Nicola Sturgeon
Einspruch aus Edinburgh
M
eist ist die schottische Regierungs-
chefin im Business-Kostüm unter-
wegs. Kürzlich aber zeigte sich Ni-
cola Sturgeon mit Wikingerhelm und
-schild. „Ich bin bereit, Premierminister“,
schrieb sie zu dem Foto, auf dem sie la-
chend eine Wikingeraxt schwingt. Es war
ein Scherz – aber in der Botschaft an Boris
Johnson steckt ein Körnchen Wahrheit.
Die zierliche Regierungschefin Schott-
lands war noch nie ein Fan des Brexit-En-
thusiasten Johnson, und zwar aus gutem
Grund: Die Schotten haben sich, im Gegen-
satz zu den Engländern, mit einer klaren
Mehrheit für den Verbleib in der EU ausge-
sprochen. Die 49-Jährige selbst ist davon
überzeugt, dass der Kontinent und die Insel
zusammengehören. Das sagte sie so unver-
blümt wohl jetzt auch dem neuen Premier
bei seinem Antrittsbesuch in Edinburgh.
Kaum war er wieder abgereist, warnte Stur-
geon, dass Johnson wohl mit voller Absicht
einen No-Deal-Brexit herbeiführen wolle,
„ganz gleich, was er sagt“. Das wäre „sehr
gefährlich für Schottland und wohl auch für
das ganze Vereinigte Königreich“.
Dass in London ein Hardliner die Regie-
rungsgeschäfte führt, dürfte der Schottin al-
lerdings auch eine strategische Chance bie-
ten. Schließlich will sie wieder ein Unabhän-
gigkeitsreferendum abhalten, seit Jahren
schon trommelt sie für „indyref2“. Johnsons
Auftreten stößt in Schottland vielfach auf
Befremden, das könnte ihrer Partei, den
schottischen Nationalisten der SNP, weiter
Auftrieb verleihen.
Johnson weiß, dass ein Brexit die Einheit
des Vereinigten Königreichs gefährden wür-
de. In seiner Antrittsrede versuchte er es
deshalb mit einer Charmeoffensive. Die vier
Regionen England, Schottland, Wales und
Nordirland umschmeichelte er als „die fan-
tastischen vier“. Doch Sturgeon lässt sich so
schnell nicht um den Finger wickeln. Für sie
ist der neue Premier eine „Horrorvorstel-
lung“, wie sie kurz vor dessen Ernennung
sagte. „Seine Karriere ist gepflastert mit vor-
sätzlichen Versuchen, bestimmte Menschen
unnötig herabzuwürdigen, um sich anderen
anzudienen.“ Kerstin Leitel
Nicola Sturgeon:
Anfang vom Ende
des Vereinigten
Königreichs?
AFP
In
Wirklichkeit
verfolgt er
einen
No-Deal-Brexit.
Nicola Sturgeon
Schottische
Regierungschefin
Peter Sanderson
Aufräumer von Blackrock
S
eine Berufung soll ein Neuanfang
sein: Der Brite Peter Sanderson über-
nimmt ab September die Leitung des
Schweizer Fondshauses GAM. Mit der Perso-
nalrochade will die Firma den Skandal um
einen Fondsmanager hinter sich lassen, der
viele Anleger vergrault hatte. Seit November
letzten Jahres leitet Verwaltungsrat David Ja-
cob das Tagesgeschäft von GAM, er soll im
Oktober Verwaltungsratschef werden.
GAM war vor einem Jahr in Turbulenzen
geraten, nachdem das Unternehmen über-
raschend einen Fondsmanager suspendiert
hatte. Er soll gegen interne Regeln versto-
ßen haben. Anleger reagierten geschockt –
und zogen massiv Kapital aus den Anlage -
vehikeln der Firma ab. Auch der Aktienkurs
von GAM fiel dramatisch. Inzwischen haben
die Anleger des betroffenen Fonds ihr Geld
zurückerhalten. Nun soll Sanderson es rich-
ten, was nicht einfach wird: Im ersten Halb-
jahr floss unterm Strich weiter Kapital aus
den Fonds ab. Die Firma machte mit ihren
860 Mitarbeitern nur einen Minigewinn von
zwei Millionen Franken.
Der Jurist Sanderson hatte beim Vermö-
gensverwaltungsriesen Blackrock zuletzt
das Finanzdienstberatungsgeschäft in Euro-
pa, dem Nahen Osten und Afrika verantwor-
tet. Er freue sich, zu GAM zu stoßen und die
Firma auf neues Wachstum auszurichten,
wird er zitiert. Die Aktionäre scheinen ihm
zu glauben – die Papiere des Konzerns leg-
ten am Dienstag kräftig zu. Michael Brächer
BusinessLounge
Gebildet: Spaniens Königin Letizia und Kultur-
minister José Guirao wandeln gemeinsam durch
die Räume der spanischen Nationalgalerie in
Madrid. Die 1712 gegründete Einrichtung ist mit
einem Bestand von 26 Millionen Büchern eine
der größten Bibliotheken der Welt.
Filmreif: Constantin-
Film-Chef Martin
Moszkowicz, Regis-
seurin Doris Dörrie
(r.) und ihre Tochter,
die Schauspielerin
Carla Weindler, se-
hen in München die
Premiere des Krimis
„Leberkaesjunkie“.
F F M s ( d C h P „
Maritim: Mecklenburg-Vorpommerns Minister-
präsidentin Manuela Schwesig (SPD) besucht in
Rostock Mitarbeiter des Kreuzfahrtunterneh-
mens Aida Cruises. Neben ihr steht Aida-Chef
Felix Eichhorn.
Maritim:Mecklenburg Vorpommerns Minister
Geduldig: ATP-Vorstand Christoph Achammer,
Flughafen-Geschäftsführer Engelbert Lütke Dal-
drup und Unternehmer Kurt Zech (v. l.) feiern ge-
meinsam Richtfest am Terminal 2 des neuen Ber-
liner Flughafen Berlin-Brandenburg (BER).
Geduldig:ATP VorstandChristophAchammer
imago images / Agencia EFE, DAVIDS/Tom Maelsa, German Select/Getty Images, obs
Die schottische Regierungschefin
zählt zu den schärfsten Kritikern
des neuen Premiers. Der ist für sie
schlicht eine „Horrorvorstellung“.
Der Manager aus London soll
dem angeschlagenen Schweizer
Fondshaus GAM zu mehr
Wachstum verhelfen.
Peter Sanderson:
Muss das Vertrau-
en der Anleger
wiederherstellen.
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Namen des Tages
MITTWOCH, 31. JULI 2019, NR. 145
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