38 INSIDERWISSEN Deutsch perfekt 10 / 2019
Foto: FooTToo/Shutterstock.com; Quelle: Dies ist eine einfachere Version eines Texts aus der
Süddeutschen Zeitung.
das Stadtbild zu beurteilen“. Die Bezirks-
inspektion entscheidet dann gemeinsam
mit dem zuständigen Bezirksausschuss,
der Polizei und bei Lärmfragen auch mit
dem Referat für Gesundheit und Umwelt
über den Antrag. Stimmen alle zu, steht
der Freischankfläche nichts mehr im
Wege. Merlin Gröber
Die Diversität des Münchner Kindls
Nicht-Münchener hören das nur ungern,
aber München ist oft weltoffener und
moderner als andere Städte. Während die
Wörter divers und drittes Geschlecht sich nur
langsam etablieren, lebt das Münchner
Kindl – die wichtigste Figur der Stadt-
kultur – so eine Vielfalt schon lange vor.
Der Beweis kommt aus dem Jahr 1304.
Damals wurde auf dem Stadtwappen ein
Mönch als Bild gezeigt, die rechte Hand
zum Schwur erhoben, in der linken ein
rotes Buch. Etwas später wurden dem
Mönch kindlichere Züge verpasst, später
wurde die Figur weiter verniedlicht. Da-
hinter steckte Kunst, nicht Politik. Das
älteste bekannte Dokument, in dem die
Figur Münchner Kindl hieß, ist von 1727.
Als die Kinderbuchautorin Ellis Kaut im
Jahr 1938 die Rolle spielte, wurde das
Kindl weiblich. Seit damals steckt unter
der schwarzen Kutte immer eine Frau
- die als Botschafterin Münchens zum
Beispiel den Einzug der Wirte auf dem
Oktoberfest anführt. Ingrid Fuchs
Die Bahnen zur Einsteinstraße
Auch der Münchener Nahverkehr hat so
manches Geheimnis, was nichts Schlech-
tes sein muss. Zum Beispiel fragen sich
viele Fahrgäste, die die feinsten Feinhei-
ten der Münchener Verkehrsgesellschaft
nicht kennen: Was sind das für Straßen-
bahnen, die manchmal ganz plötzlich
kommen? Straßenbahnen,die überhaupt
nicht im Fahrplan stehen? Aber an denen
immer das gleiche Ziel steht: „Einstein-
straße“. In diese Trams, wie Straßenbah-
nen in München heißen, können Fahrgäs-
te ohne Probleme einsteigen. Denn die
Züge, die zurück zum Betriebshof fahren,
fahren meistens auf dem ganz normalen
Weg der jeweiligen Linie. Bevor der Zug
dann von diesem regulären Linienweg
wegfährt, informiert eine Durchsage die
Fahrgäste. Die können trotzdem bis zur
letzten Haltestelle an der Grillparzerstra-
ße weiterfahren, bevor die Tram in den
Betriebshof fährt. Alle Trams werden
nachts dort abgestellt. Am frühen Morgen
findet die „Ausrückfahrt“ statt. Die Züge
sind dann auf unterschiedlichen Linien-
wegen unterwegs. Intelligente Tram-Fans
mögen diese speziellen Fahrten wegen
Verbindungen, die es regulär überhaupt
nicht gibt. Andreas Schubert
Neue Töne in Bus und Bahn
Der neue Jingle, den die Münchner Ver-
kehrsgesellschaft (MVG) seit Dezember
vor Haltestellenansagen abspielt, ist nicht
nur populär. Manchen ist er zu laut, man-
chen ist er zu leise. Manchen fehlt auch
der Hinweis „nächster Halt“. Aber woher
kommt die f, fis, gis, abgespielt als
zwei Sechzehntel und ein Achtel? Das
ist nicht sofort klar. Wer aber bis zu einer
Endhaltestelle fährt, bekommt einen er-
weiterten Jingle vorgespielt. Der hört sich
an wie das Glockenspiel am Marienplatz.
Er geht so: f, fis, gis, dann kommt zweimal
cis als Achtel. Und München-Experten
merken da, dass das ein Motiv aus dem
Schäfflertanz („Aber heit is koid“) von
Wilhelm Siebenkäs ist. Wer öfter mit der
MVG fährt und anfällig für Ohrwürmer
ist, der bekommt das Lied vielleicht den
ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.
Die Schäffler tanzen nur alle sieben Jah-
re – zuletzt in diesem Frühjahr. Dem mu-
sikalischen Anschlag der MVG sind die
Münchener für die nächste Zeit pausen-
los ausgesetzt. Andreas Schubert
Das Münchner Kindl spielt auch beim Oktoberfest eine
wichtige Rolle.
beurteilen
, hier: eine Meinung
haben, wie etwas ist
zuständig
, hier: so, dass man für
einen Sektor verantwort-
lich ist
der Bez“rksausschuss, ¿e
, hier: Gruppe von Perso-
nen, die sich offiziell um ein
spezielles lokales Thema
kümmert
das Referat, -e
, hier: Abteilung in einem
Amt
zustimmen
, a sagenJ
s“ch etablieren
, einen sicheren Platz in
der Gesellschaft finden
die Vielfalt
, hier: viele Varianten
vorleben
, hier: ein positives
Beispiel für andere sein
der Beweis, -e
, von: beweisen = hier:
zeigen, dass eine Vermu-
tung richtig ist
das St„dtwappen, -
, ≈ Emblem einer Stadt
der Mönch, -e
, Mann, der nur für seine
Religion lebt, z. B. auch
nicht heiratet
z¢m Schwur erhoben
, für ein feierliches
Versprechen nach oben
gehalten
k“ndliche Züge verp„ssen
, so als Bild zeigen, dass er
kindlich aussieht
verniedlichen
, hier: ≈ machen, dass
man denkt, sie ist ein Kind
die K¢tte, -n
, ≈ langes, weites Kleid
die Botschafterin, -nen
, hier: Frau, die eine Stadt
öffentlich unterstützt und
bekannt macht
der Einzug, ¿e
, hier: das Hineingehen
„nführen
, an erster Position stehen
das Geheimnis, -se
, geheime Sache
der Betriebshof, ¿e
, ≈ Garage für Züge
jeweilige (-r/-s)
, diese (-r/-s)
„bstellen
, ≈ parken
die Ausrückfahrt, -en
, Fahrt zur Anfangshalte-
stelle der Linie
der Jingle engl.
, kurze Melodie
„bspielen
, ≈ z. B. im Radio spielen
lassen
die Tonfolge f, f“s, g“s
, Sequenz der Laute f,
f#, g#
erweitert
, hier: ≈ mehr als
das Gl¶ckenspiel, -e
, mechanische Konstruk-
tion, die zu bestimmten
Zeiten eine Melodie mit
Glocken spielt
(die Gl¶cke, -n
, Gegenstand aus Metall,
der einen Laut produziert)
der Schæfflertanz
, traditioneller Volkstanz
der Ohrwurm, ¿er
, hier: m Lied/Melo-
die, die man sich schnell gut
merken kann
„nfällig sein für
, ≈ oft bekommen
der [nschlag, ¿e
, hier: ≈ Attacke
ausgesetzt sein
, hier: ≈ konfrontiert sein
mit; leben müssen mit
Eine Übung zu diesem
Text finden Sie auf
Seite 45.