiner Sitzung öffent-
lichkeitswirksam draußen im Garten.
Mit dem Klima hatte das zwar nichts zu
tun, außer dass es angenehm warm war.
Aber weil man über Klimapolitik sprach,
passten die Bilder. Wieder einen Tag spä-
ter fragte Söder in einem Interview, ob
die SPD überhaupt noch der richtige An-
sprechpartner sei für die große Heraus-
forderung Klima: „Die große Koalition
ist wegen der SPD instabil.“ Er würde
von der SPD gern wissen, „wohin die
Reise geht“, und zwar „zeitnah“.
Schon ein paar Wochen zuvor hatte er
gesagt: „Groko muss große Antworten
geben und keine kleinen – sonst wär’s
’ne Kleinko.“ Da hatte er zur allgemei-
nen Überraschung den eben mühevoll
ausgehandelten Kohleausstieg zum Nut-
zen des Klimas weiter vorziehen wollen.
Das war eine der Söder-Ideen, über die
dann zwar auch die eigenen Leute den
Kopf schütteln, die ihm aber nicht scha-
den. So ähnlich jetzt wieder bei seiner
Einlassung zum Klimaschutz im Grund-
gesetz. Auch in der CSU wird das nicht
wirklich ernst genommen, aber immer-
hin sprach man ein paar Tage lang dar-
über, wie sinnvoll oder nicht das sei.
Wie auch immer, den Worten müssen
Taten folgen, die Zeit drängt. Am 16.
September soll das Klimakonzept der
Union fertig sein, am 20. September soll
im Klimakabinett das Gesamtpaket der
Koalition geschnürt werden. Dass sich
CSU und CDU rasch einig werden, dar-
an besteht kein Zweifel. Aber was wird
mit der SPD, die noch immer ohne ge-
wählte Führung ist? Und die erst Mitte
August festlegen will, was sie von der Ko-
alition noch einzufordern gedenkt, um
überhaupt zur zweiten Regierungshalb-
zeit anzutreten. Immerhin: Das Klima-
schutzgesetz steht auch bei den Sozialde-
mokraten ganz oben auf der Liste.
Die Tücken liegen im Detail, etwa
wenn es um den Preis für Kohlendioxid-
ausstoß geht. Die Union will den erwähn-
ten Zertifikatehandel, die SPD eine Steu-
er. Nüßlein sagt: „Ich bin guter Dinge,
dass wir uns zusammenfinden. Wir dür-
fen nicht zu klein denken, hier geht es
wirklich darum, umzusteuern.“ Weisger-
ber ergänzt: „Das ist ein Paket, wie es
das noch nicht gegeben hat.“ Und Andre-
as Jung, der auf der CDU-Seite den Kli-
makonzept-Arbeitskreis der Union leitet,
sagt: „Das Klimagesetz muss ein großer
Wurf werden, wenn wir unsere eigenen
Ziele erreichen wollen. Wir müssen die
Flanke schließen, die wir haben entste-
hen lassen.“

I


n Frankreich zitterte die Politik vor
der Online-Zeitung „Mediapart“.
Zuletzt traf es François de Rugy,
den inzwischen zurückgetretenen Um-
weltminister. Auf „Mediapart“ waren Fo-
tos zu sehen, auf denen Hummer und
Wein zum Flaschenpreis von 500 Euro
serviert werden. Sie stammen aus der
Anfangszeit der Ära von Präsident Ma-
cron. De Rugy war damals Präsident des
Parlaments und residierte im Hôtel de
Lassay. Er hatte gerade seine neue Part-
nerin, eine Redakteurin der Zeitschrift
„Gala“, geheiratet. „Mediapart“ schrieb
unter die Fotos, hier seien private Din-
ner auf Staatskosten zu sehen. Später
ging es bei de Rugy auch noch um eine
Dienstwagenaffäre, die Kosten für die
Renovierung seines Amtssitzes und um
eine Sozialwohnung in seinem Wahl-
kreis, die ein Immobilienunternehmen
ohne sein Wissen vermietet haben soll.
Er selbst sieht sich als „Opfer einer Ka-
bale“: „Ich werde gelyncht.“ Die Fotos
seien gestohlen. „Mediapart“ warf er ei-
nen „Journalismus der Diffamierung
und Zerstörung“ vor.
Gegründet wurde „Mediapart“ von
Edwy Plenel, der einst seine Karriere
bei der trotzkistischen Zeitung „Rouge“

begann. Damals schrieb er unter dem
Pseudonym Joseph Krasny. Krasny
heißt auf Russisch rot – genau wie seine
Zeitung. 1972 rechtfertigte er das Atten-
tat auf die israelischen Olympia-Teilneh-
mer in München. Später ging er zu „Le
Monde“. Dort führte er den investigati-
ven Journalismus ein und wurde Chefre-
dakteur. Zahlreiche Affären hat er aufge-
deckt. Unter Mitterrand stornierte der
Präsidentenpalast sogar die Abonne-
ments der Zeitung. Weil Plenel auch
um die uneheliche Tochter des Staatsprä-
sidenten wusste, wurde sein Telefon ab-
gehört. Sein Abgang von „Le Monde“

war nicht ganz freiwillig. Er hatte be-
hauptet, Panamas Machthaber Noriega
habe Mitterrands Wahlkampf finanziert.
Das war zu viel.
Plenel gründete nun „Mediapart“.
Dort gibt es keine Werbung, dafür viele
Enthüllungen. Zweifelhaft ist allerdings,
ob den Enthüllungen auch immer inten-
sive Recherchen vorausgegangen sind.
Die Fotos von de Rugy etwa kamen un-
aufgefordert zur Redaktion. Absenderin
war eine – frühere – „Freundin“ der Gat-
tin. Es gab auch keinen Grund, sie nicht
zu publizieren. Und doch bleiben Zwei-
fel an dem, was „Mediapart“ präsentiert.

François de Rugy jedenfalls will sich
wehren, um in das Kabinett zurückkeh-
ren zu können. Er hat Klage eingereicht
und fordert einen „exemplarischen Pro-
zess“. Zwar hatte keiner seiner Kollegen
den Minister öffentlich verteidigt. Jetzt
aber wird sein Kampf gegen „Media-
part“ von der politischen Klasse unter-
stützt.
Von Bernard Tapie etwa. Das jahre-
lange Verfahren über den Schieds-
spruch zum Adidas-Verkauf, bei dem Ta-
pie eine Gefängnisstrafe drohte, war ein
Dauerbrenner der Berichterstattung,
die praktisch immer nur aus Sicht der
Anklage die Sache darstellte. Dass Ta-
pie schließlich freigesprochen wurde,
ist eine Schlappe für Edwy Plenel. Ta-
pie sagt: „Nie wurde ich für eine Stel-
lungnahme zu den Anschuldigungen
kontaktiert.“ Der französische Staran-
walt Éric Dupond-Moretti stellt die Si-
tuation so dar: Gewisse Untersuchungs-
richter seien Komplizen der Journalisten
und würden ihnen Informationen geben,
an die sie sonst nicht kämen.
Auch die Ermittlungen gegen Sarko-
zy gehen auf „Mediapart“ zurück. Die
Online-Zeitung hatte behauptet, der li-
bysche Diktator Gaddafi habe Sarkozys

Wahlkampagne mit 50 Millionen Euro
finanziert. 2007 soll Präsident Hollande
zwei Enthüllungsspezialisten monatlich
zum Gespräch empfangen haben. Er er-
zählte ihnen dabei unter anderem, wie
der frühere Premier François Fillon im
Präsidentenpalast vorstellig wurde mit
der Bitte, das Verfahren gegen Sarkozy
zu beschleunigen. Das war deshalb pi-
kant, weil der ehemalige Präsident und
sein Premierminister inzwischen zu Ri-
valen bei der Präsidentenwahl geworden
waren.
Und dann veröffentliche Plenel zwi-
schen den Wahlgängen 2017 eine Zah-
lungsanweisung an Sarkozy, unterzeich-
net von Geheimdienstchef Moussa Kous-
sa. Der erklärte später vor Gericht, das
Dokument sei echt, seine Unterschrift
aber gefälscht. Sarkozy wurde abgewählt.
Als er dann ein Comeback versuchte,
griff Fillon die Geschichte noch einmal
skrupellos auf. Er gewann die Vorwahl
der Partei und galt als Favorit – bis er sei-
nerseits über seine geschenkten Anzüge
strauchelte. Der Geschäftsmann, der sie
ihm bezahlte, war ausgerechnet in die du-
biosen Afrika-Geschäfte der französi-
schen Rechten verwickelt und wollte,
wie er erklärte, „Sarkozy rächen“.

Ende Januar gab es zwar ein Gerichts-
urteil wegen der Gaddafi-Geschichte,
das Plenel als „Sarkozys ultimative Nie-
derlage gegen Mediapart“ bezeichnete.
Doch die Zweifel mehren sich, ob es sich
nicht doch um einen Komplott handelt.
Das „Journal du Dimanche“ veröffent-
lichte jüngst neue Expertisen und Zeu-
genaussagen, die besagten, dass das
50-Millionen-Dokument eine Fälschung
sei. Geschildert wurde auch, wie die Fäl-
schung entstanden sein könnte. Der
Chefredakteur kam zu dem Schluss:
„Entweder handelt es sich um den größ-
ten Skandal der Fünften Republik. Oder
um die übelsten Fake News.“
Mit 150 000 Abonnenten, 13,8 Millio-
nen Euro Einnahmen und einem Reinge-
winn von zwei Millionen ist „Mediapart“
finanziell sehr erfolgreich und wird gera-
de in eine Stiftung umgewandelt. Plenel,
der in seinen Memoiren bekannte, er sei
ein „kultureller Trotzkist“ geblieben, be-
kommt drei Millionen: „Ich bin ein Risi-
ko eingegangen. Die Redaktion hat kein
Problem damit“, behauptet er. Seinen ei-
genen Rücktritt schließt Plenel, der in-
zwischen 66 Jahre alt ist, aus. Frank-
reichs Mächtige müssen also weiter vor
ihm zittern.

Söders Klimawandel


In Frankreich lässt die Online-Zeitung „Mediapart“
die Politiker zittern. Der Betreiber der Plattform ist

eine schillernde Figur.Von Jürg Altwegg


Die CSU wirkt völlig anders als noch vor einem Jahr. Die Partei behauptet,


sie sei jetzt endlich ganz bei sich selbst.Von Frank Pergande


Alter Trotzkist


auf Ministerjagd


Foto dpa

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