Die Welt Kompakt - 22.07.2019

(avery) #1

WIRTSCHAFT MONTAG,22.JULI2019 SEITE 10


D


ie Not macht erfin-
derisch. Weil viele
Unternehmen akute
Nachwuchssorgen
haben und überall in Deutsch-
land Lehrlinge fehlen, legen
sich die Arbeitgeber mächtig
ins Zeug: In Stuttgart lud die
Industrie- und Handelskammer
(IHK) kürzlich zum „Azubi-
Speed-Dating“ ein, um Schulab-
gänger und Betriebe zusam-
menzubringen. In Hessen gibt
es neuerdings eine „Azubi-
Card“, die Lehrlingen etliche fi-
nanzielle Vergünstigungen ver-
spricht. Und in Ostdeutschland
werben Wirtschaftsvertreter
offensiv um junge Leute aus
dem Nachbarland Polen.

VON DOROTHEA SIEMS

Noch rund 240.000 Ausbil-
dungsplätze sind dem Deut-
schen Industrie- und Handels-
kammertag (DIHK) zufolge un-
besetzt. Zwar sei dies nur eine
grobe Schätzung, heißt es bei
dem Spitzenverband. Denn die
Suche sei noch im vollem Gang.
Schließlich beginnt das neue
Ausbildungsjahr erst im Herbst.
Doch trotz aller Bemühungen
wird es den Betrieben wohl
auch in diesem Jahr nicht gelin-
gen, für alle Lehrstellen passen-
de Kandidaten zu finden. 2018
kamen auf rund 530.000 neue
Ausbildungsverträge knapp
58.000 unbesetzte Plätze. Mehr
als jede zehnte Lehrstelle blieb
somit unbesetzt– ein trauriger
Rekord. Allerdings hatten auch
fast 25.000 junge Menschen
keine Lehrstelle gefunden.
Auch die Politik sucht nach
Wegen, um mehr Jugendliche
für die berufliche Ausbildung
zu gewinnen. Denn der steigen-
de Fachkräftemangel entwi-
ckelt sich mehr und mehr zu ei-
ner Wachstumsbremse für die
Wirtschaft. Seit der Jahrtau-
sendwende sank die Zahl der
Auszubildenden um ein Viertel
auf rund 1,3 Millionen. War frü-
her die duale Berufsausbildung
die häufigste Qualifizierungs-
wahl, so zieht es heutzutage die
meisten jungen Leute zum Stu-
dium – auch weil die Politik die-
se Akademisierunglange Zeit
nach Kräften forciert hatte.
Nun aber bemüht sich die
große Koalition mit einem Bün-
del von Maßnahmen darum, die
Attraktivität des dualen Sys-
tems wieder zu erhöhen. So soll
zum 1. Januar 2020 ein Azubi-
Mindestlohn von 515 Euro ein-
geführt werden. Bis 2023 soll es
dann mindestens 620 Euro ge-
ben. Die Novelle des Berufsbil-
dungsgesetzes, die im Herbst
vom Bundestag verabschiedet
werden soll, sieht zudem die
neuen Bezeichnungen „Bache-
lor Professional“ (Meister) und

„Master Professional“ (Be-
triebswirt) vor, um die Gleich-
wertigkeit der dualen Ausbil-
dung mit dem Studium zu sig-
nalisieren. Die Wirtschaft ist al-
lerdings skeptisch, dass die Ge-
setzespläne hilfreich sind. Der
Bildungsexperte des Instituts
der deutschen Wirtschaft (IW),
Dirk Werner, spricht von „Sym-
bolpolitik“, die an den Kernpro-
blemen vorbeigehe.
Zumal die tariflichen Ausbil-
dungsvergütungen in den meis-
ten Berufen schon jetzt deutlich
über 515 Euro liegen. So kommt
ein Maurerlehrling auf 1159 Euro
im Monat, wie eine Analyse des
Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB), der For-
schungseinrichtung der Bun-
desagentur für Arbeit, zeigt.
Selbst die Azubis von Friseuren
(584 Euro) oder Floristen (
Euro), die sehr bescheiden ver-
dienen, liegen über der geplan-
ten Untergrenze.

Allerdings sind nicht alle
Ausbildungsbetriebe tarifge-
bunden. Und bisher schreibt
der Gesetzgeber keine Unter-
grenze vor. Immerhin 16,3 Pro-
zent aller Auszubildenden er-
hielten 2015 im ersten Lehrjahr
dem IAB zufolge ein Monatsge-
halt von weniger als 515 Euro.
Neuere Daten gibt es nicht. Der
Anteil war im Osten mit 35,
Prozent weitaus höher als Wes-
ten, wo nur gut 13 Prozent der
Lehrlinge weniger als den ge-
planten Mindestlohn bekamen.
In Mecklenburg-Vorpommern
ging sogar fast jeder Zweite im
ersten Lehrjahr mit weniger als
dem künftigen Azubi-Mindest-
lohn nach Hause.
Den größten Effekt wird der
Azubi-Mindestlohn somit in
ostdeutschen Kleinstbetrieben
entfalten. Doch gerade diese
könnten sich die höheren Aus-
bildungskosten möglicherwei-
se mitunter gar nicht leisten.

Andererseits ist es gerade im
Osten dringend nötig, die be-
rufliche Ausbildung zu stärken,
denn die neuen Bundesländer
haben die größten Nachwuchs-
probleme, wie eine IW-Studie
zeigt. Während im Bundes-
durchschnitt auf 100 Beschäf-
tigte 7,1 Auszubildende kom-
men, sind es in weiten Teilen
Ostdeutschlands inzwischen
weniger als fünf. Damit droht
dort eine immer größere Lücke
an Facharbeitern.
Dass es im Osten immer we-
niger Auszubildende gibt, liegt
an der demografischen Ent-
wicklung. So hat sich die Zahl
der Azubis in den neuen Bun-
desländern seit Mitte der 90er-
Jahre mehr als halbiert, wäh-
rend sie im Westen um zwölf
Prozent zurückging. Weil im-
mer weniger junge Leute in
Ostdeutschland leben, hat die
Politik vielerorts die Berufs-
schulen geschlossen. Beson-
ders in den ländlichen Regio-
nen müssen Auszubildende
nun oft extrem lange Fahrwege
in Kauf nehmen. Damit wird es
fffür die Betriebe vor Ort nochür die Betriebe vor Ort noch
schwieriger, die Schulabgänger
in der Region zu halten und für
das duale System zu begeis-
tern. Und auch für die Arbeit-
geber ist es unattraktiv, wenn
die Lehrlinge aufgrund langer
Fahrzeiten weniger Zeit im Be-
trieb verbringen.
Um den Abwärtstrend bei
den Berufsschulen zu stoppen,
fffordert der ordert der „Aktionsrat Bil-
dung“ in seinem diesjährigen
Gutachten die Entwicklung
von flexibleren Organisations-
strukturen. So sollten als Al-
ternative zur Schließung klei-
nerer Schulstandorte künftig
lieber neue Wege ausprobiert
werden, wie etwa berufsfeld-
übergreifender Unterricht
oder mobile Ausbildungsange-
bote.
FDP-Arbeitsmarktexperte
Johannes Vogel mahnt vor al-
lem mehr gesellschaftliche An-
erkennung für das duale Sys-
tem an. „Lange hieß es in der
Politik, der akademische Weg
sei besser und die Berufsaus-
bildung nur zweitklassig. Ent-
sprechend haben Eltern und
Lehrer das an die Jugendlichen
weitergegeben. Das müssen
wir aufbrechen“, sagt Vogel.
Schließlich zeige der Arbeits-
markt, dass die berufliche Bil-
dung große Chancen auf einen
sicheren Job und eine gute Be-
zahlung biete. Um die Gleich-
wertigkeit mit dem Studium zu
unterstreichen, plädiert der
FDP-Politiker für eine „neue
Exzellenzinitiative“: etwa ein
Erasmus-Programm, das Aus-
zubildenden einen Auslands-
aufenthalt finanziert, wie dies
bei Studenten der Fall ist.

Azubi-Mangel im Osten
Auszubildende in ��� Landkreisen und kreisfreien StAuszubildende in ��� Landkreisen und kreisfreien StAuszubildende in ��� Landkreisen und kreisfreien Städten, ädten,
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Quelle: IW KölnQuelle: IW Köln

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Immer mehr Lehrstellen bleiben offen
Neue Ausbildungsverträge und unbesetzte Ausbildungsplätze

Quelle: Berufsbildungsbericht ����

Neue Ausbildungsverträge

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Unbesetzte Ausbildungsplätze

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Lehrlinge verzweifeltgesucht


Rund 240.000 Plätze sind vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch unbesetzt


Preise in Euroje 100 Liter bei Kauf
von 3000 Litern einschließlich
1 9Prozent Mehrwertsteuer
Stadt Diese Woche VVVorwocheorwoche
Berlin 7 0,35-72,40 6 8,25-72,
Hamburg 6 5,80-72,60 6 6,75-73,
Hannover^6 7,00-75,80^6 7,95-76,
Düsseldorf 6 8,65-73,20 6 8,90-74,
Frankfurt/M. 6 9,60-79,25 7 0,10-80,
Karlsruhe 7 1,35-72,60 7 2,20-74,
Stuttgart 7 2,95-73,60 7 3,80-75,
München 7 1,50-73,30 7 1,85-73,
Rostock 6 6,30-73,45 6 4,25-74,
Leipzig 6 7,10-71,90 6 7,60-70,
Bei höherer Abnahmemenge
sind Preisnachlässe möglich.
Quelle: Energie Informationsdienst

Heizöl-Preise aktuell

EINSPIELERGEBNIS

„Avengers“
knackt Bestmarke

Das Superheldenepos „Aven-
gers: Endgame“ ist dem Walt-
Disney-Konzern zufolge am
Sonntag zum weltweit erfolg-
reichsten Kinofilm aufgestie-
gen. Die Einnahmen aus den
Ticketverkäufen dürften dann
den bisherigen Rekord von
2,789 Milliarden Dollar bre-
chen, den der vor zehn Jah-
ren erschienene Film „Ava-
tar“ von Regisseur James
Cameron einspielte, gab Dis-
ney in San Diego bekannt.
Der von den Marvel Studios
produzierte Kassenschlager
kam im April in die Kinos.

HITZE IN FRANKREICH

Einbußen in der
Weinproduktion

Frankreich rechnet ange-
sichts der Hitzewelle in die-
sem Sommer mit einem deut-
lichen Rückgang bei der
Weinproduktion. Sie gehe im
Vergleich zu 2018 voraus-
sichtlich um sechs bis 13 Pro-
zent zurück, wie das Land-
wirtschaftsministerium in
Paris unter Berufung auf
Schätzungen mitteilte. Dem-
nach werden dieses Jahr
womöglich nur zwischen 42,
und 46,4 Millionen Hektoliter
Wein produziert – so wenig
wie seit fünf Jahren nicht
mehr. Verantwortlich für den
erwarteten Rückgang sei
insbesondere die Hitzewelle
Ende Juni. Die Weinstöcke
hätten unter „klimatisch
ungünstigen Bedingungen“
geblüht, erklärte das Mi-
nisterium. Davon betroffen
waren demnach insbesondere
die westlichen Anbaugebiete
wie Charente, Bordelais und
das Loire-Tal. In den süd-
französischen Regionen
Gard, Hérault und Var habe
die Hitze zu „Brandflecken“
auf Trauben geführt und
damit zu Produktionsein-
bußen.

KOMPAKT


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Bei höherer Abnahmemenge

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sind Preisnachlässe möglich.
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