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8 POLITIK 8. August 2019 DIE ZEIT No 33
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Die Angst vor
der Heimkehr
Beirut
B
eiruts straßen sind an diesem
sonntag leerer als sonst, es ist
heiß. Im Viertel schatila lassen
Häuser nur Platz für gassen, es
stinkt nach Abwasser. schiefe
stufen führen zu Marwan und
samira* in den vierten stock. Aus
ihrem Wohnzimmerfenster blicken sie auf Mauern
und andere Fenster, ab und an sind Nachbarn zu
sehen. »Wir kennen sie nicht«, sagt samira.
Vor etwa drei Jahren sind Marwan, 40, und sa-
mira, 36, mit ihren vier Kindern aus Idlib in den
Libanon geflüchtet. sie fühlen sich zunehmend
fremd. Abschätzige Blicke. Erhobene Fäuste. »geh
zurück in dein Land«, höre er oft, sagt Marwan. Vor
einigen tagen wurde ein Kontrollpunkt am Zugang
zu ihrem Viertel aufgebaut, Wachposten verhafteten
Arbeiter ohne Papiere. Was wird aus Marwan, dem
tischler ohne Arbeitserlaubnis?
seit der Krieg vor fast acht Jahren Idlib erreich-
te, kämpfen Marwan und samira darum, dass er
ihre Familie nicht zerreißt. Bis jetzt haben sie es
geschafft. Doch nun könnte ihnen aus gerechnet
das Ende des Krieges gefährlich werden.
Kein staat hat, gemessen an seiner Einwohner-
zahl, mehr Flüchtlinge aufgenommen als der Liba-
non. 2011 kamen die ersten Flüchtlinge aus syrien,
heute sind es mehr als eine Million – neben vier
Millionen Libanesen. Doch nun sagt der Präsident
des Libanons Michel Aoun, die Rückkehr syrischer
Flüchtlinge könne »nicht von einer politischen
Lösung (...) abhängig gemacht werden«. Was so viel
heißt wie: sie sollen gehen, auch wenn syriens
Diktator bleibt.
Ende April brachten libanesische Behörden erst-
mals syrer, die ohne Visum eingereist waren, zurück
nach syrien. Ein neues gesetz erlaubt das, sofern die
Betroffenen nach dem stichtag 24. April 2019 un-
erlaubt die grenze passiert haben. Am 1. Juli zer-
störte die libanesische Armee 20 Behausungen von
Flüchtlingen. Libanesisches Recht verbietet Flücht-
lingen, Häuser aus stein zu bauen – bauen heißt
bleiben. Im ganzen Land durchsuchen neuerdings
libanesische Beamte Baustellen und Restaurants
nach Arbeitern ohne genehmigungen. In Beiruts
Bars kleben Zettel: »Libanesen für Arbeit gesucht«.
Nach mehr als sieben Jahren »Flüchtlingskrise«
sei das Land überlastet, argumentieren Verbünde-
te von Libanons christlich-nationalistischem Prä-
sidenten Aoun. syrien hingegen sei weitgehend
wieder unter Kontrolle der Regierung Assad. Der
libanesische Außenminister und schwiegersohn
des Präsidenten, gebran Bassil, meint, syrer blie-
ben nur im Libanon, weil sie hier geld vom
Flüchtlingshilfswerk uNHCR bekämen.
Einen ähnlichen stimmungsumschwung gibt
es auch in anderen Ländern. türkische Behörden
führten im Juli erstmals syrer zurück. und in Eu-
ropa mehren sich stimmen, die dafür plädieren,
wenigstens einige der Flüchtlinge sollten dem-
nächst nach syrien zurückkehren. Im Februar
stufte Dänemark syrien als »teilweise sicher« ein.
syrer bekommen dort nicht mehr bedingungslos
eine Aufenthaltsgenehmigung. In Deutschland
versuchte das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge im März, Ähnliches zu erreichen. Auch
die Innenminister von sachsen und Bayern plä-
dierten dafür. Kanzler- und Außenamt lehnen das
allerdings bislang ab.
Heimkehren – das klingt wünschenswert. Der
Krieg in syrien ist entschieden, wenn auch zu-
gunsten des Diktators. Das Land wird wiederauf-
gebaut werden müssen. Warum also kehren bis-
lang kaum syrer zurück? und wie begegnet man
staaten, die sie dazu drängen?
Marwan und samira sind stolz darauf, dass sie
es in den vierten stock geschafft haben. Es ist
schimmel an der Wand, ja, »aber weil hier oben
Wind weht, riecht man ihn nicht«, sagt samira. Im
Libanon lebten sie zunächst in einem Zimmer:
sechs Menschen, ein Klo, ein Herd. Jetzt kommen
die Ältesten in die Pubertät. Dass sie ihnen etwas
Privatsphäre bieten können, ist ihr jüngster sieg in
diesem Krieg.
Das Paar sitzt auf der Couch, die beiden er-
zählen zunächst nur zögerlich. Auch das sagt etwas
über die Lage syrischer Flüchtlinge aus: Viele
Familien sind inzwischen voller Angst. Wer weiß,
ob syrische geheimdienste ihnen so ein Interview
mit einer europäischen Zeitung einmal zur Last
legen können?
Als 2011 die Proteste Idlib erreichten, sahen sie
am Fernseher zu. sie hätten das Assad-Regime nie
gemocht, sagen sie, aber demonstrieren gehen? Das
konnten sie sich nicht vorstellen. »Die sicherheit
der Familie steht an erster stelle«, sagt Marwan.
Ein Cousin ging zur Armee, ein anderer zu den
Rebellen; Verwandte und Freunde flohen in ande-
re Provinzen syriens, in die türkei. Nach Europa
schaffte es kaum jemand: zu teuer. Marwan holte
seine Familie erst aus Idlib in den Libanon, nach-
dem ein geschoss das Nachbarhaus traf.
Ihren Aufstieg in den vierten stock haben sie
teuer bezahlt. seit einem Jahr arbeitet ihr sohn,
14, in einem Ein-Dollar-shop, ohne Papiere. Er
verdient 400 Dollar im Monat, das reicht gerade
so für Miete, strom und Wasser. »Er hat einen
ganzen tag geweint, weil er weiter zur schule ge-
hen wollte«, sagt seine schwester. »Es ging nicht
anders«, sagt samira. Im sommer 2018 kürzten
die uN die Lebensmittelhilfen. Marwan fand da
schon kaum noch Arbeit.
2016 schloss die Eu auf Betreiben von Bun-
deskanzlerin Angela Merkel ein Abkommen mit
der türkei: Weniger Flüchtende gelangen seitdem
nach Europa, dafür zahlt die Eu mehr Hilfsgel-
der an die Aufnahmeländer in der Region. Kriti-
ker meinten damals, die Eu kaufe sich aus ihrer
Verantwortung frei. Zumindest haben die Euro-
päer seither weniger genau hingeschaut.
Mehr als sechs Milliarden Euro Hilfe sind seit
Beginn des Krieges in den Libanon geflossen. Das
klingt nach einer großen summe. tatsächlich ist
es ein Drittel weniger, als die uN für notwendig
erachtet hatte, um die grundversorgung der
Flüchtlinge im Land sicherzustellen.
Wenn Helfer das Ausmaß einer humanitären
Krise bewerten wollen, greifen sie auf das engli-
sche Wort resilience zurück. Man kann das als
Frage übersetzen: Wie gut lassen sich neue Härten
noch abfedern? Als Marwan nicht mehr 20, son-
dern nur noch 13 tage im Monat Arbeit fand,
kochte seine Frau weniger gemüse und mehr Reis.
Als die Hilfen gestrichen wurden, fing der sohn
an zu arbeiten. und jetzt, da syrische Arbeiter ent-
lassen werden? Aufs Mittagessen verzichten?
tausende Familien stehen in diesen tagen vor
solchen Fragen.
Marwan kam schon vor dem Krieg in den Li-
banon, monatsweise, um in einer tischlerei zu
arbeiten. Eine Arbeitserlaubnis hatte er auch da-
mals nicht. »Das war den Libanesen egal. syrer
waren die billigsten Arbeiter«, sagt er. »Wir waren
willkommen.«
Der libanesische staat kennt tausende Vor-
schriften. Aber er lebt auch vom Regelbruch. Ar-
beitsgenehmigungen für Ausländer kosten mehr,
als die allermeisten sich leisten können. Kontrol-
liert wurden sie bislang kaum. schwarzarbeit bei
Hilfsjobs hatte system. so war es auch mit Auf-
enthaltspapieren: Bei einer Erhebung der uN aus
dem Jahr 2018 unter Flüchtlingen kam heraus,
dass in 80 Prozent der Haushalte nicht alle Fami-
lienmitglieder einen gültigen status hatten.
Die Nationalisten in der Regierung nutzen das
nun. Wenn sie Arbeiter kontrollieren oder Hüt-
ten abreißen lassen, setzen sie geltendes Recht
durch. sie können sich damit brüsten durch-
zugreifen – und machen sich kaum angreifbar.
Vor allem nicht durch die Europäer.
Die pochen in diesen tagen auf die Abmachung:
Die Eu-staaten zahlen, damit Flüchtlinge hier
schutz finden. Der Libanon dürfe niemanden zur
Rückkehr zwingen. Wann aber wird aus Not Zwang?
Die Regierenden des Libanons betonen, dass sie auf
freiwillige Rückkehr setzen. Marwan meint: »sie
wollen, dass wir es nicht mehr ertragen.« Deporta-
tionen oder Abrisse treffen Einzelne, die Angst davor
alle. und die Angst soll zumindest jene nach syrien
zurücktreiben, die nicht aufgrund von politischem
Aktivismus, sondern vor dem Krieg geflohen sind.
Als wäre der Krieg vorbei.
Ihre alte Heimat Idlib ist so heftig umkämpft
wie nie. Als Marwan davon erzählt, beginnt seine
Jüngste, die still gespielt hat, auf ein Kissen ein-
zuschlagen. »Die Flugzeuge«, sagt Marwan nur. Die
Kinder haben den Luftkrieg erlebt, mit dem das
syrische Regime mit seinen Verbündeten Russland
und Iran das Land zurückerobert hat. Es fehlt nur
der Norden. Dort haben sich die verbliebenen Re-
bellen verschanzt. Mit ihnen harren auch drei
Millionen Zivilisten aus. Es ist der Kampf um eine
sackgasse: Weder Kämpfern noch Zivilisten bleibt
ein Fluchtweg, die grenze zur türkei ist dicht.
syriens schutzmacht Russland und die türkei
hatten deshalb verhandelt. Doch keine Einigung
hält. seit April rücken Regimekräfte vor, unter-
brochen nur von kurzen Waffenruhen.
In dieser vermutlich letzten schlacht begeht das
Assad-Regime von Neuem systematisch Kriegs-
verbrechen. syrische und russische Jets haben bislang
39 Krankenhäuser gezielt zerstört. Das ist eine Bot-
schaft an die Opposition – und an die internationa-
le gemeinschaft: Wir sind uns sicher, dass wir keine
Konsequenzen zu fürchten haben.
so sieht sich die syrische Familie in Beirut ein-
geklemmt zwischen zwei Fronten: dort der Krieg,
hier der Druck zur Rückkehr. Bliebe noch der
Weg in andere teile syriens, die Regimegebiete.
»Auf keinen Fall«, ruft Marwan.
Er sagt: soweit er wisse, stehe er auf keiner
Fahndungsliste des Regimes. »Aber was heißt das
schon, bei all den Checkpoints?« 128.000 Men-
schen hat das Assad-Regime seit 2011 verhaftet,
laut dem syrischen Netzwerk für Menschenrech-
te. Das Ausmaß von Folter und Mord in gefäng-
nissen ist umfassend dokumentiert. »Zuletzt hat
die Willkür noch zugenommen«, sagt sara
Kayyali von Human Rights Watch. Rivalisierende
geheimdienste nehmen auch Männer fest, denen
nicht einmal das Regime etwas vorwirft. Rück-
kehrern werde besonders misstraut, berichtet die
Organisation Adopt a Revolution.
Die Europäer haben zu dem wachsenden
Druck auf Flüchtlinge im Libanon bislang kaum
öffentlich stellung bezogen. Das Auswärtige
Amt erklärt, man rede mit der libanesischen sei-
te darüber und stimme sich mit anderen staaten
ab. Aus verschiedenen Botschaften heißt es dazu:
Man wolle für die Flüchtlinge eintreten, ohne
dem Populismus im Libanon Vorschub zu leis-
ten. Die Regierung des Libanons soll zugesichert
haben, dass keine weiteren Abrisse erfolgen.
Nur: Reicht das? soll man noch Hilfsgelder in
vollem umfang an staaten bezahlen, die Flücht-
lingen keinen echten schutz bieten? In Wahrheit
ist das keine offene Frage: Kürzungen würden den
Flüchtlingen schaden. Der Libanon erwartet
allerdings auch Budgethilfen in Milliardenhöhe.
Die ließen sich zumindest teilweise zurückhalten.
Das allerdings wäre riskant, denn das Land steht
vor dem wirtschaftlichen Kollaps.
syriens Präsident Baschar al-Assad warf dem
Libanon seinerseits vor, Flüchtlinge »behalten« zu
wollen, um Hilfsgelder zu kassieren. Dabei möchte
Assad selbst syrische Rückkehrer anlocken – um in-
ternationale gelder für den Wiederaufbau syriens
zu kassieren. Im Beiruter Viertel schatila beobachten
sie, wie nun vermehrt Frauen und Kinder nach
syrien abreisen. Männer bleiben. Für Frauen ist das
Risiko von Verhaftungen geringer. Marwan sieht
das mit trauer: Hier zerreißt nicht der Krieg die
Familien, sondern sein Ende. - Namen geändert
Mitarbeit: Anna-Maria Ohan Guzelian
Idlib
IRAKIRAK
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JOR DANIENJOR DANIEN 100 km
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BeirutBeirut
SYRIENSYRIEN
ZEIT-GRAFIK
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LIBANON SYRIENSYRIEN
Syrische Kinder spielen in den
Trümmern demolierter Häuser
im libanesischen Flüchtlingscamp Arsal
Foto (Ausschnitt): Mohamed Azakir/Reuters
Der Libanon hat mehr als eine Million syrische
Flüchtlinge aufgenommen – nun will die libanesische
Regierung diese unter allen umständen loswerden VON LEA FREHSE