Die Welt Kompakt - 22.07.2019

(avery) #1

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MONTAG,22.JULI2019 THEMA DES TAGES 3


Den Schulwechsel als 13-Jährige
nach Hannover in ein völlig an-
deres Schulsystem verkraftete
sie offenbar. Für ein Einser-Abi-
tur reichte es jedenfalls.
Als sie viele Jahre später
selbst Mutter von drei Kindern
war, zog es sie erneut in die
Welt. Von 1992 bis 1996 lebte sie
mit ihrer Familie in Kalifornien.
Der Aufenthalt dürfte von der
Leyen auch in der Welt der in-
ternationalen Politik geholfen
haben. Als Verteidigungsminis-
terin absolvierte sie ab 2013 ihre
Termine in Washington in sehr
gutem Englisch, ebenso die an-
schließenden Live-Interviews
im US-Fernsehen. Das brachte
ihr viel Respekt ein, nicht nur
im Pentagon.
Ihre Zeit in Kalifornien sollte
von der Leyen viele Jahre spä-
ter aber politisch Probleme ein-
bringen. Die Politikerin hatte in
ihrem Lebenslauf angegeben,
sie sei Gasthörerin an der Uni-
versität Stanford gewesen – je-
ner Elite-Schmiede, an der
einst John F. Kennedy und Goo-
gle-Gründer Larry Page stu-
dierten. Doch es kamen Zweifel
auf, ob sie tatsächlich dort war.
Die Verteidigungsministerin, so
hieß es 2015 aus Stanford, führe
die Hochschule missbräuchlich
in ihrer Vita. Von der Leyen sei
in keinem offiziellen Programm
gewesen, habe keinen Schein
oder gar Abschluss erworben.
Letztlich konnte sie ihre Aktivi-
tät an der Uni nachweisen,
wenn auch nicht als einge-

schriebene Studentin. Stanford
ruderte zurück.
Auf von der Leyens Internet-
seite der EU-Kommission ist
für das Jahr 1993 der Eintrag
„Auditing Guest“ in Stanford
zu finden. Er steht zwischen
den anderen Auslandsstatio-
nen, die von der Leyen zum bis-
her seltenen Typ der deutschen
Politikerin mit globalem Curri-
culum gemacht haben. Ob das
in den nächsten fünf Jahren aus
ihr eine erfolgreiche Kommissi-
onschefin macht, wird auf ei-
nem anderen Blatt stehen.
Sicher ist, dass von der Ley-
ens Biografie kaum denkbar ge-
wesen wäre, ohne den Hinter-
grund ihrer großbürgerlichen
Familie. Das hat sich geändert.
Heute steht etwa das EU-Aus-
tauschprogramm Erasmus Stu-
denten aus allen sozialen
Schichten offen. Auch die Kinder
von der Leyens gehen mit dem
Programm ins Ausland. „Ich bin
ein großer Fan von Erasmus“,
sagte von der Leyen vor wenigen
Tagen im Interview mit WELT.
„Eines meiner Kinder war in
Poznan, in Polen, eines in Ma-
drid, eines in London und eines
in Paris.“ Erasmus sein eines der
wertvollsten Intstrument, die
die EU jemals geschaffen habe.
„Es gibt nichts, was in dieser Art
zu Freundschaften und gegen-
seitigem Verständnis führt“, sag-
te von der Leyen. „Man wird au-
tomatisch zum Botschafter des
Landes, in das man als junger Er-
wachsener geht.“

GETTY IMAGES

/ DAVID MADISON

U


rsula von der Leyens liefer-
te in ihrer Bewerbungrede
vor dem EU-Parlament ei-
ne Palette an Versprechen. Selbst-
bewusst tat die Christdemokratin
so, als könne sie all ihre Angebote
aaauch umsetzen. Dabei hat die dieuch umsetzen. Dabei hat die die
EU-Kommision, an deren Spitze
die CDU-Politikerin bald stehen
wird, oft gar nicht in der Hand, was
aaaus ihren Initiativen wirdus ihren Initiativen wird.

VON HANNELORE CROLLY
AUS BRÜSSEL

Die Initiativen von Nochamts-
inhaber Jean-Claude Juncker wur-
den immer wieder von den Natio-
nalstaaten abgeblockt. Wie steht
es also mit dem, was von der Ley-
en in ihrer Rede und in ihrem pa-
rallel schriftlich vorgelegten Ar-
beitsprogramm verspricht? Ein
Realitätscheck.

Gleichstellung
„Ich werde in meinem Kollegium
die volle Gleichstellung der
Geschlechter sicherstellen.“
Ob ebenso viele Frauen wie Män-
ner Kommissare werden, ist der
erste Lackmustest für die Präsi-
dentin. Leicht wird das nicht, zu-
mal von der Leyen auch die gerech-
te geografische Verteilung beach-
ten muss. Die bereits Nominierten
sind überwiegend männlich, die
Hauptstädte werden höchst wider-
willig Namen nachliefern. Schon
Juncker forderte zwei bis drei
Vorschläge pro Land, um mehr
Frauen verpflichten zu können.
Mehrere Staaten, darunter
Deutschland, weigerten sich.
Kanzlerin Merkel wollte die zwei-
te Amtszeit für Günther Oettin-
ger und beschied, sie werde „keine
zwei weiteren Namen hinterher-
senden“. Die Frauenquote der
Juncker-Kommission: 32 Prozent.
Mehr ist machbar, aber 50 Pro-
zent wird eine Herausforderung.

Soziale Standards
„Europa braucht eine
Arbeitslosenrückversicherung“
In Deutschland wurde diese For-
derung bisher von der SPD in Ge-
stalt von Bundesfinanzminister
Olaf Scholz vorgebracht. Die Uni-
on senkte aus Angst vor einer
Transferunion den Daumen, ähn-
lich wie Finnland oder die Nieder-
lande. Überraschend daher der
Vorstoß von der Leyens. Aller-
dings spricht sich auch Juncker
für die Rückversicherung aus. Die
Idee: Ein Fonds, der in guten Zei-
ten bestückt wird, entlastet bei
unverschuldeten Krisen per Dar-
lehen nationale Arbeitslosensys-
teme. Experten rechnen vor, dass
um die Jahrtausendwende auch
Deutschland profitiert hätte. Doch
von der Leyen muss die Skeptiker
üüüberzeugen, dass keine horrendenberzeugen, dass keine horrenden
Transferleistungen drohen. Auch
sind viele Details offen. Zum Bei-
spiel die Frage, was ein „externer
Schock“ ist: Fällt auch eine welt-
weite Absatzkrise der Autoindus-
trie darunter? Oder wäre das ein
selbstverschuldetes Problem?

Bankenunion
„Wir brauchen ein europäisches
Einlagensicherungssystem“
Interessanterweise hat Ursula von

der Leyen diesen Satz nicht laut
aaausgesprochen in ihrer Rede, erusgesprochen in ihrer Rede, er
hätte die eigene EVP-Fraktion pro-
voziert. Er steht aber in ihrem Ar-
beitsprogramm. Die Angst, dass
deutsche Banken und Sparkassen
italienische Pleitebanken retten
müssten, ist groß in Deutschland.
Bevor die faulen Kredite nicht aus
Bankenbilanzen in Italien, Grie-
chenland oder Zypern getilgt sind,
will die Bundesregierung nichts
wissen von dem System. Daran
dürfte sich absehbar nichts ändern.

Klimaschutz
„Europa soll bis 2050 der erste
klimaneutrale Kontinent der
Welt werden.“
Die Vereinbarung zur Klimaneu-
tralität könnte gelingen. Die EU
dürfte dann nur noch so viel Koh-
lendioxid ausstoßen, wie sie an-
dernorts einspart oder etwa durch
Aufforstung kompensiert. Beim
EU-Gipfel Ende Juni war diese
Selbstverpflichtung noch am Wi-
derstand von Osteuropa geschei-
tert. Polen, das viele Kohlekraft-
werke hat, verlangt einen „Kom-
pensationsmechanismus“. Wenn
Geld fließt, könnte das Gesetz
aber durchgehen. Allerdings wäre
das kein Verdienst von der Ley-
ens. EU-Diplomaten sagten schon
nach dem Junigipfel, dass eine
Übereinkunft absehbar sei. Die
Kommissionschefin will aber
schon in den ersten 100 Tagen ei-
nen „grünen Deal für Europa“
vorschlagen. Die CO 2 -Emissionen
sollen bis 2030 nicht um 40, son-
dern um „50 oder gar 55 Prozent“
sinken. Sie will, dass Emissionen
einen Preis haben, der hoch genug
ist, um Verhalten zu ändern. Sie
nennt dabei das Fliegen und die
Schifffahrt, spart aber die Land-
wirtschaft aus. Dabei trägt diese
maßgeblich zur Emission klima-
schädlicher Gase bei.

Außenpolitik
„Wir brauchen den Mut zu
Mehrheitsentscheidungen in
der Außenpolitik.“
Die langjährige Verteidigungsmi-
nisterin hat mehr Ambitionen in
der Außenpolitik als Juncker. Eu-
ropa soll einflussreicher auf der
Weltbühne werden. Doch das Ein-
stimmigkeitsprinzip, das von der
Leyen durch eine qualifizierte
Mehrheit ersetzen will, um die EU
schneller handlungsfähig zu ma-
chen, ist eben nur mit Einstim-

migkeit abzuschaffen. Ihr Privileg
zur Blockade werden die EU-Staa-
ten nicht aufgeben.

Migration
„Die Belastung muss neu
verteilt werden.“
Wieder einmal soll es einen „Pakt
für Asyl und Migration“ geben, In-
halt: das Übliche. Also Dublinre-

für Asyl und Migration“ geben, In-
halt: das Übliche. Also Dublinre-

für Asyl und Migration“ geben, In-

form, Außengrenzenstärkung,
Schlepperwesenbekämpfung, Be-
seitigung von Fluchtursachen. Au-
ßerdem verspricht von der Leyen
einen „tragfähigeren Rahmen für
Such- und Rettungseinsätze“ im
Mittelmeer. Grundsätzlich müss-
ten „alle einen Beitrag leisten“.
Bei den Details ist die designierte
Kommissionschefin wolkig, was
nicht verwundert. Seit Jahren bei-
ßen sich Experten an dem kom-
plexen Thema die Zähne aus. Von
der Leyen will erst einmal zuhö-
ren und ein „komplexes Bild“ er-
halten. Am konkretesten ist noch
die Forderung, die EU-Grenz-
schutzbehörde Frontex schon bis
2024 und nicht erst 2027 auf
10.000 Grenzschützer aufzusto-
cken. Juncker hatte ursprünglich
sogar 2020 gefordert. Doch das
war zu teuer, auch gibt es nicht
genügend Nachwuchs. Die Folge
war die Verschiebung auf 2027.
Manche Experten halten sogar
das für illusorisch.

Rechtsstaatlichkeit
„Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit
erschüttern die Union in ihren
Grundfesten.“
Ein Grund, warum von der Leyen
üüüberhaupt Kandidatin wurde, warberhaupt Kandidatin wurde, war
die Ablehnung von Frans Timmer-
mans durch die osteuropäischen
Staaten. Der Sozialdemokrat muss-
te als erster Vizepräsident der EU-
Kommission auf Rechtsstaatlich-
keit in der EU achten und eröffnete
VVVerfahren gegen Polen und Un-erfahren gegen Polen und Un-
garn. Von der Leyen will den strik-
ten Kurs fortsetzen und kündigt ei-
nen „jährlichen Überprüfungsme-
chanismus“ an. Den hat Timmer-
mans bereits vorbereitet, seine
Einführung ist daher wahrschein-
lich. Doch die Forderung, im künf-
tigen Haushalt Rechtsstaatsverstö-
ße mit der Kürzung von Subventio-
nen zu ahnden, hat so gut wie keine
Chancen auf Umsetzung. Denn das
müssten die Mitgliedsstaaten ein-
stimmig beschließen.

Wahlrecht
„Wir müssen das Spitzenkandida-
tensystem gemeinsam verbessern.“
Von der Leyen will die Art und
Weise, wie die EU ihre politische
Führung bestimmt und wählt,
„auf den Prüfstand“ stellen. Das
ist so unverbindlich, wie es klingt.
Bis Sommer 2020 soll eine Konfe-
renz zur Zukunft Europas Vor-
schläge hervorbringen. Die Kom-
missionspräsidentin bietet sich
für die bevorstehende Schlacht
zwischen Rat und Parlament als
Vermittlerin an. Mehr kann sie gar
nicht tun, die Kommission hat
kaum Kompetenz. Einem verän-
derten Wahlprozess müssen die
Regierungschefs zustimmen. Dass
sie dazu kaum gewillt sind, haben
sie gerade klargemacht – mit der
Wahl von Ursula von der Leyen
als Kommissionspräsidentin.

Ehrgeizige


Ziele –


und eine


harte


Realität


Von der Leyen hat
große Pläne. Manche
davon sind

altbekannt und schon
einmal gescheitert

РЕЛИЗ


oder gar Abschluss erworben.

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Letztlich konnte sie ihre Aktivi-

РЕЛИЗ


Letztlich konnte sie ihre Aktivi-

РЕЛИЗtät an der Uni nachweisen,tät an der Uni nachweisen,


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die Hochschule missbräuchlich

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in ihrer Vita. Von der Leyen sei

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in ihrer Vita. Von der Leyen sei
in keinem offiziellen Programm

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gewesen, habe keinen Schein
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Letztlich konnte sie ihre Aktivi-

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Letztlich konnte sie ihre Aktivi-

ГРУППА

Die Verteidigungsministerin, so

ГРУППА

Die Verteidigungsministerin, so
hieß es 2015 aus Stanford, führe
ГРУППА

hieß es 2015 aus Stanford, führe
die Hochschule missbräuchlichdie Hochschule missbräuchlichГРУППА

"What's News"

in ihrer Vita. Von der Leyen sei

"What's News"

in ihrer Vita. Von der Leyen sei
in keinem offiziellen Programm

"What's News"

in keinem offiziellen Programm
gewesen, habe keinen Schein

"What's News"

gewesen, habe keinen Schein
oder gar Abschluss erworben.
"What's News"

oder gar Abschluss erworben.
Letztlich konnte sie ihre Aktivi-Letztlich konnte sie ihre Aktivi-"What's News"
VK.COM/WSNWS

in ihrer Vita. Von der Leyen sei

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in ihrer Vita. Von der Leyen sei
in keinem offiziellen Programm

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in keinem offiziellen Programm
gewesen, habe keinen Schein

VK.COM/WSNWS

gewesen, habe keinen Schein
oder gar Abschluss erworben.

VK.COM/WSNWS

oder gar Abschluss erworben.
Letztlich konnte sie ihre Aktivi-
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Letztlich konnte sie ihre Aktivi-
tät an der Uni nachweisen,tät an der Uni nachweisen,VK.COM/WSNWS
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