Die Welt Kompakt - 31.07.2019

(lu) #1

WIRTSCHAFT MITTWOCH,31.JULI2019 SEITE 10


Marktstimmung in Deutschland


WEuphorie WNiedergeschlagenheit
WBeschwingtheit WVerzweiflung
WGleichgültigkeit

gemessen am Angst-Index VDax


  • Aktuell -Vorheriger Handelstag


DAX
Name Schluss+/-52 Wochen
30.07.%HochTief
Adidas NA 279,15 -3,37290,3178,
Allianz vNA 209,00 -1,85219,1170,
BASF NA 60,44 -2,8582,9957,
Bayer NA 57,16 -3,6697,0352,
Beiersdorf 106,35 -0,61109,480,
BMW St 67,11 -1,7386,7461,
Continental 125,52 -2,80198,0112,
Covestro 41,16 -2,4282,4838,
Daimler NA 47,24 -2,5460,0044,
Deutsche Bank NA 6,90 -2,5211,265,
Deutsche Börse NA 124,80+0,36130,7102,
Deutsche Post NA 29,43 -2,9732,1823,
Deutsche Telekom NA14,89 -1,6815,8813,
E.ON NA 9,23 -2,7610,268,
Fresenius 44,94 -2,1371,0038,
Fresenius M. C. St. 63,80 -5,3491,7455,
HeidelbergCementHeidelbergCement 66,50 -3,3473,5251,
Henkel Vz. 92,10 -1,20113,880,
Infineon NA 17,01 -2,5923,3413,
Linde PLC 176,35 -1,51184,8130,
Lufthansa vNA 14,21 -6,0224,4514,
Merck 92,36 -2,49102,985,
Münch. Rück vNA 218,20 -1,62228,8180,
RWE St. 24,30 -0,7425,3016,
SAP 110,58 -2,50125,083,
Siemens NA 99,62 -1,56121,790,
thyssenkruppthyssenkrupp 11,53 -1,1623,5011,
Volkswagen Vz. 151,74 -0,95164,0131,
Vonovia NA 44,47 -1,1848,9338,
Wirecard 147,50 -1,67199,086,


FINANZMÄRKTE
DATEN VON


DaxPunkte Euro-Stoxx-50Punkte
30.07.12147,2430.07.3462,8530.07.12147,2430.07.3462,8530.07.12147,2430.07.3462,


Dow JonesPunkte Gold$/Feinunze
30.07.27189,4930.07.1428,0430.07.27189,4930.07.1428,0430.07.27189,4930.07.1428,


Name Schluss+/-52 Wochen
30.07.%HochTief


Name Schluss+/-52 Wochen
30.07.%HochTief
-3,37290,3178,
-1,85219,1170,
-2,8582,9957,
-3,6697,0352,
-0,61109,480,
-1,7386,7461,
-2,80198,0112,
-2,4282,4838,
-2,5460,0044,
-2,5211,265,
+0,36130,7102,
-2,9732,1823,
-1,6815,8813,
-2,7610,268,
-2,1371,0038,
-5,3491,7455,
-3,3473,5251,
-1,20113,880,
-2,5923,3413,
-1,51184,8130,
-6,0224,4514,
-2,49102,985,
-1,62228,8180,
-0,7425,3016,
-2,50125,083,
-1,56121,790,
-1,1623,5011,
-0,95164,0131,
-1,1848,9338,
-1,67199,086,


30.07.%HochTief
-3,37290,3178,
-1,85219,1170,
-2,8582,9957,
-3,6697,0352,
-0,61109,480,
-1,7386,7461,
-2,80198,0112,
-2,4282,4838,
-2,5460,0044,
-2,5211,265,
+0,36130,7102,
-2,9732,1823,
-1,6815,8813,
-2,7610,268,
-2,1371,0038,
-5,3491,7455,
-3,3473,5251,
-1,20113,880,
-2,5923,3413,
-1,51184,8130,
-6,0224,4514,
-2,49102,985,
-1,62228,8180,
-0,7425,3016,
-2,50125,083,
-1,56121,790,
-1,1623,5011,
-0,95164,0131,
-1,1848,9338,
-1,67199,086,

Die US-Bank Capital One ist
Opfer eines Hackerangriffs
geworden. Eine 33-Jährige ha-
be die Daten von etwa 100
Millionen Kunden in den USA
und sechs Millionen Kunden
in Kanada erbeutet. Der Vor-
fall werde das Institut zwi-
schen 100 und 150 Millionen
Dollar kosten. Bei dem Angriff
seien vor allem Namen und
Adressen erbeutet worden,
zudem Sozialversicherungs-
und Kontonummern; sie habe
sich aber keinen Zugang zu
den Kreditkartendaten ver-
schaffen können. Die Frau
wurde inzwischen festgenom-
men. Bei der Hackerin, eine
frühere Mitarbeiterin des
Handelskonzerns Amazon,
handelt es sich nach Angaben
der Behörde um eine Softwa-
re-Ingenieurin aus Seattle. Ihr
Motiv war zunächst unklar.
Capital-One-Chef Richard
Fairbank entschuldigte sich
bei den betroffenen Kunden.


Hackerin


erbeutet


Kunden-Daten


E

uropa steht im Ruf,
sich immer nur dann
weiterzuentwickeln,
wenn es in der Krise
steckt. So war es auch mit der
Bankenunion. Da wurde unter
dem Druck der Finanzmärkte
eine Lösung gefunden, wie
künftig die Finanzinstitute in
der Euro-Zone unter dem Dach
der Europäischen Zentralbank
(EZB) gemeinsam überwacht
und bei Schieflagen auch nach
gemeinsamen Regeln abgewi-
ckelt werden. Am Ende stimm-
te Berlin dieser Lösung zähne-
knirschend zu, wohl wissend,
dass möglicherweise unkalku-
lierbare Risiken auch auf die
deutschen Steuerzahler zukom-
men könnten.

VON HOLGER ZSCHÄPITZ

Dieses pragmatische Vorge-
hen, immer mehr Kompetenzen
auf Europa übergehen zu lassen,
scheint aus Sicht der Politik
ganz gut zu funktionieren. Die
europäische Bankenunion ist
mit dem deutschen Grundge-
setz vereinbar. Das Bundesver-
fassungsgericht erklärte am
Dienstag, sowohl die Aufsicht
der EZB über die großen Banken
der Euro-Zone als auch die
Schaffung einer europäischen
Behörde für die Abwicklung ma-
roder Institute sind mit dem
Grundgesetz vereinbar. Die
zentralen Säulen der europäi-
schen Bankenunion seien ver-
fassungsgemäß und durch die
europäischen Verträge gedeckt.
Gleichzeitig mahnte der
Zweite Senat unter Vorsitz von
Gerichtspräsident Andreas Voß-
kuhle die strikte Einhaltung der
Regeln an. „Die Regelungen zur
Europäischen Bankenunion
schöpfen den vorgegebenen
Rechtsrahmen sehr weitgehend
aus, überschreiten ihn aber
nicht“, sagte er in der Urteils-
verkündung in Karlsruhe. Ver-
fassungsbeschwerden, mit de-
nen entsprechende Kompeten-
zen nach Deutschland zurück-
geholt werden sollten, wies das
Gericht zurück. (Az. 2BvR 1685/
14 und 2 BvR 2631/14)
Die Kläger um den Berliner
Juristen und Wirtschaftswis-
senschaftler Markus Kerber
hatten 2014 Verfassungsbe-
schwerde eingelegt. Sie argu-
mentieren, dass die europäische
Bankenunion von EU-Verträgen
und Grundgesetz nicht gedeckt
sei. Deutschland würde milliar-
denschwere Haftungsrisiken
eingehen, ohne dabei wirkliche
Kontrolle zu haben. Das stelle
einen sogenannten Ultra-vires-
Akt dar, der gegen das deutsche
Grundgesetz verstoße.
Die Karlsruher Richter sahen
das anders. Im Rahmen der EU-
Integration halten sie es für ge-
rechtfertigt, weitere Kompeten-
zen abzugeben, wenn noch ein
gewisser Einfluss für Deutsch-
land besteht. Die Aufsicht über
die Banken in der Euro-Zone sei
nicht vollständig auf die EZB
übertragen worden, so der

Zweite Senat. Umfangreiche Be-
fugnisse verblieben bei den na-
tionalen Aufsichtsbehörden. Ei-
ne Dominanz der EZB bei der
Wahrnehmung von Aufgaben
der Bankenaufsicht sei noch
nicht erkennbar.
Dass der Europäische Ge-
richtshof zuletzt in einem Ur-
teil der EZB die ausschließliche
Zuständigkeit bei der Banken-
überwachung zuerkannt hatte,
spielte offensichtlich in Karls-
ruhe keine Rolle. Bedenken äu-
ßerten die Richter zwar gegen
den Ausschuss, der für die ein-
heitliche Abwicklung zahlungs-
unfähiger Banken zuständig ist.
Die Unabhängigkeit des Aus-
schusses stehe in einem gewis-
sen Spannungsverhältnis zum
Demokratiegebot. Die Rechen-
schaftspflicht des Ausschusses
und dessen gerichtliche Kon-
trolle stellten aber eine hinrei-
chende demokratische Steuer-
barkeit sicher.
Die Bundesregierung äußerte
sich positiv. „Das Urteil bestä-
tigt die Rechtsauffassung der
Bundesregierung“, sagte Fi-
nanzstaatssekretär Jörg Kukies
(SPD) nach der Urteilsbegrün-
dung. In der letzten Finanzkrise
hätten die deutschen Steuer-
zahler 60 Milliarden Euro ge-
zahlt, weil es kein einheitliches

Abwicklungsregime gegeben ha-
be. Das habe sich mit der Ban-
kenunion geändert. „Durch die
einheitliche Beaufsichtigung ist
das jetzt wesentlich besser.“
Der wirtschaftspolitische
Sprecher der EVP im EU-Parla-
ment, Markus Ferber (CSU),
zeigte sich zufrieden mit Karls-
ruhe. „Ich begrüße das Urteil.
Das Bundesverfassungsgericht
hat verstanden, dass es große
international agierende Banken
gibt, die unter dem Dach der
EZB beaufsichtigt werden müs-
sen“, sagte er WELT. „Das ist
wichtig, um Schaden vom deut-
schen Steuerzahler abzuwen-
den. Das Urteil zeigt auch, dass
die Lösungen, die wir in Brüssel
gefunden haben, angemessen
sind.“ Auch die Bundesbank be-
grüßte den Richterspruch. „Wir
sehen es positiv, dass der euro-
päische Fortschritt in Form der
einheitlichen Bankenaufsicht in
Deutschland verfassungsrecht-
lich abgesichert ist“, sagte Bun-
desbank-Vorstand Joachim Wu-
ermeling dem „Handelsblatt“.
Wuermeling ist im Bundesbank-
Vorstand für die Bankenaufsicht
zuständig.
Kritisch äußerte sich natur-
gemäß die Klägerseite. „Die Eu-
ropa-Freundlichkeit des Bun-
desverfassungsgerichtes geht

weiter“, sagte Kerber. Die im
EU-Vertrag von Lissabon fest-
gelegten Kompetenzen würden
Stück für Stück unzulässig er-
weitert. „Wenn man diese
Rechtssprechung fortschreibt,
dann heißt das, wir Deutschen
müssen unsere Demokratie auf
dem Altar Europas opfern.“
Kerber ist in Karlsruhe kein Un-
bekannter. Der Berliner Profes-
sor ist bereits gegen den Lissa-
bon-Vertrag, die Griechenland-
Hilfen, das unlimitierte Staats-
anleihekaufprogramm (OMT)
und das Anleihenkaufpro-
gramm der EZB zu Felde gezo-
gen und war bislang selten er-
folgreich. Der Anwalt hofft da-
rauf, dass seine Klagen zumin-
dest eine kritische Öffentlich-
keit erreichen.
Als Lehre aus der Finanzkrise
werden seit Herbst 2014 die gro-
ßen Banken im Währungsraum
von der Europäischen Zentral-
bank (EZB) kontrolliert. In
Deutschland sind es 21 soge-
nannte systemrelevante Kredit-
institute, darunter die Deutsche
Bank und die Commerzbank.
Für die rund 1400 kleineren
deutschen Institute bleiben die
Bafin und die Bundesbank zu-
ständig. Zudem wurde eine in
Brüssel angesiedelte Behörde
zur Abwicklung von Krisenban-
ken geschaffen und ein Fonds
aufgebaut, der beim Zusam-
menbruch eines Geldhauses
zum Einsatz kommen soll. Der
von den Banken gespeiste
Fonds hat mittlerweile rund 33
Milliarden Euro eingesammelt
und soll bis Ende 2023 rund 60
Milliarden Euro erreichen. Die
Kläger halten die Rettungssum-
men jedoch für viel zu niedrig.
Sollte es zu einer Bankenkrise
kommen, würden hohe Risiken
auf die Steuerzahler zukom-
men. Tatsächlich haben viele
Banken in Europa noch hohe
Altlasten in ihren Büchern.
MITARBEIT: CHRISTOPH B. SCHILTZ

Bundesverfassungsrichter Andreas Voßkuhle vor der Urteilsverkündung

DPA

/ ULI DECK

Mit dem


Grundgesetz


vereinbar


Das Bundesverfassungsgericht


hat entschieden, dass die europäische


Bankenunion rechtens ist

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