Die Zeit - 01.08.2019

(Kiana) #1

POLITIK 7


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Eine Parteivorsitzende wurde eingeladen; nun kommt auch eine Verteidigungsministerin. Annegret
Kramp-Karrenbauer ist Gast der nächsten ZEIT Matinee – 39 Tage nach ihrem überraschenden Einzug
ins Kabinett. Sie wollte eigentlich gar nicht Ministerin werden, weil sie als knapp gewählte Bundesvorsit-
zende der CDU genug damit zu tun habe, in ihrer Partei für Stabilität und ein neues Grundsatzprogramm
zu sorgen. An diesem Auftrag will die neue Ministerin auch nicht rütteln. Nur dass sie nun zusätzlich
noch eine Armee aus dem Reformstau führen soll. »Ich schaffe das«, hat sie zwar nicht gesagt, sich aber
genau das vorgenommen.
Annegret Kramp-Karrenbauer spricht mit ZEIT-Herausgeber Josef Joffe und ZEIT-Redakteur Roman Pletter.
Ort: Audimax der Universität Hamburg, Von-Melle-Park 4, 20146 Hamburg
Beginn: 10.30 Uhr | Eintritt: 12 € / ermäßigt 9 €

Karten und Informationen unter: http://www.zeit.de/veranstaltungen
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Josef Joffe A. Kramp-Karrenbauer Roman Pletter

Eine Veranstaltung von:


  1. AUGUST 2019 · HAMBURG


ANNEGRET


KRAMP-KARRENBAUER


IM GESPRACH


ZEIT MATINEE


Fotos v. l. n. r.: © Vera Tammen, CDU /Laurence Chaperon, Maximilian Probst. Anbieter: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, Hamburg

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  1. August 2019 DIE ZEIT No 32


Was...


D


ie türkische Regierung betont gern, sie
habe 3,5 Millionen syrische Flüchtlinge
aufgenommen, mehr als jedes andere
Land. Dagegen sagt die türkische Regie­
rung nicht so gern, dass sie syrische Flüchtlinge in
Kriegsgebiete in syrien abschiebt. Was haben die
türken auf einmal gegen die syrer?
Die türkische Polizei durchkämmt Betriebe und
Plätze auf der suche nach syrern, die nicht als Flücht­
linge in der jeweiligen stadt registriert sind. gegenüber
Human Rights Watch gaben mehrere syrer an, sie seien
aufgegriffen und gezwungen worden, ein Papier über
ihre freiwillige Rückkehr zu unterzeichnen. Dann habe


man sie in Bussen über die grenze gebracht. Vor allem
in Istanbul leben viele syrer, die nicht in der Metropole
angemeldet sind. Mehrere Hundert von ihnen seien
mittlerweile in die syrische Region Idlib zurückgeschickt
worden, sagen syrische Aktivisten in der türkei. Idlib
aber wird von syrischen und russischen Kampfflugzeu­
gen bombardiert, es herrscht Krieg.
Die harte Wende in der türkischen Flüchtlings­
politik hat vor allem einen grund: die Wirtschaft. sie
schrumpft, während das Land unter 16 Prozent In­
flation, hohen Zinsen und dramatischer Arbeitslosig­
keit leidet. Längst ist die Depression im Alltag ange­
kommen. Viele türken finden, dass es nichts mehr

an Flüchtlinge zu verteilen gibt. Eine Mehrheit hält
wenig von der humanitären Pflicht, syrer aufzuneh­
men. und darauf reagieren jetzt die Politiker.
sie machen sich zunutze, dass die Flüchtlinge in
der türkei nur zeitweilig als »gäste« registriert sind,
wie Präsident Erdoğan betont. sein Innenminister
sagt, dass die türkei syrern helfe, die freiwillig nach
syrien zurückgehen wollten, »in sichere gebiete«.
genau das aber ist Idlib, wo jetzt Flüchtlinge ange­
kommen sind, nicht.
Doch solche Argumente dringen kaum noch
durch. In der türkei kippt die stimmung. Im Fern­
sehen wird darüber gelästert, dass syrer für den urlaub

in ihre Heimat zurückkehren und zum Arbeiten nach
Istanbul kommen. Die säkular­kemalistische Opposi­
tion verstärkt diese stimmung. Der im Juni gewählte
Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoğlu, be­
klagt, dass die syrer den türken Arbeit wegnehmen
würden. Die Abschiebung von syrern aus Istanbul sei
notwendig. »Wir müssen die Interessen unseres Volkes
schützen«, sagt der Held der türkischen Opposition.
Damit ergibt sich für die Eu, die seit dem Flücht­
lingsabkommen von 2016 mit der türkei zusammen­
arbeitet, eine neue Lage. Die türkei hört auf, ein siche­
res Drittland zu sein, in das man bedenkenlos Flücht­
linge zurückschicken kann. MICHAEL THUMANN

... wollen die Deutschen in der Iran-Krise für die Amerikaner tun?


... haben die Türken plötzlich gegen Syrer?


A


uf diese Frage gibt es eine militärische
und eine politische Antwort. Militärisch
gesehen, könnte die Bundeswehr dem
offiziellen Wunsch der usA nachkom­
men und sich an der sicherung des
Handelsverkehrs in der straße von Hormus beteili­
gen. Für eine Armee, die im Ruf steht, dass ihre
schiffe selten schwimmen, ihre Flugzeuge kaum flie­
gen und ihre schnellfeuergewehre selten treffen kön­
nen, ist das keine selbstverständlichkeit.
Für einen sogenannten robusten Einsatz, der Waf­
fengewalt nicht ausschließt, müsste nur eine Fregatte
aus dem Nato­Einsatz in der Ägäis (sNMg2) sowie eine
kleinere Korvette aus der uN­Operation vor der Küste
des Libanon (unifil) vorübergehend abgezogen und zu­
sammen mit einem Versorgungsschiff in den golf be­
ordert werden. Bei einem soften Einsatz, bei dem die
Bundeswehr vorwiegend logistische unterstützung
leisten würde, wäre eines jener seefernaufklärungs­
flugzeuge gefragt, die etwa für den Anti­Piraten­Kampf
am Horn von Afrika (Atalanta­Mission) Informationen
über schiffsbewegungen auf offener see beschaffen.


Die politische Antwort ist etwas schwieriger. In
den vergangenen Wochen kam es in der straße von
Hormus immer wieder zu Angriffen auf tanker, zu­
letzt setzten iranische streitkräfte ein briti­
sches schiff fest. Nach diesem Vorfall
regte die britische Regierung eine rein
europäische Mission zur sicherung
der seewege an. Der neue Premier
Boris Johnson, glühender Brexit­
Befürworter und überzeugter
Eu­skeptiker, rückte allerdings
zu Wochenbeginn von diesem
Plan ab und suchte die Nähe der
usA. Johnson, so wird in der
Bundesregierung vermutet, wollte
sich wohl nicht schon an seinem drit­
ten tag im Amt mit dem Beweis kon­
frontiert sehen, wie wichtig Europa für sein
Brexit­großbritannien nach wie vor ist. Nun geht es
um die Beteiligung Deutschlands, Frankreichs und
großbritanniens an dem in den usA erwogenen
Einsatz »sentinel« (Wächter).

Damit rückt ein Kommando der Bundeswehr am
golf in weite Ferne. Der ursprüngliche Wunsch der
Briten war in der Bundesregierung bereits umstritten.
CDu und Csu zeigten sich umgehend bereit,
sich einer rein europäischen Mission an­
zuschließen. Als wirtschaftlich stärkste
Kraft in Europa könne man nicht
außen vor bleiben, wenn es darum
geht, für Europa wichtige Handels­
wege zu sichern, wurde argumen­
tiert. Die sPD zeigte sich zwar
skeptisch, schloss eine Beteiligung
aber nicht gänzlich aus.
Nach Johnsons transatlanti­
scher Wende ist es mit dem unge­
fähren vorbei. »Nicht mit trump«,
schallt es nun aus den Reihen der ge­
nossen. so warnt etwa Nils schmid, außen­
politischer sprecher der Bundestagsfraktion, vor der
»militärischen Eskalationslogik« der us­Regierung.
Eine Beteiligung der Bundeswehr habe nur sinn,
wenn der Abstand zu dem »sehr robusten Vorgehen

der usA« gewahrt bleibe. In einer gemeinsamen
Operation sei das aber nicht möglich. »Da ist man
plötzlich aufseiten der Amerikaner in einem Krieg
mit dem Iran«, sagte schmid. Eindeutig hat sich auch
das Auswärtige Amt geäußert: »Zu einer us­geführ­
ten schutzmission hat die Bundesregierung keinen
Beitrag in Aussicht gestellt«, hieß es aus dem Haus
des sozialdemokraten Heiko Maas.
Auch die union äußerte sich deutlich zurückhal­
tender zu der us­Anfrage als zuvor zu dem Wunsch
der Briten. Zwar betonte unions­Fraktionsvize Jo­
hann Wadephul, dass die Freiheit der seefahrt »für ein
global so vernetztes und wirtschaftlich starkes Land
wie Deutschland lebenswichtig« sei. Den Wunsch der
usA nach deutscher Beteiligung ignorierte er aber. Er
hatte eine andere Botschaft parat: »großbritannien
muss klar Farbe bekennen, ob es eine europäische
Mission anstrebt.« Ein anderer unions poli ti ker, der
nicht genannt werden möchte, wird noch deut licher.
»Wir setzen auf Deeskalation. Das heißt: An einer
Operation unter us­Führung werden wir uns daher
nicht beteiligen.« PETER DAUSEND

Eine Fregatte und zwei
Korvetten der Bundesmarine.
Die Schiffe werden bei
internationalen Manövern etwa im
Mittelmeer eingesetzt

K ATAR

K U WA I T

IRAK IRAN

SAUDI
AR ABIEN

VEREINIGTE
AR ABISCHE
EMIR ATE

JEMEN
500 km

Persischer
Golf

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Persischer
Golf

Korrekturen


Der in dem Artikel »Er ist
nie frei« von Angela Köckritz
(ZEIT Nr. 30/19) erwähnte
Elimane Kane ist nicht
Landesdirektor, sondern
Mitarbeiter der in Oxford
gegründeten internationalen
Organisation Oxfam.
Die glosse »Prominent
ignoriert« (ZEIT Nr. 31/19),
illustriert mit den badenden
Kindern am strand von
Fukushima, war insofern
missverständlich formuliert,
als man annehmen konnte,
die Angaben über die Zahl
der todesopfer und der
Evakuierten bezögen sich
auf die Havarie des
Kernkraftwerks. sie bezogen
sich jedoch auf das tohoku­
Erdbeben vom März 2011,
in dessen Folge der Meiler
schwer beschädigt wurde.
Wir bitten, die Fehler zu
entschuldigen. DZ

Foto: Focke Strangmann/ddp
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