Süddeutsche Zeitung - 27.07.2019 - 28.07.2019

(nextflipdebug5) #1
von susanne hermanski

W

er hätte das gedacht? Aus
der TU kommt der Aufruf:
„MakeMunichWeird!“Mo-
ment. War die Technische
Universität nicht gerade
nochderHortalljener,diesichstrengeWis-
senschafts- und Mathematik-Gläubigkeit
aufdieFahnengeschriebenhatten?Diefrü-
her bestenfalls ein bisschen amüsiert lä-
chelten, über das, was sich etwa in Schwa-
bing tat – also leicht nördlich der eh schon
leicht dubiosen Kollegen von der geistes-
wissenschaftlichen LMU? Wenn die TUM-
lerschonsagen,Münchenseizuwenigspin-
nert, zu wenig seltsam, zu wenig schräg –
so könnte man das englische „weird“ ja
wohl am besten übersetzen – ist das nun
das ultimative Alarmzeichen? Oder ist sie
jetzt wirklich da, die ganz große gesell-
schaftliche Umwälzung?
Auf der Technologiekonferenz „1E9“ im
Deutschen Museum hat Christos Chantza-
ras seine These vorgestellt, nach der Mün-
chen mehr „Weirdness“ braucht, um in Zu-
kunftzubestehen.Er selbsthatzweiDiplo-
me als Architekt und Kaufmann und
forschtundunterrichtetanderTUamLehr-
stuhl für Architekturinformatiker. Zu den
Leuten,mitdenenChantzarasinterdiszipli-
närzusammenarbeitet,gehörendieProfes-


sorin für Strategie und Organisation Isa-
bell Welpe und der Spezialist für Stadt-
und Metropolen-Entwicklung Alain Thier-
stein. Als gemeinsamen Ansatz teilen sie:
Münchenmüssesichendlichlösen von sei-
ner „sozialromantischen Vorstellung von
Kreativität“. Hierzulande denke man bei-
spielsweise beim Wort „Kreativquartier“
immer noch vornehmlich an freie Tanz-
gruppen, Künstlerateliers und Töpferkur-
se.LeutewieerdenkenunterdessenansSi-
licon Valley. Oder besser, sie denken an
schöpferische Programmierer, Designer
und Ingenieure mit Erfindergeist. Und am
bestenansolche,dieesgeradenichtinsSili-
conValleyzieht,sonderndieLustdaraufha-
ben, in München etwas Eigenes aufzubau-
en, etwas, das dem Spirit, der überm gro-
ßen Teich derzeit herrscht, kritisch gegen-
über steht.
EinerderMitdenkervonChristosChant-
zaras ist Max Haarich, er kommt aus dem
Gründungszentrum an der TU München
und monierte nicht nur dort, dass es zu oft
nurumTechnik um derTechnik Willen ge-
he. Er ist mittlerweile Botschafter des uto-
pistischen „Užupis“ und vertritt die Künst-
ler-Republik mit einem Sitz im Kreativ-
quartier an der Dachauer Straße. Haarich
ist sich jedenfalls sicher: „Was fehlt, damit
Künstliche Intelligenz das Allgemeinwohl
fördert und auch so wahrgenommen wird,

sind Kunst und Kultur.“ Denn beides er-
möglicheeserst,dentechnologischenFort-
schritt in einen gesellschaftlichen Fort-
schritt zu verwandeln. „Kunst und Kultur
sind das Immunsystem unserer Gesell-
schaft“, sagter. DiesesImmunsystem seiin
derGeschichteschonöfterzum Einsatzge-
kommen. „Den radikalen Umwälzungen
der Industrialisierung folgte die globale
Arts-and-Crafts-Bewegung, die der Tech-
nologie wieder menschliche Züge verlieh“,
nennt Haarich als Beispiel.
DamitdievielenjungenKöpfederkreati-
ven Tech-Szene auch mit den Künsten in
Berührung kommen können, fordern
ChantzarasundCo.vomBaureferat,denge-
nehmigungsrechtlichen Rahmen zu schaf-
fen für mehr Zwischennutzungen, Pop-up
Labs, neue Werkstätten und Co-Working
Spaces. Konsequent gedacht, müsse sich
ohnehin die gesamte Stadt auf die nötige
„räumliche Transformation“ vorbereiten,
diemitder„digitalenTransformation“ein-
hergeht. Schließlich würden viele Räume
in Zukunft nur noch für einzelne Projekte,
also temporär benötigt. Deshalb müssten
sieschonimSinnederNachhaltigkeitsoan-
passungsfähig wie möglich gestaltet wer-
den. „Wir können nicht immer neu bauen.
Gebäude und gebaute Strukturen verbrau-
chen rund 60 Prozent der weltweit erzeug-
ten Energie, und 30 bis 40 Prozent unserer

weltweiten Ressourcen“, sagt Chantzaras.
PolitikerundInstitutionenkönntenbeidie-
sem Prozess allein jedoch gar nichts bewir-
ken. Er ruft auch die eigene Crowd dazu
auf, aus der München-immanenten Kom-
fortzone zu treten und sich nicht einlullen
zu lassen von dessen Wohlstand und der
Biergartenseligkeit „Bei all der Euphorie
des Startens, Entwickelns und Disruptier-
ens“ müssten sie sich selbst fragen lassen,
„hört dies an der Tür des eigenen Start-ups
auf, um 16 Uhr, bevor wir in die Berge fah-
ren oder uns an die Isar legen?“
Als alteingesessener Münchner möchte
mandenDisruptorenvonheutefreilichzu-
rufen: Im Sinne der Weirdness gibt es in
MünchenjedeMengeMöglichkeitenanbe-
reitsexistierende Weirdness anzuknüpfen.
Was etwa könnte seltsamer sein, als rituell
für zwei Wochen im Jahr in Lederhose ver-
kleidetinZeltenzusitzenundsichliterwei-
se Gerstenderivate in den Hals zu schüt-
ten? Wer dachte schräger als Karl Valentin,
der wusste: „Früher war sogar die Zukunft
besser“?WasistspinnerteralsdieAktionei-
nes modernen Fitzcarraldo (namens Dani-
el Hahn), der einen alten Ammersee-Aus-
flugsdampfer auf eine stillgelegte Eisen-
bahnbrückehievenließ,umdorteineParty-
Location einzurichten. Bleibt also am Ball,
ihr Architekten der einzustürzenden Neu-
bauten. Weird scho!

Andechs– „Exsultate“ lautet das Motto
desdiesjährigen Carl-Orff-Fests. Die Auf-
forderung ist nachvollziehbar, jedenfalls
wenn man an den Veranstalter denkt.
Denn der hat allen Grund zu jubeln, weil
esihmimVorjahrglückte,seinFestivaler-
folgreich als Neuauflage der 2015 arg ab-
rupt beendeten Andechser Orff-Festspie-
le zu etablieren. Damals hatten die An-
dechser Benediktiner, Träger des Festi-
vals, dessen Ende verkündet aufgrund
„schwerwiegender und nicht mehr zu
überbrückender Differenzen“ mit der
Orff-Stiftung, der Nachlassverwalterin
und wichtigsten Sponsorin des Festivals.
Diese Funktion ist der Stiftung auch in
derNeuauflagegeblieben:Sie istdiewich-
tigste Geldgeberin, doch dafür spricht sie
in Person des Stiftungsvorsitzenden Wil-
friedHillerauchbeiderProgrammgestal-
tung maßgeblich mit.
2600 Besucher seien im Vorjahr zu den
Konzerten nach Andechs und an den Am-
mersee gekommen, berichtet Veranstal-
ter Florian Zwipf-Zaharia. Vielleicht wer-
den es heuer noch mehr. Weil der Motet-
tentitel „Exultate, Jubilate“ natürlich
auch auf den Komponisten hinweist, der
neben Carl Orff präsentiert wird: Wolf-
gang Amadeus Mozart.

DieGrundideefürdaszweiwöchigeFes-
tival war es, Carl Orff in seiner ganzen
Bandbreite darzustellen und zu zeigen,
was ihn beeinflusst und geprägt hat. Mo-
zart eben auch. Aber den habe er geliebt,
habe viele seiner Motive in den eigenen
Werken versteckt,sagtHiller.DerKompo-
nistundOrff-Schülerwar1980alsRedak-
teur des Bayerischen Rundfunks zustän-
dig für eine Sendereihe mit dem Titel
„Komponisten machen Programm“. Als
er Orff in die Sendung einlud und ihn vor-
ab nach seinen Vorschlägen fragte, ant-

wortete der damals 85-Jährige: „Wenn
man so alt wird wie ich und sein Leben
lang Musik gehört hat, bleibt am Schluss
nur noch einer übrig... Mozart!“
Manchmal ist in den Konzertenfreilich
mehr Mozart als Orff zu hören. Kit Arm-
strongetwaspieltvierKlaviersonatenMo-
zarts und nur ungefähr 2,5 Minuten Orffs
„Gassenhauer“ausdemSchulwerk.Deut-
lich ausgewogener ist das Verhältnis in
„Gisei & Mozart Klavier 20“. Orff kompo-
nierte seine erste 50-minütige Oper „Gi-
sei – Das Opfer“ als knapp 18-Jähriger im
Jahr 1913, nachdem er sein Studium an
der Münchner Akademie der Tonkunst
aufgenommen hatte. Bekanntlich begeis-
terte ihn der Unterricht dort wenig; lieber
bearbeitete und vertonte er das japani-
sche Drama „Terakoya – Die Dorfschule“,
das um Vasallentreue und Kindsmord
kreist. Das Trauerspiel, in dem sich Orff
musikalisch noch von Debussy beein-
flusst zeigt, verwarf er allerdings später
als „jugendlichen Schiffbruch“.

Fast 100 Jahre später erlebte das Stück
2010 in Darmstadt eine erfolgreiche Ur-
aufführung. Jetzt folgt im Kloster An-
dechs die bayerische Premiere mit den
MünchnerSymphonikernunterdemDiri-
gat von Hansjörg Albrecht, der Münchner
Bach-Chor singt. Regie führt Zwipf-Zaha-
riaselbst.Eigentlichhättedersichalsmu-
sikalisches Gegenüber Mozarts „Requi-
em“ gewünscht. Die Pianistin Margarita
Oganesjan spielt aber das Klavierkonzert
Nr. 20 d-Moll (KV 466), für sie „das ab-
gründigste und dramatischste“ und für
Hiller deshalb so passend, weil d-Moll bei
Orff auch immer wieder durchdringe.
Auf die Carmina Burana wird übrigens
nicht verzichtet. Gleich zum Auftakt des
Festes (27. Juli) bringen sie sechs bayeri-
sche Schulchöre auf die Bühne. Florian
Zwipf-Zaharia wirkt immer noch ver-
blüfft, wenn er davon erzählt, dass sich
die meisten Kartenbesteller nur für Orffs
Paradewerk interessieren. „Das ist schon
extrem, wie viele Orff als Ein-Werk-Kom-
ponisten wahrnehmen.“
Dabei bietet das Festival am Ammer-
see genügend Möglichkeiten, Carl Orff
auch anders kennenzulernen. Die Sopra-
nistin Lydia Teuscher gestaltet mit dem
Bariton Thomas E.Bauer einen Lieder-
abend,Quadro Nuevolädtzu„Volksliedre-
loaded“. Daneben gibt es einen „Tag der
Kirchen“, an dem sich mehrere Pfarrge-
meinden rund um den Ammersee mit ih-
ren eigenen Chören beteiligen. Oder das
Finale des Carl-Orff-Kompositionswett-
bewerbsmitzehnUraufführungen.Dasal-
les findet an wechselnden Schauplätzen
statt, im Florian-Stadl oder im Andechser
Bibliothekssaal genauso wie im Blauen
Hausin DießenoderimHotelKaiserinEli-
sabeth in Feldafing. Und wer möchte,
kann sich bei einer Führung auch in Orffs
Domizil, dem Ziegelstadel in Dießen, um-
sehen. sabine reithmaier

Carl-Orff-Fest; Andechs und Ammerseegebiet,
Samstag, 27.Juli, bis Sonntag, 11. August, Infos
und Programm unter http://www.carl.orff-fest.de

München– Wenn Detektive einen Krimi-
nalfall lösen wollen, wissen sie ganz ge-
nau,welcheInformationensieaufdierich-
tige Spur bringen: Ohne Tatwaffe, Zeugen
und ein schlüssiges Motiv geht meist
nichts. Bei den literarischen Detektiven
von Nemo, dem Literaturquiz des Bayeri-
schen Rundfunks, die seit mehr als zehn
JahrenanhandvonkurzenTextausschnit-
ten Autor und Titel belletristischer Werke
ermitteln, liegt der Fall verzwickter. Das
zeigtesich amDonnerstagabendimLyrik-
kabinett bei der letzten Nemo-Ausgabe
vor der Sommerpause.

Neben der Stammbesetzung, beste-
hendausdervormaligenMonacensia-Lei-
terin, Elisabeth Tworek, und dem Litera-
turprofessor Andreas Trojan war an die-
semAbendauchderAutorundKulturma-
nager Thomas Girst mit im Rateteam.
Girst machte gleich klar, dass er sich bei
der unüberschaubaren Vielzahl an Titeln
in erster Linie auf originelle Lösungshin-
weiseverlegenwolle.DiesenAnspruchlös-
te der Chef des Kulturengagements von
BMWschonbeim erstenzuerratendenTi-
telein.DiezwischenTraumundWirklich-
keit changierende Libellen-Szene zwi-
schen Esmeralda und dem Dichter Grin-
goire aus Victor Hugos „Der Glöckner von
Notre-Dame“, erinnerte den 48-jährigen
Girst an einen Fall von „#Meetoo avant la

lettre“. Wie verschlungen die Wege sein
können, diezurkorrektenBestimmungei-
nes literarischen Textes führen, zeigten
dann Andreas Trojan und Elisabeth Two-
rek. Während für den Literaturprofessor
die bei Hugo in dieser Szene vorkommen-
de Ziege, mit der Esmeralda plaudert,
„der Schlüssel“ war, wechselte Tworek
gleich die Kunstgattung. Das erwies sich
als Glücksgriff. Als klar war, dass es sich
bei dem in Frage stehenden Autor um ei-
nen der großen französischen Dichter des
19.Jahrhunderts handeln müsse, war es
Tworeks Erinnerung an eine der vielen
Verfilmungen von Hugos Meisterwerk,
die zur Lösung führte.
Mit neuen Informationen in der Titel-
frage bereicherte dann Moderator Anto-
nio Pellegrino das dritte Texträtsel. Auf-
grundseiner Gesprächemit demÜberset-
zer der aktuellen Neuauflage von Giusep-
pe Tomasi di Lampedusas literarischem
Adelsepos„IlGattopardo“,BurkhartKroe-
ber und einem Nachkommen des Autors,
sei gesichert, dass die ältere deutsche
ÜbersetzungdesRomantitelsmit„DerLe-
opard“ der neueren Variante „Der Gatto-
pardo“ überlegen sei. Auch im Italieni-
schen habe der Titel ursprünglich „Il Leo-
pardo“gelautet,dieheutebekannteVersi-
on gehe auf einen Verhörer der siziliani-
schen Bevölkerung zurück. Für die Lö-
sung benötigte das Rateteam nur wenige
Minuten.Auchhierzeigtesich:Wennesei-
nen berühmten Film zum Buch gibt, wie
in diesem Fall Luchino Viscontis Meister-
werk von 1963, hilft das den Literaturde-
tektiven schnell weiter.
DieRezitatorinderTexte im Lyrikkabi-
nett, die Schauspielerin Lisa Wagner,
konnte dann beim Publikumsrätsel so
richtig glänzen. Mit Nora Gomringers
Identitätsgedicht „Ursprungsalphabet“
ließ Wagner den Abend in fein getakteter
Poetry-Slam-Manier zeitgenössisch aus-
klingen. th omas jor dan

Nemo; Ausstrahlung am Dienstag, 30. Juli, 21 Uhr,
in den Radio-Texten auf Bayern 2-Radio

entsteht allein in Europa
durchden Bau und den
Abbruch von Gebäuden.
Von diesem Drittel sind
wiederum 10 bis 15 Prozent
„Verschnitt“ von Materialen
beim Neubau. Wie wichtig es
ist, eine Baukultur zu
entwickeln, die auf Flexibilität
setzt, damit Gebäude nicht
veralten, ist eine der
Kernbotschaften der
Wissenschaftler auch für die
Stadt München. Bei den
Themen Zwischennutzung
und Umwidmung kommen
oft Kunst und Kultur ins Spiel.

Unsere Stadt


soll schräger


werden


Junge Forscher und angehende Architekten


der TU wollen München aus seinem süßen,


selbstgefälligen Schlummer wecken.


Ihre Parole richten sie an kreative Köpfe


aus Kunst und Wirtschaft:


„Make Munich Weird!“


1/3


unseres Mülls


München– Tash Sultana spielt Gitarre,
Mandoline,Keyboard,Trompete,Perkus-
sionsinstrumente. Sultana ist aber keine
Multiinstrumentalistin. Und auch kein
Multiinstrumentalist. Denn so wie Sulta-
nas Sound sich keinem Genre zuordnen
lässt – mal erinnert er an Reggae, mal
wird er psychedelisch und dann wieder
soulig – genauso möchte sich Tash kei-
nemGeschlechtzuordnenlassen.Non-bi-
när heißt das, wenn man weder als Frau
noch als Mann kategorisiert werden
möchte–undtuteigentlichnichtszurSa-
che: „Lasst uns über die ganze Scheiße
nicht mehr nachdenken“, ruft Sultana
dem Publikum im Zenith zu. „Lasst uns
einfach nur die Musik genießen.“
Genau das tut Tash schon ihr ganzes
Lebenlang:Alssiezweieinhalbist,schen-
ken ihre Eltern ihr eine Ukulele. Mit drei
kommt dann die Gitarre dazu. Neben ih-
ren verspielt-virtuosen E-Gitarren-Soli
ist Sultana auch dafür bekannt, mit einer
Loop-Maschine zu arbeiten. Das brachte
sichdieAustralierinbei,alssieihrexzessi-
vesGitarrenspielwegeneinerNervenent-
zündung einschränken musste. Mit dem
Gerät wiederholt sie einzelne Segmente,
die sie live einspielt: Rock-Riffs und Hip-
Hop-Rhythmen, aber auch Beatboxing
oder Gesang. Tashs Auftritte erinnern an
ihre „Live Bedroom Recordings“, die Mu-
sikvideos aus ihrem Kinderzimmer in
Melbourne. Etwa die Hälfte des Konzer-
tes ist die Künstlerin nämlich ganz bei
sich, hüpft auf einem Bein über die Büh-
ne, improvisiert und experimentiert mit
verschiedenenKlängen.Diesesmusikali-
sche Multitasking ist der Grund dafür,
dasseskaumauffällt,dassdie24-Jährige
erst nach etwa 45 Minuten eine kurze
Pause einlegt, um sich ans Publikum zu
wenden. Und es ist auch der Grund dafür,
dasssicheinegroßeKonzerthalleinMün-
chen wie ein kleines Kinderzimmer in
Melbourne anfühlt. vivian harris


Augsburg – Die Comic-Autorin Lisa
Frühbeis aus Augsburg erhält im Rah-
men eines Austauschprogramms zwi-
schendemFreistaatBayernundderkana-
dischen Provinz Québec ein Aufenthalts-
stipendium. Mit dem Stipendium kann
Frühbeis im Herbst dieses Jahres zwei
Monatelanginder„MaisonScott“inGati-
neau, der viertgrößten Stadt der Provinz
Québec, leben und künstlerisch tätig
sein. Frühbeis habe durch ihr Talent und
ihr vielfältiges Engagement auf sich auf-
merksamgemacht,sagteBayernsKunst-
minister Bernd Sibler. llg

Vorsintflutlich, marode, in die Jahre ge-
kommen: Überraschend dramatisch be-
schriebenzweiIntendantenindieserWo-
chedieZuständeanihren Häusern.Derei-
ne ist Nikolaus Bachler, der Noch-Chef
der Staatsoper, der andere Martin Kušej,
der Gerade-nicht-mehr-Chef des Resi-
denztheaters und nun Intendant des
Burgtheaters.DasSchauspielhausdesRe-
sidenztheaters: mussteschon im Mai we-
gen dringender Sanierungsarbeiten an
den Stromleitungen schließen. Das ge-
plante Proben- und Werkstättenzen-
trum: auf Eis gelegt. Die Staatsoper:
bräuchte laut Bachler rund 80 Millionen
Euro, nur um die sicherheitsrelevanten
Bereiche zu sanieren. Und das gemeinsa-
me Projekt von Resi und Oper, den Mar-
stall zu sanieren, ist auch versickert.

So prächtig die Oper da am Max-Jo-
seph-Platzauchwirkt,mandarfnichtver-
gessen, dass das Gebäude bald 60 Jahre
alt ist und sich seitdem an manchen Stel-
len der Infrastruktur wenig verändert
hat. Ebenso das Residenztheater, wo die
Elektroanlagen seit 1962 nicht erneuert
wurdenundderZustandderWerkstätten
laut Kušej „erbärmlich“ und „unzumut-
bar“ist.DieIntendantenmachendiePoli-
tik für den Stillstand verantwortlich.
Man schmücke sich lieber mit prestige-
trächtigen Projekten wie dem Bau des
neuen Konzerthauses, sagt Bachler.
Klar, Bestehendes instand zu halten,
ist langweiliger und nach außen weniger
sichtbar.AusBehelfslösungenwerdenal-
so Dauerlösungen, alarmiert ist die Poli-
tikofterst,wenndieSicherheitderKünst-
ler und Zuschauer gefährdet ist oder eine
Tonanlage komplett hinüber ist. Dann ist
die teure Generalüberholung fällig. Es ist
aber Aufgabe der Politik des Freistaats,
die Strukturprobleme ihrer hochsubven-
tionierten Staatstheater rechtzeitig ernst
zu nehmen. Denn da kann die Oper noch
so schick aussehen und die Inszenierung
noch so fein dirigiert sein: Wenn der
Vorhang nicht mehr hochfährt wegen ur-
alter Technik, ist das alles andere als
schön. christiane lutz

Ziege und #Metoo: Um ein
Werk zu erraten, gibt es
viele verschiedene Wege

Mehr als die Carmina


DasCarl-Orff-Fest am Ammersee zeigt viele Facetten des Komponisten


Der Pianist Kit Armstrong
spielt Orffs „Gassenhauer“
aus dem Schulwerk

Großes Kino


Beim BR-Literaturrätsel hilft Filmwissen


In Dießen am Ammersee verbrachte der
Komponist Carl Orff viele Jahre seines
Lebens. FOTCARL-ORFF-ZENTRUM

Stipendium für


Comic-Autorin


Ein alter Ausflugsdampfer als Party-Location mitten in der Großstadt: Daniel Hahn hat die „MSUtting“ auf eine stillgelegte Eisenbahnbrücke in Sendling hieven lassen. FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGGER


Auf Eis


gelegt


Münchens Staatstheater sind
in einem maroden Zustand

Verspielt
TashSultana macht das
Zenith zum Kinderzimmer

DAS IST NICHT SCHÖN


KURZKRITIK


R18 KULTUR – Samstag/Sonntag, 27./28. Juli 2019, Nr. 172DEFGH

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