Handelsblatt - 30.07.2019

(Nandana) #1

zu Kirch gehörten, als Finanzinvesto-


ren das Sagen hatten und auch, als


wir eigenständig an der Börse waren.


Durch die Sky-Gruppe erhalten wir


die optimale Unterstützung und kön-


nen Synergien perfekt nutzen. Und


ich versichere Ihnen: Ich kann das


Unternehmen genauso frei führen


wie eh und je.


Seit Sky Deutschland zum US-Kon-


zern Comcast gehört, werden keine


Zahlen mehr veröffentlicht für das


Geschäft hierzulande. Was können


Sie zur Entwicklung sagen?


Ich darf Ihnen leider keine detaillier-


ten Angaben machen. Nur so viel: Ich


bin zufrieden mit dem ersten Halb-


jahr. Wir sind auf einem guten Weg.


Wir wachsen.


Sie investieren seit einiger Zeit stark


im Bereich der Eigenproduktionen.


Gehen Sie diesen Weg weiter?


Ja, wir gehen unseren Weg entschlos-


sener und noch intensiver als je zu-


vor.


Die Eigenproduktionen hat Sky jetzt


international gebündelt in den Sky


Studios. Was bringt Ihnen das, und


inwiefern können Sie noch selbst-


ständig auswählen, in welche Serien


Sie investieren?


Die Entscheidung, welche deutschen


Eigenproduktionen entwickelt und


produziert werden, wird wie bisher


auch in Deutschland getroffen. Zu-


dem profitieren wir von der neuen


Aufstellung: Bei uns kümmert sich ei-


ne kleine Mannschaft von unter zehn


Leuten um unsere eigenen Serien-


produktionen, dies wird auch weiter-


hin so sein. Dazu kommt über die


Sky Studios ein um ein Vielfaches


größeres Team im internationalen


Verbund. Das hilft uns, den Output


schneller zu erhöhen, und unter-


stützt durch neue Auswertungsmo-


delle die Finanzierung. Wir werden


künftig viel mehr produzieren als bis-


her. Die Investitionen in unsere soge-


nannten Sky Originals, also unsere


eigenen Inhalte, wollen wir in den


kommenden fünf Jahren europaweit


mehr als verdoppeln.


Für Deutschland haben Sie acht Ei-


genproduktionen pro Jahr angekün-


digt. Reicht das, um im Wettbewerb


zu überzeugen?


Davon bin ich überzeugt. Es geht um


Qualität und nicht um Quantität. Bis-


lang ist uns das gut gelungen. Mit


„Das Boot“ und „Babylon Berlin“ ge-


hen wir im kommenden Winter be-


ziehungsweise Frühjahr schon in die


zweite Runde. Die Serien waren auch


bei Sky in Italien und England ein


großer Erfolg. Und gemeinsam mit


den beiden Ländern kommen wir auf


deutlich mehr Sky-Original-Serien im


Jahr.


Wie ist Ihr Resümee der ersten Ei-


genproduktionen?


Alle bisherigen deutschen Sky Origi-


nals haben unsere Erwartungen


übertroffen. Wir wussten natürlich


um die Kraft von „Babylon Berlin“


und „Das Boot“, deshalb haben wir


uns auch besonders über den Erfolg


von „Der Pass“ und „8 Tage“ gefreut.


Mittlerweile scheint es, dass auch


Wettbewerber stärker zusammenar-


beiten. Sogar der US-Angreifer Net-


flix ist über Ihre Plattform zu sehen.


Das ist richtig, Netflix ist über Sky Q


zu empfangen. DAZN hat von uns ei-


ne Sublizenz für die Uefa Champions


League erworben, und der ARD ha-


ben wir letztes Jahr ein Bundesliga-


Livespiel sublizenziert. Wir gehen Ko-


operationen ein, wo sie Sinn ma-


chen. An anderer Stelle ist man aber
auch Wettbewerber.

Lange Zeit war Ihr Geschäftsmodell
rein auf lang laufende Abonnements
ausgerichtet. Mittlerweile gibt es
neue Modelle. Wie geht es weiter?
Verträge über mehrere Jahre sind
weiterhin wichtig, da sich dies viele
Kunden nach wie vor wünschen. Wer
Sky Q abonniert, der bekommt das
Beste, was man im deutschen Fernse-
hen kriegen kann, ab 19,99 Euro im
Monat. In dem Paket sind neben dem
Sky-Programm – linear und auf Abruf


  • die Mediatheken der Öffentlich-
    Rechtlichen, aber auch Partner wie
    Netflix enthalten. Wir werden Sky Q
    weiter ausbauen und verbessern.
    Gleichzeitig können die Kunden über
    den Streamingservice Sky Ticket aber
    auch Tages-, Wochen- oder Monats-
    abos abschließen. Sky Ticket hat sich
    sehr gut entwickelt, und wir werden
    das Angebot noch deutlich verbes-
    sern.


Sie haben wieder die Rechte an der
englischen Fußball-Liga Premier
League erworben. Was versprechen
Sie sich davon?
Wir erwarten durch die Premier Lea-
gue sowohl ein Kundenwachstum als
auch weiter steigende Zufriedenheit.
Durch den Rückgewinn der engli-
schen Liga, aber auch durch die For-
mel 1 haben wir in Kombination mit
den bestehenden Sportrechten das
beste Portfolio im Livesportbereich
überhaupt. Insgesamt sprechen wir
von 9 000 Live-Stunden plus unse-
rem 24/7-Sender Sky Sport News.

Viele Kunden haben Sky nach wie
vor insbesondere wegen der Bun-
desliga abonniert. Im Herbst startet
die Rechtevergabe für die Spielzei-
ten ab 2021. Welche Bedeutung ha-
ben die Rechte für Sie?
Selbstverständlich sind wir hochinte-
ressiert an der Bundesliga – und die
Bundesliga an uns.

Erwarten Sie steigende Preise?
Heute kann noch niemand etwas
über die Preise sagen. Wir haben ein
tief greifendes Wissen um den Wert
von Sportrechten für uns und unsere
Kunden. Wie bei jeder Rechteaus-
schreibung werden wir auch in die
kommende klar positioniert gehen.
Zurzeit läuft die vom Bundeskartell-
amt in Abstimmung mit der DFL
durchgeführte Marktbefragung po-
tenzieller Interessen für die neuen
Bundesligarechte. Es wird sich zei-
gen, wie die Paketierung aussehen
wird und ob es mehrere Käufer ge-
ben muss – oder auch ein einziger
Bieter zum Zuge kommen darf.

Ganz grundsätzlich: Erwarten Sie ei-
nen verschärften Wettbewerb?
Um Fußballrechte wird es immer ei-
nen Wettbewerb geben. Wie intensiv
der ausfällt, hängt letztlich vom
Markt ab. Aber wir sind da ganz
selbstbewusst: Sky hat die letzten
zehn Jahre gezeigt, dass sich die Bun-
desliga auf uns verlassen kann.

Sie sind schon lange dabei. Wie sieht
Ihr persönlicher Plan aus?
Ich bin hochmotiviert und habe noch
einiges bei Sky vor. Aber ich habe
auch einmal in einem Interview ge-
sagt, dass ich das Unternehmen mit
60 nicht mehr führen werde. Dazu
stehe ich nach wie vor. Jetzt bin ich
55.

Herr Schmidt, vielen Dank für
das Interview.

Die Fragen stellte Joachim Hofer.


Sky Deutschland


Vom Ball aufs Boot


W


er die Zentrale von Sky
Deutschland betritt, der
sieht schon auf den ers-
ten Blick die Scheinwerfer des TV-
Studios. Im Zwischengeschoss über
dem Empfang produziert der Be-
zahlkanal die Nachrichten seines
Sportsenders.
Das kreisrunde Hauptquartier ist
außergewöhnlich. So wie der mo-
derne Verwaltungsbau, so war auch
Sky Deutschland lange etwas ganz
Besonderes in der deutschen Me-
dienindustrie. Über Jahre hinweg
hielten die Münchener praktisch
das Monopol im Pay-TV.
Das hat Sky, das bis vor zehn Jah-
ren Premiere hieß, allerdings nicht
wirklich geholfen. Fast immer
schrieb die Firma angesichts exorbi-
tant hoher Ausgaben für Sportrech-
te rote Zahlen. Nur kurz vor dem
Börsengang Mitte des vergangenen
Jahrzehnts gelang es dem damali-
gen Chef Georg Kofler, einen Ge-
winn auszuweisen.
Seit Herbst gehört das Unterneh-
men nun zu Comcast, einem riesi-
gen US-Kabelkonzern, der im ersten
Halbjahr knapp 54 Milliarden Dollar
Umsatz (49 Milliarden Euro) und
fast sieben Milliarden Dollar Ge-
winn erzielte. Die Amerikaner ha-
ben den britischen TV-Konzern Sky
geschluckt. Sky Deutschland wie-
derum war bereits seit Mitte des
Jahrzehnts Teil von Sky. Comcast
veröffentlicht keine Zahlen für die
deutsche Tochter. Zuletzt wies die
Firma für Deutschland und Öster-
reich gut fünf Millionen Abonnen-
ten aus.
Seine Alleinstellung hat Sky indes
längst verloren. Heute ist das Ange-
bot an Bezahlinhalten riesig, vor al-
lem im Internet. Dabei nutzen die
Menschen das Netz, um Filme oder
Serien zu einer von ihnen ge-
wünschten Zeit anzusehen.
Oft sind es nicht Fernseher, son-
dern Smartphones und Tablets, auf
denen die Videos laufen. Neben den
TV-Stationen sind Telefonkonzerne
wie die Telekom und Kabelnetz -
betreiber in das Geschäft eingestie-
gen. Zudem treten Internethändler
wie Amazon oder rasant expandie-

rende Medienhäuser wie Netflix aus
Amerika an.
Das führt dazu, dass die Verbrau-
cher immer mehr Geld fürs Fernse-
hen ausgeben. So stiegen die Umsät-
ze im Pay-TV und dem sogenannten
Video-on-Demand vergangenes Jahr
in Deutschland um 16 Prozent auf
3,5 Milliarden Euro. Für 2019 erwar-
tet der Verband Privater Medien
(Vaunet) ein weiteres Plus auf vier
Milliarden Euro. Die Zahlungsbe-
reitschaft der Menschen und die
Nachfrage nach TV-Inhalten steige
kontinuierlich, so Vaunet.
Derzeit können die Konsumenten
in Deutschland unter 108 Pay-TV-
Programmen wählen. Die größten
Bezahlplattformen sind Sky
Deutschland, Vodafone Giga TV,
Unitymedia und Magenta TV. Dieses
Jahr drängen Konzerne wie Disney
und Apple auf diesen Markt.
Sky hat sich auch angesichts des
zunehmenden Wettbewerbs in den
vergangenen Jahren gewandelt.
Lange waren es insbesondere die
Fußballfans, von denen der Medien-
konzern lebte. Noch heute ist die
Liveberichterstattung der Bundesli-
ga der wohl wichtigste Grund, ein
Abonnement abzuschließen.

Neue Zielgruppen mit eige-
nen Serien anlocken

Mit selbst produzierten Serien wie
„Babylon Berlin“ oder „Das Boot“
will Sky inzwischen ein Publikum
jenseits der Sportfreunde anlocken
und für Frauen attraktiver werden.
„Wenn wir wachsen wollen, müssen
wir unterschiedliche, vor allem
auch neue Zielgruppen anspre-
chen“, sagte Programmchefin Elke
Walthelm im Frühjahr dem Han-
delsblatt.
Auf Sport verzichten können sie
bei Sky natürlich trotzdem nicht.
Spannend wird es im Herbst, wenn
die Bundesliga ihre Übertragungs-
rechte neu ausschreibt. Nur einmal
in der Geschichte hat der Sender
auf die Spiele verzichtet – und geriet
daraufhin in massive Turbulenzen.
Kaum vorstellbar, dass es Firmen-
chef Carsten Schmidt noch einmal
so weit kommen lässt. J. Hofer

Sky-Serien „Babylon
Berlin“ (l.) und „Das
Boot“: Die Eigenproduk-
tionen sollen ein neues
Publikum zum Bezahlsen-
der locken.

obs, Sky Deutschland AG und Sky Deut

Natürlich


sind wir


hoch -


interessiert


an der


Bundesliga –


und die


Bundesliga an


uns.


Carsten Schmidt
CEO Sky Deutschland

Unternehmen & Märkte
DIENSTAG, 30. JULI 2019, NR. 144


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