Der Spiegel - 03.08.2019

(Nora) #1

Als Jugendlicher spielte Kohfeldt, 36, im
Tor, von 2001 an für Werder Bremen. Weil
seine Leistungen für eine Profifußballkar-
riere nicht reichten, wurde er 2006
Assistenz trainer bei Werder – zunächst ne-
ben seinem Studium der Sport- und Ge-
sundheitswissenschaften. Seit November
2017 ist er für die Bundes liga mannschaft
verantwortlich. Kohfeldt gilt als eines der
größten Trainertalente Deutschlands.


SPIEGEL:Herr Kohfeldt, Ihre Spieler sind
zwischen 19 und 40 Jahren alt. Wie schaffen
Sie es mit 36, für alle eine Autorität zu sein?
Kohfeldt:Glaubwürdig zu sein ist ein wich-
tiger Schlüssel für jeden Trainer. Ich hoffe,
dass ich das bin (lacht). Es geht darum,
dass man von einer Gruppe sehr genau be-
obachtet wird, ob die Botschaften mit den
Entscheidungen und Handlungen überein-
stimmen. Wenn man das hinbekommt,
dann entwickeln sich Vertrauen und auch
Autorität. Und das ist dann meiner Erfah-
rung nach altersunabhängig.
SPIEGEL:Muss man sehr junge und sehr
erfahrene Spieler anders anpacken?
Kohfeldt:Manche Trainer sagen gern die-
sen Satz, dass sie alle Spieler gleich behan-
deln. Das ist aus meiner Sicht Quatsch. Ich
gehe mit jedem Spieler anders um, das
geht auch gar nicht anders. Das Alter spielt
eher eine untergeordnete Rolle, aber jeder
hat seine eigene Biografie, eigene Macken
und Vorzüge.
SPIEGEL:Würden Sie die Beziehung zwi-
schen Ihnen und den Spielern schon als
freundschaftlich beschreiben?
Kohfeldt:Nein, mit Sicherheit nicht. Denn
Spieler und Trainer stehen in einem klaren
Abhängigkeitsverhältnis. Ich brauche von
ihnen starke Leistungen und Ergebnisse.
Auf der anderen Seite entscheide ich, wel-
che 11 von 27 Spielern auf dem Platz ste-
hen. Da wäre es höchst unprofessionell,
für jemanden freundschaftliche Gefühle
zu entwickeln. Aber mir ist es wichtig, Dis-
tanzen abzubauen. Ich will wissen, wie mei-
ne Jungs ticken. Wo gehen sie essen, was
gucken sie bei Netflix, sind sie kulturell in-


Das Gespräch führten die Redakteure Jan Göbel und
Christoph Winterbach in Bremen.


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Sport

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zu mir sein«


SPIEGEL-GesprächWerder Bremens Trainer Florian Kohfeldt über Wutausbrüche


im Stadion und seine Forderungen an die Stadt Bremen


HENNING KRETSCHMER / DER SPIEGEL
Coach Kohfeldt: »Ich will meine Energie nicht verschwenden«
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