Handelsblatt - 22.07.2019

(sharon) #1

Alexander Busch Brasília


E


r wolle das falsche Bild
zurechtrücken, das über
ihn im Ausland verbreitet
werde, erklärte der brasi-
lianische Präsident Jair
Bolsonaro bei seinem ersten Treffen
mit Auslandskorrespondenten in Bra-
sília. Der Präsident werde beim ge-
meinsamen Frühstück darüber infor-
mieren, was er mit Brasilien vorhabe,
erklärte der Sprecher des Präsiden-
ten, General Otávio Rêgo Barros. Lo-
cker begrüßt der Präsident die ver-
sammelten Pressevertreter: Den Kor-
respondenten aus China umarmt er
(„Unser größter Handelspartner“),
dem Korrespondenten des Handels-
blatts gibt er einen Gruß an Angela
Merkel mit.
Doch als die ersten Fragen gestellt
werden, ist es schnell vorbei mit der
Leutseligkeit. Bolsonaro senkt den
Blick auf den Frühstückstisch, um

ihn die nächsten 60 Minuten kaum
noch zu heben. Der Eindruck ist ein-
deutig: Bolsonaro fühlt sich perma-
nent unter Druck gesetzt.
Zur wachsenden Kritik aus Europa
an der brasilianischen Amazonaspoli-
tik macht Bolsonaro sofort klar: „Die
erste Sache, die ihr verstehen müsst:
Der Amazonas gehört uns, nicht
euch.“ Seine Regierung versuche,
wirtschaftlichen Fortschritt und Re-
genwaldschutz in Einklang zu brin-
gen. Die Angaben des brasilianischen
Nationalen Instituts für Weltraumfor-
schung (INPE) über rasant wachsen-
de Rodungsraten hält Bolsonaro für
unglaubwürdig.
Beim G20-Gipfel in Japan Anfang
des Monats hatten Frankreich und
Deutschland Bolsonaro wegen der
Amazonas- und Umweltpolitik kriti-
siert. Doch auch die Kritik an seiner
Indigenenpolitik hält Bolsonaro für
ungerechtfertigt. Der brasilianische
Präsident will die Schutzgebiete der
Indigenen für Bergbau und Landwirt-
schaft öffnen. „Ihr wollt, dass die In-
digenen wie Urvölker weiterleben,
ohne Zugang zu Wissenschaft, Tech-
nologie, den ganzen Errungenschaf-
ten der Zivilisation?“, fragt er irritiert.

„Halten Verträge ein“


Die wachsende Kritik an Brasiliens
Agrarpolitik sieht Bolsonaro als eine
Strategie der Gegner Brasiliens in ei-
nem weltweiten Handelskrieg. „Das
sind Fake News, wie sie unser ge-
schätzter Freund Trump bezeichnet.“
Brasilien setze weitaus weniger Gifte
in der Landwirtschaft ein als die
meisten Agrarstaaten weltweit.
Dennoch werde sich Brasilien an die
Abmachungen im Vertrag zwischen
der EU und dem „Gemeinsamen Markt
Südamerikas“ (Mercosur) halten, der
nach 20 Jahren Verhandlungen be-
schlossen wurde. Das Abkommen ist
mit hohen Umweltauflagen verbun-
den. Brasilien kann also nicht einfach,

Jair Bolsonaro


„Der Amazonas gehört


uns, nicht euch! “


Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro redet vor ausländischen Korrespondenten


Klartext – etwa über seine Amazonaspolitik oder seine Bewunderung für


Putin. Nicht aber über seine ersten Reformen und die Wirtschaft des Landes.


Brasiliens Wirtschaft hofft auf bessere Zeiten
Bruttoinlandsprodukt (real),
Veränd. zum Vorjahr in Prozent

Arbeitslosenquote
in Prozent

Staatsverschuldung
in Prozent des BIP

+2,1 %


HANDELSBLATT

2009 2019 2009 2019


Quelle: IWF

+

+

+

+

± 0







95

85

75

65

55

90,4 %


9,7 %


6,8 %


11,4 %


12,8 %


2009 2014 2019


Prognose Prognose Prognose

Brasiliens Präsident
Bolsonaro: „Meine
Vorgänger waren
alle schwach,
anti patriotisch und
korrupt.“

AFP

Erste Erfolge


20


PROZENT


weniger Morde seit seinem
Amtsantritt – das ist durchaus ein
Verdienst Bolsonaros.

Quelle: Regierung


Wirtschaft & Politik
MONTAG, 22. JULI 2019, NR. 138

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