Die Welt am Sonntag - 28.07.2019

(Barry) #1
rige Facharztausbildung in dem Bun-
desland zu absolvieren und anschlie-
ßend für mindestens fünf Jahre in einer
ländlichen Region zu arbeiten. Heißt:
Geld gegen 16 Jahre Leben in Mecklen-
burg-Vorpommern.
Doch vielen Studenten ist die Finanz-
spritze offenbar nicht genug, um sich
für das Landleben zu verpflichten. Das
Stipendium startete vor vier Semestern,
bisher wurden 37 Studenten gefördert,
teilte das Ministerium in Schwerin auf
Anfrage mit. Fünf gaben ihren Vertrag
zurück, als Erklärung wurden entweder
private Gründe oder unsichere Zu-
kunftspläne genannt. Das Ministerium
betont, das Stipendium sei kein „Mas-
senförderprogramm“.
In Niedersachsen, wo 400 Euro pro
Monat vergeben werden, ist die Nach-
frage noch geringer. Seit 2016 wurden
insgesamt nur 37 Studenten gefördert.
Die Entscheidung, sich für so eine lange
Zeit im Voraus festzulegen, sei eine,
„die nicht leichtfertig getroffen wird
und von erheblicher Tragweite ist“,
rechtfertigt sich das Gesundheitsminis-
terium. Noch tiefer greift Sachsen in die
Tasche und macht für Studenten 1000
Euro im Monat locker. Im Gegenzug
müssen diese für die Dauer von sechs
Jahren, mindestens jedoch einem Jahr
pro angefangenem Finanzierungsjahr
als Hausarzt arbeiten. Doch auch dort

Deutschland sind derzeit 2600 Haus-
arztsitze offen, und jeder dritte prakti-
zierende Hausarzt ist über 60. Um den
in vielen ländlichen Gebieten immer
dramatischer werdenden Mangel abfe-
dern zu können, nehmen die Kassenärzt-
lichen Vereinigungen und die Landesre-
gierungen überall in Deutschland Millio-
nen in die Hand. Mit Zuschüssen und
QQQuereinsteigerprogrammen soll die Nie-uereinsteigerprogrammen soll die Nie-
derlassung oder Anstellung der Allge-
meinmediziner gefördert werden.
Doch weil die Anwerbeversuche von
bereits ausgebildeten Ärzten zur Be-
kämpfung des Landärztemangels nicht
reichen, geraten nun verstärkt die Me-
dizinstudenten in den Fokus. Die Idee:
Je früher man junge Menschen an eine
Region bindet, desto größer die Chance,
dass sie sich dort heimisch fühlen, viel-
leicht sogar eine Familie gründen.
In den vergangenen Jahren sind des-
wegen diverse Stipendienprogramme
gestartet, mit denen Nachwuchsärzte in
die Provinz gelockt und dort langfristig
gehalten werden sollen. Allerdings müs-
sen die Studenten Kompromisse ma-
chen. Und die haben es in sich.
So zahlt zum Beispiel das Gesund-
heitsministerium in Mecklenburg-Vor-
pommern während des Studiums ihren
Stipendiaten jeden Monat 300 Euro. Im
Gegenzug verpflichten sich diese, ihr
sechsjähriges Studium und ihre fünfjäh-

A


ls der Bürgermeister
der Kleinstadt Issel-
burg im Westen von
Nordrhein-Westfalen
im vergangenen Jahr
zufällig mitbekam,
dass ein Internist mit
seiner Familie in die Region ziehen will,
rief er persönlich bei ihm an. Ob Doktor
Maurice Selhorst sich nicht in Isselburg
mit einer Praxis niederlassen wolle,
fragte er. Die Not sei groß, die Stadt ha-
be nur sechs Allgemeinmediziner, vier
davon seien um die 70. Es gebe auch üp-
pige Förderungen für die Eröffnung der
Praxis, die Stadt und die Kassenärztli-

che Vereinigung könnten jeweils 50.
Euro zahlen und das Land NRW 60.
Euro. Der Bürgermeister selbst würde
dabei helfen, die Anträge schnell und
unkompliziert bearbeiten zu lassen.
Der 35-jährige Selhorst, der aus fami-
liären Gründen aus dem nordrhein-
westfälischen Kamen mit Frau und Kind
in die Region an der niederländischen
Grenze zog, sagte sofort zu. Seit einem
Jahr betreut er nun Patienten in der
1 0.000-Einwohner-Stadt. Mit den insge-
samt 160.000 Euro bekommt er eine ho-
he, aber nicht ungewöhnliche Förder-
summe bei Neuniederlassungen. In

bewarben sich 2018 trotz verlängerter
Bewerbungsfrist nur 26 Interessenten,
eine Zusage erhielten davon 18. Zwei
Plätze blieben unbesetzt.
Allerdings hat Sachsen auch ein ande-
res Programm, das deutlich erfolgrei-
cher ist. Unter dem Titel „Studieren in
Europa – Zukunft in Sachsen“ zielt die
Kassenärztliche Vereinigung auf junge
Menschen, die kein 1,0-Abitur haben –
und somit erst einmal kaum Aussichten
auf einen deutschen Studienplatz. In
Ungarn aber können diese an der Uni-
versität Pécs auch ohne einen strengen
Numerus Clausus studieren. Der Deal:
Die Studiengebühren werden übernom-
men, wenn die Studenten anschließend
in ausgewählten Gebieten in Sachsen
arbeiten. Siehe da: Pro Studienplatz
gibt es durchschnittlich vier Bewerber.
Der 23-jährige Christopher Mönch
aus Berlin kennt den Kampf um einen
Studienplatz gut und hat selbst erfah-
ren, auf welche Kompromisse man sich
einzulassen hat. Mönchs Abiturab-
schlussnote war 1,6. Drei Jahre lang
machte er eine Ausbildung zum Kran-
kenpfleger, da dieser Abschluss an eini-
gen Fakultäten eine Zulassung erleich-
tert. Aber: Keine der Unis nahm Mönch
an, trotz der Zusatzqualifikation. Seine
Verzweiflung wuchs. Dann entdeckte
sein Vater eine Anzeige in der Zeitung.
Die private Medizinische Hochschule

Lockruf aufs


LAND


Biete Studienplatz, fordere Verpflichtung auf Zeit: Im Kampf gegen den Landarztmangel wird verstärkt versucht, bereits


1 8-Jährige für viele Jahre in die Provinz zu locken. Oft fließt reichlich Geld. Trotzdem sind die Ergebnisse zum Teil ernüchternd


WENN ICH MAL


LUST HABE, FEIERN


ZU GEHEN, STEIGE


ICH IN DEN ZUG


UND BIN IN


ANDERTHALB


STUNDEN IN BERLIN


CHRISTOPHER MÖNCH,
Medizinstudent in Neuruppin

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„Wir müssen die Lebensbedingungen
auf dem Land verbessern, dann kommen
die jungen Leute von allein“:
Landarzt Maurice Selhorst

VONKAJA KLAPSA

DOMINIK ASBACH

Brandenburg bot ein Programm an: Wer
sich verpflichtet, seinen Facharzt in ei-
ner der kooperierenden Kliniken im
ländlichen Gebiet zu machen, bekommt
ein Darlehen und den Großteil der Stu-
diengebühren erstattet. Für Mönch
glich das Angebot einer Erlösung. Nach
erfolgreicher Bewerbung studiert er
nun seit April in Neuruppin.
Nach den ersten Monaten ist der Ber-
liner mit seinem neuen Leben in Bran-
denburg zufrieden. In der kleinen Stadt
sind die Wege kurz, ein See ist um die
Ecke und die Wohnung günstig. „Wenn
ich mal Lust habe, feiern zu gehen, stei-
ge ich in den Zug und bin in anderthalb
Stunden in Berlin“, erzählt der 23-Jähri-
ge. Wenn er mit seiner Ausbildung und
Verpflichtung in Brandenburg fertig ist,
wird er 34 Jahre alt sein. Ob er dann
dauerhaft in der Region bleiben wird?
„Ich weiß es nicht, das ist alles noch
ganz schön weit weg“, sagt Mönch.
Es scheint die Schwierigkeit bei der
Suche nach einem Studienplatz zu sein,
die die Kassenärztlichen Vereinigungen
und die Bundesländer nutzen, um junge
Menschen an die ländlichen Regionen
zu binden. So zeigt die Bilanz der ein-
zelnen Programme, dass Medizininte-
ressierte weniger mit Geld als mit der
Zulassung geködert werden können.
Davon profitiert die sogenannte
Landarztquote, die 2017 von der Bun-
desregierung im Rahmen des „Master-
plans Medizinstudium 2020“ beschlos-
sen wurde und von den Ländern freiwil-
lig eingeführt werden kann. Als Vorrei-
ter startet in diesem Wintersemester
erstmalig NRW. 7,6 Prozent der Studen-
ten bekommen einen Platz und ver-
pflichten sich im Gegenzug, nach ihrer
Weiterbildung zehn Jahre in einer un-
terversorgten Region zu arbeiten. Die
Abiturnote zählt hierbei nur 30 Pro-
zent, unter anderem sollen in Auswahl-
gesprächen auch Empathie und Sozial-
kompetenz getestet werden.Die ersten
Zahlen bescheinigen großes Interesse:
Auf 145 Plätze gab es über 1300 Bewer-
ber. Wer den Vertrag bricht, muss eine
Strafe von 250.000 Euro zurückzahlen.
Während der Hausärzteverband und
die Bundesärztekammer die Methode
loben, stößt die Quote nicht überall auf
Begeisterung. Kritik kommt vom Mar-
burger Bund, der die Interessen der an-
gestellten und verbeamteten Ärzte ver-
tritt. „Die sogenannte Landarztquote
ist ein Irrweg. Eine derart frühe vertrag-
liche Festlegung widerspricht schlicht
den Erfahrungen des Lebens“, heißt es.
Der 35-jährige Landarzt Selhorst aus
Isselburg studierte in Österreich und

Der 35-jährige Landarzt Selhorst aus
Isselburg studierte in Österreich und

Der 35-jährige Landarzt Selhorst aus

sagt: „Hätte es damals schon eine Land-
arztquote gegeben, hätte ich sie wahr-
scheinlich genutzt.“ Die Entscheidung,
auf dem Land eine eigene Praxis zu er-
öffnen, bereut er bisher keine Sekunde.
Bei den Patienten spüre er täglich die
Dankbarkeit, immer wieder bekomme
er Grußkarten, einige brächten gar
Schokolade oder ein Eis mit. Was ihn al-
lerdings stört, sei das schlechte Mobil-
funknetz. „Wir müssen die Lebensbe-
dingungen auf dem Land verbessern,
dann kommen die jungen Leute von al-
lein“, sagt er. Für eine gelungene Nie-
derlassung müssten eben viele Faktoren
stimmen: der Breitbandausbau, das So-
zialleben, die Freizeitangebote, der
Partner, die Kinder. Kein Arzt, da ist
sich Selhorst sicher, würde sein Leben
nur wegen des Geldes in der Provinz
verbringen.

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Abgezeichnet von:
Artdirector

Abgezeichnet von:
Textchef

Abgezeichnet von:
Chefredaktion

Abgezeichnet von:
Chef vom Dienst

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28.07.19 28. JULI 2019WSBE-HP


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6 POLITIK * WELT AM SONNTAG NR.30 28.JULI


Viel Feind, viel Ehr. Das geflügelte Wort
des Landknechts Georg von Frundsberg
bezog sich ursprünglich auf Kriegstaktik,
und die ist auch dem einflussreichsten
Deutschen in Brüssel nicht fremd. Der
scheidende EU-Generalsekretär Martin
Selmayr mag einer breiten europäischen
Ö

elmayr mag einer breiten europäischen
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elmayr mag einer breiten europäischen
ffentlichkeit unbekannt sein, doch die-
se Anonymität steht in einem Missver-
hältnis zu seiner tatsächlichen Bedeu-
tung. Der in Bonn geborene Selmayr ist
in den 15 Jahren, in denen er als Beamter
der Brüsseler EU-Kommission in ver-
schiedenen Rollen diente, zum mächti-
gen Berater, Spindoktor und zum Mas-
termind von Präsident Jean-Claude Jun-
cker aufgestiegen.
„Jetzt wollen wir mal meine Rolle
nicht überbewerten“, sagt Selmayr am
Donnerstag im Gespräch mit WELT AM
SONNTAG. „Ich bin ein Beamter, der
nach besten Kräften der Kommission
dient, die ihn angestellt hat.“ Charman-
te Bescheidenheit. Wäre er aber tatsäch-
lich so unbedeutend, dann hätte er nicht
aus dem Weg gehen müssen, bevor die

EU-Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen eine Mehrheit im EU-Par-
lament bekam. Selmayr hat am Freitag
sein Büro in Brüssel geräumt.
Nicht nur unter europäischen Abge-
ordneten hat er sich einen Ruf als ge-
fffürchteter Verhandlungspartner undürchteter Verhandlungspartner und
Taktiker erworben. Wegen seines hohen
Arbeitspensums soll Juncker ihn einmal
im Scherz als „Monster aus dem Berlya-
mont“, also dem Kommissionsgebäude,
bezeichnet haben. Selmayrs Karriere in
Brüssel verlief steil, nach Empfinden
seiner Gegner womöglich ein bisschen
zu steil. Der frühere Bertelsmann-Lob-
byist wurde im Februar 2018 gleich zwei-
fffach befördert: erst zum Vize- und nurach befördert: erst zum Vize- und nur
Minuten später zum Generalsekretär
der EU-Kommission. Während EU-Ab-
geordnete bis heute empört von einem
„Staatsstreich“ sprechen, weist Selmayr
selbst derlei Kritik als unbegründet zu-
rück. „Ich bin rechtmäßig in mein Amt
gekommen, für das ich nachweislich alle
ffformellen Qualifikationen mitbringe.“ormellen Qualifikationen mitbringe.“
Eine juristische Anfechtung seiner Beru-

fffung gibt es nicht. Die EU-Ombudsfrauung gibt es nicht. Die EU-Ombudsfrau
aaaber sieht die Doppelbeförderung wei-ber sieht die Doppelbeförderung wei-
terhin kritisch: Sie trage nicht gerade
dazu bei, das öffentliche Vertrauen in
die EU zu stärken.
Unstrittig hingegen ist, dass sich der
Mann mit dem scharfen Verstand und
dem geschmeidigen Auftritt unersetz-
lich gemacht hat für seinen Chef. Selbst
Selmayrs schärfste Gegner gestehen ihm
zu, dass die als unverwaltbar geltende
Kommission durch sein Wirken effizien-
ter, handlungsfähiger und damit auch
einflussreicher gegenüber den Mitglieds-
staaten geworden ist. Es überrascht da-
her kaum, dass sich Selmayr auch unter
den europäischen Regierungschefs und
Ministern nicht nur Freunde gemacht
hat. So soll der frühere Bundesfinanzmi-
nister Wolfgang Schäuble einmal gespot-
tet haben: „Was ist der Unterschied zwi-
schen Gott und Selmayr? Gott weiß, dass
er nicht Selmayr ist.“
Der Gescholtene nimmt die Kritik an
seiner Person scheinbar gelassen:
„„„Wenn man eine Führungsaufgabe inWenn man eine Führungsaufgabe in

Europa hat, kann man eben nicht nur
beliebt sein.“ Und er fügt hinzu: „Bei ei-
nigen geht da in Bezug auf meine Person
die Fantasie ein bisschen durch. Wo-
möglich schauen die Leute einfach zu
viele Serien wie ‚House of Cards‘ und
unterschätzen darum, dass reale Politik
vergleichsweise langweilig und vor al-
lem arbeitsintensiv ist.“
An Abwechslung und Intrigen man-
gelte es der EU-Kommission in den ver-
gangenen fünf Jahren indes nicht. Ein
unter anderem von Selmayr eingefädel-
tes Abkommen mit dem türkischen
Machthaber Recep Tayyip Erdogan ist
zzzwar umstritten, sorgt aber dafür, dasswar umstritten, sorgt aber dafür, dass
inzwischen bedeutend weniger illegale
Flüchtlinge nach Europa kommen als
noch 2015. In den Brexit-Verhandlungen
bewahrten die Kontinental-Europäer
bisher eine untypische Einigkeit, die
auch der geschickten Gesprächsführung
der Kommission zu verdanken ist. Die
Briten dagegen werfen Selmayr vor, per-
sönlich die Gesprächsatmosphäre zwi-
schen London und Brüssel vergiftet zu

haben, indem er Details eines Arbeits-
essens zwischen Juncker und der dama-
ligen Regierungschefin Theresa May an
eine Zeitung weitergegeben habe.
Viele sollen Ursula von der Leyen im
VVVorfeld dazu geraten haben, sich vonorfeld dazu geraten haben, sich von
Selmayr zu trennen. Dabei dürfte nicht
alle Berater die selbstlose Sorge um das
Ansehen der EU angetrieben haben,
sondern womöglich auch das Interesse
an einem unverstellten Zugang zur noch
unerfahrenen Kommissionspräsidentin.
Selmayr selbst jedenfalls will die Lesart
nicht stehen lassen, er sei von der Ley-
ens erstes Opfer. „Wir waren uns einig:
An der Spitze der EU-Kommission ist
schlicht kein Platz für zwei Deutsche.“
Und wenn die Bundesrepublik die Chan-
ce habe, die EU-Kommission anzufüh-
ren, stünden die Interessen eines klei-
nen Beamten wie ihm selbstverständlich
zurück. All jene, die ihn kennen, vermu-
ten jedoch: Selmayr wird sich auf seinem
neuen Posten als EU-Botschafter in
Wien nicht mit dem Testen von Sacher-
torten zufriedengeben. SILKE MÜLHERR

DAS PROFIL MARTIN SELMAYR


Das „Monster aus dem Berlyamont“: Um keinen europäischen Entscheidungsträger ranken sich mehr Mythen als um den mächtigen deutschen EU-Generalsekretär, der nun weichen muss

PICTURE ALLIANCE/DPA

/VIRGINIA MAYO

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