Die Zeit - 01.08.2019

(Kiana) #1
DuhastZeichenderLiebegesetzt.
DasSchöneinDirwirdimmerbleiben.

WirtrauernumunsereMutterundGroßmutter,
Tochter,Schwester,TanteundFreundin

UtaFranke
geb.Köhnke
*6.5.1 946 †25.7.2019

IngaFrankemitRebeccaLuundMaxNyssen
SonjaundMecidHanbalimitHannahundNoah
IngeborgRuthKöhnke,geb.Krüger
ReinerKöhnkemitGerdiOmilian
BrigitteKöhnkemitMichaelMater
MirkoKöhnke
undalleAngehörigenundFreunde

Wirdankenallen,dieinWort,Tat,Gebet
oderGedankenbeiUtawaren.

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749

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  1. August 2019 DIE ZEIT No 32


uf Kritik an staatlichen Machtsystemen ver-
steht sich James C. scott, renommierter ame-
rikanischer Politikwissenschaftler und An-
thropologe von der Yale university. Wenn
jemand wie der 82-jährige scott, der ansons-
ten Phänomene der gegenwart erforscht,
sich nun plötzlich der fernen urgeschichte
widmet, so darf man gespannt sein, welche
Rolle die Quellen im Verhältnis zu seinen
theoretischen Überlegungen spielen. sind
seine schlussfolgerungen empirisch
gewonnen oder nur das Ergebnis
subjektiver Interpretationen archäolo-
gischer sachverhalte?
scotts neuestes Werk also widmet
sich der Entstehung der frühesten
staaten. sein Fokus liegt dabei auf
Mesopotamien, wenngleich er gele-
gentlich auch Entwicklungen in Ägyp-
ten, dem Indus-tal, China oder Meso-
amerika vergleichend hinzuzieht, je-
denfalls immer dann, wenn sie seine
thesen zu erhärten scheinen. scott
versucht dabei die gängige Annahme
zu widerlegen, dass die Entstehung
dörflichen Lebens mit Landwirtschaft
und Ortsbindung ein gewaltiger zivili-
satorischer Fortschritt gegenüber dem
vorangegangenen Dasein als Wildbeu-
ter gewesen sei, als die Menschen Jäger
und sammler waren und ausschließ-
lich aneignend wirtschafteten. Insofern
trifft der titel der englischen Original-
ausgabe Against the Grain (»gegen das
Korn«) das Ziel seiner studie besser als
der deutsche titel Die Mühlen der Zi­
vi li sa tion. Der üblichen zivilisatori-
schen Erzählung zufolge hätten sess-
haftigkeit und produzierendes Wirt-
schaften mit Ackerbau und Viehzucht
schließlich zur Entstehung von städten
und staaten geführt, was gern als eine
einzige Erfolgsgeschichte der Mensch-
heit mit allenfalls kleineren Kollateral-
schäden angesehen wird.
Mit dieser eindimensionalen Vor-
stellung will scott aufräumen, ja er
möchte sie geradezu ins gegenteil ver-
kehren. so habe die archäologische
Forschung in den letzten Jahren neue
Ergebnisse erzielt, die immer deutlicher
zeigten, dass die sesshaftigkeit eben
nicht das Beste war, was der Menschheit
passieren konnte. Hier fängt es an, in-
teressant zu werden: Das Buch soll ein
kritisches unternehmen sein, das die
gängige Vorstellung der staatsentste-
hung gegen den strich bürstet.
scott hat zweifellos recht, dass Pflan-
zen- und tierzucht nicht plötzlich er-
funden worden sind, weshalb der übli-
che Begriff einer »Neolithischen Re vo-
lu tion« unzutreffend ist. In der tat war
es ein Jahrtausende und Jahrzehntau-
sende umfassender Prozess der unent-
wegten Beobachtung und Aus ein an der-
set zung des Menschen mit der ihn um-
gebenden Natur. schon lange vor der
sesshaftigkeit gelang es ihm, gestaltend
auf die natürliche umwelt Einfluss zu
nehmen. Der Übergang zu Landwirt-
schaft und bäuerlichem Leben vollzog
sich dabei schritt weise und allmählich.
Eine Vielzahl unterschiedlicher Überlebens-
strategien existierte vielfach noch Jahrhunderte
ne ben ein an der her: Nicht jeder wurde sofort
Bauer und Viehzüchter.
Zentral ist für scott die Erkenntnis, dass
aus der sesshaften Lebensweise eben nicht di-
rekt und unmittelbar immer die Entstehung
von staat lichen gebilden hervorgegangen sei.
Das ist zwar richtig, doch wer hat je das ge-
genteil behauptet? Richten wir den Blick über
Mesopotamien hinaus auch auf andere ge-
biete der Alten wie der Neuen Welt, so muss
man feststellen, dass erstens immer sehr viel
Zeit zwischen sesshaftigkeit und staatsentste-

hung vergangen war und dass zweitens städte
und staaten eben gerade nicht die stets zwangs-
läufige Folge von bäuerlichem Leben gewesen
sind. Vielmehr sind die Entwicklungen durch
ein teilweise extremes Auf und Ab gekenn-
zeichnet, das in Mitteleuropa noch nicht ein-
mal mit den Römern endete, sondern erst mit
der Christianisierung im Frühmittelalter.
scott beschreibt sehr überzeugend, dass
sesshaftigkeit und Landwirtschaft keinesfalls

nur ein sorgenfreies Leben bescherten. Zwar
machte produzierendes Wirtschaften die Er-
nährung planbarer als das Warten auf Jagd-
oder sammlerglück, auch ließen sich durch
Überschussproduktion und Vorratswirtschaft
größere gemeinschaften dauerhaft versorgen.
Andererseits konnten Missernten oder Vieh-
seuchen schnell die Existenz ganzer sie del-
gemein schaf ten gefährden. Durch das Zu-
sammenleben mit domestizierten tieren auf
engstem Raum übertrugen sich lebensgefähr-
liche Krankheitserreger auf den Menschen,
die sogenannten Zi vi li sa tions krank hei ten
entstanden. Doch all diese Einsichten sind

nicht wirklich neu, Jared Diamond schrieb
bereits vor 30 Jahren darüber. Die Ernährung
von sesshaften war einseitiger, Mangel-
erscheinungen traten häufiger auf, als dies bei
Wildbeutern der Fall war, die von gejagtem
Frischfleisch und gesammelten Nüssen, Bee-
ren und anderen Waldfrüchten lebten. Wir
erleben heute mit der Paläodiät eine Wieder-
geburt dieser wildbeuterischen Ernährungs-
weise, die landwirtschaftliche Produkte weit-

gehend ausschließt und dies als das wirklich
gesunde Leben propagiert.
Eine starke Bevölkerungszunahme sowie
die gewachsene Bedeutung von Rohmateria-
lien wie zum Beispiel Metallen, die nicht für
alle in gleicher Weise zugänglich waren, konn-
ten dann zu unterschiedlichen Eigentumsver-
hältnissen, zu sozialer schichtung und zur
Entstehung von Herrschaftseliten führen.
Aber aus solchen komplexen gesellschaften
entstanden nicht zwangsläufig städte und
staaten. Dies geschah nur, wenn weitere Vo-
raussetzungen gegeben waren, nicht zuletzt
schrift und Verwaltung, um den gewachsenen

Regelungsbedarf in riesigen Bevölkerungs-
agglomerationen zu bewältigen. Dabei zeigt
die Archäologie, dass es sehr wohl auch andere
Wege gab: so entstanden zum Beispiel östlich
der Karpaten im 5. Jahrtausend v. Chr. gigan-
tische siedlungen mit tausenden von Bewoh-
nern, ohne dass die schrift erfunden worden
wäre oder diese Orte sich zu städten ent-
wickelt hätten. ganz im gegenteil: Nach we-
nigen Jahrhunderten verfielen diese Plätze
wieder, und die Menschen kehrten zu
einer mobileren Lebensweise zurück.
Natürlich kam es in den mesopota-
mischen stadtstaaten und in späteren
alt orien ta li schen Reichen nicht nur zu
einer Blüte von Architektur, bildender
Kunst und Kultur, sondern auch zu
unterdrückung, sklaverei, steuerein-
treibung und jeglicher Art von un-
gleichheit bis hin zu umweltzerstörung.
scott folgert hieraus aber eine unver-
meidliche Zwangsläufigkeit, wonach
sesshaftigkeit und städtisches Leben
immer in Zuständen endeten, in denen
lediglich die herrschenden Eliten die
Vorzüge genießen konnten, während
das sesshafte, städtische Dasein für den
überwiegenden Rest der Bevölkerung
ein nur schwer erträgliches unglück
gewesen sein soll. Doch bei genauerer
Betrachtung der archäologischen Quel-
len in erweiterter geografischer und
zeitlicher Perspektive wird eine überra-
schende Vielfalt von möglichen Ent-
wicklungen sichtbar, die von diesem et-
was eindimensionalen Bild abweichen.
Wenn scott dann aber mobile
»Barbaren« als das einzig glückselig
machende gegenmodell (»Das golde-
ne Zeitalter der Barbaren«) propagiert,
weil sie befreit gewesen seien von
Landwirtschaft und staatlichem
Zwangsregime, dann wirkt das doch
überraschend romantisch verklärt und
dürfte mit der historischen Wahrheit
ziemlich wenig zu tun haben. Über
die wirklichen Überlebensprobleme
von Wildbeutern in ferner urzeit wis-
sen wir im Zweifelsfall schlicht zu we-
nig, und auch bei Nomaden späterer
Epochen gab es in gehörigem Maße
ungleichheit, soziale schichtung, un-
terdrückung und sklaverei.
scotts Buch ist vorzüglich geschrie-
ben und ausgesprochen anregend. Es
entwirft auf den ersten Blick ein faszi-
nierendes gegenmodell zur angeblich
vorherrschenden Meinung vom Ver-
lauf früher Kulturentwicklungen. Bei
genauerer Kenntnis der archäologi-
schen grundlagen und der so unter-
schiedlichen Entwicklungen provoziert
es aber dann doch gelegentlich stirn-
runzeln und Widerspruch. scott reißt
theoretische gebäude ein, die die For-
schung vielfach so schon gar nicht
mehr vertritt, und ersetzt sie durch
neue, die Dinge überzeichnende An-
nahmen, die bisweilen nicht weniger
spekulativ sind.
und doch bieten Bücher wie dieses
bei aller kritischen Distanz vielfache
Möglichkeiten zum Nachdenken, zur
Zustimmung und zum Widerspruch; gerade
das macht sie so wertvoll. Die wirkliche ge-
schichte der frühen Menschheit steckt aber
immer noch voller Rätsel, daran ändert auch
dieses Buch nichts.

Hermann Parzinger, geboren 1959, ist
Prähistoriker und seit 2008 Präsident der
stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zu seinen
wichtigsten Büchern ge hören »Die Kinder des
Prometheus. Eine geschichte der Menschheit vor
der Erfindung der schrift« (2014) und
»Abenteuer Archäologie. Eine Reise durch die
Menschheitsgeschichte« (2016)

FEUILLETON 37


A


James C. scott:
Die Mühlen der
Zivilisation. Eine
tiefengeschichte
der frühesten
staaten; suhr-
k a mp Verl a g ,
Berlin 2019;
329 s., 32,– €,
als E-Book
2 7, 9 9 €

LITERATUR


SACHBUCH

Foto: Adam Golfer

Ganz früher


war alles besser


James C. scott fragt in seiner Frühgeschichte: War es ein Fehler,
dass die Menschen sesshaft wurden? VON HERMANN PARZINGER

In seiner Freizeit
arbeitet der
82-jährige
Yale-Professor
James S. Scott als
Landwirt auf
einer Farm
in Connecticut

Schonungslos


ätzend


Ein paar Eindrücke aus den
Herbstvorschauen der Verlage

Bei der Durchsicht der aktuellen Verlags-
vorschauen ergaben sich viele Fragen,
nicht zuletzt, wie es Hanser und Rowohlt
geschafft haben, kaum Frauen im Pro-
gramm zu haben. Aber irgendwie kann
man sie ja auch verstehen, diese intensive
schieflage, denn die Kita-situation ist
dermaßen morbide, und die Einkom-
mensverteilung zwischen Männern und
Frauen ist es ebenfalls. All das führt bei-
nahe rasant dazu, dass Frauen zu Hause zu
viel aufwischen (total ätzend), und in die-
ser situation wären sie natürlich alles an-
dere als hellsichtig oder hochintelligent,
wenn sie anfingen, irgendwelche Romane
zu schreiben, für die sie eh kaum geld be-
kommen und die insofern das beste Argu-
ment dafür wären, dass sie zu Hause noch
mehr auf wischen. Das ist alles in allem
wahrhaft herzzerreißend.
Hervorzuheben ist allerdings, dass es sich
beim Feminismus um ein trendthema han-
delt, wie die Verfasser der tropen-Verlags-
vorschau zur Bewerbung eines feministi-
schen titels stichpunktartig vermerken, der
auf der ungefähr vorletzten seite des Pro-
gramms und nach sieben Autoren vorgestellt
wird. Man kann nur hoffen, dass es sich bei
dieser trendthema-Feststellung um eine Art
subversives stilmittel handelt, und das ist
nicht unwahrscheinlich, denn in den Ver-
lagsvorschauen geht es stilistisch ziemlich
zur sache: Romane und sachbücher werden
beschrieben als morbide, wahrhaft, dunkel,
hellsichtig, hochintelligent, rasant, intensiv ,
engagiert, herzzerreißend, schonungslos, ätzend
und natürlich virtuos, grandios beziehungs-
weise brillant oder genial, so genial, dass der
Leser mitunter richtig an die Kandare genom­
men wird. und man selbst muss sich ange-
sichts dieses rasanten adjektivischen Flächen-
bombardements und der themenvielfalt
(tschernobyl, Internetsucht, Rassismus,
Fontane- und Hölderlin-geburtstag) dann
wirklich an die Kandare nehmen, um nicht
zu vergessen, wo oben und unten ist, was ja
schneller geht, als man denkt.
Vielleicht geht es den Vorschautext-Ver-
fassern manchmal auch so, und vielleicht ist
die rhetorische Frage in den Vorschautexten
aus diesem grund ein derart engagiert an-
gewandtes Mittel zur Bewerbung von Bü-
chern: »Was bedeuten gerechtigkeit, Ver-
trauen und Verantwortung?«, »Was bedeu-
ten Familie, glaube, Zusammenhalt?«,
»Was geht in einer Frau vor, die plötzlich
vor den trümmern ihrer Ehe steht?«, »Ha-
ben wir noch eine Chance?«, und: »Hilft
nachdenken?« Man kann sich diesbezüglich
nur eine schonungslose Abrechnung wün-
schen und sich auf den Vorschautext dazu
freuen. ANTONIA BAUM

Berichtigung


In der Ausgabe Nr. 31/19 ist uns ein
Fehler unterlaufen: Anders als im
Artikel »Ohrenbetäubende stille«
behauptet, wurden die ehemaligen
südkoreanischen Präsidenten Chun
und Roh 1996 für das Massaker in
gwangju gerichtlich verurteilt. 1997
wurden sie begnadigt.
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