Die Zeit - 01.08.2019

(Kiana) #1
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„We focu sonstudents–
dasist unserLeitsatz“,so
Prof.Dr. WilhelmSchwick,
Rektor derFachhochschule
Dortmund.

„Wirha benden Anspru ch,junge
Menschenfitzumachenfür die
Herausforderungen einerdurch
digitale Transformation be-
stimmt en Welt.Deshalbist un-
sere Le hredaraufausgerich tet,
ihnen verantwor tungsvol lWis-
senfür mor genzuvermitteln. “

AlsBildungsort und Ar beitge-
berinistdieFach hochsc hulege-
fordert, eine Schlüsselrolle in
derGesellschafteinz unehmen
und dieTransformation mitzu-
gestalten. Di es kann nur gelin-
ge n, wenn sieinBewegung
bleibt undsichdurch projekt-

orient iertes Lehren,Forschen
undArbeite nflexibel und agil
denwachsendenAnforderun-
ge nstellt.

„Diese rProzess isterfolgreich,
wennwir es gemein samsch af -
fe n, dieLustamleben slang en
Lernen wei terzustärk en und
lebendig zuhalten“,e rl äutert
Schwick. „D eshalb erarbeiten
wirkooperativmitdenKollegi n-
nenund Kollegeneinenneuen
Hochschu lentwicklungspl an ,
derunserezentralen Themen,
HandlungsfelderundSubzi ele
fürdienä chsten Jahredefiniert.“
DerFokusliegtdab eidarauf,die
FHkontinui erli ch zuei nertech-
nolo gi egestützten,weltoffenen ,
am Menschen undder Gese ll-
schaftausgerichtetenHoch-
schuleweiterzue ntwick eln.

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DieFachhochschuleDortmund
gehörtmitrd. 14.500 Studieren -
denzuden zehn größtenFach-
hochschulen in Deutschland.

©FachhochschuleDortmund /Volker Wiciok

FachhochschuleDortmund
Dez. I.5
Perspektivmanagement
Max-Ophüls-Pl atz1
44139Dortmund
karriere.fh-dortmund.de

58 CHANCEN 1. August 2019 DIE ZEIT No^32
50 JAHRE FACHHOCHSCHULE

DIE ZEIT: Die Fachhochschulen sind fachlich
anerkannt, bei studenten beliebt – und klagen
trotzdem. so haben sie gemeinsam mit Kollegen
das Lübecker Manifest verfasst. Dort monieren
sie die strukturelle Benachteiligung der Fach­
hochschulen.
Muriel Helbig: Im Manifest stellen wir unsere ge­
sellschaftliche Bedeutung in den Vordergrund
und fordern dazu auf, unser Potenzial noch besser
zu nutzen. uns fehlt beispielsweise geld für die
angewandte Forschung. Von den großen For­
schungsförderprogrammen sind wir praktisch
ausgeschlossen. Die milliardenschwere Exzellenz­
strategie ist für unis gemacht, und die Förder­

milliarden der Deutschen Forschungsgemein­
schaft (DFg) zielen auf die universitäre grund­
lagenforschung.
ZEIT: 2017 haben die Fachhochschulen 600 Mil­
lionen Euro für die Forschung eingeworben. Wo
also liegt das Problem?
Helbig: Der Bund fördert angewandte Forschung
und Entwicklung an Fachhochschulen dieses Jahr
mit 56 Millionen Euro, das hilft. An der tH
Lübeck konnten wir letztes Jahr zudem acht Millio­
nen Euro Drittmittel einwerben – das entspricht
etwa 30 Prozent unseres Haushaltes. Der Punkt ist
aber, dass die Drittmittelakquise für FH­Professo­
rinnen und ­Professoren mühselig ist. Ihr Lehr­
depu tat ist hoch, sie haben keine Forscherteams um
sich und wenig unterstützendes Personal.

ZEIT: Deshalb fordern die Fachhochschulen eine
Deutsche transfergemeinschaft (Dtg) mit einem
Fördervolumen von einer Milliarde Euro jährlich.
Ein stolze summe.
Helbig: Der Betrag ist in Anlehnung an die Förder­
summen errechnet worden, mit der die DFg die
universitäre grundlagenforschung fördert. Lang­
fristig müssen die anwendungsorientierte For­
schung und die grundlagenforschung gleichwertig
unterstützt werden.
ZEIT: Es ginge dabei um mehrere Milliarden Euro
jährlich. Können sie genauer erklären, was sie
unter dieser Forschung verstehen, die so großzügig
alimentiert werden soll?
Helbig: unser Auftrag besteht darin, konkrete
Probleme zu lösen, die in der Wirtschaft und in
der gesellschaft auftauchen. Mit den Inno­
vationen aus Fachhochschulen sollen unter­
nehmerische Fragen beantwortet werden, Fra­
gen aus dem sozialen Bereich oder der gesund­
heitsbranche.
ZEIT: Es gibt FH­Vertreter, die in dem geld auch
die Chance sehen, sich aus dem reinen Praxis­
zwang zu befreien und ihre wissenschaftliche un­
abhängigkeit zu sichern.
Helbig: Alle Fachhoch­
schulen stellen den Praxis­
bezug als wesentliches Pro­
filmerkmal nach vorne. Es
geht darum, bei dem ge­
wollt engen Bezug zu Pra­
xispartnern dennoch wis­
senschaftlich unabhängig zu
sein. unsere strukturellen
Nachteile sind da jedoch
wie steine im schuh, die
unseren Lauf verlang samen.
ZEIT: trotzdem sollten auch
universitäten von der Dtg unterstützt werden?
Helbig: genau. Die Anwendungsforschung in
Deutschland insgesamt braucht einen schub. Die
Dtg schließt eine förderpolitische Lücke, indem
sie transfers aus den Hochschulen in die Praxis
unterstützt. Davon sollen die Forschenden profitie­
ren, die den unmittelbaren Nutzen für gesellschaft,
Wirtschaft, soziale Innovation in den Mittelpunkt
stellen. Hier sind die Fachhochschulen besonders
stark. Anträge bei der Dtg sollen aber alle Hoch­
schultypen stellen dürfen.
ZEIT: sogar ihre Hauptkonkurrenten, die techni­
schen universitäten.
Helbig: Richtig. technische unis sind meist sehr
gut in der Region verankert und stark im transfer.
Dem Wettbewerb stellen wir uns.
ZEIT: Nun hat allerdings Bundesforschungsminis­
terin Anja Karliczek in einem ZEIT- Interview er­
klärt, sie wolle keine neuen strukturen aufbauen.
Ein FDP­Antrag zur Dtg­gründung steckt seit
Monaten im Bundestag fest, die Länder halten sich
bedeckt, und die unis schweigen. Was müssen sie
jetzt tun, damit Ihre Förderträume noch eine
Chance haben?
Helbig: Wir müssen mehr Kraft aufwenden, um
Organisationen in der sozialbranche, im gesund­
heitssektor und in der regionalen Wirtschaft zu
überzeugen.
ZEIT: Angenommen, die transfergemeinschaft
wird doch noch wie geplant als selbstverwalteter
Verein gegründet: Dürften reiche universitäten
wie die RWtH Aachen und die tu München
auch Mitglieder werden?
Helbig: Natürlich!

Das gespräch führte Christine Prußky

M


it 50 Jahren darf man schon mal
großspurig sein. und so gaben die
knapp hundert Präsidenten der deut­
schen Fachhochschulen (FH) ihrem
Mitte Juni beschlossenen Positions­
papier einen schwergewichtigen Namen: Lübecker
Manifest. Benannt nach dem Veranstaltungsort ihrer
großen Jubiläumsfete. In der unterzeile stand, worum
es gehen sollte: »Von der Fachhochschule zur Hoch­
schule für Angewandte Wissenschaft«.
Dahinter verbirgt sich die geschichte einer Evo­
lution, auch einer Emanzipation: Fachhochschule will
man nicht mehr heißen, sondern eben HAW. Auf Eng­
lisch klingt das noch besser: Als university of Applied
sciences werben diese Hochschulen weltweit für ein
praxisnahes studium.
Die Botschaft des Manifests erging an universitä­
ten und die Politik. sie lautet: Wir sind wer in der
Wissenschaft. Nehmt uns endlich ernst!
Das zur schau getragene selbstbewusstsein hat
zwei gründe. Zum einen hat Bundesforschungsminis­
terin Anja Karliczek (CDu) Anfang Mai den Ländern
viele Bundesmilliarden zugesagt. Mit dem geld des
sogenannten Zukunftsvertrages sollen sie »stu dium
und Lehre stärken«. Die HAWs betonen, sie hätten in
den vergangenen Jahren die Hauptlast der Hundert­
tausenden zusätzlichen studenten übernommen –
weshalb sie jetzt auch besonders viel von dem geld aus
Berlin haben wollen.
Zum anderen tobt ein streit um ein eigenes Promo­
tionsrecht für die HAWs. In Hessen wurde es einigen
Hochschulen bereits zugesprochen, auch Nord­
rhein­Westfalens Landesregierung hat es jetzt beschlos­
sen, und zwar in Form eines »Promotionskollegs für an­
gewandte Forschung NRW«. Die Rektoren und Kanzler
der universitäten warnten prompt vor einem »Image­
schaden«, sollte das Kolleg eigenständig Doktorgrade
verleihen: Es drohe die schmalspurpromotion. Die
HAWs hielten gegen: Die Einlassungen der uni­Kolle­
gen seien enttäuschend, sagte Markus Baumann, Rektor
der Fachhochschule Aachen: »Wir hatten gehofft, mit­
einander reden zu können und nicht übereinander.«
In ihrem Lübecker Manifest haben die HAWs der
Forderung nach dem eigenen Promotionsrecht einen
zentralen Platz gegeben. Es gehe um »die stärkung des
eigenen Profils und der Ausbildung des eigenen profes­
soralen Nachwuchses«, ist dort nachzulesen. »Forschungs­
starke Fachrichtungen« an den HAWs sollten ihre stu­
dierenden selbst promovieren dürfen – »unter Etablierung
eines entsprechenden Qualitätssicherungssystems«.
Während die alten universitäten also auf der tradi­
tion beharren, dass nur sie Doktoren ernennen dürfen,
stellen ihre jüngeren schwestern die grundsatzfrage:
Was ist denn eigentlich eine gute und wichtige Promo­
tion? Normierte Qualitätsstandards gelten bereits für
die HAWs in Hessen. Dort müssen Fachbereiche eine
bestimmte Publikationsstärke der beteiligten Professo­
ren nachweisen, eine Mindestquote bei den eingewor­
benen Drittmitteln oder auch obligatorische Betreu­
ungsvereinbarungen, bevor sie selbst Promotionen
durchführen dürfen. Für universitäre Fakultäten gibt
es keinerlei solche Regeln.
Die uni­Rektoren sind nicht bereit, Zugeständnisse
zu machen. Für sie geht es ums Prinzip. Die Profile
der Hochschularten würden verwischt, warnen sie.
statt dass die Fachhochschulen zu schwächeren uni­
Kopien werden, sollten sie lieber das Profil schärfen,
das ihnen historisch zugedacht war: als akademische
Ausbildungsstätte mit hohem Praxisbezug.
Doch die HAWs wollen das Promotionsrecht vor
allem in den Fächern ausüben, die unis gar nicht an­
bieten. und die Forschung an den HAWs – die auch
die themen der Dissertationen bestimmen würde –
ist ohnehin anders ausgerichtet: viel näher an der An­


wendung, während die universitäten vor allem die
grundlagen neuen Wissens erschließen sollen.
Wirklich verständlich wird dieser auf beiden seiten
trotzig anmutende streit erst, wenn man ihn von einer
ganz anderen Perspektive aus betrachtet. Denn weder
den HAWs noch den universitäten geht es einzig um
das Wohl der Wissenschaft von morgen. sie kämpfen
um ihren status – und um geld.
Angewandte, wirtschaftsnahe Forschung ist zurzeit
en vogue. Wissenschaftspolitiker fordern bei jeder
gelegenheit mehr »transfer« von der Wissenschaft,
soll heißen: sie soll ihre Erkenntnisse zum Nutzen der
gesellschaft verfügbar machen. Die HAWs sind auf
diesen Zug erfolgreich aufgesprungen. sie sind wen­

dig, haben im Kontakt mit Industrie und Wirtschaft
keine Berühungsängste. Die universitäten tun sich
deutlich schwerer, ihre theorielastige grundlagen­
forschung unters Volk zu bringen.
Das macht die HAWs selbstbewusst – und führt zu
einer weiteren Forderung: Der Absenkung des Lehr­
deputats. Derzeit liegt das Norm­Pensum von uni­Pro­
fessoren bei neun semesterwochenstunden – während
die HAW­Profs 18 stunden unterrichten müssen. Eine
Betreuung von Doktoranden ist so kaum zu leisten.
Am Ende ist es also eine einfache Rechnung: Je mehr
geld an die HAWs geht, damit sie sich statt der Lehre
auch der Forschung zuwenden, desto mehr geld brau­
chen sie auch für weiteres Lehrpersonal. solange der zu
verteilende Kuchen jedoch gleich groß bleibt, bleibt der
streit. Denn auch uni­Rektoren können rechnen.

Wachstumsschmerzen


Weniger Hörsaal, mehr
Praxis – zum Beispiel
im Studiengang
Integriertes Design an
der Hochschule
für Künste Bremen

Lange galten die Fachhochschulen als kleine schwestern der
universitäten. Jetzt aber wollen sie mehr VON JAN-MARTIN WIARDA

Wie viel geld braucht die anwendungsorientierte Forschung wirklich?
Fragen an die Hochschulpräsidentin Muriel Helbig

Muriel Helbig, 44,
ist Präsidentin
der TH Lübeck

Fotos: Lukas Klose; TH Lübeck (r.)
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