Süddeutsche Zeitung - 27.07.2019 - 28.07.2019

(nextflipdebug5) #1
München– Esliest sich fast schon wie
Routine: Erneut hat ein US-Gericht das
Strafmaß in einem Verfahren um den Un-
krautvernichter Glyphosat gekürzt. Aber
es ist keine Routine, es geht um sehr viel.
Es geht um die Existenz von Menschen –
Kranken und Beschäftigten. Es geht um
viel Geld für die Kläger, die Unkrautver-
nichtern mit dem von Monsanto entwi-
ckelten Wirkstoff Glyphosat ihr Krebslei-
den zuschreiben. Es geht um die Zukunft
des Dax-Konzerns Bayer, der sich mit der
Übernahme von Monsanto für 63 Milliar-
den Dollar hohe Rechtsrisiken und Unsi-
cherheiten aufgebürdet hat. In den USA
wurden bis Mitte April mehr als 13000
Klageneingereicht. Die Verfahren können
sich über Jahre durch die Instanzen zie-
hen, Bayer hält die Urteile für falsch.
Ein Gericht in Kalifornien setzte am
DonnerstagdasStrafmaßim FalldesEhe-
paarsPilliodvon insgesamtgutzweiMilli-
ardenDollarauf86,7MillionenDollarher-
ab. Aber Richterin Winifred Smith aus
Oakland kürzte das Strafmaß aus forma-
len Gründen,nichtin derSache. Sielehnte
es auch ab, wie von Bayer gewünscht, das

Verfahren neu aufzurollen. Die vorgeleg-
ten Beweise stützen die Einschätzung der
Geschworenen, dass das glyphosathaltige
Mittel Roundup den Krebs von Alva und
Alberta Pilliods ausgelöst und Monsanto
esversäumthabe,vordenpotenziellenGe-
fahren zu warnen. Es gebe Beweise dafür,
dassMonsantoWissenschaftlernundMe-
dizinern Informationen vorenthalten und
versuchthabe,wissenschaftlicheUntersu-
chungen und daraus resultierende Ergeb-
nisse zu behindern, zu entkräften oder zu
verzerren, zitiert dasWall Street Journal
aus der Begründung der Richterin.
Im Mai hatten die Geschworenen den
Pilliods gut zwei Milliarden Dollar zuge-
sprochen.DassdasStrafmaßgekürztwer-
den würde, hatte sich abgezeichnet. Der
Oberste Gerichtshof der USA schreibt vor,
dassderStrafschadenersatz,derdasFehl-
verhalten eines Konzerns ahndet und
Nachahmer abschrecken soll, höchstens
bis zum Neunfachen des Schadenersatzes
für Schmerzen, gesundheitliche und fi-
nanzielle Schäden betragen darf.
Seit Mitteder 70erbisvor wenigen Jah-
ren bekämpften die Pilliods auf ihren
Grundstücken Unkraut mit Roundup. Bei

Alva Pilliod wurde 2011 Krebs diagnosti-
ziert. In seinem Fall kürzte die Richterin
den Strafschadenersatz von einer Milliar-
deauf24,5MillionenDollarunddenScha-
denersatz von 18 auf 6,1 Millionen Dollar.
Alberta Pilliod erkrankte 2015. In ihrem
Fall kürzte Smith den Strafschadenersatz
voneinerMilliardeauf44,8MillionenDol-
lar, den Schadenersatz von knapp 37 auf
gut elfMillionen Dollar. Damit beträgt der
Strafschadenersatz etwa das Vierfache
des Schadenersatzes. Es ist das erste Mal,
dass in einem Glyphosat-Verfahren nicht
nurder Strafschadenersatz, sondern auch
der Schadenersatz gekürzt wurde.
Bayer bezeichnete die Entscheidung
als „Schritt in die richtige Richtung“. Das
Urteil entspreche aber nicht derBeweisla-
ge in dem Verfahren und stehe im Wider-
spruch zu „wissenschaftlich zuverlässi-
gen Erkenntnissen“. Wie nach jedem Ur-
teil verweist Bayer auf Einschätzungen
vonRegulierungsbehörden,„dassglypho-
satbasierte Herbizide bei sachgemäßer
Verwendung sicher sind und Glyphosat
nicht krebserregend ist“. Bayer will auch
gegen dieses Urteil Berufung einlegen.
In allen drei, bisher erstinstanzlichen
Fällen wurde das Strafmaß gekürzt. Im
Fall des Hausmeisters Dewayne Johnson
kappte Richterin Suzanne Ramos Bolanos
die Summe von knapp 290 auf rund 79
Millionen Dollar. Zu Wochenbeginn setzte
Vince Chhabria, bei dem einige Hundert
Verfahren gebündelt sind, das Strafmaß
im Fall Edwin Hardeman von insgesamt
gut 80 auf 25 Millionen Dollar herab. Der
Bundesrichter tadelte Monsanto heftig.
Er bezeichnete das Verhalten des Kon-
zerns als „verwerflich“. Monsanto müsse
bestraft werden. Dem Fall Hardeman gilt
besondere Aufmerksamkeit. Es ist eine
Art Musterfall, in dem für alle bei Chha-
bria anhängigen Verfahren relevante Fra-
gen geklärt, Zeugen vernommen und Be-
weise erhoben werden. Der Richter dringt
aufeinenVergleichderStreitparteien.Ver-
mittelnsollderNewYorkerSchlichterKen
Feinberg.
Wie die Agentur Reuters berichtet,
wird voraussichtlich vom 19. August an in
St.Louis, wo Monsanto seinenSitz hat, die
nächsteKlageverhandelt,die ersteaußer-
halb Kaliforniens. Monsanto gehört zu
den wichtigsten Arbeitgebern in der Regi-
on. Allerdings sind die Geschworenen in
demBundesstaatauchdafürbekannt,ho-
he Schadenersatzzahlungen zu verhän-
gen. Laut Reuters wurden drei Viertel der
Glyphosat-Klagenbei GerichteninSt.Lou-
is eingereicht. elisabeth dostert

von benedikt müll er

Düsseldorf– Wenn Tim Höttges, 56, über
Amerika spricht, dann kommt der Chef
derDeutschenTelekomseltenohneSuper-
lativ aus. Seine Tochterfirma T-Mobile US
nennt er „unseren Wachstumsstar“. Sie
zählt schon heute gut 83 Millionen Mobil-
funkkunden in Amerika. Und es könnten
schon bald viel mehr werden.
Denn die Telekom darf auf das hoffen,
wasHöttges als„dengroßenDeal“bezeich-
net: T-Mobile will den Konkurrenten
Sprint übernehmen – und damit nahe an
diebeidenMarktführerAT&TundVerizon
heranrücken. Zweimal war die Fusion in
der Vergangenheit gescheitert. Doch jetzt
scheint die Telekom dem Ziel so nah wie
nie zuvor.


Nach der US-Telekomaufsicht FCC hat
nun auch das Justizministerium in Wa-
shington dem 23 Milliarden Euro schwe-
renZusammenschlusszugestimmt–aller-
dings nur unter Auflagen: T-Mobile und
Sprint müssen ihre Prepaid-Marke Boost
sowie einen Teil ihrer Funkfrequenzen an
den Satellitenbetreiber Dish abgeben. So
will die Behörde den Wettbewerb auf dem
US-Mobilfunkmarkt schützen. Im Raum
steht nun noch eine Klage mehrerer US-
Bundesstaaten. Sie fürchten im Falle der
Fusion weniger Auswahl und höhere Prei-
se für die Kunden.
Fest steht: Wenn Höttges Plan gelingt,
hätte die Telekom in Amerika bald mehr
Kunden als in Deutschland und dem EU-
Ausland zusammen. Der einstige Staats-
konzern würde sein Geld künftig zu mehr
als der Hälfte in den USA verdienen. Der
Vorstand betont die Chancen: T-Mobile
und Sprint wollen die Kosten um mehrere
Milliarden senken. Sie könnten doppelte
Antennenplätze sparen, Vertrieb und Ver-
waltung zusammenlegen. Und sie könn-
ten sich die Kosten für den neuen Mobil-
funkstandard 5G teilen. „Unsere Industrie
lebt von den Größenvorteilen“, so Höttges.
Doch für Telekom-Aktionäre birgt der
Plan auch Risiken. „T-Mobile US müsste
den US-Konkurrenten samt Schulden
übernehmen“, warnte Thomas Deser von
Union Investment in der Hauptversamm-
lung des Konzerns, „und die Integrations-
kosten sind sehr hoch.“ Der Zusammen-
schluss würde zunächst gut zwölf Milliar-
den Euro kosten. Das drückt den Gewinn
jeAktienachunten–unddaranwilldieTe-
lekom die Dividendenzahlung bemessen.
„Wir würden zwei Jahre haben, in denen
man eine Delle durchläuft“, sagte der Vor-
stand am jüngsten Kapitalmarkttag.


Damit die Behörden die Fusion geneh-
migen, haben T-Mobile und Sprint Zuge-
ständnisse angeboten. Neben dem Ver-
kauf von Boost wollen die Konzerne die
neue5G-TechnikauchinländlichenGebie-
ten der USA ausbauen. Dieser neue Stan-
dard kann selbst große Datenmengen na-
hezu in Echtzeit übertragen und gilt als
Grundlage für Zukunftstechnologien wie
das autonome Fahren.
Auch wollen T-Mobile und Sprint beim
5G-Ausbau auf Technik von Huawei ver-
zichten. Die USA befürchten, dass China
den Ausrüster zwingen könnte, Daten aus
dem Westen abzufangen oder Mobilfunk-
netze lahmzulegen. Huawei weist die Vor-
würfe zurück.
Für die Telekom wäre der Zusammen-
schluss mit Sprint der vorläufige Höhe-
punkteineswechselvollen Amerika-Aben-
teuers. Der Konzern hatte 2001 unter dem
Vorstandschef Ron Sommer übermütig in
die USA expandiert und – mitten im Bör-

senboom – zwei Mobilfunkanbieter über-
nommen. Doch litt T-Mobile zunächst un-
ter Lücken im Netz. Auch hatte die Tele-
kom-Tochter als einziger großer Anbieter
das beliebte iPhone zunächst nicht im An-
gebot. 2011 wollte die Telekom ihre Toch-
teranMarktführerAT&Tverkaufen, schei-
terte aber an der Kartellbehörde.
DanachersteigerteT-Mobileunterdem
exzentrischen Chef John Legere zusätzli-
che Funkfrequenzen und vereinfachte die
Kundenverträge.Der61-Jährigeistfürsei-
nelangenHaare, Magenta-Klamottenund
Verbalattacken auf Konkurrenten be-
rühmt; Legere hatte etwa die Marktführer
AT&T und Verizon als „Dumm und Düm-
mer“verunglimpft.T-Mobilehatuntersei-
ner Führung Millionen Kunden hinzuge-
wonnenundwächstsostarkwiekeinande-
res Geschäft des Bonner Konzerns. In der
Nacht zu Freitag hat T-Mobile die Jahres-
prognose nach oben korrigiert; die Quar-
talszahlen übertrafen die Erwartungen.

In den vergangenen Jahren haben
T-Mobile und Sprint schon zweimal einen
Zusammenschluss versucht. Dieser schei-
terte 2014 an kartellrechtlichen Einwän-
den; die Telekom-Tochter wäre damals
noch Juniorpartnerin gewesen. Im Herbst
2017 dann wurden sich die Telekom und
derSprint-HauptaktionärSoftbankausJa-
pan nicht einig, wer das Sagen in dem Ge-
meinschaftsunternehmen hätte.
Diese Streitfrage hat sich nun zuguns-
ten des Bonner Konzerns gelöst: Softbank
soll 27 Prozent der Anteile des neuen Ge-
meinschaftsunternehmenshalten.Die Te-
lekom erhielte 42 Prozent – sicherte sich
aber weitgehende Stimmrechte, sodass
sie T-Mobile auch künftig voll in der Kon-
zernbilanz ausweisen kann. Die restlichen
Anteile gehören sonstigen Aktionären.
Das Gemeinschaftsunternehmen soll
auch in Zukunft T-Mobile heißen, Tele-
kom-Chef Höttges soll dessen Aufsichts-
rat leiten.

Eine Richterin sieht Beweise
dafür, dass Monsanto
Informationen vorenthielt

In der Sache hart


Erneut kürztein Gericht in einem Glyphosat-Fall die Strafe
für Bayer, aber aus formalen Gründen. Der Vorwurf bleibt

Wachstum aus Übersee


Wettbewerbshüter erlauben der Telekom die Fusion mit Sprint in den USA.
Soweit kam der Konzern dort noch nie, doch der Plan birgt Risiken

Lange wollte die Telekom ihre


US-Tochter loswerden. Nun will


sie die Marktführer angreifen


DEFGH Nr. 172, Samstag/Sonntag, 27./28. Juli 2019 HF2 WIRTSCHAFT 29


Bald vereint. T-Mobile-Chef John Legere umarmt Marcelo Claure vom Konkurrenten Sprint.FOTO: BRENDAN MCDERMID/REUTERS

Tröste Dich, die Stunden eilen,


und was all Dich drücken mag,


auch das Schlimmste kann nicht weilen


und es kommt ein anderer Tag.


In dem erwigen Kommen und Schwinden


wie der Schmerz, liegt auch das Glück.


Und auch heitere Bilder finden


ihren Weg zu Dir zurück.


Harre, hoffe.Nichtvergebens


zählestDu der Stunden Schlag.


Wechsel istdas Los des Lebens


und es kommt ein anderer Tag. Theodor Fontane.


Karl Heinz Ruhland


Verwaltungsdirektor a. D.
* 6. Juli 1927 † 23. Juli 2019

Der Gottesdienst wird am Mittwoch, den 31. Juli 2019, um 8.00 Uhr in der
Pfarrkirche Leiden Christi, Grandlstraße 8, 81247 München, stattfnden.
Die Beerdigung ist im Anschluss um 10.30 Uhr im Friedhof Obermenzing.

In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von


In stiller Trauer:
Familie Herrmann
im Namen aller Angehörigen und Freunde

Ruth Hermes







      1. 1950 † 21. 7. 2019






Die Beerdigung fndet am Montag, dem 29. Juli 2019, um 12.45 Uhr
im Nordfriedhof, Ungererstraße 130, München statt.

Wir nehmen Abschied von meiner lieben Frau, unserer Mutter,
Oma und Schwester

In Dankbarkeit:
Dieter Wojack
Martina Hermes
Christoph Hermes
Hildegard Hermes
im Namen aller Angehörigen und Freunde

Trauer einen Raum geben.


Abschied nehmen von einem geliebten Menschen ist
schmerzlich. Das Trauerportal der Süddeutschen Zeitung,
SZ Gedenken, hilft Ihnen dabei und bietet Ihnen die Möglichkeit,
Ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen.

Alle Traueranzeigen aus der Zeitung erscheinen automatisch
auf einer persönlichen Gedenkseite. Hier können Sie virtuelle
Gedenkkerzen anzünden, kondolieren und persönliche Fotos und
Erinnerungen mit Verwandten, Freunden und Bekannten teilen.

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