Handelsblatt - 22.07.2019

(sharon) #1

nutzt werde. Für Rebelle sei das eine


gewaltige Chance.


Allerdings: Es ist nicht ganz ausge-


schlossen, dass die Nobelmarken


das Geschäft künftig selbst in die


Hand nehmen. Der Luxusgüterkon-


zern Richemont hat vergangenes


Jahr bereits Watchfinder übernom-


men, einen Spezialisten für Uhren


aus zweiter Hand. Die Luxuslabels


lieferten qualitativ großartige Ware,


die viel zu schade dafür sei, einfach


im Regal zu verstauben oder wegge-


worfen zu werden, sagt Wickmann.


Für viele Menschen sei es daher in-


zwischen ganz normal, eine edle


Handtasche oder ein Paar hochwer-


tiger Schuhe nur noch für eine be-


stimmte Zeit zu besitzen.


Das sei mit keinen Einschränkun-


gen verbunden: „Ein Großteil unse-


rer Kundinnen hat überdurchschnitt-


lich viele Produkte im Schrank. Da-


her wird das einzelne Teil oft wenig


getragen, und die Produkte sind


meist ziemlich gut in Schuss“, erläu-


tert Wickmann. Ihr Team in Ham-


burg überprüft bei jedem einzelnen


Artikel, ob er echt ist. So will die Re-


belle-Gründerin garantieren, dass


keine gefälschte Ware in Umlauf


kommt.


Wickmann kombiniert erfolgreich


Luxus mit Nachhaltigkeit und trifft


damit offenbar den Nerv der Zeit. In-


zwischen ist das aufstrebende Start-


up neben dem deutschsprachigen


Raum auch in Belgien, den Nieder-


landen, in Großbritannien, Italien


und den USA vertreten.


Vergangenen Sommer hat sich zu-


dem Mediaset an Rebelle beteiligt,


der größte private Medienkonzern


aus Italien, dem Mutterland luxuriö-


ser Mode. Die Italiener bezahlten mit


Fernsehspots auf ihren Sendern. Die


TV-Gruppe glaubt offenbar fest da-


ran, dass sich Nobeltextilien gewinn-


bringend weiterverkaufen lassen.


„Italien ist einer der größten Luxus-


gütermärkte in Europa, und es gibt


ein starkes Potenzial für E- und Re-


Commerce“, erklärte Massimo Belt-


rame, Chief Marketing Officer von


Mediaset Ad4Ventures, den Deal.


Die Manufaktur von Angela


Schramm besteht schon seit 1923 und


ist fest in der Hand ihrer Familie. Die


nächste, vierte Generation macht


sich gerade daran, die Führung zu


übernehmen. Die Unternehmerin


sieht gute Perspektiven. Noch nie


hätten sich die Menschen so sehr für


ein gesundes Leben interessiert wie


heute, meint Schramm. Wer eine


Matratze aus ihrem Betrieb haben


möchte, der muss mindestens 1 180


Euro hinlegen. Die teuersten der alle-


samt aufwendig in Handarbeit herge-


stellten Matratzen schlagen sogar mit


3 500 Euro zu Buche.


Die Manufaktur mit ihren mehr als


180 Mitarbeitern profitiere davon,


dass inzwischen auch viele sehr er-


folgreiche Geschäftsleute erkannt


hätten, wie wichtig erholsamer Schlaf
sei. Das sei ein enormer Wandel: Frü-
her hätten die Manager damit ge-
prahlt, dass sie mit vier Stunden
Nachtruhe auskämen, erinnert sich
Schramm. Heute würden sie auf Par-
tys davon erzählen, wie sehr sie auf
ihren Körper achten.

Ein Update für die Soft-
ware im Bad

Genau deshalb wirbt sie inzwischen
nicht mehr mit Matratzen an sich,
sondern mit einem „Schlaferlebnis“
und bezeichnet ihre Kunden als
„Schlafgourmets“. Die Botschaft: Die
Leute sollen keine Matratzen erwer-
ben, sondern Erholung.
Sie zeigt in Youtube-Videos zudem,
wie aufwendig die Produktion ist. In
Schreinerei, Polsterei und Maß-
schneiderei sind Dutzende Handwer-
ker im Einsatz. Die Interessenten sol-
len erfahren, warum ihre Matratzen
ein Vielfaches der Stangenware von
Ikea kosten. Vor zehn Jahren hätte in
Zusammenhang mit Luxus noch nie-

mand darüber geredet, sich erholen
oder entspannen zu wollen. Genau
das sei es aber heute, was den Leu-
ten fehle, betont Berater Meurer.
Das Geschäft wachse, beteuert
Schramm, aber es sei kein Selbstläu-
fer. Denn ihre Matratzen bietet sie
nur in ausgewählten Fachgeschäften
an, also dort, wo die Kunden einge-
hend beraten werden. Jeder Verkäu-
fer muss alle zwei Jahre zur Schu-
lung. In die weltweit 400 Läden kä-
men allerdings immer weniger
Kunden, beklagt die Unternehmerin,
Fachleute sprechen von abnehmen-
der Frequenz.
So ist es überall im stationären
Handel. Schramm muss sich daher
überlegen, wie sie ihre Kunden künf-
tig erreichen kann. Noch ist der In-
ternetverkauf für sie keine Option.
Und Nachhaltigkeit hin oder her, alle
zehn Jahre müssten Matratzen nun
einmal ausgetauscht werden, betont
Schramm. Immerhin, es seien nur
natürliche Materialien wie Schurwol-
le, die sie einsetze.

Wer sich heute sein neues, privates
Spa zu Hause einbauen lasse, der
müsse die Armaturen in zehn Jahren
beileibe nicht ersetzen, betont hinge-
gen Dornbracht-Manager Ullrich.
Denn die Software, die aus der Du-
sche einen tropischen Wasserfall ma-
che, lasse sich immer wieder aktuali-
sieren. Schon heute könnten die Nut-
zer über eine App zahlreiche
zusätzliche Anwendungen aussu-
chen. Die Programme kombinieren
zum Beispiel weiche Wassertropfen
mit blauem und violettem Licht,
während Zitrusblütenduft ausströmt.
Dazu lässt sich die passende Musik
abspielen.
Alles sieht danach aus, als könnten
Kunden ihre Bäder künftig noch wei-
ter mit Unterhaltungselektronik auf-
rüsten, um noch mehr zu erleben.
Dornbracht experimentiert inzwi-
schen mit Virtual Reality, also virtuel-
len Welten im Bad. Wenn das wirk-
lich kommt, fehlen nur noch Amei-
sen und Moskitos aus dem echten
Regenwald.

Für viele


Kunden


bedeutet


sich wohl -


zufühlen und


gesund zu


bleiben mehr


als Besitz.


Sven Ullrich
Marketing Dornbracht

Luxusmode


3


MARKEN


sind beim Second-Hand-Portal
Rebelle weitaus beliebter als
alle anderen: Hermès, Channel
und Louis Vuitton.

Quelle: Unternehmen


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Der deutsche Mittelstand
MONTAG, 22. JULI 2019, NR. 138


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