Die Welt Kompakt - 22.07.2019

(avery) #1

22 KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MONTAG,22.JULI2019


H


ip-Hop erobert die
Welt. Hierzulande
ist es Deutschrap,
der die Charts be-
herrscht. Keine andere Musik-
richtung erreicht die Jugend so
sehr wie der Hip-Hop. Nicht
nur verdrängt er den Rock bei
den Streamingdiensten, er ver-
drängt ihn auch als Musik der
Rebellion, als das Genre der
Auflehnung gegen Autoritäten.
Beim Deutschrap sind es vor
allem der Staat und die Gesell-
schaft, gegen die sich die Rap-
per stellen. Der Hip-Hop ver-
drängt die Rockmusik. Und
weil man hierzulande erkennt,
dass der Deutschrock nach
rechts rückt, wird der Deutsch-
rap auch zur Stimme der Men-
schen, die die Vielfalt feiert
und weniger die Unterschiede
zelebriert als ihre Gemeinsam-
keiten.

VON CIGDEM TOPRAK

Dabei war der deutschspra-
chige Rap in den letzten Jahren
einer ständigen und heftigen
Kritik ausgesetzt: Seine Texte
beinhalteten antisemitische,
frauenfeindliche und homo-
phobe Schimpfwörter, so die
Vorwürfe, die Verse verherr-
lichten Gewalt und Drogenhan-
del. Hip-Hop sei zur Plattform
des Konsumkapitalismus ge-
worden. Marken wie Rolex, Ba-
lenciaga, Mercedes, AMG und
Louis Vuitton sind die Lieb-
lingswörter der Rapperinnen
und Rapper in Deutschland, die
immer mal wieder in den Tex-
ten erwähnt werden, „ge-
dropt“, wie sie sagen.
Dabei ist Hip-Hop heute
auch die Musik der neuen Ge-
neration von jungen Menschen
geworden, die nicht nur ihre
Toleranz gegenüber der Viel-
falt pflegt, sondern unter-
schiedliche kulturelle und eth-
nische Einflüsse anerkennt. Zu
beobachten auf dem Wireless-
Festival in Frankfurt am Main –
einem Hip-Hop-Festival, bei
dem der erfolgreiche italie-
nisch-tunesische Rapper Ghali,
spanischsprachige Größen wie
J Balvin, amerikanische Stars
wie Travis Scott und Cardi B
sowie Deutschrapper wie
Ufo361, Mero und Marteria,
RIN, Azet und Zuna aufgetre-
ten sind.
Hier wurde die body positivity
in all ihren Facetten gefeiert.
Frauen, ganz gleich welche Fi-
gur, egal wie viele Pfunde sie
auf den Rippen hatten, trugen
enge, auffällige und knappe
Outfits in allen Farben. Wun-
derschöne Mädchen kamen in
Netzanzügen, wie man es sonst
aus Hollywood oder von Festi-
vals wie Coachella kennt. Von
sexistischen Sprüchen oder Be-
lästigungen war weit und breit
nichts zu hören und zu sehen.
Selten hat man sich als Frau so
wohl und sicher gefühlt wie
hier im alten Frankfurter Reb-
stockpark. Das Motto „Make
Love Not War“ wurde mehr
denn je gefeiert. Es war eine
Blase, für einige Stunden ver-

gaß man, was von Rechten hin-
terfragt und von Rechtsextre-
men angefeindet wird. Das Fe-
stival war ausverkauft und be-
völkert von jungen Menschen
unterschiedlichster Herkunft.
Es gab keinen Unterschied zwi-
schen Leuten aus dem Ausland
oder Deutschen mit und ohne
Migrationshintergrund.

Schon auf dem Weg zum Fe-
stival hörte ich junge Besucher
über die allgegenwärtigen
Bauchtaschen sprechen. Vor
zehn Jahren haben sich junge
Männer mit deutschen Wur-
zeln über den „Kanaken-Style“
noch lustig gemacht. Heute
sagt einer hinter mir: „Das ist ja
wie eine Religion geworden.

Ich wollte auch eine tragen,
aber das stört beim Springen.“
Die Zeiten, in denen man auf
Hip-Hop-Konzerten lässig hin
und her wippte, sind vorbei.
Heute tanzen die Frauen so
sexy, als wären sie im Klub, und
die Männer springen so hoch,
als wäre alles leicht und gren-
zenlos.
Es gibt tatsächlich keine
Grenzen im Hip-Hop, aber um-
so mehr Gemeinsames. Wenn
italienisch-tunesische Rapper
mit italienischen und engli-
schen, aber auch mit arabischen
Wörtern um sich werfen, wenn
türkischstämmige Rapper wie
Ufo361 aus Berlin türkische Be-
griffe schreien, dann wird ei-
gentlich doch nur eine Sprache
gesprochen. Die Sprache der
Musik, so kitschig es auch
klingt. Hip-Hop dominiert die
Musikmärkte. Nicht nur in den
USA und in Deutschland, auch
in der Türkei, in Italien und den
Ländern des Balkans. Rockmu-
sik sei auf dem absteigenden
Ast und im Vergleich zum Hip-
Hop nicht mehr konkurrenzfä-
hig, gab auch Richard Kruspe
kürzlich zu, der Gitarrist von
Rammstein.
Nach dem Konzert trafen
wir fröhlichen Wireless-Besu-
cher auf die Fans von Frei.Wild
in der S-Bahn-Station am
Frankfurter Hauptbahnhof.
Auch Frei.Wild hatten ihr Kon-
zert in Frankfurt an diesem
Tag. Es war war ein seltsamer
Moment, in dem zwei Welten
aufeinandertrafen. Gelöste
Hip-Hopper, bunt angezogen
und ausgelassen neben älteren
Rockern in Schwarz und Grau,
dem Dasein abgewandt, als wä-
ren sie aus einer längst vergan-
genen Zeit ins Jahr 2019 gebe-
amt worden.
Während Hip-Hop ein Spie-
gel der Gesellschaft ist, der
auch zeigt, wie sexistisch junge
Männer ticken können und
welche Gewalt auf den Straßen
herrscht, ist der neue Deutsch-
rock zu einer Plattform gewor-
den, auf der auch Rechte ihre
Botschaften senden und die al-
ten Botschaften von Liebe und
Frieden übertönen. Die neuen
Deutschrocker sind nostalgisch
und überholt, Frei.Wild sind
patriotisch, auf eine altherge-
brachte Weise männlich und
hermetisch.
Auf dem Festival, dem Wire-
less, war etwas Schönes zu be-
obachten: Junge Frauen mit
deutschen Wurzeln feiern mit
Ufo361, der deutsch-türkische
Rapper singt und rappt seinen
Hit „Standard“: „Frauen, so süß
wie Baklava.“ Die Frauen sin-
gen mit. Ich frage sie, warum.
Sie sagen: „Weil Baklava so
hmmmmm ist.“ Die Hip-Hop-
per verstehen die Welt um sie
herum, sie wollen Teil der Viel-
falt sein, während die Deutsch-
rocker sich von der Welt ab-
wenden. Hip-Hop erobert diese
Welt, und ihre Botschaft
dröhnt aus unseren Kopfhö-
rern und aus den Lautspre-
chern, überall und jederzeit:
Wir sind anders, wir sind eins.

Du Bratwurst,


ich Baklava


Wenn sich Deutschrock und


Deutschrap zufällig begegnen, treffen


sich die alte und die neue Welt. Eine


Hymne auf den heimischen Hip-Hop


Geschlossene Gesellschaft: Philipp Burger mit Frei.Wild bei einem
KKKonzert in Berlinonzert in Berlin

PICTURE ALLIANCE/ EVENTPRESS HOENSCH

OOOffene Gesellschaft: Ufuk Bayraktar als Ufo361 im Konzertffene Gesellschaft: Ufuk Bayraktar als Ufo361 im Konzert

REDFERNS

/ FRANK HOENSCH

ABSCHIEDE

Semperoper trauert
um Tom Martinsen

Die Semperoper in Dresden
trauert um ihr langjähriges
Ensemblemitglied Tom Mar-
tinsen. Der Norweger starb im
Alter von 62 Jahren. „Die Sem-
peroper ist erschüttert über
den plötzlichen Tod ihres
hochgeschätzten Kollegen Tom
Martinsen und wird ihm ein
respektvolles und ehrendes
Andenken bewahren“, hieß es
in der Mitteilung.

Lyriker Werner
Söllner ist tot

Der Lyriker und frühere Leiter
des Hessischen Literaturfo-
rums Werner Söllner (67) ist
tot. Er sei nach kurzer schwe-
rer Krankheit gestorben, er-
klärten mehrere Vorstands-
mitglieder des Literaturforums
in Frankfurt: „Wir verlieren
mit ihm nicht nur einen ehe-
maligen Mitarbeiter, der den
herausragenden Ruf des Hessi-
schen Literaturforums über
Jahre geprägt hat – sondern
auch einen großen Dichter und
nicht zuletzt einen Wegbeglei-
ter und Freund, den wir
schmerzlich vermissen.“

KOMPAKT


D


as legendäre Klimaka-
binett hat sich zum
dritten Mal getroffen.
Es muss eine denkwürdige Zu-
sammenkunft gewesen sein, die
niemand, der dabei war, je ver-
gessen wird. Stundenlang wur-
de diskutiert, man tauschte Ar-
gumente aus, und obwohl es al-
len Anwesenden extrem
schwerfiel, gelang es ihnen un-
ter Aufbietung all ihrer Kräfte,
absolut nichts zu beschließen.
Dazu gehört eine geradezu un-
vorstellbare Willensanstren-
gung, der Laie wäre hier sicher
in einen vollkommen übertrie-
benen, klimahysterischen Ak-
tionismus verfallen, aber der
Scheuer, die Schulze, die Mer-
kel und die anderen, das sind
ausgebuffte Profis. Die haben
unglaubliche Tricks auf Lager.
Der Scheuer-Andi notiert sich
zum Beispiel auf der Innenseite
seines Unterarms, wie er vorge-
hen will, da schreibt er einfach:
„Nichts entscheiden“, und
dann entscheidet er auch
nichts, da ist er eisern. Ein nor-
maler Mensch könnte so was
gar nicht. Ganz am Ende der
Klimakabinettssitzung haben
sie dann aber doch noch etwas
beschlossen, nämlich beim
nächsten Mal, am 20. Septem-
ber, unbedingt etwas zu be-
schließen.

Zippert


zappt


РЕЛИЗ


auch einen großen Dichter und

РЕЛИЗ


auch einen großen Dichter und
nicht zuletzt einen Wegbeglei-
РЕЛИЗ


nicht zuletzt einen Wegbeglei-

ПОДГОТОВИЛА

maligen Mitarbeiter, der den

ПОДГОТОВИЛА

maligen Mitarbeiter, der den
herausragenden Ruf des Hessi-

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herausragenden Ruf des Hessi-
schen Literaturforums über

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schen Literaturforums über
Jahre geprägt hat – sondern
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Jahre geprägt hat – sondern
auch einen großen Dichter undauch einen großen Dichter undПОДГОТОВИЛА

ГРУППА

mitglieder des Literaturforums

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in Frankfurt: „Wir verlieren

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"What's News"

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schen Literaturforums über

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auch einen großen Dichter und
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VK.COM/WSNWS

herausragenden Ruf des Hessi-

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herausragenden Ruf des Hessi-
schen Literaturforums über

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schen Literaturforums über
Jahre geprägt hat – sondern

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Jahre geprägt hat – sondern
auch einen großen Dichter und

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auch einen großen Dichter und
nicht zuletzt einen Wegbeglei-
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nicht zuletzt einen Wegbeglei-
ter und Freund, den wirter und Freund, den wirVK.COM/WSNWS
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