Berliner Zeitung - 22.07.2019

(Brent) #1

Berlin


Berliner Zeitung·Nummer 167·Montag, 22. Juli 2019 11 *·························································································································································································································································································

Schutzschicht


gegen


Sticker


Berlintestetneue
Straßenschilder

VonLukas Dubro

S


ticker und Kritzeleien auf Stra-
ßenschildernsindin BerlinÄrger-
nis und Kostenverursacher zugleich.
InMittestelltdasBezirksamtdeshalb
nunVerkehrsschilder mit einer Anti-
Sticker-Beschichtung auf. 500 dieser
SchilderhatdasAmtangeschafft,wie
SprecherChristianZielkesagte.Erste
Testschilderdes Pilotprojekts stehen
seitOktober2018anderMauerstraße
Ecke Leipziger Straße.Das Konzept
scheintaufzugehen:„Bisherkonnten
keine nennenswerten Neuver-
schmutzungenmehrfestgestelltwer-
den,“soZielke.
Auch im BezirkPankowwirdauf
eineBeschichtunggesetzt.Allerdings
werdediesemiteinemSprayaufneu
angebrachte Schilder aufgetragen,
sagte Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn.
AusFriedrichshain-Kreuzberghieß
es,dassdie Behebung der Schäden
proJahr20000Eurokoste.
ImRahmenderderzeitvorhande-
nen Möglichkeitenkönne man den
Schädennicht wirklich vorbeugen,
sagtederBaustadtratRainerHölmer
ausTreptow-Köpenick. „Das Ord-
nungsamt kann nicht an jedemVer-
kehrsschildeinenPostenaufstellen.“
Wird ein Schadengemeldet,wird
dieserinderRegelbinnen24Stunden
entfernt, sagte Sara Lühmann, Spre-
cherin desBezirksamts Friedrichs-
hain-Kreuzberg. In Treptow-Köpe-
nick werden umgestoßeneoder un-
kenntlichgemachteVerkehrsschilder
unmittelbarnachBekanntwerdenre-
pariert,erneuertodergereinigt.
Auch in Pankow richtetsich die
Dauerbis zur Reinigung nach dem
Grad der Beschädigung.In Steglitz-
ZehlendorfwerdenAufklebergedul-
det, die nicht dazu führen, dass die
Schilderunleserlichsind.Beiderall-
gemeinenSäuberung der Straßen-
schilderwerden sie entfernt, sagte
StadträtinMarenSchellenberg.

Laut der Senatsverwaltung für
VerkehrgehörtdasBeklebenzuden
häufigstenArtendesVandalismusan
Straßenschildern. DasBezirksamt
Friedrichshain-Kreuzbergnennt
weitereBeschädigungsarten: So
würden dieSchilder entwederver-
drehto der abgebaut, umgedreht
undwiederangebaut.
Statistik über diejährliche Scha-
denshöhe anStraßenschildernführt
dieVerwaltungnicht.Auchdi ePolizei
erfasst dieseForm desVandali smus
nicht gesondert.DieRisiken für den
VerkehrdurchAufkleberoderKritze-
leienschätzensowohldieVerwaltung
als auch diePolizei in den meisten
Fällenalsgeringein.Vandalismusan
Verkehrsschildernwerde eher inIn-
nenstadtbezirkenbeobachtet.
In Steglitz-Zehlendorfist Vanda-
lismusanStraßenschildernkeingro-
ßes Problem. In Friedrichshain-
KreuzbergsindPartymeilenundSze-
netreffsbesondersbetroffen.In Pan-
kowist der Vandalismus ausgeprägt
inPrenzlauerBerg unddensüdlichen
TeilenvonWeißenseeundPankow.In
Charlottenburg-Wilmersdorfund
Köpenickwerden nach Angaben der
zuständigenStadträte dieGegenden
umdas OlympiastadionunddieAlte
Försterei beiFußballspielen immer
wiederZielvonVandalen.(dpa)

Beklebte Straßenschilder sind überall in
Berlin zu finden. BERND FRIEDEL

Dernächste Versuch


NunsollenImbisswagenandenEingängenzumGörlitzerParkdieDominanzderDealereinschränken


VonStefan Strauß

P

olizei und Ordnungsamt
durch den Görlitzer Park
patrouillieren zu lassen,
um die Drogendealer zu
vertreiben? Daskommt für denvon
Grünen regierten BezirkFriedrichs-
hain-Kreuzbergnicht infrage.Dann
lieber auf die sanfteTour und mit
„menschlicher Interaktion“ versu-
chen, das Problem zu lösen. So
nennt Stadtrat Florian Schmidt
(Grüne) den jüngstenVorschlag aus
dem Bezirksamt, etwas gegen den
offenenDrogenhandel im Görlitzer
Parkzuunternehmen.DasZiel:„Die
Dominanz der Dealer abschwä-
chen“,soSchmidt.
Konkret geht es darum, anEin-
gängen zum GörlitzerPark mobile
Imbisswagenaufzustellen,andenen
sich Parkbesucher Falafel, Kaffee
undEiskaufenkönnen.DieBezirks-
politiker hoffen auf einenVerdrän-
gungseffekt.Denn wenn sich genü-
gend Kundschaft um die mobilen
Verkaufwagen versammelt, sind
diese Orte fürDrogendealer nicht
mehrattraktiv.Sieziehenweiter.„Es
ist nur eineIdee.Und die wurde im
Parkratvorgestelltundeinmaldisku-
tiert“,sagtSchmidt.

SorgeumK ommerzialisierung
DerParkrat, einGremium vonAn-
wohnern, hat über denVorschlag
ausdemBezirksamtbereitsAnfang
Juni kontrovers diskutiert.Besteht
mit solchenImbisswagen nicht die
Gefahr der Kommerzialisierung?
WiesiehtesausmitEinweggeschirr,
mitWerbung und einem Pfandsys-
temindenImbisswagen?DasFazit
des Parkrats: „Wir müssen solche
Dinge ausprobieren“, sagt Lorenz
Rollhäuser,Sprecher desParkrats.
„EsisteineTestphase,unddiewird
anschließend ausgewertet.“
Schließlichgeheesdarum,dieRea-
lität anzuerkennen. „Wir haben
Nutzungskonflikte im öffentlichen
Raum,nichtnurimGörlitzerPark“,
sagter.

Doch genau dortbeschweren
sich viele Anwohner seit vielenJah-
renüber dieDrogenverkäufer.Es
gehedabei„umBelästigungendurch
Drogenverkäufer,ums existischeAn-
mache,aber auch umDiebstähle
undÜberfälle,beidenenMenschen
wegen einemHandy oder ein paar
Euro brutal zusammengeschlagen
wurden“, beschreibt die Anwohner-

Ruheort, Liegewiese, Spielplatz, Kifferzone: der GörlitzerPark in Kreuzberg.BERND FRIEDEL

InitiativeGörlitzer Park die Situa-
tion.AlldieseVorkommnissehätten
zur Folge,dass Menschen denPark
meiden und ihrenKindernverbie-
ten, heißt esweiter.„Dieses Sicher-
heitsbedürfnis,das vorallem von
Frauen, Kindernund älterenMen-
schen formuliertwird, nehmen wir
ernst.“ DieAnwohner wissen aber
auch,dassderParkfürvieleMänner

ausafrikanischenLänderneinTreff-
punkt und ein Ortzum Drogenver-
kaufen ist.„Viele vonihnen haben
keineMöglichkeit,legalinDeutsch-
land zu arbeiten.Gesellschaftliche
Teilhabe wirdihnen nicht ermög-
licht, und auch imPark bleiben sie
weitgehendmarginalisiert.“
DerParkratschlägtnuneinedrei-
monatigeTestphasemitdenmobilen
Verkaufsständenvor. Dortdarfkein
AlkoholundkeinEinweggeschirrver-
kauft werden,Werbung amStand ist
nicht erlaubt.DerBezirkwirddie
Stände für die kommende Saison
ausschreiben, Händler können sich
dannmitihrenKonzeptenbewerben.
Seit etwa zehn Jahren versuchen
BerlinerPolitiker,denDrogenhandel
imGörlitzerParkeinzudämmen.Der
frühereInnensenatorFrank Henkel
(CDU)führtedieNull-Toleranz-Stra-
tegie gegen Drogenhändler ein,
selbst der Besitz kleiner Mengen
Cannabis war strafbar.Doch Hen-
kels hartesDurchgreifen blieb ohne
sichtbarenErfolg.JustizsenatorDirk
Behrendt (Grüne) erklärte dieNull-
Toleranz-Politik2017fürgescheitert.
„Sie war kontraproduktiv“, sagte er.
Fortan duldet Berlin bis zu
15Gramm zumEigenbedarf, das ist
derhöchsteWertbundesweit.
Im Maidiesen Jahres hatte dann
auch ParkmanagerCengiz Demirci
eineIdee,denDrogenhandelimPark
perPlatzanweisungzukontrollieren.
Verkäufer sollten sich auf markierte
FlächenimParkstel len,soseineVor-
stel lung. Besucher,vor allemFami-
lienmit Kindern,würdendannnicht
mehrandenEingängenmitDealern
konfrontiertwerden. DochDemirci
hatteseinenVorschlagnichtmitdem
Bezirksamtabgestimmt.Dortsprach
man voneinem „Alleingang“ des
Parkmanagers und ignorierte seine
Idee.NunfolgendieImbisswagen.

Stefan Strauß
hält das Motto „EinPark
für alle“ für hilfreich.

EIN PARK FÜR ALLE


  • • •


1866 1980 Ab 2009

Der Görlitzer Bahnhof wurde
1866 auf dem 14 Hektar
großen Köpenicker Feld er-
öffnet. Nach dem Krieg
stellte die Bahn erst denPer-
sonenverkehr ,später den
Güterverkehr ein. Kreuzberg
wollte das Gelände zur Grün-
fläche umwandeln. Esver-
kam aber zur Brache mitAu-
towracks, Müllbergen und
Chemieabfällen.

Der Bezirk und derVerein
SO 36 begannen 1980 mit
den Planungen für einen
Stadtpark. Das Gelände ent-
wickelt sich zur beliebten
Freifläche fürPartys und
Konzerte. Ab 1985 wurde
der Park bepflanzt und neu
gestaltet: Dortgibt es heute
Liegewiesen, einen Kinder-
bauernhof, Sportplätze und
die Pamukkale-Terrassen.

Seit etwa zehn Jahren ist der
GörlitzerPark ein Ortdes
Drogenhandels. 2012 pa-
trouilliertenPolizei und Ord-
nungsamt durch die Anlage,
2014 entstand eineTask-
force, esgalt di e„Null- Tole-
ranz-Regel“. Heute kümmern
sich Parkläufer,ein Parkma-
nager,eineAnwoh ner-Initia-
tiveund derParkrat um den
„Park für alle“.

POLIZEIREPORT


Raser auf Motorrad gestoppt.
DiePolizeihatamSonntaggegen
8.15Uhraufder Autobahn115inNi-
kolasseeeinenMotorradfahrerer-
tappt,dervielzuschnellfuhr.Nach
offiziellenAngabenhateineStreife
derAutobahnpolizeidenMannun-
weitdesAbzweigsSpanischeAllee
bemerktunddieVerfolgungaufge-
nommen.EineVideogeschwindig-
keitsmessungermitteltedann70Ki-
lometerproStundemehralsgestat-
tet.ErlaubtseidortTempo100.Die
Polizistenhieltenden30-jährigen
Fahrerdes MotorradsinHöheder
AutobahnausfahrtSpanischeAllee
anundkontrolliertenihn.Ermuss
miteinemBußgeldinHöhevon
mindestens480Euro,zweiPunkten
inFlensburgundeinemdreimonati-
genFahrverbotrechnen.


Brandstifter festgenommen.
Ein33-JährigerhatinderWaschkü-
cheeinerFlüchtlingsunterkunftin
WilmersdorfeinFeuergelegt.Es
gebekeineErkenntnissedarüber,ob
dieBrandstiftungamfrühenSonn-
tagmorgeninderAachenerStraße
politischmotiviertgewesensei,
sagteeinPolizeisprecher.Demnach
hattederStaatsschutzermittelt.Der
Verdächtige,eindeutscherStaats-
bürger ,wurdefestgenommen.Ge-
genihn werdewegenschwerer
Brandstiftungermittelt.LautPolizei
seider Verdächtigebereitswegen
ähnlicherTatenin Erscheinungge-
treten.LautPolizeiwurdengegen
4.15UhrimTreppenhausderUnter-
kunftdieBrandmelderausgelöst.
Ein50J ahrealterBewohnerliefins
Erdgeschossundbegegneteaufhal-
berTreppedem33-Jährigen.Dieser
habeihmgesagt,dasseseinenBrand
gebe.Ind erWaschküchefandder
BewohnereinebrennendeTasche,
dieerindenInnenhofbrachteund
löschte.Ind erUnterkunftfandendie
Polizistenden33-Jährigen.Alsdieser
dieBeamtensah,versuchteerzu
fliehen.


Feuerwehr entdecktFrauenleiche.
BeieinemWohnungsbrandinSpan-
dauhatdieFeuerwehram Sonn-
abendeinetoteFraugefunden.Nach
dembisherigenErmittlungsstand
handeltessichbeiihrumdie
50JahrealteInhaberinderbrennen-
denErdgeschosswohnung,teiltedie
Polizeiam Sonntagmit.Diegegen
14UhrvonPassantenalarmierte
FeuerwehrhattedasFeuerim Erdge-
schossdesfünfgeschossigenGebäu-
desinderHedwigstraßeinnerhalb
wenigerMinutengelöscht.Weitere
PersonenwarennichtinGefahr.Die
ErmittlungenzurBrandursache
dauernan.Unklarwarkurznach
demBrand,obeinRauchmelderin
derWohnungwar.


Angriff auf Rettungswagen-Fahrer.
WeilerseineschwangereFreundin
nichtimRettungswageninsKran-
kenhausbegleitendurfte,hatein
Mannin WeißenseedenFahrerdes
Wagensattackiert.DerFahrertrug
beidemAngriffinderNachtzu
SonntaginderRennbahnstraße
leichteVerletzungenanKopfundAr-
mendavon,teiltediePolizeimit.Der
Angr eiferwurdefestgenommen.Bei
ihmwurden2,4PromilleAtemalko-
holgemessen.ErstenErkenntnissen
zufolgehatderManndie Rettungs-
kräftegerufen,nachdemerseine
schwangereFreundinbewusstlosin
ihrer Wohnunggefundenhatte.


Steinwürfe aufPolizisten.
InderNachtzu Sonntagsindinder
RigaerStraßeerneutSteineauf Poli-
zistengeworfenworden.Verletzt
wurdebeiderAttackein Friedrichs-
hainniemand,sagteeinPolizeispre-
cher.Esw arnichtdereinzigeVorfall
inder NachtinderRigaerStraße.Ge-
gen22 Uhrnahmenetwa40Men-
schenaneinerunangemeldetenDe-
monstrationteil.DieDemonstran-
tenversammeltensichlautPolizei
amBersarinplatzundzogenüberdie
RigaerStraßezurLiebigstraße.Dort
angekommenzerstreutensichdie
Teilnehmer.SpäterinderNacht
durchsuchtenPolizisteneineWoh-
nungimalternativenWohnprojekt
Liebigstraße34.(dpa)


DPA/PAULZINKEN

DiequeereCommunityfeiertsichwarm


FraueninTierkostümenwarenandiesemWochenendenichtsunge-
wöhnlichesinSchöneberg.AusgelassenePartystimmung,Kostüme
undvielLederprägtendasBilddes27.Lesbisch-SchwulenStadtfestes,
dasgrößteseinerArtinEuropa.HunderttausendeBesucher–mitoder
ohneKostüm–tranken,aßenundtanztensichvorderamkommenden
SonnabendstattfindendenParadezumChristopherStreetDayschon

einmalwarm.DasdiesjährigeMottodesfriedlichverlaufendenFestes
derqueerenCommunitylautete„GemeinsamgegenRechts!“,mitdem
sichdieVeranstaltergegenNationalismusundrechtspopulistischePar-
teienaussprachen.AufsechsBühnenspieltenBandsoderwurdean-
derweitigfürguteStimmunggesorgt.SchirmherrderPartywarBerlins
frühererRegierenderBürgermeisterKlausWowereit(SPD).
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