Der Stern - 01.08.2019

(nextflipdebug2) #1
FOTOS: JÖRG MODROW, DAGMAR SCHWELLE/LAIF

vom Flughafen dauert es 30 bis 40 Minuten,
bald liegt die Stadt hinter einem und Mia-
mi Beach vor einem. Dort geht es rechts nach
South Beach, links nach North Beach. Rechts
ist lauter.
Die wesentliche Ader der Stadt heißt Col-
lins Avenue, die sich durch ganz Miami
Beach zieht und an der die meisten Hotels
am Strand stehen. Von Fünfsterne-Super-
luxus bis zu Zweisterne-Normalität mit
Poolwanne ist alles dabei. Je näher am Zen-
trum, umso teurer. Wobei es sich leicht be-
wegen lässt in Miami Beach; Busse fahren
oft, Trolleys, also Kleinbusse, sind sogar
gratis, der Fahrdienst Uber ist allgegenwär-
tig, Räder kann man an Stationen mieten.
Wer hier ein paar Tage bleiben will, braucht
keinen Leihwagen, der zudem pro Nacht oft
25 Dollar Hotelparkplatzgebühr kostet.
Und nun? Einfach hier sein. Sich treiben
lassen, schauen, gucken, staunen. Zuver-
lässige Temperatur: meistens um die 25
Grad. Allerdings mag es im Spätsommer
auch mal regnen, es kann dann auch einer
der berüchtigten Hurrikans durchtoben.
Also, vor Reisebeginn immer nach der
Sturmsaison fragen.

Joggingstrecke und Laufsteg
Wo nun anfangen? Am besten mit dem
Miami Beach Boardwalk, einem breiten
Holzfußweg am Strand. Er beginnt im
Norden am Indian Beach Park und endet
gut sechs Kilometer südlich, auf der einen
Seite das Meer, auf der anderen die Stadt.
Joggingstrecke, Laufsteg, Startbahn, was
auch immer – von morgens früh bis in die
Nacht ist der Boardwalk der ruhigste Ort,
um die Hektik links liegen zu lassen. Von
hier kann man dann immer wieder in die
Stadt einbiegen, gucken, erleben, staunen


  • und wieder zurück.
    Erster Abstecher von Norden kommend
    ist die Lincoln Road, eine bunte, laute, vol-
    le Fußgänger-Einkaufsstraße mit Restau-
    rants, Boutiquen und Miami Vibe. Sollte
    man gesehen haben, wenn man hier ist.
    Aber auch, Achtung, mit kernigen Preisen
    in den Lokalen. Wie überall in Miami Beach
    findet man mit ein wenig Geduld in den
    Nebenstraßen oder am westlichen Ende
    der Lincoln kleinere und bessere Restau-
    rants und Bars, die günstiger sind.
    So, nächster Abstecher vom Boardwalk
    bei der 15. Straße. Man sieht sie schon von
    Weitem, die Art-déco-Häuser und -Hotels,
    die hier in den 20er und 30er Jahren gebaut
    wurden und die bis heute in ihren Bonbon-
    und Pastellfarben ein beliebtes Postkarten-
    motiv sind. Hier, an der Strandstraße Ocean
    Drive, können Besucher nun Tag und Nacht
    geballtes Miami Beach erleben.


E


s ist wie mit einem Cocktail, von
dem Freunde erzählen. Pfirsich, Me-
lone, Champagner und ein dicker
Schuss Wodka oder so, schön bunt,
schön kalt, und jede Minute ist dein
Freund. Oder deine Freundin. Du in
Badehose oder Bikini und deine Gedanken
in Flip-Flops, man kann doch in Hawaii-
hemden auch wohnen, oder? Okay, das wa-
ren jetzt schon zwei Gläser, und ein drittes
geht auch noch, aber dann besser weiterfah-
ren, bevor einem schwindelig wird, erholen
und vielleicht noch mal zurückkehren. So
ähnlich ist das hier, in Miami Beach.
Sieht schon von Weitem aus wie ein Ver-
sprechen: endloser weißer Sandstrand,
nicht nach der Uhr leben, sondern mit Son-
nenauf- und Sonnenuntergang; an einem
Ort sein, an dem die Menschen Posen zum
Lebensinhalt gemacht haben. Das ist groß- 4

artig hemmungslos. Nirgendwo sind die
Neon-Bikinis und Neon-Badehosen
greller als hier; nirgendwo röhren türkis-
farbene Ferraris und Lamborghinis so fröh-
lich, nirgendwo ist Silikon so normal, sind
Männermuskeln geölter. Klingt furchtbar?
Nein, Miami Beach ist ein großes öffentli-
ches Schauleben und -laufen von Darstel-
lern, man selbst der Zuschauer.
Wer Miami Beach nicht kennt, kennt
Florida nicht. Man muss hier nicht zwei
Wochen sein, der Strand ist zwar immer
schön, aber er wird mit der Zeit nicht inte-
ressanter. Besser ist es, hier anzufangen,
gleich eine volle Ladung Florida sozusagen,
und dann weiterfahren auf die sehr lange
Straße der Keys-Inseln, um sich am Ende,
in Key West, einmal wie der frühere Bewoh-
ner Ernest Hemingway zu fühlen und um
dort den Sonnenuntergang zu betrachten.
Oder in die Sümpfe, die Everglades, um Kro-
kodile zu besichtigen. Oder einmal durch
den Landfinger Floridas auf die andere Sei-
te –Fort Myers und Sanibel Island.
Aber bleiben wir mal in Miami Beach.
Der Name kommt vom indianischen
„Mayaimi“, was „großes Wasser“ bedeutet.
Tatsächlich ist der Ort eigentlich eine lan-
ge Düne, durch Brücken mit dem Festland
verbunden. 1876 bauten sie hier das erste
Haus, eine Notstation für Schiffbrüchige.
Investoren eröffneten 1915 ein erstes Ho-
tel. Miami Beach wurde als Badestrand vom
neu gegründeten Miami entdeckt. Und ist
es bis heute geblieben, nur wurde aus dem
einen Hotel eine kilometerlange Reihe aus
hochstöckigen Großherbergen und Apart-
menthäusern. Etwa 92 000 Einwohner hat
die Stadt, die meisten von ihnen arbeiten
im Tourismus. Ankommen geht schnell,

Zwischen Hütten und Wolkenkratzern: Ein Rettungs-
schwimmer hat den South Beach von Miami Beach
fest im Blick (o.). Wenn es dämmert, beginnen
Skyline und Marina von Miami zu leuchten (u.)


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REISE

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