Handelsblatt - 30.07.2019

(Nandana) #1
um 24 Prozent und die Personalkos-
ten um 21 Prozent erhöhten, redu-
zierte sich die Vorsteuermarge auf
11,4 Prozent von 16,6 Prozent.
„Wir sind immer noch die Gesell-
schaft mit den niedrigsten Kosten
und schlagen unsere Konkurrenten
um Längen“, zeigte sich Ryanair-Chef
O’Leary bei einer Videoschalte zur
Bekanntgabe der Zahlen kampfeslus-
tig. „Und wir sind der Meinung, dass
wir das auch in Zukunft tun werden“,
beteuerte er. „Wir sehen niedrigere
Ticketpreise und höhere Energieprei-
se, das schlägt sich in unseren Ergeb-
nissen nieder, aber auch in denen all
unserer Wettbewerber“, sagte O’Lea-
ry. Das dürfte aus seiner Sicht dazu
führen, dass im zweiten Halbjahr
weitere Airlines vom Markt ver-
schwinden oder verkauft werden.

Ryanair plant für das laufende Ge-
schäftsjahr mit einem Gewinn zwi-
schen 750 bis 950 Millionen Euro, al-
so maximal so viel wie im vorange-
gangenen Geschäftsjahr. An dieser
Prognose hielt O’Leary am Montag
fest – allerdings mit der Warnung,
dass man noch nicht gut abschätzen
könne, wie sich die Preise im zweiten
Halbjahr entwickeln und welche Pro-
bleme der bevorstehende Brexit ver-
ursachen werde. Zwar baut die Bran-
che darauf, dass nach einem EU-Aus-
stieg der Briten Übergangsregeln
dafür sorgen werden, dass der Flug-
verkehr über den Kanal weiter rei-
bungslos verläuft. Aber trotzdem
dämpfe der Brexit die Zuversicht und
die Konsumfreude vor allem der bri-
tischen Kunden, sagte O’Leary. Au-
ßerdem laufe das Geschäft in
Deutschland nicht so gut, wo Luft-
hansa Air Berlin übernehmen durfte
und dadurch „überschüssige Tickets
unter dem Selbstkostenpreis ver-
kauft“, kritisierte er.
Dazu kommen für Ryanair die Pro-
bleme mit den bestellten Mittelstre-
ckenjets 737 Max von Boeing. Seit
dem Absturz zweier Flugzeuge dür-
fen die Maschinen dieses Typs welt-
weit nicht abheben. Wann das Flug-
verbot aufgehoben wird, ist nicht be-
kannt. Ryanair hatte 210 Maschinen
bestellt, die in den kommenden Jah-
ren geliefert werden sollten. Dank
der neuen Flugzeuge wollte Ryanair
mehr Passagiere zu geringeren Kos-
ten transportieren. Nun rechnet das
Management in Dublin aber frühes-
tens im Januar oder Februar mit der
Lieferung der ersten Maschinen – ein
weiterer Rückschlag.
Vor einigen Wochen hatte Ryanair
deswegen die Wachstumspläne zu-
sammengestrichen: Die Zahl der
Fluggäste soll im kommenden Ge-
schäftsjahr bis Ende März 2021 zwar
auf rund 157 Millionen steigen, zuvor
war man aber noch von 162 Millionen
ausgegangen. Im laufenden Ge-
schäftsjahr 2020 rechnet das Unter-
nehmen mit sieben Prozent mehr
Passagieren, also 152 Millionen. Auch
das ist etwas weniger als zuletzt ge-
plant.

Ryanair


Sommerflaute


in Dublin


Die irische Airline verbucht einen


deutlichen Gewinnrückgang. Die Branche


macht harte Zeiten durch.


Ryanair
Kennzahlen in Mio. Euro Aktienkurs in Euro

371


2 079


2 312


(^275309243)
HANDELSBLATT
Umsatz Operatives
Ergebnis
Netto-
ergebnis
Quellen: Unternehmen, Bloomberg
9,94 €
1.1.2018 29.7.201 9
18
16
14
12
10
8
... 30.6.2018
3-Monate zum ...
... 30.6.2019
+11,2 % -25,7 % -21,4 %
Michael O’Leary:
Der Ryanair-Chef
gibt sich weiter
kämpferisch.
Oliver Tjaden/laif, Bloomberg


21


PROZENT


weniger Gewinn machte Ryanair
im ersten Geschäftsquartal.

Quelle: Unternehmen


Kerstin Leitel London


D

arf ’s noch a’ bissl’
mehr sein? Mit diesem
Spruch versuchen
nicht nur geschickte
Verkäufer im Einzel-
handel ihren Kunden etwas mehr
Geld abzuluchsen. Auch Ryanair ver-
fährt nach diesem altbewährten
Motto. Für bessere Sitze, ein
bequemeres Check-in oder
ein größeres Gepäckstück
müssen Kunden extra
zahlen. Der Durch-
schnittspreis für ein ge-
wöhnliches Ryanair-Ti-
cket lag zuletzt bei 36 Eu-
ro. Doch die Zusatzeinnah-
men, dank der Ryanair im
Schnitt 55 Euro pro Passagier kas-
siert, trugen nun auch dazu bei, dass
die aktuellen Zahlen des irischen Bil-
ligfliegers nicht so schlecht ausfielen
wie von vielen Börsianern befürchtet.
Dennoch sah das Ergebnis von
Ryanair im ersten Geschäftsquartal
auf den ersten Blick bedenklich aus:
In den Monaten April bis Juni ver-
diente Ryanair 243 Millionen Euro
und damit 21 Prozent weniger als ein
Jahr zuvor. Der Umsatz stieg zugleich
um elf Prozent auf 2,3 Milliarden Eu-
ro, die Zahl der Passagiere um eben-
falls elf Prozent auf 42 Millionen.
Immerhin hat es Ryanair durch das
erste Quartal geschafft, ohne seine
Ergebnisprognose für das Gesamtjahr
noch einmal zu reduzieren, kommen-
tierte Analyst Damian Brewer von
RBC Capital die Zahlen. Er hat nach
wie vor eine positive Meinung zu den
in Dublin notierten Aktien und hat
diese mit „outperform“ eingestuft.
Auch Aktienexperte George Salmon
von Hargreaves Lansdown ist nicht
entsetzt: „Der Gewinn sinkt zwar,
aber das ist angesichts des Gegen-
winds fast unvermeidlich.“
Die gesamte Branche macht derzeit
schwierige Zeiten durch: Die Kosten
steigen, und die Einnahmen durch
den Verkauf von Tickets sinken. An-
fang des Jahres hatte Ryanair-Chef Mi-
chael O’Leary bereits gewarnt, dass
dieses Geschäftsjahr schwieriger wer-
den würde. Auch die deutsche Luft-
hansa – die am heutigen Dienstag
Quartalszahlen vorlegt – hatte kürz-
lich eine Gewinnwarnung ausgespro-
chen. Norwegian musste Anfang des
Monats einen Gewinnrückgang um
mehr als 70 Prozent verkünden.

„Billig gewinnt“
Das größte Problem, das alle Airlines
haben, ist eins, das der Ryanair-Chef
mitverursacht hat: „Billig gewinnt“,
ist dessen Motto, seit er 1994 an die
Spitze der irischen Gesellschaft kam.
Die Strategie, Flugtickets immer billi-
ger anzubieten, setzt die ganze Bran-
che unter Druck. Dazu sind in den
vergangenen Jahren immer mehr
neue Gesellschaften auf den Markt
gekommen. Das Angebot an Flugti-
ckets ist mittlerweile so groß, dass
sich die Airlines mit Angeboten unter-
bieten – und die Margen, welche die
Gesellschaften einstreichen, sinken.
Viele Airlines überleben diesen Preis-
kampf nicht. Zumal nicht nur die
Margen sinken, sondern zugleich die
Kosten steigen: Der Ölpreis ist in den
letzten sechs Monaten um über 20
Prozent angestiegen, Piloten und Ka-
binenpersonal fordern mehr Geld.
Vor allem Ryanair musste auf For-
derungen der Mitarbeiter eingehen,
um nicht wieder einen so katastro-
phalen Sommer wie vor zwei Jahren
zu erleben, als Tausende Flüge aus
Mangel an Personal gestrichen wer-
den mussten. Nachdem sich im ers-
ten Quartal die Kosten für Treibstoff

Unternehmen & Märkte
DIENSTAG, 30. JULI 2019, NR. 144

26

Free download pdf