FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen DONNERSTAG, 8. AUGUST 2019·NR. 182·SEITE 25
D
iealten Rekorde aus dem Jahr 2016
hat die Bundesanleihe mit zehn Jah-
ren Laufzeit längst eingestellt. Im Augen-
blick eilt die Rendite von einem Tief-
stand zum nächsten. Bei minus 0,61 Pro-
zent notierte sie am Mittwoch, so tief wie
noch nie. Seit einigen Wochen ist auch
die Rendite von Frankreichs zehnjähri-
ger Staatsanleihe ins Minus gerutscht,
wie nun auch die der irischen. Im negati-
ven Bereich finden sich zudem zum Bei-
spiel die Niederlande, Schweden und Dä-
nemark, die Schweiz oder Japan.
Mittlerweile sei es in der Eurozone
leichter, die zehnjährigen Staatsanleihen
zu nennen, die noch eine positive Rendite
hätten, sagt Ulrich Stephan, Chefanlage-
stratege der Deutschen Bank für Privat-
und Firmenkunden. Unter den Zehnjähri-
gen seien dies nur noch Spanien, Portu-
gal, Zypern, Italien und Griechenland. In
Estland, Litauen, Malta und Luxemburg
seien die Anleihen zu klein, um als Ver-
gleichsmaßstab („Benchmark“) zu gel-
ten. Im Vergleich dazu: Im Jahr 2016, als
die Anleiherenditen schon einmal sehr
tief waren, hatten aus der Eurozone nur
Deutschland, die Niederlande, Österreich
und Finnland negative Renditen.
„Nahezu alle deutschen Anleihen mit
einem Marktwert von 1,3 Billionen Euro
haben mittlerweile eine negative Rendi-
te“, sagt Peter Barkow von der Unterneh-
mensberatung Barkow Consulting. Es
gebe noch eine Anleihe, die technisch
eine positive Rendite aufweise. „Hierbei
handelt es sich aber nur um einen Zeit-
verzögerungseffekt aus der Inflationsin-
dexierung der Anleihe, so dass sie effek-
tiv auch eine negative Rendite aufweist“,
sagt Barkow. Auch die Renditen der An-
leihen einiger Immobilienunternehmen
pendelten nun um den Nullpunkt.
Das Reich der Negativrenditen wird da-
bei immer größer. Mehr als 25 Prozent al-
ler ausstehenden Staats- und Unterneh-
mensanleihen aus aller Welt handelten
im Augenblick schon zu negativen Rendi-
ten, sagt Konstantin Veit, Anleihefach-
mann der Anlagegesellschaft Pimco. Das
bedeute derzeit rund 14 Billionen Dollar
an Marktwert. Nehme man die Dollar-
Anleihen aus dem globalen Investment-
Grade-Index aus, so handeln derzeit
deutlich mehr als 40 Prozent der globa-
len Rentenmärkte außerhalb der Verei-
nigten Staaten mit negativen Renditen.
Auch unter den Unternehmensanlei-
hen seien negative Renditen schon länger
keine Ausnahme mehr, sagt Anlagefach-
mann Stephan. Im Euro-Unternehmens-
anleihen-Index der Bank of America sei-
en mehr als 2700 Anleihen aufgeführt –
davon gut 1000 mit negativer Rendite. Be-
rücksichtige man die Gewichtung der An-
leihen im Index, dann hätten sogar rund
40 Prozent eine negative Rendite. „Ganz
vorne dabei sind staatsnahe Betriebe wie
die Deutsche Bahn und die französische
Bahn SNCF – beide haben Anleihen, die
unter minus 0,5 Prozent rentieren“, sagt
Stephan. Die französische Bahn habe so-
gar eine Anleihe mit negativer Rendite
und einer stolzen Restlaufzeit von rund
9,5 Jahren. „Es geht aber auch noch län-
ger“, sagt Stephan: „Nestlé hat in Schwei-
zer Franken eine Anleihe mit 13 Jahren
Restlaufzeit ausstehen, die im Augen-
blick negativ rentiert.“ sibi.
ikop.FRANKFURT, 7. August. Deut-
sche Biotechunternehmen hinken ihren
amerikanischen Pendants oftmals hinter-
her. Das gilt sowohl mit Blick auf die
schiere Anzahl an Unternehmen als auch
auf ihre Größe und nicht zuletzt ihre Fi-
nanzierung. Die Vereinigten Staaten sind
für eine starke Venture-Capital-Szene be-
kannt. Dort haben etablierte Biotech-
Konzerne wieBiogen, AmgenoderCelge-
neihren Sitz. Dennoch gibt es auch hier-
zulande einige Unternehmen, die zuletzt
positive Ergebnisse parat hatten und ihre
Anleger an der Börse erfreut haben.
Das BiotechunternehmenMorphosys
aus Planegg nahe München zählt dazu. In
einer Sparte entwickelt es neue Arzneien
als Partner für Pharmakonzerne, die
dann für bestimmte Entwicklungsschritte
sogenannte Meilensteinzahlungen leis-
ten. In der zweiten Sparte forscht es an ei-
genen Wirkstoffkandidaten. Im Jahr 1992
gegründet, ist es eines der ältesten Unter-
nehmen aus der hiesigen Branche. Mit
den Quartalszahlen hat das im M- und
Tec-Dax sowie an der amerikanischen
Nasdaq gelistete Unternehmen am spä-
ten Dienstagabend auch mitgeteilt, dass
der Antikörper gegen Blutkrebs MOR
208 unter dem Markennamen Tafasita-
mab bei der europäischen Behörde EMA
zur Zulassung eingereicht werden wird.
MOR 208 ist der erste Wirkstoff aus den
eigenen Laboren, den das Unternehmen
bis zur Zulassung selbst entwickelt hat
und auf den Markt bringen will. JP-Mor-
gan-Analyst James Gordon wertete diese
Nachricht als positive Überraschung. Da-
mit werde eine wesentliche Unsicherheit
aus dem Weg geräumt, welche die Kurs-
entwicklung zuletzt gehemmt habe,
schrieb er am Mittwoch.
Den scheidenden Vorstandschef und
Mitgründer Simon Moroney dürfte das
freuen, hatte er das Unternehmen doch
immerhin seit knapp drei Jahrzehnten ge-
führt. Auch die Ergebnisse für das zweite
Quartal stimmten positiv. Eine Meilen-
steinzahlung des britischen Pharmakon-
zernsGlaxo-Smith-Klinein Höhe von 22
Millionen Euro hatte den Umsatz in die-
sem Zeitraum von 8,1 Millionen auf 34,7
Millionen Euro erhöht. Operativ machte
Morphosys mit 5,7 Millionen Euro einen
deutlich geringeren Verlust als noch im
Vorjahreszeitraum mit 24,1 Millionen
Euro. Viele Biotechunternehmen arbei-
ten nicht profitabel, da sie hohe For-
schungsausgaben leisten. Anleger zeigten
sich von den neuen Nachrichten über-
zeugt. Der Aktienkurs stieg denn auch
am Mittwoch in der Spitze um rund 8,5
Prozent auf 112,80 Euro. Vor fünf Jahren
lag der Kurs noch bei rund 65 Euro – ein
Anstieg um rund drei Viertel.
Der WirkstoffforscherEvotecaus Ham-
burg ist in der Branche sozusagen ein
Leuchtturm, denn das Unternehmen ar-
beitet seit einiger Zeit profitabel. Der
M-Dax-Konzern wird am kommenden
Mittwoch Quartalszahlen vorlegen. Zu-
letzt hatten die Hamburger mit einigen
neuen Kooperationen auf sich aufmerk-
sam gemacht und den Aktienkurs getrie-
ben – wie mit dem Zukauf des Stammzell-
forschers Ncardia Mitte Juli.
Medigeneliegt nur einige Kilometer
von der Morphosys-Zentrale entfernt
und hat eine fast ebenso lange Geschich-
te vorzuweisen. Das Unternehmen entwi-
ckelt Krebsimmuntherapien auf Basis
gentechnisch veränderter Immunzellen.
Das sind Verfahren, die noch relativ neu
sind. Auf dem Markt sind erst wenige sol-
cher Medikamente zugelassen – darunter
eines von Novartis. Seit März ist Medige-
ne nicht mehr im S-Dax für ausgewählte
Aktien mit einer nur geringen Marktkapi-
talisierung enthalten. Im ersten Halbjahr
verzeichnete das Unternehmen einen um
47 Prozent höheren Umsatz von 4,9 Mil-
lionen Euro, vor allem bedingt durch Part-
nerschaften und Kooperationen. Dies teil-
te Medigene zur Vorlage der Halbjahres-
zahlen am Mittwoch mit. Zudem gab Vor-
standschefin Doris Schendel einige positi-
ve Ergebnisse aus klinischen Studien be-
kannt. Allerdings sind damit auch die For-
schungs- und Entwicklungsausgaben
planmäßig im ersten Halbjahr um 26 Pro-
zent auf rund 11 Millionen Euro gestie-
gen. Der operative Verlust (Ebitda) in die-
sem Zeitraum stieg um 77 Prozent – auch
bedingt durch einen negativen Sonderef-
fekt – auf 13,2 Millionen Euro.
Grundsätzlich ist die Biotech-Szene
aus Anlegerperspektive ein eher risikorei-
ches Investment, dauern die Forschungs-
und Entwicklungszyklen für einen neuen
Wirkstoff doch viele Jahre. Bis zuletzt
kann eine neue Arznei zudem floppen. In-
vestoren brauchen also einen langen
Atem. Aktienindizes, wie der Nasdaq Bio-
technology Index (NBI), der S&P Pharma-
ceuticals oder auch der Thomson Reuters
Europe Healthcare streuen jedoch das Ri-
siko – und haben allesamt im ersten Halb-
jahr Zuwächse erzielt.
Deutsche Biotechs zeigen positive Ergebnisse
Das Reich der Negativrenditen wird immer größer lerb.FRANKFURT, 7. August. Banken
drohen die junge Generation zu verlie-
ren. Das ist das Ergebnis einer repräsen-
tativen Online-Umfrage im Auftrag der
Unternehmensberatung Eurogroup Con-
sulting (EGC) unter 1000 deutschen
Bankkunden im Alter zwischen 16 und
38 Jahren. Den Ergebnissen zufolge zei-
gen sich mehr als 40 Prozent der 16 bis
24 Jahre alten Befragten mit dem Service
ihrer Bank unzufrieden. Jeder zweite Be-
fragte gibt an, ein neutrales, distanzier-
tes oder misstrauisches Verhältnis zu sei-
ner Bank zu haben. Auch 45 Prozent der
Bankkunden im Alter von 25 bis 38 Jah-
ren erklären das. „Insgesamt ist die Unzu-
friedenheit der jungen Kunden hoch.
Steuern die Banken nicht gegen, gefähr-
den sie ihre Zukunft“, sagte Michael
Matt, Partner von EGC.
Setzen die Banken ausschließlich auf
digitale Dienstleistungen, wird die Unzu-
friedenheit wohl nicht sinken. Denn viele
junge Kunden wollen auch persönlich be-
raten werden: 43 Prozent der 16 bis 24
Jahre alten Kunden wickeln ihre Bankge-
schäfte am liebsten in der Filiale ab. Die
Befragten erwarten vor allem gute Öff-
nungszeiten, reibungslosen Service und
respektvoll betreut zu werden. „Sie wol-
len von den Bankmitarbeitern ernst ge-
nommen und nicht als Kunden zweiter
oder dritter Klasse behandelt werden,
weil sie zum jetzigen Zeitpunkt noch kein
großes Vermögen haben“, sagte Matt.
Darüber hinaus zeigt die Studie Gren-
zen der Digitalisierung auf. Mehr als 60
Prozent der Befragten wollen ihre Daten
nicht im Tausch gegen Prämien offenle-
gen. Darüber hinaus sind sie gegenüber
intelligenten Sprachassistenten und digi-
talen Anlageberatern, sogenannten
Robo Adivsors, negativ eingestellt. Rund
70 Prozent erklären, zum Beispiel die As-
sistenten Siri oder Alexa nicht für Über-
weisungen und Robo Advisor nicht zur
Anlageberatung nutzen zu wollen.
Finanzen
Medigene
Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß
Monatsschlusskurse Xetra
7.8.: Tagesverlauf
ISIN DE000A1X3W00
3
6
9
12
15
18
31.7.2014 7.8.2019
in Euro
Morphosys
Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß
Monatsschlusskurse Xetra
7.8.: Tagesverlauf
ISIN DE0006632003
20
40
60
80
100
120
31.7.2014 7.8.2019
in Euro
Junge Bankkunden sind
unzufrieden
NEUE ANLEIHEN
Internationale Neuemissionen
Emittent ISIN
Betrag Zinsen
(%) Fälligkeit
Ausgabe-
kurs (%) Rating^1
Mindest-
WährungMio. anlagein Tsd.
Berlin Hyp DE000BHY0BR2 Euro 200 0,010 08/22 – –/– 100
Niedersachsen DE000A2YPE01 Euro 750 0,000 02/22 – –/– 1
Bremen DE000A2YNXB7 Euro 750 0,000 02/20 – –/– 1
MünchenerHyp DE000MHB61E7 Euro 400² 0,500 06/26 99,8 A2/– 100
RLB OberösterreichAT0000A296U4 Euro 50 EU+0,55 09/26 100,6 –/– 10
Frankfurter VobaDE000A2YPER8 Euro 5 0,050 08/29 99,9 –/– 1
Helaba DE000HLB35P9 Euro 100 0,500 09/29 100,0 –/– 1
SNCF Réseau XS2040213253 Euro 150 1,125 05/30 – –/– 100
McLaren USG5956FAA06 Dollar 100 5,750 08/22 100,0 –/B 200
UBS USH42097AZ05 Dollar 1500 3,126 08/30 100,0 /A– 200
Großbritannien GB00BFWPP71 Pfund 8516,5² 1,750 01/49 – –/– –
Bank Julius Bär CH0491905045 Pfund 18,3 0,280 09/19 100,0 –/– 100
Nordea Bank N00010860299 NOK 550 NIB+0,44 08/23 100,0 –/– 2000
KfW XS1489186947 NOK 5500² 1,000 10/21 100,1 Aaa/AAA 10
Emirates NBD XS2039705012 Yuan 200 4,116 08/29 100,0 –/– 800
1)Bewertung der Bonität durch die Agenturen Moody’s (links) und Standard & Poor’s (rechts). 2) Aufstockung. EU = 3-Monats-Euribor (derzeit rund –0,389 Prozent).
NIB = 3-Monats-Nibor norwegischer Interbankenzins, derzeit rund 1,62 Prozent). Quelle: Bloomberg
Die größten Unternehmen
sindin den Vereinigten
Staaten beheimatet.
Wichtigster Handelsplatz ist
die amerikanische Nasdaq.
Doch auch deutsche Anbieter
machen von sich reden.
Mit geübter Hand:In den Laboren der Biotech-Unternehmen wird viel geforscht. Foto Morphosys
Dank an Dr. Udo Di Fabio, der in einem
weitsichtigen Beitrag über „Die Ver-
wandlung der westlichen Demokratien“
(F.A.Z. vom 22. Juli) die Dramatik der
aktuellen Politik in Europa mit dem
Satz zusammenfasst: „Die Zeit, um von-
einander zu lernen, wird allmählich
knapp.“
Recht hat er, aber gibt es in Deutsch-
land und Europa noch Politiker, die
ebenso denken und sich auch trauen,
dies auszusprechen, ohne zugleich die
eigene Position als alternativlos heraus-
zustellen? Spätestens mit der nächsten
Finanz- und Wirtschaftskrise, und dies
ist keine Frage des „ob“, sondern ledig-
lich eine Frage des „wann“, werden die
Sonntagsreden der Politiker, die auf
eine gemeinsame Lösung der Euro-,
Banken-, Verschuldungs-, Klima- und
Migrationskrise drängen, wie Staub zer-
fallen und eine noch tiefere Spaltung
Europas bewirken.
Di Fabio diagnostiziert die europäi-
sche Spaltung „entlang der Bruchlinien
soziokultureller Identitätsangebote“.
Konkret benennt er die Idee der natio-
nalen Staatsräson, ihre Überführung in
eine europäische Unionsräson sowie
ein neues, kosmopolitisches Identitäts-
angebot auf Basis eines Lebensgefühls
mit humanem und ökologischem Impe-
rativ. Da sich ein nicht auf Vernunft,
sondern auf Emotionen und Stimmun-
gen basierender Ansatz ohne Pro-
grammatik ohnehin über die Zeit ent-
zaubert, verbleiben die beiden erstge-
nannten Identitätsangebote als realisti-
sche Alternativen.
Verantwortungsvolle, weitblickende
und konsensfähige Demokraten sollten
in der Lage sein, einen notwendigen
Teil der nationalen Staatsräson unter
Berücksichtigung der Subsidiarität auf
Europa zu übertragen und eine Auf-
rechterhaltung des ohnehin von den
meisten europäischen Staatsvölkern fa-
vorisierten Nationalstaates, allerdings
ohne Nationalismus, anstreben.
Dazu müsste Europa wieder auf die
Füße gestellt werden. Kulturaustausch,
Erasmus-Studiengänge, Interrail-Ti-
ckets, Städtepartnerschaften und die
Wiederaufnahme des Erlernens euro-
päischer Sprachen sind nur einige Bei-
spiele, die in weitaus stärkerem Maße
Völker verbinden als eine gemeinsame
Arbeitslosenversicherung oder eine ge-
meinschaftliche Bankenhaftung.
MICHAEL HALLACKER, BERLIN
Zuerst einmal Dank, dass die F.A.Z. ihre Le-
ser immer wieder auch mit Fragen der Kir-
che, des christlichen Glaubens, ja der Reli-
gion konfrontiert und damit zum Nachden-
ken anregt.
Die Leserbriefe angesichts der Kirchen-
austritte (F.A.Z. vom 3. August) zeugen
von entsprechenden Reflexionen.
Dabei steht im Hintergrund mancher
Beiträge wohl auch die Frage, wer denn zur
Kirche gehört, noch gehört, auch wenn er
ausgetreten ist. Nun, zur Kirche gehört laut
Neuem Testament, wer bereit ist, als Ge-
taufter/Getaufte Zeugnis für Person und
Botschaft Jesu zu geben.
Was heißt das? Wie Jesus im Sinne sei-
ner Botschaft vom Reiche Gottes für eine
menschlichere Welt einzutreten: für Ge-
rechtigkeit, Frieden, Wahrung der Schöp-
fung. Es beinhaltet in Orientierung an
Kreuz und Auferstehung Jesu, auch ange-
sichts erfahrener schlimmer Schicksale das
Vertrauen auf Gott und das Gute im Leben
nicht zu verlieren und gerade auch ange-
sichts des unweigerlichen Todes im Blick
auf Jesu Auferstehung Hoffnung für ein
Weiterleben über diese Todesgrenze hin-
aus zu erhalten. Ist eine solche Zeugen-
schaft angesichts existentieller Befindlich-
keiten und weltlicher Zustände nicht eine
dringend notwendige gute, das Leben hier
und jetzt anregende Nachricht? Und könn-
te nicht einmal ein Konzil kommen, das
pastoral und theologisch fundiert der Frage
nachgeht, wer denn eigentlich zur Kirche
gehört, auch wenn er formell ausgetreten
ist?
HARALD WEIS, WÜRZBURG
Zu dem Artikel „Achleitner kauft Ak-
tien der Deutschen Bank“ von Markus
Frühauf in der F.A.Z. vom 3. August:
Die Philosophie von Paul Achleitner,
dem Aufsichtsratsvorsitzenden der
Deutschen Bank, kann nicht ganz über-
zeugen. Denn auch wenn es ein richti-
ges Zeichen ist, gerade in einer Krise sei-
nem eigenen Unternehmen gegenüber
Vertrauen zu erweisen, so kann ein Ak-
tienkauf noch kein glaubhaftes Zu-
kunftskonzept ersetzen wie zum Bei-
spiel nach dem Vorbild von „Digital
Leadership“, wo vor allem Führungs-
kräfte auf ihre Statussymbole verzich-
ten und stattdessen lieber gleichberech-
tigt mit normalen Beschäftigten in agi-
len Teams an kreativen neuen Lösungen
und Geschäftsmodellen zusammenarbei-
ten.
Deshalb erinnert die Deutsche Bank
leider derzeit mit ihren fehlenden Visio-
nen und stetigen Personalrochaden ein
wenig an die SPD oder sogar an den
HSV, wo ebenfalls bereits seit langem
keine klare Handschrift mehr erkennbar
ist!
RASMUS PH. HELT, HAMBURG
Zum Artikel „Geldgier und andere Machen-
schaften“ in der F.A.Z. vom 25. Juli: Wir
sind entsetzt über die Art und Weise, wie
sich hier eine angesehene Zeitung zum Ve-
hikel des Transports eines Sammelsuriums
von Gerüchten und Anschuldigungen ma-
chen lässt, die in Prag seit der Entlassung
des vormaligen Direktors der Tsche-
chischen Nationalgalerie, Jiři Fajt in ver-
schiedener Form öffentlich oder hinter vor-
gehaltener Hand vorgebracht wurden, um
diesen Schritt im Nachhinein plausibel und
begründet erscheinen zu lassen.
Für die Lesart der Ereignisse, dass die
verschiedenen und durch interne Untersu-
chungen bereits widerlegten Anschuldigun-
gen gegenüber Jiři Fajt in das Zentrum ei-
nes angeblichen tschechischen Korruptions-
skandals gestellt werden, die der Präsident
Milos Zeman aufgedeckt habe, mag die
Gastautorin individuelle Gründe haben. Es
bleibt aber unverständlich, wie die Redakti-
on der F.A.Z. einen solchen Beitrag unge-
prüft veröffentlichen konnte, zumal er in
sich unschlüssig ist. Manipulativ erscheinen
schon die vorverurteilenden Überschriften
„wegen Korruptionsvorwürfen entlassen“,
„Geführt von einem Fälscher“, „Jahrelang
Originale durch Kopien ersetzt“.
Die F.A.Z. hat bislang in einer für
Deutschland einmaligen Breite und Tiefe
über die Ereignisse aus dem östlichen Mit-
teleuropa und aus Osteuropa berichtet,
und konnte bisher als ein verlässlicher In-
formant gelten. Eine kritische und abwä-
gende Berichterstattung ist für den grenz-
überschreitenden Dialog die unabdingba-
re Voraussetzung. Es wäre nicht nur wün-
schenswert, sondern notwendig gewesen,
dass die Redaktion sich vor der Publikati-
on des Artikels näher mit der Angelegen-
heit befasst und Gegenmeinungen einge-
holt hätte. Durch diese Unterlassung wur-
de eine Person dem Rufmord ausgesetzt,
die wir seit langem als herausragenden
und tadellosen Wissenschaftler kennen.
Die internationale Sichtbarkeit der Prager
Nationalgalerie hat Jiři Fajt deutlich er-
höht und mit zahlreichen, sehr gut aufge-
nommenen Ausstellungen auf wichtige
Themen aufmerksam gemacht.
JEFFREY F. HAMBURGER, KUNO FRANCKE
PROFESSOR OF GERMAN ART & CULTURE,
HARVARD UNIVERSITY
EVA SCHLOTHEUBER, PROFESSORIN FÜR
MITTELALTERLICHE GESCHICHTE AN DER HHU
DÜSSELDORF
Zu dem Artikel von Gastautorin Noemi
Smolik „Geldgier und andere Machen-
schaften“ (F.A.Z. vom 25. Juli) zu den an-
geblichen Hintergründen der Entlassung
des Direktors der Prager Nationalgalerie
Jiří Fajt habe ich mich sehr gewundert.
Zum einen werden dort Verträge erwähnt,
mit denen Fajt für Leistungen außerhalb
seiner Arbeitszeit Vergütungen erhalten
habe. Diese Verträge wurden von Fajt in-
zwischen längst in tschechischen Inter-
views begründet. Sollte etwas Illegales dar-
an sein, so mögen Gerichte entscheiden;
aber eine Klage getraut man sich wohl
nicht, da sonst zu vieles in Regierung und
Präsidentenpalast hochkäme. Zum ande-
ren bezieht sich fast die Hälfte des Artikels
auf Jan Třeštík, ein Vorstandsmitglied der
Stiftung Richard Fuxa und Prager Galerist,
und dessen „Machenschaften“. Was der
mit Fajt zu tun hat, wird nur mit der Formu-
lierung „Fajts ständiger Begleiter“ viel-
und nichtssagend angedeutet, besser: insi-
nuiert.
Zum dritten und vor allem fällt auf, dass
der ganze Artikel von solchen Insinuatio-
nen, unterstellten Zusammenhängen und
rhetorischen Fragen strotzt. Ein solcher
„Journalismus“ würde mich in mancher
tschechischen Zeitung nicht wundern, in
der F.A.Z. sehr wohl. Da ist es ja auch
nicht verwunderlich, dass der angegriffene
ehemalige Generaldirektor überhaupt
nicht zu Wort kommt, weder direkt noch
indirekt, obwohl er schon vor Monaten in
Interviews mehrere Stellungnahmen zur
Sache seiner Entlassung abgegeben hat –
auch zur Feindschaft des Präsidenten Ze-
man gegen ihn seit dessen Präsident-
schaftswahlkampf, in dem Fajt öffentlich
auf der Seite des Konkurrenten Schwarzen-
berg gestanden hatte.
Stutzig macht schließlich die Äußerung
der Autorin: „Sicher ist nur, dass der sozial-
demokratische Kulturminister Staněk auf
Druck seinen Posten aufgeben will, was je-
doch Präsident Zeman aus Angst, der Fall
Fajt könnte vertuscht werden, nicht akzep-
tieren will.“ Staněks Entlassung ist doch
längst gelaufen! Wird hier ein alter Artikel
abgedruckt? Und: Was sollte durch die De-
mission des Ministers „vertuscht“ werden?
Wahrscheinlich Präsident Zemans „Ma-
chenschaften“.
PROFESSOR DR. WINFRIED EBERHARD,
LEIPZIG
Briefe an die Herausgeber
Unterstellte Zusammenhänge
Dem Rufmord ausgesetzt
Die Völker verbinden
Wer gehört zur Kirche?
Deutsche Bank erinnert an die SPD
X
Von den vielen Zuschriften,die uns täglich erreichen
und die uns wertvolle Anregungen für unsere Arbeit
geben, können wir nur einen kleinen Teil veröffent-
lichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie Kritik
oder Zustimmung enthalten. Oft müssen wir kürzen,
denn möglichst viele Leser sollen zu Wort kommen.
Wir lesen alle Briefe sorgfältig und beachten sie, auch
wenn wir sie nicht beantworten können.