Deutsch Perfekt - 10.2019

(Romina) #1
DEBATTE 25

Ja Nein


Fotos: HuG; Sebastian Krawczyk; Illustration: Mark Aires/Shutterstock.com


Deutsch perfekt 10 / 2019

Rudolf Stürzer ist Vorsitzender des
Haus- und Grundbesitzervereins
München und Umgebung.

keinen Gef„llen tun
, hier: m schaden

schlafende H¢nde w¡cken
, hier: m ohne Absicht
andere nervös machen
und so nachteilige Effekte
provozieren

die Mietpreisbremse
, seit 2015 Gesetz zur Re-
gulierung von Mietpreisen

dabei
, hier: ≈ und das, obwohl

der L„ndesgesetzgeber, -
, hier: Parlament, das in
einem Bundesland Gesetze
beschließt

der Mietrückgang, ¿e
, sinkende Mieteinnah-
men der Vermieter durch
vermietete Wohnungen und
Häuser

das Gr¢ndrecht, -e
, garantiertes Recht eines
Menschen, z. B. das Recht
auf Leben, Freiheit, freie
Meinung

verstoßen gegen
, ≈ sich nicht orientieren
an

“n [nspruch nehmen
, hier: mieten

s“ch verd¶ppeln
, doppelt so groß werden

bed•rftig
, hier: so, dass man wenig
Geld hat

die Nachfrage
, Kaufinteresse; hier:
L Angebot; Interesse zu
mieten

der Haus- ¢nd Gr¢ndbesit-
zerverein
, Verein für die Interessen
von Besitzern von Haus,
Wohnung, Land und Boden

Beatrix Zurek ist Vorsitzende des DMB
Mietervereins München und des DMB
Landesverbands Bayern.

Mit Aktionen wie „Uns glangt’s! Mie-
ten-Stopp in Bayern!“ tut man Mietern
absolut keinen Gefallen. Damit weckt
man die letzten schlafenden Hunde unter
den Vermietern und gibt ihnen Gründe,
die Mieten zu erhöhen, weil sie glauben,
dass das später nicht mehr möglich ist.
Wie schon bei der Diskussion um die
Einführung der Mietpreisbremse haben
schon jetzt Tausende von Mietern Miet-
erhöhungen bekommen, die es ohne sol-
che Aktionen nie gegeben hätte.
Dabei wird der „Mieten-Stopp“ ge-
nauso wenig funktionieren wie die Miet-
preisbremse. Erstens fehlt dem Lan-
desgesetzgeber dazu die Kompetenz;
außerdem würde ein Einfrieren der Miet-
preise wegen der Inflation zu einem real
stattfindenden Mietrückgang führen, was
auch gegen das Grundrecht auf Eigentum
verstoßen würde.
Ein Mieten-Stopp würde die Woh-
nungsknappheit in Großstädten auch
noch schlimmer machen. Ursache für die
hohen Mieten ist das Fehlen von Wohn-
raum. Grund dafür ist vor allem, dass sich
in der Vergangenheit die pro Einwohner
in Anspruch genommene Wohnfläche
immer weiter erhöht und in den letzten
40 Jahren fast verdoppelt hat; in Mün-
chen zum Beispiel von 20 m² auf 40 m².
Wenn nun die Mieten nicht nur für be-
dürftige Mieter, sondern für alle, das heißt
auch für alle, die es sich leisten können,
eingefroren werden, dann werden diese
Bürger – und davon gibt es vor allem im
reichen München sehr viele – noch mehr
Wohnraum wollen. In der Vergangen-
heit war das immer so. Hier reagiert der
Wohnungsmarkt nämlich nicht anders
als andere Märkte. Wird der Preis für ein
Produkt oder eine Leistung reduziert,
steigt die Nachfrage – das lernt man im
Ökonomiestudium im ersten Semester!

Senioren finden keine Wohnung mehr,
Familien leben auf extrem engem Raum.
Auch Menschen mit mittlerem Ein-
kommen müssen die Städte verlassen:
Der Mietmarkt ist in vielen bayerischen
Großstädten und speziell in München au-
ßer Kontrolle geraten. Der Staat muss so
schnell wie möglich etwas tun und Mie-
ten auf dem aktuellen Stand einfrieren.
Denn dass der Markt die Situation
nicht regeln wird, haben die vergange-
nen Jahre gezeigt. Deswegen waren wir
vom DMB Mieterverein München Ini-
tiator des Volksbegehrens „Uns glangt’s!
Mieten-Stopp in Bayern!“. Ein solcher
Mieten-Stopp im öffentlichen Recht ist
für einen befristeten Zeitraum auf Lan-
desebene möglich und muss nicht durch
den Bund beschlossen werden, wie die
Mietrechts- und Verfassungsexperten
Professor Markus Artz und Professor
Franz Mayer in einem Gutachten festge-
stellt haben. Ein Mieten-Stopp- Gesetz
könnte für eine bestimmte Dauer gelten,
und dann auch verlängert werden, sollte
die Lage nicht besser geworden sein.
Das Volksbegehren fordert, das zu rea-
lisieren, was schon in der Verfassung des
Freistaats in Artikel 106 Absatz 1 klar und
deutlich geschrieben steht: Jeder Bürger
Bayerns hat das Recht auf eine ange-
messene Wohnung. Die Umsetzung des
Volksbegehrens darf nicht das einzige
Mittel sein: Parallel muss ausreichend
neuer, bezahlbarer Wohnraum entstehen.
Mieten von neu gebauten Wohnungen
wären auch nicht Ziel des Mieten-Stopps.
Außerdem müssen beim Ausrechnen
der offiziellen ortsüblichen Miete alle
Mieten berücksichtigt sowie endlich eine
Bodenrechtsreform beschlossen werden.
Dann können auch unsere Kinder und
Enkelkinder ohne Existenzängste in Zu-
kunft in Bayern leben.

auf ¡ngem Raum
, mit wenig Platz

außer Kontr¶lle geraten
, nicht mehr zu kontrol-
lieren sein

der „ktuelle St„nd
, Status quo

einfrieren
, hier: ≈ stoppen; ein
Verbot machen, ... weiter zu
erhöhen

das V¶lksbegehren, -
, Register mit Unterschrif-
ten, durch den Einwohner
einen Volksentscheid
erreichen wollen

(der V¶lksentscheid, -e
, Entscheidung über eine
wichtige politische Frage
durch das Volk)

}ns gl„ngt’s! bayer.
, m Wir haben genug!

auf L„ndesebene
, hier: ≈ in einem Bundes-
land; hier: in Bayern

der Verf„ssungsexperte,
-n , urist mit Experten-J
wissen zu den politischen
und rechtlichen Grundre-
geln in einem Staat

das Gutachten, -
, Bericht eines Experten
nach einer genauen Unter-
suchung

der Freistaat, -en
, hier: Bayern

der Artikel
, hier: ≈ Textteil in einem
Gesetzesbuch

der [bsatz, ¿e
, hier: Teil eines Artikels

„ngemessen
, adäquat

die Bodenrechtsreform,
-en , Reform zum Recht
über den Besitz von Land
und Boden

der/die Vorsitzende, -n
, Person, die einen Verein
leitet

der L„ndesverband, ¿e
, Organisation eines
Bundeslandes

„Ein Mieten-Stopp würde
die Wohnungsknappheit
schlimmer machen.“

„Der Staat muss so schnell
wie möglich etwas tun.“

Eine Übung zu diesem
Text finden Sie auf
Seite 54.
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