Nürnberger Zeitung - 31.07.2019

(Greg DeLong) #1

D


agmarLeitmeier ist 35 Jahrelang
Lehrerin an der Grund- und Mit-
telschule in Katzwang gewesen. Seit
2002als Konrektorin,ab2014 als Lei-
terin. Zunächst nur kommissarisch,
dann drei Jahre lang hochoffiziell im
AmtderRektorin. NunhabendasLeh-
rerkollegium, die Elternvertretung
und auch Schüler von der ersten bis
zur neunten Jahrgangsstufe der
64-jährigen Katzwangerin mit einer
fastdreistündigen Feier einen ergrei-
fenden und emotionalen Abschied
bereitet. Sätze wie „Wir werden dich
vermissen“ und „Du wirst uns feh-
len“ waren dabei kein hohles Pathos.
„Du hast Spuren in unseren Her-
zen hinterlassen, weil du uns Zeit
und Freundschaft geschenkt hast“,
so Konrektorin Doris Oechler. „Du
warst eine tolle Chefin, die alles
getanhat,umdie Kinderzuunterstüt-
zen“, lautete ihre Bilanz. Ähnlich sah
esder Elternbeirat. „Siehaben immer
alles gegeben und keinen Konflikt
fürdieSchulegescheut“, hießes von-
seitendersechsElternvertreter.Schü-
ler verabschiedeten sich mit Liedern,
Videos und Geschenken.
Mit einem Sketch nahmen ehema-
lige Schüler der Schule einige Lehrer-
Eigenarten Leitmeiers aufs Korn.
Dabei durfte ein offenbar legendäres
Zitat der Lehrerin nicht fehlen: „Ich
beende den Unterricht, nicht der
Gong.“ Leitmeier habe zudem „viele
Ideen angestoßen und Aktionen bei-
behalten“, ergänzte Doris Oechler.
Die alljährliche Gesundheitswoche,
der Ausflug der gesamten Schule und
dieAdventsfensterzählte dieKonrek-
torin auf.
Das Label „Schule gegen Rassis-
mus“ sei ihr besonders wichtig gewe-

sen. Das Lehrerkochen habe das Kol-
legium zusammengeschweißt. „Und
derJahresbericht war immer ihrBaby
und ein hervorragendes Stück“, so
Oechler.

Mit allen immer gut gemeint


Andere Details erfuhren die Gäste
ebenfalls. Dagmar Leitmeier war
manchmal streng, ein großer Fan
von Schullandheim-Fahrten und
meinte es auch mit aufmüpfigenund
nicht besonders fleißigen Schülern
gut. Beim Nachsitzen gab es immer
Gummibärchen.
AlleElogendurfteDagmarLeitmei-
er übrigens auf ihrem eigenen Thron
entgegennehmen. Daneben eine Rei-
he wichtiger Wegbegleiter. Ehemann
Karl, Konrektor an einem Förderzen-
trum,dieElternHelgaundErichMül-
ler, ebenfalls Pädagogen, sowie ihre

beiden Schulleiter-Vorgänger Wolf-
gang Bathelt und Harald Mels hatten
es sich nicht nehmen lassen, die Ver-
abschiedung zu verfolgen. Schließ-
lichwardie SchuleinKatzwang nicht
nur als Lehrerin zentraler Baustein
im Leben Leitmeiers.
„Am 4. Dezember 1961 hat sie die
Schule zum ersten Mal betreten“,
erinnerte sich ihr 90-jähriger Vater.
Für Schulrat Jan Titgemeyer hat Dag-
mar Leitmeier in Katzwang hervorra-
gende Arbeitgeleistet undGeneratio-
nen geprägt. „Nun geht eine große
Ära zu Ende“, so der Vertreter des
Staatlichen Schulamts.
Der Chor aller Lehrer hatte für sie
schließlich noch zwei besondere
Leckerbissen vorbereitet. Zu den
Melodien von „Griechischer Wein“
und „Atemlos“ hatten die Lehrerin-
nen Sandra Beck sowie Birgit Kehrer

undUlrikeKrieglsteinoriginelleeige-
ne Texte geschrieben und so echte
Hymnen für die scheidende Rektorin
geschaffen.
In ihrer Abschiedsrede fand Dag-
mar Leitmeier aber durchaus auch
kritische Worte für die Schulpolitik.
„Wir betreiben Mangelverwaltung“,
erklärtesie,„denn unserUnterrichts-
auftrag kommt immer weniger zum
Tragen, da wir zunehmend gezwun-
gen sind, familiäre Defizite und
gesellschaftlicheMissständezu bear-
beiten, wofür wir eigentlich zu weni-
ge Ressourcen haben und junge Leh-
rer zu wenig vorbereitet werden.“
ZugleichdanktesieallenihrenMit-
streiternanderSchule.„Manbraucht
viele Menschen, damit Schule ge-
lingt, und wegen der Erinnerung an
diese Menschen, gehe ich mit einem
lachenden Auge“, sagte Leitmeier.

R


ückegassen: Das Wort ist ein
rotes Tuch für Eckhard Schulz.
Vor zwei Jahren hat der Feuchter die
Bürgerinitiative gegen die Waldzer-
störunggegründet,die inzwischenin
der größeren Initiative „Waldschutz“
aufgegangen ist. Schulz wirft dem
Forstbetrieb Nürnberg zum wieder-
holten Mal vor, rücksichtslos Raub-
bauim Staatswald rings um die Noris
zu betreiben.
Ein Vorwurf, dem sich Herbert
Fahrnbauer als Sprecher der BI Wald-
schutz anschließt. Trotz der derzeit
hohen Mengen an Schadholz,
schlage der Forstbetrieb weiter Bäu-
meein,kürzlich imReichswaldnörd-
lich von Feucht. Harvester und Holz-
sammler waren im Einsatz, anschlie-
ßend Langholztransporter, die die
Stämme aus dem Wald holten.
Schulzund Fahrnbauer schlagen nun
Alarm und gehen an die Öffentlich-
keit. „Falscher Alarm“, kontern die
verantwortlichen Forstleute.

Mit dem Handy unterwegs


Heiko Stölzner ist stellvertreten-
der Leiter des Forstbetriebs Nürn-
berg. Dass vor zwei Wochen im
Reichswald bei Feucht Kiefern und
Fichteneingeschlagenwurden,bestä-
tigt er. Allerdings sei das keine Holz-
ernte gewesen. „Wir machen seit
Wochen keinen regulären Einschlag
mehr“, betont Stölzner, „weil wir
massive Waldschäden sehen.“ Die
entnommenen Bäume seien aus-
nahmslos von Käfern befallen gewe-
sen. Deshalb mussten sie so schnell
wie möglich gefällt und abtranspor-
tiert werden.
Pausenlos sind derzeit Mitarbeiter
von Stölzner im Reichswald unter-
wegs und dokumentieren per Handy
die Käfer-Schäden. „Weil wir schnell
sein müssen. Wenn der Borkenkäfer

erst einmal da ist, dann tickt die
Uhr.“ Sieben Harvester hat der Forst-
betrieb Nürnberg momentan im Ein-
satz sowie Maschinen, die über soge-
nannteRückegassenindenForsthin-
einfahren und dort befallene Stäm-

me umsägen. Stölzner beobachtet
seit dem trockenen Sommer 2018
massiv zunehmende Schäden: Die
unter Trockenstress leidenden Fich-
ten werden vom Borkenkäfer befal-
len, die Kiefern vom Prachtkäfer.

Die großen Erntemaschinen fah-
ren über die Rückegassen in die von
den Schädlingen befallenen Wald-
stücke hinein. Der Vorwurf der Bür-
gerinitiativen dabei: Die schweren
Maschinen würden den Boden so
stark verdichten, dass Oberflächen-
wasser nicht mehr abfließen kann.
Dashabe Auswirkungenaufdie Bil-
dung von Grundwasser. Außerdem
würde das Wurzelwerk der neben
den Gassen wachsenden Bäume so
stark geschädigt, dass deren Abster-
bendrohe.„Wirfahrenmitextrabrei-
tenReifen,umdieSchädenzumini-
mieren“, hält Stölzner dagegen. Ver-
zichten könne man aber angesichts
des Zeitdrucks auf den Einsatz der
Erntemaschinen nicht.

Selbstverpflichtung der Staatsforsten


Es gibt eine Selbstverpflichtung
der Bayerischen Staatsforsten, zwi-
schen einzelnen Rückegassen je-
weils 30 Meter Freiraum zu lassen.
Diese Verpflichtung allerdings sehen
Schulz und Fahrnbauer unter ande-
rem beim aktuellen Beispiel in
Feucht unterlaufen.
Hier gibt es tatsächlich Rückegas-
senmit nur 10bis 12MeternAbstand
voneinander. „Geht gar nicht“, sagt
Schulz und rechnet vor: Rings um
Nürnberg gebe es rund 36000 Hektar
Bannwald, der vom Forstbetrieb
bewirtschaftet wird. Bei all den
Rückegassen hier in den Wäldern
gehen nach Schulz’ Rechnung 6700
Hektar Wald verloren. „Hier wächst
ja kaum noch was, nur noch Sträu-
cher.“
Stölzner weist aber darauf hin,
dassessich umalteRückegassenhan-
dele: „Was nütze es, wenn man jetzt
neue anlegen würde, nur um die
Selbstverpflichtung zu erfüllen?“ In
den meisten Fällen seien die Min-

destabstände ja eingehalten. Und
noch ein Vorwurf der Waldschützer:
Der Forstbetrieb Nürnberg setze in
den von Borkenkäfern betroffenen
Wäldern hochgiftige Insektizide ein.
Gefällte Bäume, die von Käfern
befallen sind, würden mit dem Gift
behandelt, wenn die Stämme am
Wegrand gelagert werden, sagen
Fahrnbauer und Schulz. Damit werde
das Grundwasser gefährdet.

„Nur im äußersten Notfall“


Stölzner dagegen betont, dass der
Einsatz von Insektiziden in Wasser-
schutzgebieten für den Forstbetrieb
nicht infrage kommt, „obwohl wir
eine Ausnahmegenehmigung dafür
haben.“ Gebrauch machen die Forst-
leute laut Stölzner auch nur im
äußerstenNotfall vondemhochwirk-
samen Gift.
So seien vom 1. Juli 2018 bis zum


  1. Juni 2019 im gesamten Bereich
    des Forstbetriebs Nürnberg lediglich
    rund 200 Festmeter Holz mit diesem
    speziellen Gift behandelt worden.
    Eingeschlagen wurden aber insge-
    samt 70000 Festmeter Kiefernholz
    und 40000 Festmeter Fichtenholz.
    Dem Wald würde ein nasser und
    kühler Sommer helfen, sagt der stell-
    vertretende Leiter des Forstbetriebs
    Nürnberg. Die Käfer würden sich
    dann viel langsamer vermehren und
    den Bäumen bliebe der ganze Tro-
    ckenstress erspart. „Wenn wir aber
    nichts gegen die Käfer unternehmen,
    dann sieht es bei uns bald so aus, wie
    in Teilen des Nationalparks Bayeri-
    scherWald.“Dort kannderBorkenkä-
    fer mittlerweile ungestört große
    Bestände Nadelwald vernichten.
    Anschließend wächst zwar Laub-
    wald nach – es dauert aber mehrere
    Generationen, bis die Bäume hoch
    gewachsen sind.


Das Foto zeigt (von links): Tanja Bussinger (Mitarbeiterin in der Schulleitung), Konrektorin Doris Oechler, Lehrerin Birgit Kehrer,
die scheidende Rektorin Dagmar Leitmeier und Lehrerin Sandra Beck.

Herbert Fahrnbauer (li.) und Eckhard Schulz im Wald nördlich von Feucht: Sie kritisie-
ren die Rückegassen der Nürnberger Forstleute. Oberflächenwasser könne nicht mehr
versickern, die schweren Maschinen würden Wurzelwerk zerstören.

M


it dem Start der Sommerferien
fürSchülerbeginnendie Mitar-
beiter des städtischen Hochbauam-
tesmitderSanierung derdenkmalge-
schütztenTurnhallederSperberschu-
le. Die Halle in der Sperberstraße 85
im Stadtteil Hummelstein stammt
aus dem Jahr 1913. Das Bauvorhaben
kostet die Stadt schätzungsweise
325000 Euro.
Das Dach der Halle weist umfang-
reiche Schäden an der Holzkonstruk-
tion und an der Dacheindeckung auf,
die die Stand- und Verkehrssicher-
heit des gesamten Gebäudes mittler-
weile beeinträchtigen. Erste „unauf-
schiebbare Arbeiten“ hat das Hoch-
bauamt deshalb bereits im Herbst
2018 durchgeführt.
Die Mitarbeiter planen nun in die-
sen Sommerferien, also in den kom-
menden sechs Wochen, den größten
Teil der Sanierung umzusetzen. „In
den Sommerferien 2019 beginnt die
eigentliche Bauausführung mit der
Erneuerung der Dacheindeckung
unddenMaßnahmenanderHolzkon-
struktion“, erklärt Nürnbergs Baure-
ferentDanielUlrich. DieArbeitensol-
len möglichst vor dem Einbruch des
diesjährigen Winters fertiggestellt
werden.
Die Instandsetzung der Turnhalle
erfolgt außerdem in enger Abstim-
mung mit der Unteren Denkmal-
schutzbehörde. So soll die Erneue-
rung des Gebäudes zum einen nach
dem aktuellen Stand der Technik
durchgeführt werden. Zum anderen
soll dabei aber auch der Umbau mit
dendenkmalrechtlichenErfordernis-
sen des Hauses in Einklang gebracht
werden. anz

Foto: Robert Schmitt

Foto: Alex Blinten

Spuren in den Herzen hinterlassen


Dagmar Leitmeier war 35 Jahre Lehrerin an der Grund- und Mittelschule KATZWANG , zuletzt auch Rektorin. Jetzt geht sie. VON ROBERT SCHMITT


„Hier wächst außer Sträuchern kaum noch was“


Die BI Waldschutz erhebt Vorwürfe gegen den FORSTBETRIEB NÜRNBERG. Deren Verantwortliche verweisen wiederum auf Maßnahmen gegen Schadinsekten. VON ALEX BLINTEN


SPERBERSCHULE


Marode Turnhalle


wird wieder


fit gemacht


STADTANZEIGER SÜD SÜD / Mittwoch, 31. Juli 2019 31

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