Süddeutsche Zeitung - 27.07.2019 - 28.07.2019

(nextflipdebug5) #1

E


s gibt in der Promiwelt nichts
Beruhigenderes, als den Nach-
wuchs der Stars auf dem roten
Teppich stehen zu sehen. Weil diese
Erben ja Beweis dafür sind, dass auch
unantastbare Diven älter werden. Das
hier ist zum Beispiel Andie MacDowells
sehr gelungene Tochter Margaret Qual-
ley. Sie ist 24, eine begabte Schauspiele-
rin und Co-Star von Brad Pitt und Co. in
Quentin Tarantinos neuem Film „Once
upon a Time in Hollywood“. Zur Erinne-
rung: Andie MacDowell war die Frau, die
zwar nie richtig sexy war, in die aber alle
Männer verliebt waren – oder noch sind.
Das Gleiche könnte der Tochter auch
passieren. Sie ist auch nicht richtig sexy,
aber hat ein wunderschönes Lachen. Es
bleibt deshalb das Geheimnis des Stylis-
ten, warum er oder sie Margaret in die-
ses Outfit von Prada gesteckt hat: in
einen Rock, der eigentlich lieber Gürtel
wäre, und ein schlapp wirkendes Mini-
Bustier, beides in Fischsilber. Das glit-
zernde, lose Gewirke darüber ist nur
konsequent, es gibt dem schönen Kind
den Anschein, als sei es wie ein hilfloser
Fisch ins Netz gegangen. Ist aber nur ein
Ausrutscher, Margaret Qualley sah sonst
auf allen roten Teppichen hervorragend
aus, wie eine echte Lady nämlich. Gute
Gene sind eben gute Gene – die kann
noch nicht mal eine Geschmacksverir-
rung überdecken, die sonst nur beruf-
lich tanzende Frauen in den Clubs von
Ibiza tragen würden. julia werner


S


chwer zu sagen, wie es sich an-
fühlt, wenn man als Junge fest-
stellt, dass der eigene Vater James
Bond ist. Vermutung: Man hat dann
zwar offiziell den coolsten Dad der Welt,
muss ihn aber mit allen teilen und dum-
merweise anderweitig noch cooler wer-
den. Nun ist Dylan Brosnan aus dieser
komplizierten Situation augenscheinlich
recht gut herausgewachsen und zwar
gleich bis auf 1,96 m. Er verdient eigenes
Geld und fährt auch auf einem eigenen
Coolness-Ticket – als Model für Burber-
ry und Saint Laurent. Eingefädelt hat die
Modeljobs übrigens nicht Papa, angeb-
lich wurde Dylan in Kalifornien von Hedi
Slimane in einem Café entdeckt. Das
passt natürlich zur tragisch-glücklichen
Familiengeschichte der netten Brosnans
von nebenan. Trotzdem sieht man Vater
und Sohn nicht allzu oft zusammen in
der Öffentlichkeit, was von der Gossip-
Presse moniert wird. Aber ehrlich – wel-
cher 22-Jährige zeigt sich schon oft mit
seinem Vater in der Öffentlichkeit? Bei
der Filmpremiere des neuen Tarantino-
Streifens (darf man nur noch bei Taranti-
no-Filmen sagen!) war es aber so weit:
Pierce und Dylan auf dem roten Tep-
pich. Während sein Vater mit Anzug und
bewährtem Charme winzig neben ihm
stand, zeigte Dylan ein 1975er-Vollkos-
tüm, das nicht jeder rocken würde. Walle-
haar und Lennonbrille, Schlaghose und
Lederblouson. O.k.! Aber James Bond
wird man so nicht. max scharni gg


von julia rothha as

E

in Picknick ist vermutlich das
Demokratischste, das uns Men-
schen auf der Suche nach etwas
Erholung einfallen kann. Denn
aufderDeckegibteskeinenbes-
ten Platz, keine Sitz- und keine Rangord-
nung. Hier ist jeder Gastgeber und Gast in
einem. Niemand muss dafür in einen Ver-
ein eintreten, etwas Besonderes können
oder beweisen, wie sportlich er ist. Es be-
darf keiner Einladung, keiner Reservie-
rung, keiner Eintrittskarte. Jeder kann
noch in letzter Minute dazukommen.
Schließlich ist genug Platz für alle da. Eine
Decke,guteFreunde,etwaszuessen–ent-
wederausdemSupermarktoderzuvorda-
heim zubereitet. Regeln? Das Picknick ist
geradedeshalbcharmant,weileskeinefes-
ten Regeln gibt.
Für ein Abendessen im Freien muss
man noch nicht einmal aus der Stadt raus-
fahren, um es besonders hübsch zu haben,
selbstaufdemGrünstreifenzwischenpar-
kenden Autos kann es gemütlich sein. Den
Korb zu packen hat sich noch immer ge-
lohnt, denn das Picknick ist der kürzeste
Kurzurlaub aller Zeiten. Und mit ein paar
Kerzen lässt es sich sogar an den längsten
Arbeitstag dranhängen.
DasEssen unterfreiemHimmelschätz-
te man bereits in der Antike, im 18. Jahr-
hundert übernahm dann die Aristokratie
dieWiese.DankderEinführungderEisen-
bahn kam balddas restlicheVolk nachund
saßdaneben.DashältdieRoyalsvomPick-
nick bis heute nicht ab: Während Königin
Victoria sich das Essen noch in den High-
landsservierenließ,gabeszuQueenEliza-
beths 90. Geburtstag Fresskörbe entlang
der Prachtstraße The Mall, und Herzogin
Kate sah man jüngst auf dem Boden sitzen
undihrenKindernSnacksausbunterTup-
perwarereichen.AuchdieKunstistderRe-
volution im Grünen auf immer dankbar.
Was wohl Künstlern wie Manet oder Mo-
netals Motiveingefallen wäre, hättees das
Picknick nie gegeben?
Demokratisch, das gilt natürlich auch
fürdenSchmerz,deneinPicknickzwangs-
weise mit sich bringt. Über Stunden mit
verknotetenBeinenzusitzen,sichnichtan-
lehnenzukönnenunddannwiedereiniger-
maßen elegant hochzukommen vom Bo-
den? Gelingt nicht jedem. Zugleich stört
sichbeieinemPicknickauchniemanddar-
an, wenn man sich zwischendurch einfach
mal nach hinten ins Gras fallen lässt. Kol-
lektives Herumlümmeln ist erlaubt, die
Tischmanieren haben Pause.
Also nichtswieraus!Wiehaben einpaar
praktischeTippsgesammelt,wiedassom-
merliche Picknick noch ein wenig schöner
wird.

Der Ort


Unter den Bäumen am Fluss, auf dem Steg
am See, auf dem Hügel im Stadtpark:
Einenschönenundeinigermaßenexklusi-
ven Picknickplatz zu finden ist an heißen
Wochenendengarnichtsoeinfach.DieDe-
cke kann man aber auch mitten in der
Stadt ausbreiten, zum Beispiel neben ei-
nem Brunnen oder Denkmal, auf einem
Parkdeck oder Hausdach, auf den Stufen
einesMuseums,einerBehörde,einerSchu-
le. Dass ein Abendessen an einem öffentli-
chen Platz herrlich sein kann, zeigt die all-
jährlich wiederkehrende Veranstaltung
„Dîner en blanc“ in europäischen Groß-
städten. Auf den schönsten Plätzen trifft
sich eine weiß gekleidete Meute an weiß
geschmückten Tafeln. Über so viel Auf-
wand kann der wahre Picknickfreund, ein
Meister der Improvisation, nur lachen, er
knallt seine Decke einfach auf den Boden.
Und trotzt selbst einem kurzen Regen. Da-
nach einfach eine große Mülltüte, ein Re-
gencape oder einen ausrangierten Dusch-
vorhang unter die Decke legen.

Das Zubehör


Ja,ersiehthübschaus,derklassischePick-
nickkorb aus Weidenruten mit den dazu
passenden Tellern, Löffeln, Gläsern in ei-
gensdafürangebrachtenFächern undHal-
terungen. Doch so manches Picknick ist
schon an seinem Gewicht gescheitert, der
Korbistvielzuumständlich.TellerundGa-
beln aus bruchsicherem Melamin, Bam-
bus oder Edelstahl in einer Baumwollta-
sche tun es aber auch, selbst das Weinglas
gibt es inzwischen aus wiederverwendba-
rem Kunststoff in klassischer Weinglas-
form. Auf Einweggeschirr also bitte in je-
dem Fall verzichten. Das Gleiche gilt für
den Grill: Statt eines Einmalgrills von der
Tankstelle lieber einmal in einen Reise-
oder Faltgrill investieren. Jedes Picknick
wird schöner, wenn die Decke darunter
auch stimmt. Groß und bunt soll sie sein,
ein knalliges Mosaik bekommt man aber
auchmitmehrerenDeckenhin.Nochwich-
tiger als jede Unterlage: ein Schweizer Ta-
schenmesser, Flaschenöffner, Sonnen-
creme, Mückenspray. Wer den Sonnen-
schirm mitgeschleppt hat und nicht mehr
braucht: umgedreht an einen Baum hän-
gen. Darin sind Baguettes und Weintrau-
ben sicher vor Ameisen, neugierigen Hun-
den und Patschehändchen.

Das Essen


Die schnelle Version: Nach der Arbeit beim
Griechen vorbeiradeln und ein paar Pas-
ten, Oliven, Fladenbrot kaufen. Für das
unkomplizierte Abendessen eignen sich

auch Empanadas, gefüllte Teigtaschen,
oder Lahmacun, türkische Pizza, die zu-
sammengerollt aus der Hand gegessen
werden. Wer seine Brotzeit daheim zube-
reitet, sollte vielleicht nicht gerade jetzt
lang gehortete Rezepte erstmals auspro-
bieren müssen. Jenseits des klassischen
Nudelsalats kann es aber auch schnell und
unkompliziert gehen. Etwa mit vietname-
sischen Sommerrollen (gerolltes Reispa-
pier mit Glasnudeln, Karotten, Eisbergsa-
lat,Tofu,GarneleoderHähnchenfleischso-
wiejedeMengeKorianderundThai-Basili-
kum).DafürmussmannichtmaleinenTel-
ler einpacken, Servietten reichen. Das gilt
auch für gegrilltes Gemüse, Mini-Mozza-
rella, Cocktailtomaten und Oliven auf
Holzspießchen. Unkompliziert sind auch
die Fingerfood-Focaccia mit Tomaten, ein
dicker Teigboden, der sich wunderbar in
kleine Stücke teilen lässt, oder grüner
Spargel-Grissini, also mit Speck und Blät-
terteig umwickelte Stangen, die man sich
direkt in den Mund schieben kann. Roh-
koststifte aus Paprika, Gurken und Karot-
ten werden ins Weckglas gesteckt, die
Soße zum Dippen wartet schon unten auf
dem Boden.

Der Transport


Das beste Essen muss irgendwie auch den
Weg auf die Picknickdecke schaffen. Und
das möglichst ohne Alu- oder Plastikfolie,
was dank omnipräsenter Tupperware in
sämtlichen Größen und Bienenwachstü-
chernheute keinProblem sein dürfte. Per-
fekt eignen sich auch leere Eierpackun-
gen. Etwas Platz im Korb spart man sich,
wenn man zum Beispiel Apfelschnitze mit
etwas Zitrone beträufelt, sie wieder in ihre
ursprüngliche Form zusammenfügt und
siemiteinemGummibandumwickelt.Ler-
nen von den anderen: In Japan wird aus
der Bento-Box gesnackt, einer Art Brot-
box,dieunterteiltistinmehrerekleine Fä-
cher.Alternativgehtdasauchmiteinerlee-
ren Muffinform oder Utensilienschach-
teln,inderfrüherNägeloderSchraubenla-
gen. Damit lassen sich kleinteilige Snacks
wie Erdnüsse, Blaubeeren und Mini-Bre-
zen gut transportieren und servieren.
Apropos Japan: Schon mal vom Furoshiki-
Tuch gehört? In den bunten Stoff werden
vor allem Geschenke eingewickelt, trans-
portiert werden darin aber auch Flaschen,
Brote und Obst wie Kirschen oder Apriko-
sen – kleine Tischdecke inklusive. Statt
Kühlelementen lieber Wasserflaschen aus
dem Gefrierfach einpacken. Die halten ge-
nauso kalt und man spart sich das Schlep-
pen einiger Getränke. Wer sich wirklich
nützlich machen will, sorgt für etwas, das
beim Picknicken eigentlich immer fehlt:
Gewürze. Dafür Salz und Pfeffer in kleine

saubere Marmeladengläser vom Früh-
stücksbuffet im Hotel oder in leere Tic-
Tac-Dosen füllen.

Die Sauerei


Umgefallenes Glas, verschmierte Hände,
Flecken auf dem Kleid. Locker drüber hin-
weglächeln, das gehört zu jedem guten
Picknick einfach dazu. Genauso wie Servi-
etten, Feuchttücher, Waschlappen. Man-
che Sauerei lässt sich allerdings vorab ver-
meiden: zum Beispiel Wassermelone in
Scheiben schneiden und durch die grüne
Schale Eisstiele stecken. Funktioniert
auch mit Erdbeeren oder Ananas. Dinge
wie Ketchup/Senf/Tsatsiki ganz vom Me-
nü streichen, weil sie prädestiniert dafür
sind,sowieso irgendwannden Wegaufdas
Hemd zu finden. Inzwischen gibt es fürs
Profi-Picknick kleine Tische,in deren vor-
gegebenen Löcher man Weingläser und
Flaschen stecken kann. Weil aber nie-
mand so ein Teil mitschleppen mag, steht
das Glas sicher in einer leeren Muffinform
oderineinemWeckglas.KinderausBügel-
perlen runde Abdeckungen basteln las-
sen, die auf die Limo oder das Bier gelegt
werden können. Gegen Krabbelgetier und
Wespen hilft auch eine Duschhaube aus
demletztenHotelbadezimmer:AlsSchutz-
hülle über den Teller mitTrauben, Kuchen
oder Wurst stülpen. Und wie nach jedem
Tag im Freien gilt nach einem Picknick
ebenfalls: sich und andere abends auf Ze-
cken untersuchen.

Die Extras


Schön ist es draußen ja ohnehin, ein biss-
chenschönerwirdesmiteinpaarfrischge-
zupften Wiesenblumen im Glas, ein paar
Kerzen oder Lampions für die laue Nacht
und einem kleinen, ansehnlichen Laut-
sprecher für die Outdoor-Disco. Wer eine
Weinkiste für den Transport nutzt, kann
sie vor Ort umdrehen und als Tisch nut-
zen. Das wichtigste Extra aber sind genug
Müllbeutel, schließlich soll der schönste
Ort für ein Picknick auch am nächsten
Morgennochschönaussehen.Auchfüran-
dere. Fehlen nur noch diejenigen, die auf
der Decke Platz nehmen sollen: Familie,
Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn,
eigentlichegal. Vielschwierigeralsdieper-
fekte Zusammensetzung der Gästeschar
istohnehindieAufgabe,siedazuzuüberre-
den, ihr Abendessen einfach mal einzupa-
cken.DerAufwand!DerRücken!DieAmei-
sen! Können wir nicht einfach in den Bier-
gartengehen?VontatsächlichenBeschwer-
den nach einem Picknick hört man aller-
dings selten. Dafür hört man danach im-
merdieFrage:Wannessenwirendlichwie-
der mal draußen?

Gute Tochter:


Margaret Qualley


Ab auf die Decke


Ein Picknick?Viel zu aufwendig. Und das Sitzen auf dem Boden unbequem.


Warum man trotzdem unter freiem Himmel essen sollte


Großer Sohn:


Dylan Brosnan


FOTO: GETTY IMAGES, IMAGO IMAGES

LADIES & GENTLEMEN


DEFGH Nr. 172, Samstag/Sonntag, 27./28. Juli 2019 57


STIL


Wie gut sind die Weine von Jauch,
Jolieund Jimi Blue? Prominente
Flaschen im Test  Seite 59

Volle Pulle


Praktisch:
LED-Leuchteund
Lautsprecher in einem
(Halo Design über
westwingnow.de).
Multi-Tool in Form einer
Krabbe mit Schere,
Säge, Flaschen- und
Dosenöffner (Kikkerland
über design-3000.de).
Zusammenfaltbare
Flasche (merci-merci.com).
FOTOS: MAURITIUS IMAGES,
HERSTELLER
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