Nürnberger Zeitung - 31.07.2019

(Greg DeLong) #1

Dass die Kaiserburg nach Jahrzehnten des Nichtstuns
endlich ausstellungstechnisch saniert wird, ist sicher-
lich zu loben, die NZ berichtete. Bayern hat mehr zu bie-
ten als nur die Schlösser von Ludwig II. Harald Poll-
mann, Steinmetz und einer der Väter des wiederaufge-
bauten Pellerhofs, geht aber mit etlichen Details der
Sanierung heftig ins Gericht. In der sogenannten Schwe-
denbastion ist ein Neubau zu sehen, „der es versteht,
mit größtmöglicher Brutalität einen kräftigen Akzent


gegen die historische Architektur zu setzen“, schreibt
Pollmann. Das Gebäude, in dem die Müllcontainer unter-
gebracht sind, passe vielleicht in eine Vorstadtsiedlung,
aber nicht auf die Burg. Ganz besonders kritisch geht er
mit den Erdgeschossfenstern des Kastellangebäudes
um. „Durch Einscheibenverglasung und Stahlumrah-
mung wurde erfolgreich versucht, die Anmutung einer
historischen Burg zu zerstören.“ Auch die Sandstein-
mauer vor dem Haus sei abgerissen worden. Pollmann

versteht nicht, warum die Harmonie der feinfühlig nach
dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebauten Burg mit
„zeitgeistschnittigen Architekturelementen“ zerstört
wird. Die Kaiserburg sei ein historisch anmutendes
Ensemble, wie es sonst nirgendwo in der Altstadt mehr
zu finden sei. Was meinen Sie? Ist das alles gar nicht so
schlimm, weil die Sanierung insgesamt gelungen ist,
oder fehlt es an Fingerspitzengefühl? Schreiben Sie uns
unter [email protected] fis

Von Julia Vogl


Sie galt als Favoritin und hat sich
jetzt auch durchgesetzt: Die
Grünen haben Stadträtin Britta
Walthelm als Kandidatin für die
Nachfolge von Peter Pluschke im
Referat für Umwelt und
Gesundheit auserkoren. Wird sie
vom Stadtrat gewählt, hat die
38-Jährige Großes vor.


Peter Pluschke muss aufhören – aus
Altersgründen. Deshalb muss sein
Posten als Referent für Umwelt und
Gesundheit im September neu
besetzt werden. Gewählt wird Plusch-
kes Nachfolger vom Stadtrat – den
Kandidaten dürfen die Grünen vor-
schlagen. 21 Bewerbungen haben sie
dafür gesichtet, vier Bewerber zum
Gespräch eingeladen. Die Wahl fiel
auf Britta Walthelm. „Ich bin über-
zeugt davon, dass sie mit der grünen
Brille auf Zukunftsthemen blicken
wird“, so Julia Borghoff, die Kreisvor-
sitzende der Grünen. Dass sich
Walthelm durchgesetzt hat, freut
auch Achim Mletzko ganz besonders.
„Ich bin stolz wie Oskar“, so der Frak-
tionsvorsitzende der Grünen im
Stadtrat.
Britta Walthelm lobt zunächst
ihren Vorgänger. In vielen Bereichen



  • Walthelm nennt unter anderem die
    Abfallwirtschaft, den Nachhaltig-


keitspreis, den man nicht umsonst
bekommen habe, und den Klimapakt


  • sei Nürnberg bereits gut aufge-
    stellt. Und dennoch gibt es noch
    genug zu tun. Walthelm sieht für die
    kommenden sechs Jahre drei globale
    Herausforderungen, denen man
    auch in Nürnberg begegnen muss.
    Einen Fokus will sie auf die Ver-
    städterung und eine diversere Stadt-


gesellschaft legen. „Benachteiligte
Menschen sind stärker von
Umweltungerechtigkeit betroffen als
andere“, sagt sie und nennt Lärm
und zu wenig Grün als Hauptproble-
me. Sie will sich dafür einsetzen,
dass die Stadt gezielt Grünflächen
erwirbt, Dach- und Fassadenbegrü-
nungen vorantreibt. Eine zweite Her-
ausforderung sieht Walthelm im Kli-

mawandel. Photovoltaik müsse aus-
gebaut, die Sanierung von Gebäuden
vorangebracht werden. Spätestens
im Jahr 2035 müsse die Verwaltung
klimaneutral sein.

Friedhöfe sollen
dem Artenschutz dienen

Ebenfalls im Blick hat die 38-Jähri-
ge das Artensterben. Sie will eine
Biodiversitätsstrategie erarbeiten,
mit der man das Thema systematisch
angehen kann. Platz für Lebewesen
sieht Walthelm nicht nur in Aus-
gleichsflächen, die möglichst sinn-
voll geplant werden sollen. Potenzial
sieht sie auch bei Friedhöfen. „Fried-
höfe nehmen in der Stadt 125 Hektar
ein“, sagt sie. Weil der Trend weg
vom Grab hin zur Urnenbestattung
geht, wird dort Platz frei. Eine weite-
re Baustelle, die Walthelm angehen
will: „Das Naturschutzgebiet Pegnitz-
tal Ost muss mit Leben erfüllt wer-
den.“
Persönlich ist es der 38-Jährigen,
die Politikwissenschaften und Volks-
wirtschaftslehre studiert hat und seit
zehn Jahren bei den Grünen ist, wich-
tig, die Stadt mit nachhaltig und fair
produzierten Lebensmitteln aus der
Region zu versorgen.
Wie sie zum geplanten kreuzungs-
freien Ausbau des Frankenschnell-
wegs steht? Die Grünen sind bekannt-

lich gegen das Großprojekt, würden
das Geld dafür gern anders investie-
ren. Britta Walthelm ist nicht nur im
Stadtrat, sondern auch beim Bund
Naturschutz (BN) aktiv. „Das Thema
fällt nicht in den Bereich des Referats
für Umwelt und Gesundheit“, sagt
Walthelm. In das Amt wird sie vom
Stadtrat gewählt – und dort steht die
Mehrheit hinter dem Projekt. „Man
muss jetzt halt sehen, was der BN mit
seiner Klage macht“, sagt Mletzko.
Beim BN wird Walthelm als Referen-
tin ihr Engagement zurückfahren,
allenfalls noch passives Mitglied
sein.

Hilfe für bedürftige Künstler


Die Rudolf Volland Stiftung unter-
stützt bedürftige Künstlerinnen und
Künstler aus Nürnberg und Mittel-
franken. Stiftungszweck ist vor
allem die Hilfe bei der Aufnahme in
eine Einrichtung des betreuten Woh-
nens. Derzeit besteht die Möglich-
keit der Aufnahme in ein Apparte-
ment des betreuten Wohnens in zen-
traler Lage. Zusätzlich bietet die Stif-
tung auch beim Kauf von Materiali-
en für das künstlerische Schaffen
Hilfe an. Bei Interesse an der Auf-
nahme in das oben genannte Appar-
tement des betreuten Wohnens bit-
tet die Stiftungsverwaltung um eine
zeitnahe Meldung bis spätestens
heute. Anträge auf Zuschüsse kön-
nen bis spätestens Samstag, 31.
August, an die Stiftungsverwaltung
der Stadt Nürnberg, Theresienstraße
1, 90403 Nürnberg gestellt werden.
Weitere Auskünfte erteilt die Stif-
tungsverwaltung unter=2 31-75 45.

Vorstadtverein Nord


Der Vorstadtverein Nürnberg-Nord
lädt Mitglieder und Gäste zum tradi-
tionellen Sommerstammtisch am
Donnerstag, 1. August, um 19.
Uhr in die Gaststätte „Am Marien-
berg“, Braillestraße 35 (in der Klein-
gartenanlage „Kurt Ahles“), ein.
Aktuelle Themen aus dem Nürnber-
ger Norden werden in zwanglosem
Rahmen diskutiert.

Im Oktober 2018 eskalierte ein
Nachbarschaftsstreit im Stadtteil
Röthenbach-Ost. Nun wurde ein
34-Jähriger, der seinen
Widersacher mit einem Messer
verletzt hat, wegen versuchten
Totschlags und gefährlicher
Körperverletzung zu fünf Jahren
Gefängnis verurteilt.


Der Konflikt kommt in vielen Wohn-
anlagen vor: Der eine Nachbar
beschwert sich über Ruhestörung
und Müllablagerungen, der andere
hält das für völlig übertrieben. So war
es auch im Herbst 2018 in einem
Mehrfamilienhaus an der Ramsber-


ger Straße in Röthenbach-Ost: Der
Angeklagte behauptet, ein Nachbar
habe ihn, seine Lebensgefährtin und
das gemeinsame Kind vergraulen
wollen. Deshalb habe Oleg K. (Name
geändert) die Hausverwaltung und
die anderen Nachbarn gegen ihn auf-
gehetzt.
Vor der 19. Strafkammer des Land-
gerichts behauptet der 34-jährige
Lagerarbeiter, dass er deswegen mit
K. reden wollte. Dazu nahm er ein
Küchenmesser mit einer 16 Zentime-
ter langen Klinge mit — ausschließ-
lich zur Selbstverteidigung, wie der
Angeklagte betont. Einige Monate
zuvor habe er nämlich eine handfes-

te Auseinandersetzung mit dem kör-
perlich überlegenen Nachbarn
gehabt. Er habe Anzeige erstattet,
doch das Verfahren sei eingestellt
worden. Der Angeklagte wartete auf
dem Parkplatz vor dem Haus auf sei-
nen Widersacher. Die Zeit vertrieb er
sich mit dem Genuss einiger Fla-
schen Bier. Als Oleg K. am Koffer-
raum seines Autos stand, habe er ihn
zur Rede stellen wollen. Er habe mit
dem Messer nur herumgefuchtelt,
nicht aber bewusst zugestochen,
beteuert der 34-Jährige.
Oleg K., Mitte 40, hochgewachsen
und kräftig gebaut, ist sich sicher,
dass der Lagerarbeiter bewusst zuge-

stochen hat. „Er hat gedroht, mich
umzubringen“, sagt der Geschädigte.
Er konnte den Angriff mit den Armen
abwehren, zog sich dabei aber
Schnittwunden zu. Der Verletzte
flüchtete ins Treppenhaus. Der Ange-
klagte verfolgte ihn und bedrohte ihn
dort vor der Ehefrau und weiteren
Zeugen mit dem Messer.
Nach drei Verhandlungstagen ver-
urteilte die 19. Strafkammer den
34-Jährigen nun wegen versuchten
Totschlags und gefährlicher Körper-
verletzung und schickte ihn für fünf
Jahre ins Gefängnis. Außerdem muss
der Lagerarbeiter Schmerzensgeld an
OlegK. zahlen. cg

Seit fünf Jahren sitzt Britta Walthelm für die Grünen im Stadtrat, jetzt
will sie als Referentin durchstarten.

Foto: Michael Matejka

Fotos: Harald Pollmann

Kurz notiert


Nachbarschaftsstreit eskalierte


Messerstecher muss für fünf Jahre ins Gefängnis


Im Referat für Umwelt und Gesundheit


Britta Walthelm soll auf Peter Pluschke folgen


Sanierung der Kaiserburg: Einzelne Details stehen im Kreuzfeuer der Kritik


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Mittwoch, 31. Juli 2019
Nürnberg
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