Handelsblatt - 30.07.2019

(Nandana) #1
D

ie Handwerker bauen
schon die Bühne für
die abendliche Party
auf. In der schicken
Kantine der Zentrale in
Unterföhring will Carsten Schmidt
mit seinen Kollegen auf zehn Jahre
Sky Deutschland anstoßen. Zuvor
aber erläutert er im Gespräch mit
dem Handelsblatt, warum zu dem
Fest nicht mehr alle der bislang rund
2 000 Mitarbeiter kommen werden.

Herr Schmidt, am 4. Juli ist Sky
Deutschland zehn Jahre alt gewor-
den. Wie fällt Ihre persönliche Bi-
lanz aus?
Sehr positiv. Mit der Umbenennung
von Premiere in Sky Deutschland ha-
ben wir damals mehr als den Namen
gewechselt. Wir haben eine Auf-
bruchseuphorie entfacht. Seitdem
haben wir uns hervorragend entwi-
ckelt. Es ist ein wachstumsstarkes, in-
novatives Unternehmen entstanden.

Ein Unternehmen allerdings, in dem
Sie offenbar erheblichen Verände-
rungsbedarf ausgemacht haben. Sie
haben gerade einen tief greifenden
personellen Umbau angestoßen. Was
genau passiert bei Sky?

Was wir jetzt tun, ist etwas, was jedes
erfolgreiche Unternehmen tun sollte,
nämlich sich immer wieder ein Stück
weit neu zu erfinden. Ich bin jetzt 20
Jahre im Unternehmen. In der Zeit
sind wir rasant gewachsen, auch bei
den Mitarbeitern. Dabei sind naturge-
mäß Strukturen und Abläufe entstan-
den, die wir nun anpassen – wir set-
zen einen klaren Plan um, der uns
für unser Business hilft und die zu-
künftigen Bedürfnisse unserer Kun-
den berücksichtigt. Dieser Plan führt
dazu, dass unsere Entscheidungs -
wege noch effektiver und wir noch
agiler werden.

Reagieren Sie damit auf den immer
schärferen Wettbewerb?
Selbstverständlich haben wir den
Markt im Blick, aber der jetzige Pro-
zess entstand auf Basis einer einge-
henden Analyse. Wir haben uns für
diese ausreichend Zeit genommen,
so etwas passiert nicht über Nacht.
Wir gehen nun im Unternehmen
sehr transparent damit um und neh-
men die Belegschaft bestmöglich mit.

Wie viele Stellen fallen weg?
Genauso, wie sich unser Geschäft ge-
mäß den Kundenbedürfnissen entwi-

ckelt, tun dies auch die Kompeten-
zen, die wir benötigen. Am Standort
Unterföhring beschäftigen wir rund
2 000 Mitarbeiter, und wir sprechen
von einer zweistelligen Zahl an be-
troffenen Positionen sowie zudem
von einer niedrigen zweistelligen
Zahl an Führungskräften. Wir gehen
den Weg unter anderem über ein
Freiwilligenprogramm, das die Mitar-
beiter kommunikativ mitnimmt und
absolut transparent ist. Bis Septem-
ber wird dieser Prozess abgeschlos-
sen sein. Und ganz wichtig: Wir stel-
len auch ein, nur eben suchen wir
andere Kompetenzen.

Wie wollen Sie denn neue Mitarbei-
ter gewinnen, wenn Sie gleichzeitig
Stellen abbauen? Das dürfte Bewer-
ber doch erst einmal abschrecken.
Wir wollen ein digitales Unterneh-
men werden, das berühmt für seine
Inhalte ist und das sowohl für inno-
vationsfreudige Menschen als auch
Programmprofis höchst attraktiv ist.
Dafür investieren wir unter anderem
massiv in Inhalte, aber auch in Tech-
nologie. Darüber hinaus bauen wir
ein digitales und flexibles Arbeitsum-
feld, sei es über E-Learning-Angebote
oder die Möglichkeit für Mitarbeiter,

die eigene Arbeit zeitlich und räum-
lich noch flexibler zu gestalten. Zu-
dem werden wir internationaler, set-
zen verstärkt auf Diversität und In-
klusion. Und unsere Mitarbeiter sol-
len in Zukunft noch unternehmeri-
scher agieren können.

Stichwort Mitarbeiter: Wie nehmen
Sie diese mit?
Ich führe persönlich viele Gespräche,
produziere Videoblogs, und wir ha-
ben uns gerade intensiv mit der Be-
legschaft in einem Fishbowl-Event
ausgetauscht.

Ein Fishbowl-Event?
Ja, das ist ein Format, in dem sich das
Management den Fragen der Mitar-
beiter stellt und diese direkt beant-
wortet. Ich war begeistert vom Enga-
gement der Mitarbeiter und den ex-
zellenten Fragen, die sie gestellt ha-
ben. Dabei gewann ich den Eindruck,
dass alle bereit sind, den nun einge-
schlagenen Weg mitzugehen.

Spüren Sie eine stärkere Zentralisie-
rung innerhalb der Sky-Gruppe?
Nein, ich sehe das ausschließlich po-
sitiv. Ich habe schon in vielen Kon-
stellationen gearbeitet: als wir noch

Carsten Schmidt


„Ein Stück weit neu erfinden“


Zum zehnten Geburtstag greift der Chef von Sky Deutschland durch und streicht Stellen. Dazu gebe


es keine Alternative; der Bezahlkanal wolle schneller und agiler werden. Außerdem seien andere


Kompetenzen gefragt als früher.


Der Manager Der
55-Jährige führt seit
fünf Jahren den
Bezahlkanal. Zuvor
hatte er den wichti-
gen Sportbereich ver-
antwortet. Der
Betriebswirt steht
seit 1999 in Diensten
des Medienunterneh-
mens. Schmidt ist in
Lüneburg geboren,
doch München ist
seine zweite Heimat
geworden.

Das Unternehmen
Sky Deutschland
gehört seit dem ver-
gangenen Herbst
zum US-Medienkon-
zern Comcast. Der
hat seine Bezahlsen-
der in Europa in einer
eigenen Division
gebündelt. Mit den
Kollegen in England
und Italien stimmt
sich Schmidt ab.

Vita Carsten
Schmidt

Carsten Schmidt:
Der Chef von Sky
Deutschland will
in spätestens fünf
Jahren aufhören.

Wolf Heider-Sawall/laif

Unternehmen & Märkte
DIENSTAG, 30. JULI 2019, NR. 144

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