Der Spiegel - 03.08.2019

(Nora) #1

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Wirtschaft


Rente

Jeder fünfte Riester-Vertrag liegt brach


Viele Anleger zahlen keine Beiträge mehr in die Privatvorsorge ein, die Bundesregierung ist ratlos.

 Die Sparer in Deutschland hadern mit der staatlich geförder-
ten Riester-Rente. Nach aktuellen Schätzungen des Bundes -
arbeitsministeriums ruht derzeit jeder fünfte Riester-Vertrag. Die
Anleger zahlen also keine Beiträge mehr ein, haben ihren
Vertrag aber nicht gekündigt. Das geht aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der
FDP-Fraktion hervor. Mit der staatlich geför-
derten Privatvorsorge sollten die Versicherten
jene Lücke schließen, die durch ein sinkendes
gesetzliches Rentenniveau entsteht. Doch die
Riester-Rente gilt wegen der stagnierenden
Nachfrage und hoher Vertriebs- und Verwal-
tungskosten als Flop. Im ersten Quartal 2019
existierten rund 16 561 000 Abschlüsse, das
sind etwa 30 000 weniger als 2018. Die Ver-


träge werden oft nur deshalb nicht gekündigt, weil die Kunden
sonst staatliche Zulagen zurückzahlen müssten. Die zuständigen
Ministerien zeigen sich ratlos, wie das Kostenproblem gelöst
werden könnte. Hierzu habe die Bundesregierung ihre Meinungs -
bildung noch nicht abgeschlossen, so das für die Riester-För -
derung verantwortliche Finanzministerium.
Auch zur Frage, wie ein geplantes standar -
disiertes Riester-Produkt aussehen könnte,
gebe es keine abgestimmte Haltung. »Die
Bundesregierung kommt in einer wichtigen
Frage wie der Altersvorsorge nicht vom
Fleck«, kritisiert FDP-Finanzexperte Frank
Schäffler. Er plädiert für ein neues »Altersvor-
sorge-Depot«, in dem alle Bürger aus ihrem
Bruttoeinkommen Geld ansparen können. COS

Der Exodus ist gestoppt, jetzt kommt gewissermaßen der Rexodus in Gang. ‣S. 56

Cybersicherheit


Attacke auf Ärztekonten


 Die genossenschaftliche Apotheker-
und Ärztebank (Apobank) hat mit einer
größeren Zahl von Angriffsversuchen auf
Konten ihrer Kunden zu kämpfen. Nach
Angaben der Bank gab es etwa eine
gefälschte Website, die so aussah wie der
echte Onlinebanking-Auftritt des Instituts.
Manche Kunden gaben dort arglos ihre


Zugangsdaten ein, ohne zu prüfen, ob es
sich tatsächlich um eine Präsenz der Apo-
bank handelt. Als Reaktion auf die hohe
Zahl an Vorfällen hat die Apobank das
Onlinebanking eingeschränkt und erlaubt
derzeit nur noch Überweisungen mit
einem limitierten Tagesbetrag. Höhere
Zahlungen können nur über die Hotline
angewiesen werden – was zu teils massi-
ven Wartezeiten führt. Bei der Apobank
dürfen ausschließlich Ärzte und Apothe-

ker ein Konto eröffnen. Viele von ihnen
nutzen ihr Konto dort für die Überwei-
sung von Löhnen und Gehältern und sind
daher auf hohe Limits angewiesen. Phi -
shing ist nach wie vor ein weitverbreitetes
Phänomen. Oft wird mittels einer Mail
von Kriminellen das Betriebssystem des
Bankkunden mit einem Trojaner infiziert.
Experten empfehlen, direkt die Adressen
von Banken anzusteuern und diese nicht
über Suchmaschinen aufzurufen. MUM

Entwicklung der Riesterverträge
Bestand in Millionen

2001 1. Quartal 2019

1,4

16,6

Quelle: BMAS

UWE UMSTÄTTER / PICTURE ALLIANCE / DPA
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