Neue Zürcher Zeitung - 04.08.2019

(Darren Dugan) #1
NZZamSonntag4. August 2019

Invest


DiebesteWochehatte...


AmFreitag hatVisilab, neuer
Marktführer fürSehhilfen in
derSchweiz, angekündigt, den
Konkurrenten McOptik zu über-
nehmen. Das aber ist nur ein
kleinerDeal in einemviel grös-
seren Spiel. DieFäden laufen
beim84-jährigenitalienischen
MultimilliardärLeonardoDel
Vecchio zusammen, Gross-
aktionär undVerwaltungsrats-
präsidentvon Essilor-Luxottica.
Egal, fürwelches bekannte
Label sich die Käufer einer

LeonardoDelVecchio


Sonnenbrille entscheiden,
Hersteller ist meist der Gross-
konzern, der an derBörse mit
über 50 Mrd. € bewertetwird.
Del Vecchio besitzt32% der
Aktien. Erst 2018 haben Essilor
und Luxottica fusioniert.
DieseWoche kündigteDel
Vecchio an, für7,2 Mrd. € den
niederländischen Grandvision-
Konzern übernehmen zu
wollen. Dieserwiederum hatte
2017 dieSchweizerVisilabvon
einerGenferFamilienholding
gekauft. Die kleineSchweizer
Kette McOptik landet überver-
schlungeneWegeletztlich in
den Händen desreichstenIta-
lieners,Del Vecchio. DieKette
an Transaktionenverdeutlicht
zudem,wie weitdieKonsoli-
dierung im Brillenmarkt bereits
vorangeschritten ist.(est.)

Geldspiegel


D


ie präsidiale Ankündigung zusätz-
licher Strafzölle auf chinesische
Waren hat die Anlegerweltweit
verschreckt. Es kam zu erheblichen
Kursturbulenzen, denn eine Eskalation im
Handelsstreit haben zu diesem Zeitpunkt die
wenigsten erwartet.
Vielleicht zielt Trump, dertroublemaker-
in-chief,aber nicht nur auf die Chinesen, son-
dern auch auf seinen neuen Lieblingsgegner
ab, aufUS-NotenbankchefJeromePowell.
Diesenfeindet Trumpregelmässig aufTwit-

ter an. Er ist der Ansicht,Powell halte die
Zinsen künstlich hoch – was seine grossartige
Bilanz inwirtschaftlichen Dingen schmälere.
Am Mittwoch hatte Powell zwar dieLeit-
zinsen um0,25%gesenkt und die straffend
wirkendeVerkleinerung derFed-Bilanz
gestoppt.Doch gleichzeitig enttäuschte er an
der anschliessendenMedienkonferenz die
Hoffnungen vieler Investoren, dass es sich
bei diesen Massnahmen um denAuftakt zu
einer ganzenSerievon Zinssenkungen
handle. Trump twitterte deshalb:«Wie
üblich liess unsPowell im Stich».Was der
Marktvon Powell hörenwolle, sei derBeginn
eines langen und aggressiven Zinssenkungs-
zyklus, so derUS-Präsident am Mittwoch.
Tags darauf kündete er dann dieSonderzölle
auf bisherverschonte chinesischeWaren im
Volumenvon 300 Mrd. $ an.
DieVerfassung derUS-Wirtschaft ist gut,
was die soliden Arbeitsmarktzahlen amFrei-
tag belegten. Nicht etwa dieKonjunktur,
sondern der trumpsche Handelskrieg hat
Powell zu einer präventiven Zinssenkung
veranlasst. Nach der Eskalation ist er nun
quasi dazuverdammt, Trump mit einerwei-
teren Lockerung derGeldpolitikSchützen-

hilfegegen die Chinesen zu leisten. Trump
drückt mit seiner Eskalation im Handelskrieg
also die Zinsen.«Wir bekräftigen unsereAuf-
fassung, dass die taubenhafteWende derFed
dieUS-Regierung ermutigt, eine eherfalken-
hafte Haltung zum Handel einzunehmen»,
schreiben Analysten derBank of America.
Auch in Europa ist eineLockerung der
Geldpolitik wahrscheinlich. DieWirtschaft
der Euro-Zone legte zwischen April undJuni
nur noch um0,2% zu. Die Europäische Zen-
tralbank dürfte deshalb imSeptember die
Zinsen noch tiefer in den negativen Bereich
drücken.Womöglich fängt siewieder an,
Anleihen aufzukaufen. Damit treibt die EZB
auch dieSchweizer Nationalbankweiter
hangabwärts auf der schiefenEbene der
experimentellenGeldpolitik: DieSchweizer
Währungshüterkönnten sichgezwungen
sehen, ihre Zinsen auf minus1%zu senken.
Was überwiegt für die Investoren?Der
brandgefährliche Handelsstreit oder die
neue Liquiditätsflut, die sich abzeichnet?
Wahrscheinlich sind die Investoren gut bera-
ten, sich nicht insBockshorn jagen zu lassen.
Aktienkursereagieren zumindest kurzfristig
immer auf Stimuli der Notenbanken.

Markus Städeli


Trumpdrückt mitdemHandelsstreitdieZinsen


ALAMY

Das Aussen beeinflusst das Klima im Innern: Eine «Brise-Soleil»-Konstruktion ausHolz und Glasvon Sheppard Robson Architekten.

Einaussenli egender
Sonnenschutz
ausstarrenoder
beweglichen
Elementenist
besonderseffekt iv.

H


itzeperioden,wie wir sie in diesem
Jahr bereits zweimal erlebt haben,
werden intensiver und häufiger.
SommerlicherWärmeschutz fürGe-
bäude erfordert Änderungen in derKonzeption
und imBetrieb. Sich darauf einzustellen, ist
eineAufgabe für alle und alles, was mit Immo-
bilien zu tunhat:Bewirtschaftung,Gebäude-
technik, Planung und Architektur.
Mit dem Thema müssen sich auch Investo-
ren auseinandersetzen, denn sie stellen die
Weichen, damit ihre Liegenschaft über die
ganze Nutzungsdauer klimatauglich bleibt.
Somüssen schon bei der PlanungKriterien
wie Standort,Lageund umliegendeBauten
berücksichtigtwerden. Ziel ist, denWärme-
eintrag so zu senken, dasstechnisch aufwen-
digeLösungen überflüssigwerden.

WerimGlashaussitzt ...
Während passiveSolareinstrahlung dieKosten
in derHeizperiode senkt, tritt imSommer der
gegenteilige Effekt auf. Eine zusätzlicheKüh-
lung der Innenräume erhöht Energieverbrauch
und -kosten.Besonders grossformatigver-
glasteGebäudehüllen sind davon betroffen.
Der Gesamtenergiedurchlass gibt an,wie viel
der aussen auftreffenden solaren Strahlung

DamitdieHitzedraussenbleibt


auch in dasGebäudeinneregelangt. ImSom-
mer wäre also ein möglichstgeringer g-Wert
nützlich, imWinter ein hoher.
DieWärmedämmung schützt dasGebäude
imWinter vor Wärmeverlusten und imSom-
mervor Hitze. «Über Dämmstärken muss
heutzutage nicht mehrviel diskutiertwerden.
Aufgrund dergesetzlichen Anforderungen an
denWärmeschutz imWinter sind diese für
Neubautenweitgehendvorgegeben», sagt
DanielMüller,Leiter Bauphysik bei der Firma
PirminJungSchweiz. Ungenügendgedämmte
Altbautenkönnen während einerSanierung
optimiertwerden.
Wichtiger ist lautMüller die thermische
Speichermasse: «Leichtbauten heizen sich
schneller auf, aber kühlen in der Nacht auch
rascher ab. Massivbauten erfordern besonders

Hohe Temperaturen machen dasLeben in Häusernzuweilen ungemütlich. Wie mit


klugerPlanung und Investitio nen Innenräume kühl bleiben.VonMorrisBreunig


oderSonnenschutzraster sind inverschie-
densten Materialien sowie Farben erhältlich
undgeben demGebäude zugleich Individua-
lität.Auch Mauervorsprüngeund Dachüber-
ständekönnen dieseFunktion begleiten. Bie-
ten diesegenugBeschattung, ist ein beweg-
licherSonnenschutz allenfalls überflüssig.
Üblich sind jedochflexibleSystemewie
Lamellen- oder Stoffstoren. Hinsichtlich der
Bedienung sindBauherrschaften ziemlich
frei.MechanischgesteuerteSystemefolgen
automatisch Strahlungswinkeln undSonnen-
intensität imTagesverlauf,verbrauchen im
Vergleich zu handbedienten jedoch Strom.
InnenliegenderSonnenschutz istkosten-
günstig,wirkt aber nur als Blendschutz.Denn
dieSonnenwärmegelangt bei ihmfast voll-
ständig in den Innenraum.Bei denkmal-
geschütztenGebäuden ist der aussen liegende
Sonnenschutz aber oft nicht zulässig. Im
Scheibenzwischenraum integrierterSonnen-
schutz bringt zwargestalterischeVorteile,
kann beiDefekten jedoch hoheReparatur-
kostenverursachen und hilft obendrein auch
nichtviel gegen Überhitzung.

Wärmepumpenheizenundkühlen
Aufgeheizte Innenräume benötigen Kühlung.
Hier können Wärmepumpen helfen, die
Wärme des Raumes über dasHeizsystem abzu-
führen. «ReversibleVarianten wie Luft-Wasser-
undWasser-Wasser-Wärmepumpen ermög-
lichen imSommer durch eine Umkehr des
Wärmepumpenkreislaufes eine aktiveKüh-
lung», sagt MartinSchäppivon MeierTobler.
Der Stromverbrauch ist imVergleich zu her-
kömmlichen Klimaanlagen niedriger.
Erdwärmepumpen und sogenannte Sole-
Wasser-Wärmepumpen kühlen auch passiv
(«Freecooling»),wenn die Innentemperatur
über der des Erdreichs liegt. EinWärme-
tauscher führt dieWärme des Hauses in die
Erdsonden ab, und Umwälzpumpen betreiben
gleichzeitig denSole- sowie Heizwasserkreis-
lauf. «Die Raumtemperatur kann bei passiver
Kühlung lediglich um 2 bis maximal 4 °Cge-
senktwerden. Zum Ende desSommers steigt
dieTemperatur des Erdreichs, und dieKühl-
leistung nimmt ab», sagtSchäppi. Mit der akti-
ven Kühlungkönnen dieTemperaturen stär-
ker gesenktwerden als bei passiver Kühlung.
Ist bereits eineWärmepumpeverbaut,
kann diese aufReversibilität oder passiven
Kühlbetriebgeprüftwerden. Dass derBoden
zusätzlichWärme erhält, begünstigt auch die
Regeneration des Erdreichs. ZuBeginn der
Heizperiode steht deshalb mehr Erdwärme
zurVerfügung, und dieWärmepumpe kann
effizienter arbeiten.
AuchFussbodenheizungen,Kühldecken,
Gebläsekonvektoren oderBetonkerntempe-
rierung eignen sich imSommer zurKühlung
der Raumluft, erfordern aber eineTaupunkt-
überwachung. Damit dieFeuchtigkeit der
Raumluft nicht aufFussböden,Wänden und
Rohrdurchführungen kondensiert, darf etwa
beiVerwendung einerFussbodenheizung die
Oberflächentemperatur während desKühlens
nicht unter 19 °Cfallen.
Auch das Nutzerverhalten beeinflusst den
sommerlichenWärmeschutz. Dazugehören
dieFensterlüftung und diekorrekteBedie-
nung desSonnenschutzes. Eine Nachtaus-
kühlung senkt die Raumtemperaturen effi-
zient, eignet sichwegen der Einbruchsicher-
heit aber nicht für alleGebäude.

bei ausgedehnten Hitzeperioden eine längere
Zeit zurAuskühlung – selbstwenn dieAussen-
temperaturenwieder deutlichgefallen sind»,
sagt der Experte. Eine gute Durchlüftung bei
tieferenTemperaturen in der Nacht und der
konsequenteEinsatz desBeschattungssys-
tems sei entscheidend für die Raumtempera-
turen imSommer.
Sonnenschutzsysteme beugen zusätz-
lichenWärmeeinträgen in dasGebäudevor.
Wärmetechnische undgestalterische Aspekte
gehen Hand in Hand.Sonnenschutzsysteme
können innen, aussen oder imFenster inte-
griert angebrachtwerden, doch es gibtverwir-
rendvieleVarianten und einenWiderspruch.
DennTageslicht hält einerseits den Stromver-
brauch künstlicherBeleuchtung tief, führt im
Sommer aber zu höherenWärmeeinträgen.
Ein aussen liegenderSonnenschutz aus
starren oder beweglichen Elementen ist be-
sonders effektiv. Er bringt in derHeizperiode
solareWärme und mindert sie imSommer.
Bei der Planung sollten lokaleWindlasten und
Witterungsbedingungen berücksichtigtwer-
den.Der BriseSoleil gilt als bekanntesterVer-
treter starrerSysteme, die in Abstimmung auf
den jährlichenSonnenverlauf integrativer Teil
derGebäudehülle sind. FixierteLamellen

Immobilien


So gross ist die
maximal mögliche
Senkung der Innen-
raumtemperatur
bei passiver
Kühlung mittels
Wärmepumpen.

4 °C

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